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Kitty

Eine Freundin rief mich an und fragte, ob ich mit der Katze ihrer Tante sprechen kann.

Auf die Frage, worum es geht, antwortet sie: „Sie geht nachts immer ins Bad und schreit dort.“

Ich stimme zu und lasse mir nur ein Foto der Katze und ihren Namen geben.

Das ist alles, was ich benötige. Eine kurze Information, ein Name und ein Foto.

Nun gut, ich setzte mich bequem hin und nahm Kontakt auf.

Eines noch vorweg: Weder kenne ich die Katze „Kitty“, noch ihre Menschen. Auch meine Freundin war noch nie in deren Wohnung.

Kontakt zu Kitty:

Ich befinde mich in einer Küche. Schaue mich kurz um und schon geht es, zwischen den Stuhlbeinen hindurch schlängelnd, unter den Tisch und auf der andern Seite wieder raus.

Ich sehe alles aus Katzenperspektive.

Vor der blauen, hochglanzpolierten Küche steht ein älterer Mann. Der Arbeitsfläche zugewandt, kann ich sein Gesicht nicht erkennen. Er ist mit einem rotkarierten Schlafanzug bekleidet. Außerdem trägt er einen Morgenmantel, ebenfalls mit rotem Karomuster, diese jedoch wesentlich größer als am Schlafanzug. Seine Füße stecken in hellbraunen Filzschuhen.

Kitty streicht ihm um die Beine und schaut ihn immer wieder zu ihm hoch.

Dann sehe ich den Grund: Er hat Futter für sie gemacht und stellt es ihr hinunter. Sie kann es gar nicht erwarten, dass der Napf endlich auf dem Boden steht und sofort beginnt sie zu fressen.

Ich rief also meine Freundin an, um ihr zu berichten.

Nach dem ich ihr von dem erzählt hatte, was ich sah, sagte sie, ich solle doch selbst mit ihrer Tante sprechen. Aber doch lieber nur mit der Tante, denn ihr Onkel wäre sehr skeptisch und glaube nicht, dass es so etwas „wie mit den Tieren reden“ gäbe. Und außerdem will er mit der Katze sowieso nichts zu tun haben.

Na, ja… Ich wählte die Nummer, stellte mich am Telefon vor und verlangte die Frau des Hauses.

Was ich nicht wusste, sie hatte das Telefon auf „Lautsprecher“ gestellt und ihr Mann hörte unser Gespräch mit. So erzählte ich von meinem Kontakt zu Kitty.

Meine Ausführungen waren noch nicht ganz beendet, als ER verblüfft rief: „ Sagen Sie, woher kennen Sie unsere Küche?… Und meinen Schlafanzug,… meine Hausschuhe…? Das kann doch nicht sein! Wir sind erst kürzlich hierher umgezogen und die Küche haben wir uns erst vor zwei Wochen gekauft. Niemand wusste davon und keiner hat sie bis jetzt gesehen…!“

Ich konnte mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen und antwortete: „Na, von Ihrer Katze.“

Verblüfft und nachdenklich wiederholte er: „Das kann doch nicht sein, das gibt es doch nicht…, außerdem mache ich der Katze nie ihren Napf, das macht immer meine Frau.“

Meine Antwort darauf: „Ich vermute, Kitty möchte, dass Sie ihr ihren Napf zubereiten.“

Nach einem kurzen Moment sprach ich weiter: „Wissen Sie, eines macht mich nachdenklich. Bei dem gesamten Kontakt mit Kitty, herrschte eine absolute Stille, fast wie in einem Vakuum. Bitte gehen Sie doch zu Ihrem Tierarzt und lassen ihr Gehör untersuchen.“

Sie versprachen, dies gleich am selben Tag noch zu tun.

Es war schon Abend, als wir wieder telefonierten.

Der Tierarzt bestätigte meine Vermutung: Kitty ist fast taub. Bedingt durch ihr hohes Alter von fast achtzehn Jahren. Nur noch laute Töne erreichten sie. Das war auch der Grund, warum sie sich nachts ins Bad schlich und dort lauthals zu Schreien begann.

Erneut nahm ich Kontakt zu Kitty auf. Und diesmal führten wir einen Dialog.

Ich: „Hallo Kitty, ich weiß jetzt, warum du nachts ins Bad gehst.“

Kitty: „Ich habe Angst, ich weiß nicht, was mit mir geschieht. Ich will mit Papa kuscheln aber er will mich nicht“

Ich: „Du brauchst keine Angst zu haben, es ist nicht schlimm, wenn man nicht mehr hört, denn du kannst ja gut sehen und dein Gespür ist ja auch sehr gut. Diese ersetzen dein Gehör. Soll ich deiner Mama und deinem Papa noch etwas von dir ausrichten?“

Kitty zeigt mir ein Bild von einem kleinen Schränkchen. In ihrer Vision steht es vor dem Fenster zu Straße hin. Oben drauf ein Kissen und auf dem Kissen, Kitty, wie sie genüsslich das Treiben auf der Straße beobachtet.