Vorwort
„Esst auch ihr, Freunde, trinkt euren Wein! Berauscht euch an der Liebe!“ Hohelied 5,1
Aus gutem Grund fordert Gott selbst uns dazu auf, dass wir aus unserem sexuellen Beisammensein ein Fest machen sollen und er gibt uns die Erlaubnis, die berauschenden Freuden ehelicher Leidenschaft in vollen Zügen zu genießen. Beim Fußball sagt man, Angriff ist die beste Verteidigung.
Ich bin ein leidenschaftlicher Läufer. Und ich erinnere mich noch lebhaft an einen meiner ersten Läufe an meinem jetzigen Wohnort in Houston, im Bundesstaat Texas. Ich kam aus Seattle und landete mitten im August in Amerikas viertgrößter Stadt. Dort spricht man von einer Hitzewelle, wenn fünf Stunden lang am Tag Temperaturen von mindestens 27 Grad Celsius herrschen. Vermutlich wäre es auch schwierig, in der Sommerzeit irgendwo in Houston fünf Stunden lang weniger als 27 Grad Celsius zu messen.
In meiner Naivität brach ich in der größten Mittagshitze zu einem Zehnkilometerlauf auf, gerade als die Sonne am höchsten stand. Und was noch leichtsinniger war, ich vergaß, einen Trinkvorrat mitzunehmen. In Seattle hatte ich nie während eines Zehnkilometerlaufs Wasser benötigt.
Es dauerte keine fünf Minuten, bis ich meinen Fehler einsah. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand einen Fön in den Hals gesteckt. Nach dreißig Minuten sah ich am Wegrand eine halb leere Colaflasche liegen, deren Inhalt in der Sonne vor sich hin köchelte.
Ich hielt an. Der Gedanke war absolut abwegig, aber immerhin handelte es sich um Flüssigkeit. Und Flüssigkeit war genau das, was ich brauchte.
Gary, sagte ich zu mir, so tief kannst du doch nicht sinken. Also ließ ich die Cola, wo sie war, und legte eine weitere Strecke zurück, merkte aber schließlich, dass meine Situation gefährlich werden konnte.
Ich sah eine Frau, die mit ihren Kindern draußen spielte. Ein Gartenschlauch lag ausgerollt vor dem Haus.
Zutiefst verlegen bat ich die Frau, daraus trinken zu dürfen. Sie hätte nicht zuvorkommender sein können. Beschämt darüber, dass ich den Nachmittag dieser Familie störte, und um es möglichst schnell hinter mich zu bringen, drehte ich schnell den Wasserhahn auf und hielt den Schlauch an meine Lippen.
Als der mit Bakterien verseuchte Schwall warmen Gartenwassers mir in den Mund lief, warnte mich eine leise Stimme in meinem Hinterkopf: Gary, das wirst du bereuen. Von diesem Wasser wird dir in spätestens drei Stunden übel werden und du wirst wünschen, du wärst tot.
Das war mir in diesem Moment egal. Ich war so durstig, dass ich bereit war, die entsetzlichen Konsequenzen, die drei Stunden später auftreten würden, auf mich zu nehmen. Alles, was zählte, war in diesem Augenblick: Wasser.
Man könnte mir fehlende Selbstbeherrschung vorwerfen, aber vielleicht wäre es angebrachter zu fragen, wie es dazu kommen konnte, dass ich einen derartigen Durst verspürte und etwas, was mir widerlich hätte sein müssen – eine halb leere Colaflasche aus dem Straßengraben oder Wasser, das tagelang in einem Gummischlauch gestanden und vor sich hingefault hatte –, mir so unwiderstehlich erschien?
Shannon Ethridge hat recht. Sie hat erkannt, dass es wesentlich hilfreicher ist, sich über die Ursachen des Dursts Gedanken zu machen, als seinen Willen gegen eine bereits akut vorhandene Versuchung zu stählen. Deshalb hat sie ein Buch geschrieben, das reines, durststillendes und nicht verschmutztes Wasser direkt in unsere Seelen gießt. In einer Welt, in der um das Thema Sex oft feige herumgeredet wird, beweist Shannon Ethridge einen erfrischenden Mut und bezieht klare Position. Auch wenn es bei manchen von uns vielleicht ein leichtes Unbehagen auslöst, wenn sie die Dinge so unmissverständlich beim Namen nennt, glaube ich, dass Shannon uns mit neuen Bildern und geistlicher Kraft herausfordern will. Sie drängt uns mit heiligem Ernst, aber auch mit entwaffnender Ehrlichkeit, die harten Fakten der menschlichen Sexualität ebenso anzunehmen wie ihren göttlichen Glanz. Sie schreibt mit Enthusiasmus und ist eine ebenso begeisterte wie unkonventionelle Vordenkerin. Es sind Autoren wie sie, die Debatten anstoßen, und solche Debatten werden häufig kontrovers geführt. Aber wir können dabei neue Einsichten gewinnen, dazulernen und versuchen, Jesus immer ähnlicher zu werden.
Wer sich auf Shannons Buch einlässt, den erwartet wesentlich mehr als eine Verbesserung seines Sexuallebens. Es entfaltet auf allen Ebenen eine Wirkung auf unser partnerschaftliches Eheleben. Ich glaube tatsächlich, dass Gott es gut mit uns gemeint hat, als er uns die Hürde in den Weg gelegt hat, eine langfristige sexuelle Intimität in der Ehe aufrechtzuerhalten, obwohl die sexuelle Initialzündung, mit der unsere Beziehung einmal angefangen hat, im Lauf der Jahre allmählich an Wirkkraft verliert. Das stellt uns vor Probleme, die tatsächlich dazu führen können, dass Paare irgendwann aufgeben und ihre sexuelle Beziehung dann einer entfernten Verwandten gleicht, die nur in den großen Ferien mal zu Besuch kommt. Nur wenn wir engagiert und bewusst an uns arbeiten, wird dieser göttliche Segen frei und dauerhaft fließen. Wenn wir unsere Sexualität im zweiten und dritten Jahrzehnt unserer Ehe auf gleiche Weise genießen wollen, wie wir es in den ersten zehn Jahren getan haben, oder uns sogar noch steigern wollen, dann müssen wir miteinander reden, in Demut wachsen, einander zuhören und uns verstehen lernen und bisweilen auch verstörende und schmerzhafte Auseinandersetzungen aushalten.
Und genau das sind doch die Fähigkeiten, die wir auf allen Ebenen für das gute Funktionieren einer Ehe brauchen! Wenn wir in Demut wachsen können, wenn wir lernen zuzuhören und den Mut haben, Dinge auszusprechen, anstatt sie feige unter den Teppich zu kehren, wenn wir ein Klima schaffen, in dem möglicherweise auch peinliche Lebensfacetten unter die Lupe genommen werden können, dann profitiert unsere Ehe in allen Bereichen von diesen neu erworbenen Beziehungsfähigkeiten.
Dieses Buch beschäftigt sich zwar vorrangig mit unserer Sexualität, verfügt aber über das Potenzial, Ehen in jeder Hinsicht zu verbessern. Es bietet Gesprächsstoff. Es spornt zu Selbstoffenbarung an. Es inspiriert dazu, einander zu vergeben und um Verzeihung zu bitten. Shannon drängt uns zur Empathie für unseren Partner anstelle von Selbstmitleid. Die krönende Leistung von Eins & Eins = Eins ist jedoch die Einladung zu einer größeren Vollkommenheit unseres Gottesverständnisses, dazu, ihn mit noch mehr Enthusiasmus zu loben und Christus dabei ein bisschen ähnlicher zu werden.
Vielleicht stimmen Sie Shannon nicht in allen Punkten zu. Vielleicht stoßen Sie sich gelegentlich an ihren gewagten Formulierungen, aber ich verspreche Ihnen, Sie werden sich auf eine besondere Art und Weise davon berührt und positiv herausgefordert fühlen.
Lassen Sie sich mit diesem Buch zeigen, wie Sie als Paar aus dem Vollen Ihrer von Gott geheiligten Ehe und Leidenschaft schöpfen können, ohne dass weder Sie noch Ihr Partner in dieser pornografischen Welt je einen gefährlichen Durst entwickeln.
Esst auch ihr, Freunde, trinkt euren Wein! Berauscht euch an der Liebe.
Gary Thomas