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Gertrude Messners Kräuterhandbuch ist übersichtlich und anschaulich aufgebaut: Nach dem Vorwort und der Einleitung werden der Reihe nach und alphabetisch geordnet alle heimischen Kräuter aufgelistet, mit ausführlichen Informationen zu den einzelnen Anwendungsbereichen Gesundheit, Küche, Schönheit sowie alte Weisheiten und Anwendungen.
Dazwischen sind spezielle Themenbeiträge eingestreut, die Sie mit vielen wichtigen Hinweisen aus der Welt der Heil- und Küchenkräuter vertraut machen.

Inhaltsübersicht

Themen

Vorwort von Resi Schiffmann

Vorwort von Dr. Max Amann

Einleitung

„Bio ist Leben“

Kräuter sammeln

Was sagt mir der Mond?

Kräuter trocknen

Hinweise zur Kräuterverarbeitung

Die homöopathische Hausapotheke

Erste Hilfe für häufige Beschwerden

Die Herstellung von Beifußtinktur

Wildgemüse: Essbare Natur vor der Haustür

Die Herstellung von Brennnesselsamentinktur

Der kleinste Kräutergarten

Der Kräuterbuschen

Überlieferte Blutreinigungsrezepte

Pflanzen für ein langes Leben

Die Frühjahrskur

 

Glossar: Botanische Fachbegriffe

Literaturverzeichnis

Register der Wirkungsweisen von Pflanzen

Krankheitsregister

„Vergelt’s Gott!“

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Die Kräuter

Alant

Andorn

Angelika

Arnika

Augentrost

Baldrian

Basilikum

Beifuß

Beinwell

Bibernelle

Blutweiderich

Boretsch

Brennnessel

Brunelle

Eberraute

Eibisch

Eisenkraut

Enzian, Gelber

Frauenmantel

Goldmelisse

Goldrute

Gundelrebe

Hauhechel

Hauswurz

Herzgespann

Johanniskraut

Königskerze

Labkraut

Liebstöckel

Löwenzahn

Meisterwurz

Nelkenwurz

Odermennig

Oregano

Pfefferminze

Ringelblume

Salbei

Schafgarbe

Schlüsselblume

Spitzwegerich

Stiefmütterchen

Taubnessel

Thymian

Weidenröschen, Kleinblütiges

Wermut

Ysop

Zitronenmelisse

Vorwort

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Resi Schiffmann

„Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen“, so heißt es im Volksmund. Heilkräuter hatten vor allem in der Vergangenheit eine große Bedeutung. Man sammelte sie in der freien Natur oder kultivierte sie im Bauerngarten. Damit hatte man gegen vielerlei Krankheiten und Leiden vorgesorgt.

Zu Lebzeiten meiner Großeltern gab es eine Tante am elterlichen Hof, die im ganzen Dorf anerkannt war. Ihr Wissen um die Naturheilkunde und deren Anwendungsmöglichkeiten nahmen viele Dorfbewohner in Anspruch. Sie konnte mit Hilfe verschiedener Heilkräuter Beschwerden lindern oder eine Heilung beschleunigen. Viele Menschen nahmen ihre Hilfe in Anspruch, denn der Weg zum Arzt war umständlich und mit größeren Kosten verbunden. Dieses ganzheitliche Wissen um die Heilkräfte der Natur verschwand zusehends. Der Zugang zur Schulmedizin wurde erleichtert, und die Einnahme von Medikamenten aus der Apotheke ist oft einfacher. Die Verwendung von Kräutern erfordert jedoch Geduld, Sensibilität für den Körper und eine tiefe Verbundenheit mit der Natur. Kräuter spielten auch im Brauchtum eine bedeutende Rolle. Sie hatten Symbolcharakter und dienten als Medizin für die Seele. Es ist meist auf Bauernhöfen, wo sich so mancher Brauch erhalten hat oder von der Bäuerin wieder neu belebt wurde.

Daher freut es mich besonders, dass die Bergbäuerin Gertrude Messner, vielen bekannt durch Kurse und Führungen in ihrem Kräutergarten, ihr umfangreiches Wissen in diesem Buch niedergeschrieben hat. Sie liefert einen wesentlichen Beitrag dazu, dass altes Wissen über Heilkräuter nicht in Vergesssenheit gerät und Interessierte ein Nachschlagwerk zur Anwendung erhalten.

Es grüßt herzlich
Resi Schiffmann
Tiroler Landesbäuerin
Weerberg, Oktober 2004

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Dr. Max Amann

Die jahrtausendealte Volksmedizin ist die Wurzel der Kräuterheilkunde wie der Schulmedizin vor Beginn der Verwendung chemischer Stoffe als Heilmittel. Dieses von Generation zu Generation weitergegebene Wissen war lange Zeit eine wichtige Quelle der Gesundheit, aus der nicht nur das einfache Volk schöpfte.

So schreibt der deutsche Mediziner und Biologe Hieronymus Bock (1498–1554) in seinem 1577 erschienenen „Kreutterbuch“ in der Beschreibung von Ehrenpreis (Veronica officinalis, ein Rachenblütler): „Unsere Doctores brauchen das Kraut auch/ wiewol sie nichts in der Schrift darvon wissen/ lehrnen [sie] täglich von den Empirischen Weibern/die der Circes Kunst können.“ Die „empirischen Weiber“ sind die kräuterkundigen Frauen, die häufig als Hexen verfolgt wurden.

Gott sei Dank gibt es im Volk diese Frauen immer noch. Sie sammeln das überlieferte Heilwissen und geben es weiter. Diese Tätigkeit ist wichtig, weil dieses Wissen derzeit rasend schnell schwindet. Das Sammeln dieser Informationen ist wertvoll, weil das alte Heilwissen durch den wissenschaftlichen Fortschritt keineswegs als veraltet anzusehen ist. Wer es in der Praxis anwendet, verbucht nicht selten verblüffende Heilerfolge.

In den Alpen hat sich stellenweise noch relativ viel Kräuterwissen des Volkes erhalten. In Tirol ist Gertrude Messner als Sammlerin dieses traditionellen Wissensgutes tätig. Mit dem vorliegenden Buch sollen diese wertvollen Informationen möglichst vielen aufgeschlossenen Kräuterkundigen und Menschen, die es werden wollen, zugänglich gemacht werden.

Dr. Max Amann
Diplomchemiker und Heilpraktiker
München, Oktober 2004

„Mir geht’s nur darum, Altes aufzuschreiben“

Alles, was hier aufgeschrieben wurde, beruht auf Erfahrungen in der eigenen Familie sowie auf Überlieferungen, Ausbildungen und Gesprächen mit anderen kräuterkundigen Personen. Diese Aufzeichnungen werden unter der Voraussetzung weitergegeben, dass du, liebe Leserin und lieber Leser, die volle Verantwortung für den Gebrauch des Buches selbst übernimmst. Kräuter können helfen, Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern. Du hast einen einzigartigen Körper; jede Kräuteranwendung ist ebenfalls einzigartig, und die gesammelten Tipps sind voller Unwägbarkeiten. Es ist nicht immer einfach abzuschätzen, wie sich die Anwendungen individuell auf jeden einzelnen Menschen auswirken. Natürlich kann ich keine Verantwortung für Folgen übernehmen, die aus dem Gebrauch des Buches entstehen. Auf keinen Fall möchte ich jemanden dazu verleiten, der Schulmedizin abzuschwören. Es ist unbedingt zu empfehlen, bei Krankheiten und im Zweifel einen Arzt zu Rate zu ziehen. Gemeinsam können die Schulmedizin und das Wissen um die Wirkungen von Kräutern eine sehr gute Basis für den Erhalt der Gesundheit sein. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass man mit beidem vernünftig und verantwortungsbewusst umgeht. Nur ein Beispiel: Wenn sich Beschwerden einstellen und man ihnen mit Kräutern entgegenwirken möchte, hat dies nur dann einen Sinn, wenn man sofort mit der Anwendung beginnt. Nach dreiwöchigem Abwarten, ob die Symptome von selbst nachlassen, werden auch die sonst wirkungsvollsten Rezepturen nicht mehr helfen. Bei allen länger anhaltenden Beschwerden (insbesondere bei Schmerzen) ungeklärter Ursache ist unbedingt der Arzt aufzusuchen!

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass die angegebenen Dosierungen auf keinen Fall überschritten werden sollten. Viele Menschen wenden Kräuter nach dem Motto „Viel hilft viel!“ an und übertreiben maßlos. Dabei ist weniger oft mehr! In manchen Fällen kann eine Überdosierung sogar unangenehme (wenn auch meist keine wirklich gefährlichen) Folgen haben. Z.B. sollte man Tee, der ausleitend wirkt (etwa Brennnesseltee), nicht literweise trinken. Wie überall im Leben macht auch hier die Dosis das Gift.

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Zeitig im Frühling ist die Himmelschlüssel zu sammeln. Jedes Kraut hat seine Zeit.

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Neben dem Kräutergarten hält mich auch die Bewirtschaftung unseres Bauernhofes auf Trab.

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Tinkturen sind nicht nur eine Wohltat für die Gesundheit, sondern auch für die Augen.

Ich werde häufig nach Aphrodisiaka – das sind Liebestränke und ähnliches – gefragt. Dieser Bereich der Kräuterkunde scheint ganz besonderes Interesse zu erregen und wird sowohl am intensivsten belächelt als auch gebraucht. Hierzu kann ich nur eines sagen: Glück lässt sich nicht in Flaschen abfüllen. Es wäre außerdem verantwortungslos, Laien Rezepte für solche komplexen Mixturen in die Hand zu drücken und ihnen auch die Anwendung vollkommen zu überlassen.

Selbstverständlich sind in diesem Buch nicht alle heimischen Kräuter enthalten. Ich habe mich dafür entschieden, eine sinnvolle Auswahl zu treffen, und ich denke, dass die genannten Kräuter alle Körperbereiche, Organe und Krankheitsbilder abdecken, in denen eine Anwendung empfehlenswert und für jede Leserin und jeden Leser möglich ist. Die vorgestellten Rezepte und Tipps sind leicht nachzuvollziehen. Natürlich gibt es noch viel kompliziertere Verarbeitungsmöglichkeiten, aber diese erfordern größeren Aufwand und sehr viel Vorsicht.

Mir geht es nur darum, Altes aufzuschreiben, damit es nicht verloren geht. Es soll einfach das alte Volksgut als Tradition in unserem Alpenland weiter bestehen dürfen und nicht verdrängt werden, wie heute z.B. das Mähen von Hand durch die Motorsense oder das Brotbacken von Brotbackmaschinen abgelöst werden.

Meine Devise ist: Schütze und nütze das, was vor deiner Haustür liegt! Daher pflege ich die traditionelle alpenländische Heilkunde und das Wissen unserer Kultur. Unsere Wurzeln und unsere Körper sind einfach auf die Heimat eingespielt, ebenso wie die Energien dazu. Noch ist unsere Heimat eine wahre Perle und kann von allen genützt werden. Zur Verdeutlichung meines Standpunktes nur ein Beispiel: Gerade meine Heimat, das Brandenbergtal, ist durch das Vorkommen der Lungenflechte ein ganz besonderes Tal, denn dies ist ein Indikator für gute Luft. Sobald sich auch in unserem Tal die Luft verschlechtert, wird es die Lungenflechte nicht mehr geben. Darum sollten wir genießen, was wir haben, und versuchen, es zu erhalten und zu schützen.

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Die Tiroler Landschaft wird von Handarbeit geprägt.

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Kinder meditieren gerne vor dem Heuschober.

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„Bio ist Leben“

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Bevor ich einen Teil meines Wissens über Kräuter einem breiteren Publikum zugänglich mache, möchte ich mich kurz vorstellen und erklären, warum ich den von mir eingeschlagenen Lebensweg gewählt und wie ich meine Kenntnisse erworben habe.

Ich wurde im Jahr 1963 als ältestes von acht Geschwistern geboren und wuchs in Kundl am Aniserhof auf. Meine Familie mütterlicherseits stammte aus dem Brixental. In diesem Familienzweig zeigten sich besonders Begabungen wie Kräuterkenntnisse und Kartenlegen. Aus diesen Wurzeln ist wohl mein Interesse für die Kräuter gewachsen.

Gemüseanbau war die Domäne meiner Mutter und sie hat mir in diesem Bereich sehr viel beigebracht. Geprägt und in das Wissen über Kräuter eingeführt wurde ich jedoch vor allem durch die vielen Besuche bei meiner Großmutter. Mein Drang zum einfachen Leben muss entstanden sein, während ich beobachtete, wie sie mit aus heutiger Sicht primitivsten Mitteln auskam und gesund blieb. Wasser musste zum Haus getragen werden, da es keinen Anschluss gab. Genutzt und verwertet wurde alles, was vor der Haustür wuchs. Meine Großmutter kannte nicht viele Kräuter, insgesamt vielleicht zehn, über die sie aber alles wusste. Sie trocknete die gesammelten Pflanzen auf geöffneten Pralinenschachteln und verwendete sie zur Behandlung von unterschiedlichsten Leiden. Z.B. trank sie häufig Kaspappeltee oder legte Kohlblätter auf schmerzende Knie. Sie war darüber entsetzt, dass ich Holunder und Lindenblüten nicht schätzte und anwendete. Nachdem ich einen Winter lang den herrlichen Lindenblütentee getrunken hatte, steigerte sich bereits spürbar mein Wohlbefinden.

Ich führte schon als Kind viele Gespräche mit meiner Großmutter, fragte immer wieder genau nach: „Wie war das früher?“ So entdeckte ich die Wurzeln des einfachen Lebens, und mein Ziel war schon sehr früh, „wie Oma zu werden“.

Ich lernte bald, dass das Bergbauerndasein nicht so einfach ist. Man kann nicht schnell in die Stadt fahren, um Notwendiges einzukaufen, insbesondere nicht im Winter. Man muss sich darauf einstellen, nur einmal pro Woche wegzufahren und die meiste Zeit auf Basis von Selbstversorgung zurechtzukommen. Man muss lernen, alles zu verwerten, was vorhanden ist, und das Leben darauf abzustimmen. Ich lernte so viel darüber, dass ich heute mein Leben im Notfall für einige Zeit allein mit Kartoffeln und Milch in unzähligen Variationen bestreiten könnte.

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Holunder ist gut bei Grippe und in der Geschichte von Frau Holle das Tor zur anderen Welt.

Mit 18 lernte ich meinen späteren Mann Walter Messner kennen. Uns verband sehr bald die Beschäftigung mit gesunder Ernährung und Lebensweise. Für meinen Mann und mich war klar, dass wir unseren Weg gemeinsam gehen möchten, und so besuchten wir einige Vorträge und stellten früh unsere Ernährung um. Heute erscheint es fast unglaublich, dass mein Mann zu dieser Zeit belächelt wurde, weil er zum Frühstück Müsli statt Brot aß. Unsere Umgebung verstand einfach nicht, dass wir uns zu einem anderen, den meisten noch unbekannten Weg entschlossen hatten. Der Begriff „Bio“ war noch nicht in aller Munde und gesunde Lebensführung hatte sich noch nicht zu einem brandaktuellen Thema entwickelt. Auf Selbstversorgung legte meine Familie sehr viel Wert, und so wurde aus der Not, auf den eigenen Gemüseanbau angewiesen zu sein, mit der Zeit eine Tugend.

Damals war die biologische Welle gerade erst am Überschwappen. Der in diesem Bereich äußerst aktive und für mich persönlich sehr wichtige Ing. Josef Willi organisierte zahlreiche Vorträge und Seminare und ermöglichte uns damit einen sehr guten Einstieg. Frau Uta Lübcke organisierte Vorträge über Kompostwirtschaft und Kräuteranbau. Wir nahmen an Exkursionen mit Kind und Kegel teil. All das waren sehr imponierende Erlebnisse.

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Holz: das Feuer im Essen und im Körper.

Meine Großmutter drängte mich dazu, in Absprache mit meinem Mann zunächst einen sehr kleinen Garten auf einem Hang anzulegen (er war nur etwa 1×1 Meter groß). Hier baute ich zuerst Soja, Anis und Koriander an. Dieser Versuch schlug fehl, aber ich gab nicht auf, vergrößerte meinen Anbauplatz auf Tischgröße und begann mit dem Anbau der ersten Pflanzen. Innerhalb von fünf Jahren wuchs die Fläche auf 400 m2 an, und ich bemühte mich um einen so naturnahen Anbau wie möglich. Es entstanden Terrassen, halbseitige Ruhezonen, begehbare Flächen, damit auch Besucher den Garten betreten konnten. Ich beschilderte meine mittlerweile 200 Pflanzen mit lateinischen Namen gemäß den Anweisungen der FNL („Freunde naturgemäßer Lebensweise“).

Ich stellte jedoch bald fest, dass die Leute, die zu Besuch kamen, trotz seiner Schaugartenqualität zu wenig Zeit im Garten verbrachten. Der Aufwand für seine Erhaltung erschien mir nicht gerechtfertigt, und so entschloss ich mich zu einer Änderung der Vorgehensweise. Ich wollte mit den Leuten darüber reden, was die Pflanzen bewirken, sie an das Thema heranführen. Also ließ ich die Schilder weg, damit die Leute nachfragen müssen, und machte aus meinem Schaugarten einen Lehrschaugarten. Das war ungefähr im zehnten Jahr seines Bestehens.

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Ab dem achten Jahr verkaufte ich unsere Produkte auf dem Bauernmarkt. Meine Tees und der Schafkäse wurden von den Leuten gut angenommen. Ich war bald unzufrieden mit den Erwartungen, die man an eine Bäuerin stellte: Sie sollte am besten nicht reden. Ich zog es also vor, lieber Einzelveranstaltungen mit eingehender Beratung ab Hof zu organisieren. Die Leute fahren gerne zu uns und hören sich alles in Ruhe und aufmerksam an.

Ich wollte von Anfang an unsere Lebensweise auf ein sicheres Fundament stellen, und so legte ich großen Wert auf Aus- und Weiterbildung, ganz egal, welche Widerstände von außen auf mich einwirkten. In der Ausbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin lernte ich die landwirtschaftlichen Grundlagen kennen; ich besuchte etliche Informationsabende, Vorträge, Seminare, um mein Wissen auf dem Gebiet der Kräutergesundheit zu verbessern. Außerdem absolvierte ich unter anderem die Ausbildungen zur Seminarbäuerin, zur Natur- und Landschaftsführerin, zur Kräuterfachberaterin und zur Permakulturdesignerin.

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Der Neuschwendthof auf der Sonnenseite in Brandenberg.

Heute bin ich wohnhaft in Brandenberg, Tirol, wo ich mit meinem Mann einen kleinen Bergbauernhof – den Neuschwendthof – bewirtschafte. Das Brot auf einem kleinen Bergbauernhof war immer schwer verdient und wird es auch in Zukunft bleiben, da gerade die heutige Zeit einen gewaltigen Druck auf die Landwirtschaft ausübt. Es wird die Massenproduktion und nicht der Idealismus für die Umwelt und für das Leben unterstützt. Aber die tägliche Herausforderung und die Freude haben uns immer geholfen, ein Ziel oder einen Lichtblick vor Augen zu haben. Darum haben wir auch nie den Kopf hängen lassen. Gerade die Kräuter haben durch ihre Kraft einiges zu dieser Freude beigetragen. Denn Gesundheit ist alles, und ohne Gesundheit ist alles nichts. Auch unsere Kinder haben unseren Lebensweg kennen gelernt und können mit einfachen Mitteln ihr persönliches Glück selbst in die Hand nehmen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was gut für ihn ist. Ich bevorzuge z.B. – anders als mein Mann – fleischlose Kost. Als Kompromiss haben wir beschlossen, dass nur unser eigenes Lamm zur Fleisch- und Wursterzeugung verwendet wird. Entscheidend ist die Frische, dass alles vor dem Haus ist und man ein gutes Gewissen haben kann, ebenso wie die Überlegung, wovon wir im Fall einer Krise leben sollen. Vollwertige Ernährung mit dem, was vor Ort wächst, ist möglich. Es ist alles vorhanden: durch die eigene Getreidemühle selbst gemachtes Brot, eine breite Palette an Milchprodukten (wobei ich Sauermilch statt Milch empfehlen würde, weil Sauermilch für Erwachsene leichter verdaulich ist), Früchte, Gemüse ... Ich persönlich bin gegen den Firlefanz, sofort in den Supermarkt fahren zu müssen, weil es etwas Bestimmtes, auf das man gerade Lust hat, nur dort gibt.

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Edelweiß, das Symbol Tirols.

Mehr denn je ist der Mensch auf der Suche nach einem glückselig machenden Lebensweg. Meine Empfehlung ist, dass dieser suchende Mensch einfach vor die Haustür gehen sollte. Jeden Tag sind hier, vor Ort, prägende Erfahrungen machbar. Man muss nur die Augen öffnen, das Buch der Natur aufmachen und lesen. Meine Philosophie ist, dass ich, sobald ich vor die Haustür gehe, weiß, was mir fehlt. Ich kann das nützen, was genau hier wächst. Mein Appell ist, dass wir alle wieder dem, was um uns herum passiert, mehr Aufmerksamkeit schenken. Dass wir uns nicht ständig von Büchern oder anderen Medien zu irgendwelchen Modetorheiten verleiten lassen. Durch die Rückbesinnung auf unsere Vorfahren und ihr Tun findet man schon das, was richtig ist. Je verwurzelter man in einer Tradition ist, desto besser ist das, was man aus ihr macht. Was ich selbst daraus mache, ist meine persönliche Angelegenheit. Ich habe die Demut durch Pflanzen gelernt, mein Dank und meine Gebete sind stimmig durch meine alltägliche Erfahrung. Hätte ich diese Erfahrung nicht, müsste ich rastlos von Lebensanschauung zu Lebensanschauung, von Religion zu Religion, von Unsicherheit zu Unsicherheit wandern.

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In meinem Kräutergarten gibt es immer etwas zu tun, und ich mache es gern.

Als mein Mann und ich im Jahre 1983 heirateten, entschlossen wir uns allein unserer Kinder wegen, biologisch zu wirtschaften. Wir essen alles, was wir herstellen, auch selbst. Darum sollen unsere Nahrungsmittel für uns und den Konsumenten gleichermaßen ein wertvolles Lebensmittel sein. Mein Ziel ist es, im Bauerngarten wieder Blumen zur Freude, Gemüse zum Essen und Kräuter für die Gesundheit zu reaktivieren. Man darf die Natur mit Ehrfurcht nützen. Früher war in jedem Dorf eine Kräuterwissende zu finden, die man einfach nur so nach Rat fragen konnte. Es wäre schön, wenn sich diese Tradition fortsetzen ließe.

Unser Kräutergarten kann natürlich besucht werden. Wir haben fixe Öffnungszeiten, aber auch außerhalb dieser sind Gäste nach Absprache herzlich willkommen. Es sind mindestens 300 Pflanzen vorhanden, und jährlich werden neue Themen ausgearbeitet, wie z.B. „Hildegardkräuter“, „Bach-blütenlehrpfad“, „Organkräuter“, „Bauerngartlkräuter“ usw. Wir bieten im Sommer eine breite Palette von Veranstaltungen an, von zweistündigen Führungen bis zu Vorträgen und Seminaren (z.B. „Wildgemüse kochen“, „Im Garten zu Gast“, „Kräuter im Garten nützen“). Ich glaube nicht, dass man im Leben irgendwann einmal ausgelernt hat.

Man muss sich ständig weiterbilden, um Körper und Geist in Schwung zu halten. Man kann immer neu beginnen. Nur nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern Mut fassen und etwas tun!

Natürlich kann am Hof mitgeholfen werden. WWOOFer („World Wide Opportunities on Organic Farms“, Freiwillige HelferInnen auf biologischen Höfen) sind herzlich willkommen. Denn durch den Austausch lernen die anderen und auch ich. Wir sind dankbar, wenn uns jemand hilft, weil ein Bergbauernhof nicht gerade einfach zu bewirtschaften ist. Aber gerade dort bleiben alte Werte erhalten.

Die Auseinandersetzung mit den Kräutern hat mir einen Lebensweg gezeigt, der meiner Gesundheit sehr dienlich war. Natürlich hat dieser Weg bei manchen Menschen nicht nur Freude, sondern wie fast immer im Leben auch Neid ausgelöst. Dazu pflegen alle namhaften Kräuterfachkundigen zu sagen: „Es ist für alles ein Kraut gewachsen, nur gegen die Dummheit gibt es nichts.“ Es ist schade, wenn jemand solche schönen Einblicke in die Natur nicht sehen darf und nicht als Geschenk annehmen kann. Wer ein Grundstück sein Eigentum nennt, hat dieses Stück Natur nur vorübergehend zur Verwaltung in die Hand bekommen. Auf keinen Fall besitzen wir etwas. Wenn wir sterben, nehmen wir außer unserem Tun im Leben nichts mit. Die wichtigste Verantwortung unseren Nachkommen gegenüber ist es, eine biologische Ernährung und ein lebenswertes Umfeld zu schaffen. BIO IST LEBEN.

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Pflanzen, Tiere und Menschen gehören zusammen.

Kräuter sammeln

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Beim Sammeln von Kräutern sind einige einfache Regeln zu beachten. In diesem Kapitel möchte ich außerdem dazu anregen, dass die Zeichen der Natur wieder beobachtet und ernst genommen werden.

Werden Pflanzen in der freien Natur gesammelt, denk bitte daran, nur Pflanzen zu verwenden, die du wirklich gut kennst (insbesondere bei Doldengewächsen ist Vorsicht geboten, denn die sind zum Teil giftig). Außerdem solltest du es vermeiden, Pflanzen an stark befahrenen Straßen zu sammeln, weil die Qualität der Kräuter dort natürlich schlechter ist. Am besten ist es, Pflanzen zu sammeln, die von vornherein frisch und sauber sind; ein sehr günstiger Zeitpunkt ist etwa ein sonniger Tag nach regnerischem Wetter. Die Kräuter müssen nicht extra gewaschen werden, wodurch die Öldrüsen schwer geschädigt würden. Man erntet prinzipiell am Vormittag nach dem Tau, wenn die Pflanze trocken ist, und zwar Blätter und Blüten oder die ganze Pflanze (je nach Kraut).

Einige Regeln zum Zeitpunkt des Sammelns finden sich im Kapitel „Was sagt mir der Mond“. Nicht immer kann man den richtigen Zeitpunkt genau einhalten, da manchmal Wetter und sonstige Umstände dies verhindern. Ich glaube jedoch, dass man grundsätzlich besser etwas tun sollte als es sein zu lassen. Es hat keinen Sinn, sich sklavisch an ein festgesetztes Datum zu halten, wenn die äußeren Umstände es nicht zulassen. Am besten sammelt man die Pflanzen möglichst bald vor oder nach dem vorgesehenen idealen Termin, sobald sie abgetrocknet sind. Die Inhaltsstoffe sind nachweislich immer da. An einem ungünstigen Tag gesammelt fehlt höchstens die gewisse letzte Schwingung, das i-Tüpfelchen. Es empfiehlt sich aber wie erwähnt, sich eher auf die äußeren Umstände als auf den Kalender zu verlassen und die Zeit der Trockenheit zum Sammeln zu nützen.

Vergiss nicht, bei der Wildsammlung alle Naturschutzbestimmungen einzuhalten, um den Pflanzenbestand nicht zu schwächen. Am besten ist es ohnehin, jene Pflanzen, die man braucht, wie unsere Vorfahren gleich im Garten anzusetzen und so seinen Eigenbedarf zu decken. Es werden auf diese Weise nur die Pflanzen gesammelt, die benötigt werden. Einige Hinweise zum Anlegen eines sehr einfachen Kräutergartens im kleinen Maßstab finden sich im Kapitel „Der kleinste Kräutergarten“.

Die gesamte Pflanze verwenden!

Die Kräuter sollte man in Körben und Stofftaschen luftig transportieren und nicht zu lange herumtragen. Festes Zusammenpressen der Kräuter ruft eine Erwärmung hervor, die bereits eine Verpilzung in Gang setzen kann.

Die Kräuter müssen gleich weiter verarbeitet werden. Einfach die Blätter vom Stängel abstreifen, den Stängel extra trocknen (er trocknet schneller als der Rest der Pflanze) und am Ende wieder zum Tee hinzufügen. Nicht alle Kräuterkundigen sind dieser Meinung. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass es besser ist, die gesamte Pflanze zu verwenden, weil die Einheit der gesamten Pflanze besser in der Lage ist, die Einheit unseres Körpers wieder herzustellen. Alle Teile zusammen können ihre Wirkungsweise noch besser entfalten als die Aromastoffe etwa der Blätter alleine. Ich glaube fest daran, dass die Härte des Stängels in die Wirkkraft des Tees einfließt und beispielsweise den geistigen Stützapparat stärkt.

Wissen früherer Zeiten wieder urbar machen

Es ist unbestritten, dass unsere Vorfahren die Zeichen der Natur genauer beobachteten und für ihr Leben besser deuten konnten; besonders gilt das für jene Menschen, die dem Bauernstand angehörten, und wir alle stammen wohl irgendwie von ihnen ab. Als Beispiel können die Wetterregeln gelten, die von vorhergehenden Generationen aufgestellt und im praktischen Leben auch befolgt wurden. Wir neigen heute dazu, die so genannten „Bauernregeln“ zu belächeln, und tatsächlich sind jene, die man in den üblichen Tageszeitungen zu lesen bekommt, nicht immer für bare Münze zu nehmen. Doch auch in diesen steckt ein Quäntchen Wahrheit, und es gibt viele Beispiele für mittlerweile beinahe vergessenes Wissen früherer Zeiten, dessen Zuverlässigkeit heutzutage mit wissenschaftlichen Methoden überprüfbar ist. Ein solches Beispiel möchte ich anführen: Ein dürrer Fichtenzweig, den man an der Wand im Freien anbringt, kann sehr gut sonniges und regnerisches Wetter unterscheiden. Bei hoher Luftfeuchtigkeit dehnt sich der Zweig aus und neigt sich nach unten. Bei Trockenheit zieht er sich zusammen und geht nach oben. Das ist ein sehr altes Barometer unserer Vorfahren, und mit einem Fichtenzweig erstellte Prognosen sind durchaus zuverlässig.

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Alantblüte für die Seele.

Altes Wissen über das Wetter

Ich weiß noch, wie meine Großmutter öfters sagte: „Oh, heute geht der Schneewind, und meine Gelenke schmerzen.“ Solche Zeichen nahm man früher noch sehr wichtig. Unsere Abhängigkeit vom Wetter mag heute nicht mehr dieselbe Bedeutung haben wie noch vor wenigen Jahrzehnten. Man geht nicht mehr so viel in die Natur, kann es sich dem Wetter entsprechend aussuchen, wann man nach draußen geht. Die Bergbauern konnten sich das früher nicht einteilen. Das heißt nicht, dass wir mittlerweile in einer Art Käseglocke leben und uns von der natürlichen Umgebung, der Witterung, den Jahreszeiten abkoppeln können. Wir sollten es zumindest nicht. Mir ist wichtig, dass auch altes Wissen über das Wetter im Hinterkopf bleibt, weil schon so viel verloren gegangen ist und vergessen wurde. Allerdings ist es schwierig, allgemeine Aussagen über dieses Thema zu machen. Wenn z.B. der Wind die Blätter umdrehte, sagte man früher in meinem Heimatort, dass schlechtes Wetter bevorstand. Allerdings stimmte diese Methode nur für diesen Ort, ein Dorf weiter verhielt es sich genau umgekehrt. Zeichen wie das eben genannte lassen sich nicht verallgemeinern. Sie müssen regional beobachtet und gedeutet werden. Beobachtung ist eine beinahe verloren gegangene Kunst, deren Wiederentdeckung mir ebenfalls sehr am Herzen liegt. Man soll die Augen offen halten, die Umgebung, in der man lebt, genau kennen lernen und sich nicht auf Fremdaussagen verlassen.

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Die Goldmelisse wird gezupft. Vorsicht vor Bienen!

Geistigen Müll entsorgen

Diese Aufgabe kann man gut mit einem anderen meiner Meinung nach sehr wichtigen Ritual in den Alltag einbauen: Wenn man von der Arbeit nach Hause kommt, setzt man sich einfach heraußen hin, bevor man die Wohnung oder das Haus betritt, und beobachtet die Natur, den Himmel, die Wetterlage. Bei dieser Gelegenheit kann man gleich den ganzen geistigen Müll des Tages auf der Bank oder wo auch immer, jedenfalls außerhalb der eigenen vier Wände, liegen lassen. Die Ereignisse des Tages müssen noch einmal Revue passieren und verarbeitet werden. Sie dürfen auf keinen Fall ins Haus hineingetragen werden, sonst wird die Atmosphäre unseres Daheims vergiftet. Sobald man das Haus oder die Wohnung betritt, sollte der Tag abgeschlossen sein. Ob positive oder negative Erlebnisse, alles muss vor der Tür bleiben. Das ist das Fundament gesunder Lebensweise und hat nichts mit Esoterik zu tun. Die Freude oder zumindest Bewältigung des verrichteten Tagwerks ermöglicht erst die Erholung in der Freizeit.

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Meine Frauenmantelkultur. In den kelchartigen Blättern sammeln sich Tautropfen. Es ist schön, solche Kleinigkeiten zu entdecken.

Was sagt mir der Mond?

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Es ist wieder Mode geworden, den Lebensrhythmus und die Gartenarbeit nach den Mondphasen zu gestalten. Auch ich vertraue diesem uralten Wissen mit Erfolg. Hier findest du einige einleitende Hinweise, wie du die Kraft des Mondes für deinen Garten nutzt.