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Über dieses Buch:

Es sind gerade schwierige Zeiten für den jungen Revierförster Hans: Zwei Wilderer machen ihm das Leben schwer und die Dorfgemeinschaft belächelt seine missglückten Versuche, den Übeltätern das Handwerk zu legen. Doch dann begegnet Hans der hübschen Liesel und endlich kann er wieder etwas Glück empfinden. Trotzdem sind die Wilderer noch nicht gestellt – und Hans vermutet immer mehr, dass sie aus den eigenen Reihen kommen. Diese wagemutige Annahme sorgt bei der Dorfgemeinschaft für Aufruhr. Ist die junge Liebe von Hans und Liesel stark genug, um diesen Widrigkeiten zu trotzen?

Über die Autorin:

Christa Moosleitner, geboren 1957, schreibt seit 20 Jahren Romane in den unterschiedlichsten Genres. Sie lebt und arbeitet in Hessen. Bei dotbooks erscheinen ihre folgenden Heimatglück-Romane: „In der Stunde der Gefahr“ / „Ein Sommer in den Bergen“ / „Dunkle Wolken über dem Richterhof“ / „Rückkehr nach Liebenau“ / „Die Tochter des Försters“ / „Die Söhne der Familie Stadler“ / „Nur einem schenkte sie ihr Herz“ / „Geh, wohin dein Herz dich führt“ / „Der weite Weg ins Glück“ / „Steffis Geheimnis“. Weitere Heimatglück-Romane folgen.

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Neuausgabe August 2014

Copyright © der Originalausgabe 1985 Martin Kelter Verlag (GmbH & Co.), Hamburg

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motivs von thinkstockphoto, München

ISBN 978-3-95520-692-5

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Christa Moosleitner

Jagd ins Glück

Ein Heimatglück-Roman

dotbooks.

1

Der Buchner Hans hielt urplötzlich inne, als er drüben im Unterholz ein leises Rascheln hörte. Sofort nahm er sein Gewehr hoch, weil er glaubte, er sei endlich diesen verfluchten Wilderern auf die Schliche gekommen, die schon seit Wochen den Tannenforst unsicher machten.

»Förster, sei net so voreilig!« hörte er dann eine wohlbekannte Stimme. »Oder willst vielleicht auf den alten Michel schießen? Ich hab' nix verbrochen ...«

Sekunden später teilte sich das Gebüsch, und ein kleiner Mann mit einem eisgrauen Vollbart trat aus dem Unterholz hervor. Es war der Kräutermichel, ein alter Kauz, der täglich im Wald umherstreifte, um nach seltenen Pflanzen und Kräutern zu suchen, aus denen er allerlei Wundermittel braute und die er den Leuten im Dorf aufschwatzte.

»Ach, du bist es, Michel«, erwiderte jetzt der junge Revierförster und ließ den Lauf des Gewehrs wieder sinken. »Beinahe hätt' ich geglaubt, daß ...«

»... ich einer von den Halunken bin, die du schon seit Tagen suchst, wie?« vollendete der graubärtige Kräutersammler die Gedanken des Försters. »Tut mir leid, Hans. Ich wünsch' mir genauso wie du, daß diesen Verbrechern bald das Handwerk gelegt wird. So geht das je net weiter.«

»Wem sagst das, Michel?« antwortete der Förster mit einem schweren Seufzer. »Ich bin schon Tag und Nacht unterwegs und halt' überall die Augen offen. Aber manchmal glaub' ich wirklich, daß sich diese Burschen unsichtbar machen können. Da kann ich mich anstrengen, wie ich will – ich erwisch' die Kerle einfach net!«

»Na, das wird schon noch klappen«, versuchte ihn der Kräutermichel zu trösten, weil er sich denken konnte, in welcher Zwangslage sich der Buchner-Hans befand. »Bist doch ein tüchtiger Förster, der seine Aufgabe sehr ernst nimmt. Egal, wie die anderen im Dorf darüber denken, Hans – ich bin sicher, daß du den Wilderern eines Tages schon das Handwerk legen wirst.«

»Ich wünscht' mir, du wärst net der einzige, der so denkt, Michel«, meinte Hans und erinnerte sich an den gestrigen Abend im Wirtshaus, wo er zufällig mitbekommen hatte, wie einige von den Dorfbewohnern über ihn redeten.

»Den Leuten kann man's einfach net recht machen, egal, wie sehr man sich auch anstrengt. Sag, hast du heut morgen vielleicht etwas gesehen, das mir weiterhelfen kann? Michel, ich weiß doch, daß du schon bei Sonnenaufgang in den Wald gehst. Überleg doch mal, ob dir was Ungewöhnliches aufgefallen ist.«

Der alte Kräutersammler strich sich für einige Sekunden gedankenverloren durch den grauen Bart, bevor er zu einer Antwort ansetzte. »Ich wüßt' net, was ich dir sagen könnt', Hans«, meinte er dann. »Heut morgen war alles so wie sonst auch. Wenn außer mir noch jemand im Unterholz gewesen wär', dann hätt ich das bestimmt mitbekommen. Schließlich geh' ich schon seit Jahren in den Wald und suche meine Kräuter. Was glaubst, was ich grad eben gefunden hab'? Endlich einmal das Tanniswurz, nach dem ich schon wochenlang gesucht hab' ...«

O Gott, seufzte Hans im stillen, weil er wußte, daß der Michel stundenlang über seine Kräuter und deren Heilwirkung reden konnte, wenn er erst einen willigen Zuhörer gefunden hatte. Auch wenn der junge Förster den alten Kauz ansonsten recht gut leiden konnte, stand ihm heute nicht der Sinn nach langen Vorträgen. Für ihn gab es im Augenblick wirklich Wichtigeres zu tun.

»Michel, sei mir net böse!« fiel Hans dem alten Kauz deshalb freundlich ins Wort. »Aber ich muß mich weiter auf die Pirsch machen! Weißt ja, daß ich im Augenblick alle Hände voll zu tun hab', um die Wilderer endlich dingfest zu machen.«

»Freilich, Hans«, erwiderte der Kräutersammler. »Ich bin dir doch net bös', wenn du keine Zeit hast – obwohl ich gern mit dir ein Schwätzchen gehalten hätt', Aber wenn nun mal die Pflicht ruft, dann darfst net länger warten. Ich ...«

Der Alte kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden, denn plötzlich zerriß gar nicht weit entfernt ein Schuß die friedliche Stille des Morgens. Hans blieb stehen wie vom Blitz getroffen, als könne er nicht glauben, was er da eben gehört hatte. Doch dann begriff er, was geschehen war.

»Kruzifix!« stieß er aufgeregt hervor und nahm sein Gewehr an sich. »Das ist doch da drüben!«

Er achtete nicht mehr auf den Michel, sondern stürzte auf die Kiefernschonung zu, aus der der Schuß gekommen war.

»Förster, sei vorsichtig!« rief ihm der Michael noch hinterher.

Aber dann begriff er schnell, daß ihn der junge Revierförster gar nicht mehr hören konnte, weil er schon viel zu weit entfernt war. Der alte Kräutersammler wurde nun auch von einer ziemlichen Neugier gepackt, weil er natürlich wissen wollte, was drüben in der Schonung vor sich ging. Deshalb folgte er dem Förster, obwohl er wußte, daß das nicht ganz ungefährlich war.

2

»Halunkenbande!« stieß Hans keuchend hervor, als er auf der anderen Seite der Kiefernschonung den reglosen Hirsch liegen sah, Die Wilderer hatten ganze Arbeit geleistet – dieses prächtige Tier während der Schonzeit abzuschießen!

Hans achtete nicht auf den Weg zu seinen Füßen, sondern sprintete weiter, beseelt von dem Wunsch, die Wilderer endlich zu erwischen und dessen Treiben ein Ende zu bereiten. Seine Eile wurde von Erfolg gekrönt, denn drüben zwischen den Kiefern konnte er undeutlich zwei schemenhafte Gestalten ausmachen, die wohl gerade im Begriff gewesen waren, auf die Lichtung zu gehen und ihr erlegtes Wild triumphierend zu begutachten,

»Stehenbleiben, ihr Halunken!« schrie Hans mit lauter Stimme und riß sein Gewehr hoch. »Ergebt euch, sonst schieß' ich!«

Aber er hatte nicht mit der blitzschnellen Reaktion der Wilddiebe gerechnet, die ihn wohl hatten kommen hören. Bevor Hans abdrücken konnte, fiel auch schon ein Schuß. Instinktiv duckte sich der junge Revierförster, gerade noch rechtzeitig, denn die Kugel pfiff gefährlich nahe an seinem Kopf vorbei.

Hans ließ einen Moment verstreichen, bevor er sich wieder erhob und nun seinerseits abdrückte. Er zielte dabei dorthin, wo er die beiden Gestalten zuletzt gesehen hatte.

Dann stand er auf und hastete weiter durch das dichte Unterholz.

Aber obwohl der Buchner-Hans ein guter Läufer war, gelang es ihm nicht, die Wilderer einzuholen. Sie hatten die Schrecksekunden des Försters genutzt, um sich in die Büsche zu schlagen und das Weite zu suchen. Nirgends war ein verräterischer Laut zu hören.

»Das gibt's doch net!« stöhnte Hans voller Wut, als er einsehen mußte, daß seine Suche wieder einmal vergeblich gewesen war. »Ja, können die denn hexen?«

Schwer atmend blieb er stehen und spähte noch einmal in alle Richtungen. Seit Tagen war er diesen Halunken jetzt auf der Spur, aber es schien, als ob sie wirklich die Fähigkeit besäßen, sich nach vollbrachter Tat wie durch Zauberkraft unsichtbar zu machen.

Plötzlich fiel der Blick des Försters auf einen Gegenstand im Gras, der in der Sonne blinkte. Schnell ging er darauf zu und erkannte neben einem Farnstrauch ein Gewehr, das die Wilderer anscheinend auf ihrer Flucht verloren hatten.

Er bückte sich, hob die Waffe auf und nahm sie mit, um sie sich daheim einmal näher anzusehen. Vielleicht würde ihm ja dieser Fund wenigstens zu einer neuen Spur verhelfen!

Mit finsterer Miene machte der Buchner-Hans kehrt und ging zurück zur Lichtung, wo der Kräuter-Michel sich gerade über den toten Hirsch bückte. Dem alten Mann war deutlich anzusehen, was er in diesem Augenblick dachte.

»Entwischt!«

»Leider, Michel!« gab Hans wütend zurück. »Kruzifix, ich hab' sie net einholen können. In die Büsche haben sie sich geschlagen, grad, als ich dachte, jetzt hab' ich sie!«

»Die sind mit allen Wassern gewaschen«, versuchte der Kräutersammler den jungen Förster zu beruhigen. »Das nächste Mal tust am besten gleich schießen, Hans.«

Hans sagte nichts dazu, sondern schaute hinüber zu dem dichten Unterholz, in dem die Wilderer verschwunden waren. Blieb nur noch das Gewehr, das ihm vielleicht weiterhalf.

»Ich muß weiter, Michel«, sagte er zu dem Graubärtigen. »Und du gehst besser auch nach Haus! Im Augenblick ist es net gut, wenn du dich allein im Tannenforst aufhältst. Wer weiß, was die Burschen mit dir anstellen, wenn sie dir doch einmal zufällig über den Weg laufen!«

Dieser Gedanke jagte dem alten Kräutersammler einen richtigen Schrecken ein, und er beeilte sich, dem Rat des jungen Revierförsters zu folgen.

3

Der Riesner-Willi war an diesem Morgen schon früh auf den Beinen. Der breitschultrige Senn, der den Sommer über auf der Leitner-Alm die Kühe hütete, hielt nichts vom langen Schlafen. ›Morgenstund hat Gold im Mund‹, war sein oberster Leitsatz.

So machte es ihm auch nichts aus, schon ordentlich zuzupacken, bevor noch die Sonne die Morgennebel über den Tälern vertrieben hatte. Jetzt war es Zeit, Wasser und Futter für das Vieh bereitzustellen. Anschließend wollte er sich dann mit dringend anstehenden Reparaturen an der Almhütte beschäftigen. Die Hütte am Hang hatte nämlich etliche Jahre auf dem Buckel, und eine Reparatur war längst überfällig. Da der Riesner ja gewissermaßen hier wohnte, sah er es als seine Pflicht an, auch alles ordentlich instand zu halten.

Der schnauzbärtige Senn stimmte ein fröhliches Liedchen an, während er Hammer und Nägel bereitlegte, um dann als erstes einige alte, morsche Bretter durch neue zu ersetzen. Das Material hierfür hatte der Bauer gestern schon heraufgeschafft. Er krempelte sich die Ärmel hoch und legte los, während die Sonne die letzten Schatten der Nacht vertrieb und die Luft spürbar erwärmte. Heute würde es ziemlich heiß werden. Je früher er also anfing, um so weniger Stunden mußte er in der Mittagshitze verbringen!

Allerdings hatte der Riesner-Willi gerade erst eine knappe Stunde gearbeitet, als sich auf einmal sein Magen mit einem beängstigenden Knurren meldete. Höchste Zeit also, daß er sich eine Brotzeit zurechtmachte und sich stärkte! Dann ging ihm die Arbeit bestimmt noch schneller von der Hand.

»Sei's drum«, sagte der Senn und legte Hammer und Nägel beiseite. Als er wenige Minuten später lauter leckere Sachen vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte, lief ihm das Wasser im Munde zusammen. Was für ein Glück, daß der Leitnerbauer wußte, was für einen gesunden Appetit sein Senn hatte. Auf jeden Fall war für das leibliche Wohl des Riesner-Willi hier oben immer reichlich gesorgt.

Zufrieden wischte sich der Senn über den Mund und beschloß danach, sich noch einen guten Tropfen Enzian einzuverleiben. Davon wußte der Bauer natürlich nichts. Aber ein Gläschen ab und zu hat ja bekanntlich noch keinem geschadet – dachte der Riesner.

Gerade als er, mit der Flasche Enzian unter dem Arm, aus der Hütte trat, fiel sein Blick rein zufällig auf den Tannenforst weiter oben auf der Alm. Täuschte er sich, oder hatte er, da gerade zwei Gestalten bei den Hecken gesehen? Der Riesner kniff die Augen zusammen und schaute noch einmal dorthin, weil er sich natürlich zu Recht darüber wunderte, daß sich jemand schon so früh in dieser Einsamkeit herumtrieb.

Sekunden später erkannte er zwei Männer, die es offensichtlich sehr eilig hatten. Sie rannten drüben bei den Hecken entlang, bis sie schließlich wieder im Unterholz verschwunden waren, in Richtung des Weges, der hinüber nach Wiesenthal führte.

Da mußte der schnauzbärtige Senn doch ein wenig die Stirn runzeln. Männer, die es so eilig hatten, die hatten meist etwas zu verbergen. Schade nur, daß er auf diese Entfernung keinen von ihnen hatte erkennen können.

Nach dieser merkwürdigen Beobachtung gönnte sich der Riesner erst einmal einen großen Schluck aus der Flasche. Er war kein Kostverächter, wenn es um einen guten Tropfen ging.

Gerade als er sich wieder an die Arbeit machen wollte und sich schon Hammer und Nägel gegriffen hatte, sah er wieder jemanden aus dem Tannenforst kommen. Diesmal wußte er allerdings, um wen es sich handelte. Der Senn kannte den jungen Revierförster Hans Buchner recht gut. Oft schaute Hans bei ihm auf der Almhütte vorbei, wenn er auf die Pirsch ging, und die beiden Männer hatten schon so manchen Schwatz miteinander gehalten.

»Grüß dich, Hans!« rief er dem jungen Förster jetzt zu und entschied, daß die Arbeit ruhig noch ein bissel warten konnte. »Mein Gott, was hast denn?« fuhr er dann fort, als er die zornigen Gesichtszüge des jungen Mannes bemerkte. »Schaust ja ganz grimmig aus. Was ist denn passiert?«