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Titel

Der SCM Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

Um den Lesefluss zu verbessern, werden Ergänzungen von unleserlichen oder ausgelassenen
Wörtern, die in der Bonhoeffer-Werkausgabe in eckigen Klammern eingefügt wurden, im
vorliegenden Buch nicht gekennzeichnet. In zeitgenössischen Quellen wurde sowohl der
ursprünglich verwendete Wortlaut als auch die originale Orthografie und Zeichensetzung,
selbst wenn diese fehlerhaft sein sollten, beibehalten.

ISBN 978-3-7751-7317-9 (E-Book)
ISBN 978-3-7751-5719-3 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:
Satz & Medien Wieser, Stolberg

© der deutschen Ausgabe 2016
SCM-Verlag GmbH & Co. KG · Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen
Internet: www.scmedien.de · E-Mail: info@scm-verlag.de
Die Bibelstellen sind, wenn nicht anders vermerkt, so wiedergegeben, wie Bonhoeffer
sie zitierte. Weitere Bibelstellen sind, wenn nicht anders vermerkt, zitiert nach:
Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments nach der
deutschen Übersetzung Martin Luthers. Neu durchgesehen nach dem vom Deutschen
Evangelischen Kirchenausschuss genehmigten Text (1912). Deutsche Bibelgesellschaft,
Stuttgart.

Übersetzung des Vorwortes: Dr. Friedemann Lux
Neu-Übersetzung der englischen Bonhoeffer-Texte (Teil 2, Kapitel 2, Brief an Familie
Leibholz; Fußnoten): Lutz Ackermann
Redaktionelle Mitarbeit: Lutz Ackermann, Christoph Wenzel
Fachliche Beratung: Prof. Dr. Dr. habil. Rainer Mayer
Bildnachweis Innenteil (Laokoon-Abbildung, Teil 3, Kapitel 2): shutterstock,
© Peter Zaharov
Umschlaggestaltung: Kathrin Spiegelberg, Weil im Schönbuch
Titelbild: bpk, © Staatsbibliothek zu Berlin
Satz: Satz & Medien Wieser, Stolberg

Inhalt

Über den Autor

Stimmen zu Metaxas’ »Bonhoeffer«

Vorwort

Teil 1: Jesus Christus nachfolgen

1. Jesus Christus

Brief an Eberhard Bethge (21. August 1944)

»Advent schafft … neue Menschen«

»Mich zieht’s zu den Menschen«

»Der menschgewordene Gott«

»Der Messias«

»Der Ruf in die Nachfolge«

»Das Bild Christi«

2. Zur Bibel kommen

Brief an Rüdiger Schleicher (8. April 1936)

Brief an Elisabeth Zinn (27. Januar 1936)

»Ich berge deinen Spruch in meinem Herzen«

Brief an Eberhard Bethge (25. Juni 1942)

Brief an Eberhard Bethge (29. November 1943)

3. Die evangelische Predigt

»Kirche und Predigt«

»Bedeutung und Wahl eines biblischen Textes«

»Eine rechte evangelische Predigt«

Billige und teure Gnade

»Du hast den Stolzen gedroht«

»Theologie und Gemeinde«

»Das Gebot Gottes in der Kirche«

4. Lebendiger Glaube

»Einige Glaubenssätze über das Walten Gottes in der Geschichte«

»… hilf meinem Unglauben«

»Alle Dinge sind möglich«

»Der Auferstandene bleibt für uns der Ärgerliche«

5. Verantwortung, Vergebung und Widerstand

Brief an Eberhard Bethge (2. Advent, 5. Dezember 1943)

»Der Führer und der Einzelne«

»Schlüsselgewalt und Gemeindezucht im Neuen Testament«

»… aufs Tragen gerade kommt es an«

Verantwortlich leben

6. Nach Gottes Willen fragen

»Wer bin ich?«

Tagebucheintrag (Unterwegs nach New York, 11. Juni 1939)

Tagebucheintrag (New York, 20. Juni 1939)

Tagebucheintrag (New York, 22. Juni 1939)

»… der Weg des Menschen, den Gott nicht mehr losläßt«

7. Gebet

Tagebucheintrag (Paris, Februar 1928)

»Beten ist Atem holen aus Gott«

»Beten können wir nur, weil Christus da ist«

»Die Verborgenheit des Gebets«

»Der gemeinsame Tag«

»Herr, lehre uns beten!«

»Der Morgen«

»Morgengebet«

»Abendgebet«

Teil 2: Politik und Gesellschaft

1. Der Nationalsozialismus

Brief an Erwin Sutz (London, 28. April 1934)

Die Kirche und die neue Ordnung

»Der Dienst«

»Wer hält stand?«

»Ethik als Gestaltung«

2. Judenverfolgung und Rassismus

Brief an die Familie Leibholz (1. Juni 1942)

Bericht über Massendeportationen jüdischer Mitbürger (1941)

»Der Arier-Paragraph in der Kirche« (1933)

»Die Kirche vor der Judenfrage« (1933)

»Kirche und die Juden«

»Erbe und Verfall«

3. Als Christ »Salz der Erde« sein

Das Bild des Riesen Antäus

»Dienet der Zeit«

»Qualitätsgefühl«

»… der revolutionärste Mensch auf Erden«

»Trachtet nach dem, was droben ist«

4. Krieg und Frieden

»Der Krieg macht dieses alles … unübersehbar«

»Gefahr, Erfahrung und Bewährung«

Die »Friedensrede«

»Krieg und Frieden«

»Der Friede, den wir brauchen«

»Christus und der Friede«

Teil 3: Der Erde treu

1. Freude an Gottes Schöpfung

»Das Leben«

»Iß dein Brot mit Freuden«

»Die Schöpfung«

Landschaftseindrücke in Briefen

2. Kultureller Reichtum

»Entdeckungsfahrten durch die Literatur«

»Nur die Musik machte mich in den letzten zwei Jahren noch schwankend«

Rom – »der Angelpunkt europäischer Kultur«

3. Freundschaft

Brief an Eberhard Bethge (1. Februar 1941)

»Fülle und Herbigkeit eines edlen Weines«

»Der Freund« (1944)

»Willst du einen Freund haben …«

4. Das Ja zur Ehe

Brief an Erwin Sutz (21. September 1941)

»Fortpflanzung und werdendes Leben«

Losungsmeditation für den 7. und 8. Juni 1944 (Tegel)

Traupredigt aus der Zelle

Teil 4: Zeit und Ewigkeit

1. Mit Gott Schritt halten

Brief an Eberhard Bethge (Tegel, 18. Dezember 1943)

Brief an Walter Dreß (Barcelona, 1. September 1928)

»Aber die Bibel will uns nie Angst machen«

»Vom Ende aller Dinge«

»Memento mori«

»Selig sind die Knechte, die der Herr … wachend findet«

2. Das Ende – der Beginn

»… daß wir den Tod verwandeln können«

»Von guten Mächten«

Bonhoeffers letzte Worte

Anhang

Abkürzungsverzeichnis zur Bonhoeffer-Werkausgabe

Zeittafel

Bibelstellen-Register

Anmerkungen

Leseempfehlungen

Über den Autor

Bild Autor

Eric Metaxas wurde 1963 in New York geboren und schloss sein Studium an der Yale University ab. Heute schreibt der Amerikaner mit griechischen und deutschen Wurzeln Beiträge für verschiedene Medien (u. a. New York Times, CNN). Neben Bonhoeffer gelang auch seinen Büchern Wilberforce und Wunder der Sprung auf die renommierte New York Times-Bestsellerliste. Metaxas war Hauptredner auf dem National Prayer Breakfast 2012, einer Veranstaltung, an der auch das amerikanische Präsidentenehepaar Michelle und Barack Obama teilnahm. Mit dem vorliegenden Buch gibt Metaxas einen faszinierenden Einblick in Bonhoeffers Texte: »Wer hat je wie Bonhoeffer geschrieben? Er scheut sich nicht vor Zweifeln und schwierigen Fragen, aber auch nicht davor, mit großer Klarheit die Wahrheit zu sagen.«

Stimmen zu Metaxas’ »Bonhoeffer«

Bonhoeffer. Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet

»Eric Metaxas bringt uns Bonhoeffer, den ›Helden-Pastor‹, so nahe wie kein Biograf vor ihm. Ein großartiges Buch, gründlich recherchiert und spannend erzählt.«

Dr. Markus Spieker, TV-Auslandskorrespondent und Buchautor

»Eric Metaxas’ Bonhoeffer ist die Bonhoeffer-Biografie für unsere Generation. Sie ist ein Meisterwerk, das sich wie ein großer Roman liest …«

Martin Doblmeier, Filmemacher (Dokumentarfilm Bonhoeffer)

»Eines der herausforderndsten Bücher seit Langem. Es hat viele Fragen in mir aufgeworfen. … Werden in unseren Gemeinden Menschen tatsächlich im Sinne Bonhoeffers geprägt?«

John Ortberg, Bestseller-Autor

»Anschaulich und packend geschrieben, stellt das Buch – gerade für jüngere Menschen – einen wunderbaren Einstieg in die Beschäftigung mit ihm dar.«

Prof. Dr. Peter Zimmerling, Theologe und Bonhoeffer-Experte

»Es gelingt Metaxas, den Lebensweg Bonhoeffers in die Zeit eingebettet und vor dem Hintergrund einer selten gewordenen tiefen Religiosität wunderbar zu schildern; das ist großartige Historiografie! Ich bin begeistert von dem Buch, habe es bereits an mehrere Familienmitglieder verschenkt und vielen anempfohlen.«
H. J. Kuhlwein von Rathenow, Neffe des Widerstandskämpfers Ewald von Kleist-Schmenzin


Bonhoeffer. Eine Biografie in Bildern

»Endlich wieder ein Bild-Buch zu Bonhoeffer! Erst auf dem Hintergrund seiner Biografie beginnen seine Gedanken kraftvoll zu leuchten.«

Prof. Dr. Peter Zimmerling, Theologe und Bonhoeffer-Experte

»Dieses Buch schafft etwas, was ich nach der Lektüre von Metaxas’ Bonhoeffer-Biografie nicht für möglich gehalten hätte: Es bringt mir den großen Glaubenskämpfer noch näher, indem es buchstäbliche Einblicke in seine Lebenswelt ermöglicht.«

Dr. Markus Spieker, TV-Hauptstadtkorrespondent

»Eric Metaxas’ Bildbiografie fasziniert mich in der bebilderten Parallelbeschreibung seines Lebens und des politischen Geschehens. Ich vergleiche dieses vorzügliche Buch mit den Hamburger Ballett-Kreationen von John Neumeier, bei denen auch mehr ausgedrückt wird, als in einem geschriebenen Text möglich ist.«

Hans-Werner von Wedemeyer, Bruder von Maria, der Verlobten Dietrich Bonhoeffers

»Ein mit großer Sachkenntnis und publizistischem Gespür für das Wesentliche konzipierter Bildband und eine wirkliche Bereicherung für alle, die ein tieferes Interesse am Leben und Wirken des großen Theologen, Seelsorgers und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer haben. Denn an die Seite des geschriebenen Wortes tritt hier die Macht der Bilder – bereits bekannter, aber auch ganz neuer.«

Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm von Hase, Sohn des Wehrmachtskommandanten und Widerständlers Paul von Hase, einem Onkel Dietrich Bonhoeffers

»Großartig, lehrreich und erfahrungsreich, sowohl für den Bonhoeffer-Kenner als auch für einen neuen Bonhoeffer-Interessierten ein eindrucksvolles Dokument, ein wunderbarer Bildband, der neu zum Nachdenken, an vielen Stellen auch zum Nach-Erleben des Menschen und Theologen Dietrich Bonhoeffer anregt. Unbedingt empfehlenswert, vielleicht auch als Geburtstags- oder Festtagsgeschenk auf dem Gabentisch. Und der Preis ist mit 39,95 € für die optisch hervorragende Präsentation des Ganzen sicher nicht zu hoch.«

Prof. Dr. Axel Denecke, Praktischer Theologe

Vorwort

Der Gott, der »Ja« sagt

Das weltweite Interesse an Leben und Werk Dietrich Bonhoeffers erfüllt mich mit Freude. Es spiegelt sich auch darin, dass meine Biografie über ihn1 nun bereits in siebzehn Sprachen erschienen ist. Nicht, dass es mein »Verdienst« wäre (das ist es definitiv nicht!), doch als ich die Biografie schrieb, hoffte ich inständig, dass sie das Interesse für Bonhoeffer und insbesondere auch für seine Schriften noch mehr fördern und stärken würde. Ich hoffte, ein neuer, unverstellter Blick auf diesen großen, mutigen und in der Nachfolge Jesu Christi treuen Mann würde zu dem Wunsch führen, mehr über ihn und sein Werk zu erfahren.

Viel lag mir daran, in meiner Biografie so weit wie irgend möglich den echten, authentischen Bonhoeffer zu porträtieren, weswegen ich dort reichlich aus seinen Schriften zitierte. Das erklärt den großen Umfang meines Buches – aber auch dessen Beliebtheit. Liest man Bonhoeffers Worte im Original, eröffnet sich ein Zugang zu diesem faszinierenden Mann selbst. Es ist keine falsche Bescheidenheit, zu behaupten, dass mein Buch dort am fesselndsten ist, wo Bonhoeffer direkt zu Wort kommt. Dadurch, dass ich viele seiner eigenen Texte in meine Biografie aufnahm, habe ich vielleicht doch mein Scherflein zum weltweiten Interesse an dem »Pastor, Agenten, Märtyrer und Propheten« beigetragen.

Wer hat je wie Bonhoeffer geschrieben? Fast alles, was aus seiner Feder stammt, strahlt Reinheit und Klarheit aus, eine gewisse Furchtlosigkeit und einen mutigen, ansteckenden Glauben. Er war einer der gebildetsten und brillantesten theologischen Köpfe der Neuzeit, aber sein Glaube und Denken legen oft eine kindliche Schlichtheit an den Tag, die auch seine Schriften prägt. Er scheut sich nicht vor Zweifeln und schwierigen Fragen, aber auch nicht davor, mit großer Klarheit die Wahrheit zu sagen. Er verstrickt sich nicht in Tausenden »Wenn« und »Aber«, und er entschuldigt sich nicht für seine Aussagen, wie unverblümt und politisch unkorrekt sie auch sein mögen; und doch bleibt er stets freundlich und mitfühlend.

Was macht Bonhoeffers Leben und Werk so fesselnd? Dazu gehört zweifellos, wie er über den Gott der Bibel schreibt: Im Sinne von Karl Barth ist Gott der ganz »Andere«, den wir nie vollständig erkennen können; doch andererseits kann er von uns in dem Ausmaß erkannt werden, wie wir es für unser Leben brauchen, weil er sich uns in seiner Güte und Liebe offenbart hat. Er ist kein ferner Gott, in einer Art von theologischem Elfenbeinturm, sondern ein Gott, der als Mensch auf die Erde kam, uns liebt und bejaht. Er ist der Gott, der unser Vater sein möchte und der sich uns mitteilt, damit wir unser Leben, für das er uns erschaffen hat, in froher Dankbarkeit führen können. Vor allem diese Sichtweise trennt Bonhoeffer von anderen großen deutschen Theologen seiner Zeit und macht ihn zu einem Theologen, der auch Laien und Nichtakademiker ganz unmittelbar anspricht und fasziniert.

Zentral für Bonhoeffers Gottesbild ist die Überzeugung und Erfahrung, dass Gott kein himmlischer Miesepeter und Spielverderber ist, dessen Hauptbeschäftigung darin besteht, seinen unfolgsamen Kindern ein »Nein« entgegenzuhalten. Vielmehr ist er ein liebender Vater, der zu uns »Ja« und noch einmal »Ja« sagt. Wenn er das einmal nicht tut, zögert er nur deswegen, um uns anschließend umso reicher zu segnen. Bonhoeffer facht die Flamme unseres Glaubens neu an, indem er uns zeigt, dass Gott nicht in unendlicher Ferne existiert, sondern dass er unter uns wohnt. Gott lag so viel daran, dass wir ihn kennenlernen, dass er zu uns kam – in der letztgültigen geschichtlichen Offenbarung seines göttlichen »Ja«, das in der Menschwerdung Jesu Christi sichtbar, anschaulich und erfahrbar wird.

»Ja«, sagt Gott, »ich komme zu euch. Ja, ich bin gekommen, und ja, einst werde ich wiederkommen.« Er bleibt nicht auf seinem Thron sitzen und wartet, bis wir zu ihm gelangen; er weiß, dass wir daran scheitern müssten. Und so kommt er zu uns und führt uns damit vor Augen, wie wertvoll wir für ihn sind. Er sagt: »Ja, ich werde die Unendlichkeit durchqueren, um euch zu erreichen. Ich werde mich dafür unendlich klein und niedrig machen, bis zum Tod am Kreuz.« Das letztendliche telos2 der Menschwerdung Christi ist seine Auferstehung durch den Tod hindurch. In diese irdische Welt zu kommen heißt zu sterben, und in Kreuz und Auferstehung hat Gott den Weg Jesu in einen umfassenden, endgültigen Sieg verwandelt. Er ist der Gott, der zu uns gekommen ist, um zu sterben, damit wir zu ihm kommen können, um zu leben.

Bonhoeffer hat immer wieder über diese Themen geschrieben, wie an den hier abgedruckten Texten deutlich wird. Doch er hat nicht nur darüber geschrieben, sondern seine Botschaft auch gelebt. Als das Elend des Krieges viele Menschen davon abhielt, in die Zukunft zu investieren, hat Bonhoeffer sich verlobt. Er wollte damit auch ganz greifbar »Ja« zu Gottes »Ja« sagen. Die Verlobung mit Maria von Wedemeyer war Ausdruck seines Glaubens an den Gott, der größer ist als unsere Umstände. Was auch immer kommt, der einzige Weg nach vorne liegt darin, aus Vertrauen und Liebe das »Ja« Gottes mit unserem eigenen »Ja« zu beantworten.

Wenn wir an einen falschen, »religiösen« Gott glauben, antworten wir vielleicht mit Zweifeln und Angst, wenn wir mit unseren Plänen und Vorstellungen auf ein »Nein« Gottes stoßen. Doch Bonhoeffer fordert uns auf, an den Gott zu glauben, der dabei einen guten Plan für uns hat, und alles daranzusetzen, ihm zu dienen und zu gefallen. Für Bonhoeffer selbst bedeutete dies konkret, als Doppelagent gegen seine eigene Regierung zu arbeiten und die Verschwörer zu unterstützen, die ein Attentat auf Hitler geplant hatten. Ihm war klar: Gott freut sich mehr darüber, wenn wir in Verantwortung handeln, selbst wenn wir dabei schuldig werden, als wenn wir aus Angst vor Strafe die Hände in den Schoß legen. Seine Hingabe an Jesus Christus in der Nachfolge und sein Glaube daran, dass wir nicht durch unser »Gutes«, sondern allein durch die Vergebung Jesu Christi gerechtfertigt sind, führte ihn in die Freiheit der verantwortlichen Tat. Er ging diesen Weg mutig, obwohl ihn das schließlich ins Konzentrationslager und an den Galgen brachte. Wenn man Bonhoeffers Texte aufschlägt, liest man die Worte eines Mannes, der lebte, was er glaubte – und zum Vorbild wurde.

Bonhoeffers Texte sind im vorliegenden Band bewusst nicht zeitlich, sondern nach Themen geordnet. So erhält der Leser nicht nur einen Überblick über die Vielseitigkeit des großen Theologen, sondern es lassen sich auch leicht Texte auffinden, die thematisch besonders interessieren. Das Bibelstellenverzeichnis bietet hierzu eine zusätzliche Hilfe. Wie bei wenigen anderen Theologen ist Bonhoeffers Denken untrennbar mit seinem Lebensweg verbunden. Das zeigt sich ja in meiner Biografie. Im vorliegenden Buch ermöglichen die Jahreszahlen zu den einzelnen Texten sowie eine Zeittafel im Anhang zumindest eine grobe zeitliche Einordnung. Denn ein Text gewinnt eine ganz neue Tiefe, wenn wir z.B. erfahren, dass Bonhoeffer ihn im Militärgefängnis Tegel schrieb.

Als ich die Biografie über Bonhoeffer schrieb, hoffte ich, sie würde den Leser zu Bonhoeffers Worten führen. Nun hoffe ich, dass Bonhoeffers eigene Worte, die Sie in diesem Buch lesen, Sie näher zu dem Gott bringen, der in Jesus Christus sein Ja zu uns spricht.

New York im Januar 2016,
Eric Metaxas

»Denn alle Gottesverheißungen sind Ja in ihm und Amen in ihm, Gott zum Lobe durch uns.«

2. Korinther 1,20

»Alles, was wir mit Recht von Gott erwarten, erbitten dürfen, ist in Jesus Christus zu finden. Was ein Gott, so wie wir ihn uns denken, alles tun müßte und könnte, damit hat der Gott Jesu Christi nichts zu tun. Wir müssen uns immer wieder sehr lange und sehr ruhig in das Leben, Sprechen, Handeln, Leiden und Sterben Jesu versenken, um zu erkennen, was Gott verheißt und was er erfüllt. Gewiß ist, daß wir immer in der Nähe und unter der Gegenwart Gottes leben dürfen und daß dieses Leben uns ein ganz neues Leben ist; daß es für uns nichts Unmögliches mehr gibt, weil es für Gott nichts Unmögliches gibt; daß keine irdische Macht uns anrühren kann ohne Gottes Willen, und daß Gefahr und Not uns nur näher zu Gott treibt; gewiß ist, daß wir nichts zu beanspruchen haben und doch alles erbitten dürfen; gewiß ist, daß im Leiden unsre Freude, im Sterben unser Leben verborgen ist; gewiß ist, daß wir in dem allen in einer Gemeinschaft stehen, die uns trägt. Zu all dem hat Gott in Jesus Ja und Amen gesagt. Dieses Ja und Amen ist der feste Boden, auf dem wir stehen.«

Dietrich Bonhoeffer, Brief an Eberhard Bethge vom 21. August 1944
siehe S. 24 ff. im vorliegenden Buch

Teil 1
Jesus Christus nachfolgen

Teiltitel

1. Jesus Christus

Brief an Eberhard Bethge (21. August 1944)

Lieber Eberhard.
Heute in 8 Tagen ist Dein Geburtstag. Noch einmal habe ich mir die Losungen vorgenommen und darüber etwas meditiert. Es kommt wohl alles auf das »in Ihm« an. Alles, was wir mit Recht von Gott erwarten, erbitten dürfen, ist in Jesus Christus zu finden. Was ein Gott, so wie wir ihn uns denken, alles tun müßte und könnte, damit hat der Gott Jesu Christi nichts zu tun. Wir müssen uns immer wieder sehr lange und sehr ruhig in das Leben, Sprechen, Handeln, Leiden und Sterben Jesu versenken, um zu erkennen, was Gott verheißt und was er erfüllt. Gewiß ist, daß wir immer in der Nähe und unter der Gegenwart Gottes leben dürfen und daß dieses Leben uns ein ganz neues Leben ist; daß es für uns nichts Unmögliches mehr gibt, weil es für Gott nichts Unmögliches gibt; daß keine irdische Macht uns anrühren kann ohne Gottes Willen, und daß Gefahr und Not uns nur näher zu Gott treibt; gewiß ist, daß wir nichts zu beanspruchen haben und doch alles erbitten dürfen; gewiß ist, daß im Leiden unsre Freude, im Sterben unser Leben verborgen ist; gewiß ist, daß wir in dem allen in einer Gemeinschaft stehen, die uns trägt. Zu all dem hat Gott in Jesus Ja und Amen gesagt. Dieses Ja und Amen ist der feste Boden, auf dem wir stehen. Immer wieder in dieser turbulenten Zeit verlieren wir aus dem Auge, warum es sich eigentlich zu leben lohnt. Wir meinen, weil dieser oder jener Mensch lebe, habe es auch für uns Sinn zu leben. In Wahrheit aber ist es doch so: Wenn die Erde gewürdigt wurde, den Menschen Jesus Christus zu tragen, wenn ein Mensch wie Jesus gelebt hat, dann und nur dann hat es für uns Menschen einen Sinn zu leben. Hätte Jesus nicht gelebt, dann wäre unser Leben trotz aller anderen Menschen, die wir kennen, verehren und lieben, sinnlos. Vielleicht entschwindet uns jetzt manchmal die Bedeutung und Aufgabe unseres Berufes. Aber kann man sie nicht in einfachster Form so aussprechen? Der unbiblische Begriff des »Sinnes« ist ja nur eine Übersetzung dessen, was die Bibel »Verheißung« nennt.

Ich spüre, wie untauglich diese Worte sind, das zu bewirken, was sie möchten, nämlich Dich auch in Deiner Einsamkeit fest und froh und gewiß zu machen. Dieser einsame Geburtstag braucht für Dich ja wahrhaftig nicht ein verlorener Tag sein, wenn er Dir zum Anlaß wird, einmal wieder die Fundamente klar zu legen, auf denen Du weiterleben willst. Für mich ist es oft eine große Hilfe gewesen, am Abend an alle die zu denken, deren Fürbitte ich gewiß bin, von den Kindern bis zu den Erwachsenen. Ich glaube, daß ich viel Bewahrung in meinem Leben der Fürbitte Bekannter und Unbekannter zu danken habe.

Noch etwas anderes: es heißt im NT [Neuen Testament] häufig: »seid stark« (1. Kor 16,13; Eph 6,10; 2. Tim 2,1; 1. Joh 2,14). Ist nicht die Schwäche der Menschen (Dummheit, Unselbständigkeit, Vergeßlichkeit, Feigheit, Eitelkeit, Bestechlichkeit, Verführbarkeit etc.) eine größere Gefahr als die Bosheit? Christus macht den Menschen nicht nur »gut«, sondern auch stark. Die Schwachheitssünden sind die eigentlich menschlichen Sünden, die mutwilligen Sünden sind diabolisch (und wohl auch »stark«!). Ich muß darüber noch nachdenken.

Leb wohl, bleib gesund und zuversichtlich. Ich hoffe, wir feiern Renates Geburtstag wieder zusammen. Es dankt Dir für alles und denkt in Treue an Dich

Dein Dietrich

DBW 8 – Widerstand und Ergebung, S. 572 f.

»Advent schafft … neue Menschen«

Predigt zu Lukas 21,28
(London, 1. Advent, 3. Dezember 1933)

»Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so sehet auf und erhebet eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung naht.«

Ihr wißt alle, was ein Grubenunglück ist. Wir haben in der letzten Woche immer wieder davon in den Zeitungen lesen müssen. Über den Männern, die täglich in den tiefen Schächten der Erde einfahren müssen, um ihre Arbeit zu tun, schwebt die fortwährende Gefahr, daß eines Tages einer der Gänge einstürzt, daß eine unterirdische Explosion sie verschüttet. […] Und wenn nun dann auf einmal ein leises Geräusch sich vernehmen läßt, wie ein Klopfen, ein Hämmern, ein Brechen von Steinen, und […] – dann auf einmal richtet sich der schon Verzagte hoch auf, sein Herz möchte ihm springen vor Spannung und vor Warten und er schreit aus Leibeskräften: Hier bin ich, kommt durch zu mir und helft mir – ich komme nicht durch, ich kann mir nicht helfen, aber ich warte, ich warte, ich halte durch bis ihr kommt. Kommt nur bald … […] So steht es ja mit dem Herannahen Gottes zum Menschen, mit dem Kommen der Erlösung, mit der Ankunft Christi … sehet auf und erhebet eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung naht. […]

Nicht an die Satten, die Zufriedenen, sondern an die Hungernden und Dürstenden richtet sich dies Wort des Advent. Bei ihnen klopft er an, mächtig und eindringlich. […]

Was wollen wir dann von Weihnachten … ein bißchen Sentimentalität, ein bißchen innere Erhebung, … ein bißchen Stimmung – wenn aber da etwas ist, das davon wissen will, das sich an diesem Wort entzündet, wenn da etwas in uns diesem Wort glaubt, – […] dann wird Weihnachten kommen und wir sind bereit – Gott kommt zu uns, zu dir und mir, Christ, der Retter ist da. […]

Und daß nun ein solches wahrhaftes Adventsgeschehen etwas anderes schafft als eine ängstliche, kleinliche, gedrückte, schwächliche Christlichkeit, die wir immer wieder wahrnehmen und die uns das Christentum selbst immer wieder verächtlich machen will, das wird aus den zwei gewaltigen Aufforderungen klar, die unseren Text einleiten. Sehet auf, erhebet eure Häupter. Advent schafft Menschen, neue Menschen. Neue Menschen sollen auch wir im Advent werden. Sehet auf, ihr, deren Blick unverwandt auf diese Erde gerichtet ist, die gebannt sind von den kleinen Geschehnissen und Veränderungen auf der Oberfläche dieser Erde, sehet auf, die ihr euch vom Himmel enttäuscht abgewendet habt, zu diesen Worten, sehet auf, ihr, deren Augen von Tränen schwer sind und dem nachweinen, das die Erde uns gnadenlos entrissen hat, sehet auf, ihr, deren Blick schuldbeladen sich nicht erheben kann – sehet auf, eure Erlösung naht. Es geschieht noch etwas anderes, als was ihr täglich seht, etwas viel Wichtigeres, etwas unendlich viel Größeres und Mächtigeres – nehmt es nur wahr, seid auf der Wacht, wartet noch einen kurzen Augenblick, wartet und es wird etwas ganz Neues über euch hereinbrechen. Gott wird kommen, Jesus kommt und wird von euch Besitz nehmen und ihr werdet erlöste Menschen sein. Sehet auf, steht auf der Wacht, die Augen auf, wartet, wartet der herannahenden Erlösung entgegen. […]

Und nun fragen wir nochmal: Hören wir nun, wie es klopft und treibt und vorwärtskämpft, wie da etwas in uns aufspringen will, sich auftun, frei werden dem Christus entgegen? […] Kann der verschüttete Bergmann auf etwas anderes achten, als auf dies Hämmern und Klopfen der Retter? Kann und darf uns noch etwas anderes wichtig sein, als eben auf dieses selbe Hämmern und Klopfen Jesu Christi in unserem Leben zu achten. Kann es uns in allem was geschieht um etwas anderes gehen als um das Lauschen und Aufhören, um das Zittern und Sichausstrecken nach ihm. Es ist etwas am Werk, auch in uns. Daß wir’s doch nicht zuschütteten, daß wir doch auftäten dem, der da kommen will. Mitten im Winter hat Luther einmal, als er an Advent über unseren Text predigte, gerufen: »Der Sommer ist nahe, die Bäume wollen hervor. Es ist Frühlingszeit.« Wer Ohren hat zu hören, der hört. Amen.

DBW 13, London 1933–1935, S. 332-337

»Mich zieht’s zu den Menschen«

Karfreitags-Ansprache für den Kindergottesdienst,
Berlin, 15. April 1927

Als Gottes Sohn zu Gott, dem Vater sprach: Mich zieht’s zu den Menschen, da sprach Gott-Vater zum Sohne: Es wird ein Weg der Erniedrigung und Demütigung sein müssen, den Gottes Sohn unter den Menschen geht. Und der Sohn antwortete: Ich will ihn gehen. Da spricht Gott-Vater: Mein Zorn ist groß über die Schlechtigkeit der Menschen. Strenge Strafe muß ich verhängen. Und der Sohn spricht: Leg all deinen Zorn und deine Strafe auf mich, ich will für die Menschen, die du schufest, vor dir stehen und gehorsam die Last deines Zornes für die Schuld der Welt tragen. Der Vater spricht: Sohn, mein Zorn ist groß. Und der Sohn antwortet: Vater, deine Liebe ist größer. Ich will mit deinem Zorn und aller Demütigung beladen der Verkündiger deiner Liebe sein. Ich will selbst deine Liebe sein, die auch dort hingeht, wo Schuld und Bosheit und Elend ist, die den Verbrecher lieben will, die selbst die Gottverlassenheit schmeckt und verkündigt, daß deine Liebe sich bis zu den an deiner Liebe Verzagenden bringt. Überall wo ich auf der Erde sein werde, soll deine Liebe sein. Da küßte Gottvater den Sohn mit heiligem Kuß. In einem engen Stall aber zu Bethlehem wurde einem armen frommen Elternpaar ein Knabe geboren.

Dreierlei kennzeichnete den Weg Jesu Christi unter den Menschen. Seine grenzenlose Liebe, seine Erniedrigung, die er Tag um Tag erfuhr, und der Zorn Gottes, der sein Werk vor der Welt Augen zum Scheitern brachte. Oft haben wir davon gesprochen. Wir denken heute, wo wir von der Stunde im Leben Jesu reden, in der das Alles drei zusammengefaßt seinen Höhepunkt fand, daran zurück. […]

Der Tod hat schon an sein Herz gerührt, da dringt ein Angstschrei durch die Luft: mein Gott …? Mitleidig blickt mancher zu dem armen Verzweifelten hinauf. Nun endlich erkennt er selbst es auch, was andre schon längst wußten. Sein Leben war ein schöner Traum gewesen. Ja wahrlich fürchterlich war der Zorn Gottes über Jesus, über die Sünde der Welt. Jesus sollte nicht nur den Tod, er sollte allen Schrecken der Gottverlassenheit schmecken. Aber grade, wenn er auch das tat, dann war er gehorsamer Sohn Gottes geblieben. Er sollte die Angst des Gottfernen spüren, damit der Gottferne erkenne, daß Gottes Liebe selbst hier noch mächtig und wirklich ist. Jetzt dauert es nicht mehr lange, da ist die Stunde des Endes gekommen. In Jesus und um ihn herum ist es ruhig geworden. »Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist«, betet er laut. »Es ist vollbracht«, damit neigt er sein Haupt und stirbt. Als gegen Abend Knechte kommen, um die Gekreuzigten durch Brechen der Beine schneller zum Tod zu führen, sehen sie mit Staunen, daß Jesus schon tot ist. So brechen sie ihm nicht die Beine, sondern durch einen Lanzenstich in die Seite des Leichnams überzeugen sie sich, daß der Tod wirklich eingetreten ist. Dunkelheit lagert über Jerusalem, furchtbarer denn je. Die Weingärtner hatten den Sohn erschlagen. Was sollte der Herr des Weinbergs tun? Jesus hatte gebetet: Vater vergib ihnen. Jesus, der Herr ist nicht nur für seine Freunde gestorben, sondern für seine Feinde. Es war alles so gekommen, wie es kommen mußte. In Erniedrigung, Schmach und Schande war die Liebe Gottes auf der Erde erschienen, am Kreuze schlug Gottes Zorn seinen eigenen Sohn für die Schlechtigkeit der Welt, oder die Schlechtigkeit der Welt hatte den Sohn ans Kreuz geschlagen. Wir wollen heute am Karfreitag nicht gleich daran denken, daß mit Ostern den Dingen eine neue Wendung gegeben wurde. Wir wollen daran denken, wie die Jünger mit dem Tode Jesu alle Hoffnung zerschlagen sahen. Zerstreut voneinander, in hoffnungsloser Traurigkeit grübelten sie dem nach, was geschehen war. Nur wenn wir den Tod Jesu genauso ernst nehmen können wie sie, verstehen wir recht, was die Auferstehungsbotschaft zu bringen vermag.

DBW 9, Jugend und Studium, S. 573. 576 f.

»Der menschgewordene Gott«

Ethik (1940–1943)

Ecce homo – sehet welch ein Mensch! In ihm geschah die Versöhnung der Welt mit Gott. Nicht durch Zertrümmerung, sondern durch Versöhnung wird die Welt überwunden. Nicht Ideale, Programme, nicht Gewissen, Pflicht, Verantwortung, Tugend, sondern ganz allein die vollkommene Liebe Gottes vermag der Wirklichkeit zu begegnen und sie zu überwinden. Wiederum ist es nicht eine allgemeine Liebesidee, sondern die wirklich gelebte Liebe Gottes in Jesus Christus, die das vollbringt. Diese Liebe Gottes zur Welt zieht sich nicht aus der Wirklichkeit zurück in weltentrückte edle Seelen, sondern sie erfährt und erleidet die Wirklichkeit der Welt aufs härteste. Am Leibe Jesu Christi tobt sich die Welt aus. Der Gemarterte aber vergibt der Welt ihre Sünde. So geschieht die Versöhnung. Ecce homo.

Die Gestalt des Versöhners, des Gottmenschen Jesus Christus, tritt in die Mitte zwischen Gott und Welt, tritt in den Mittelpunkt alles Geschehens. An ihr enthüllt sich das Geheimnis der Welt wie sich in ihr das Geheimnis Gottes offenbart. Kein Abgrund des Bösen kann dem, durch den die Welt mit Gott versöhnt wird, verborgen bleiben. Aber der Abgrund der Liebe Gottes umfaßt auch noch die abgründigste Gottlosigkeit der Welt. In unbegreiflicher Umkehrung alles gerechten und frommen Denkens erklärt Gott sich selbst für schuldig an der Welt und löscht damit die Schuld der Welt aus; tritt Gott selbst den demütigenden Versöhnungsgang an und spricht damit die Welt frei; will Gott schuld sein an unserer Schuld, nimmt er Strafe und Leiden, die die Schuld über uns gebracht hat, auf sich. Gott steht ein für die Gottlosigkeit, die Liebe für den Haß, der Heilige für den Sünder. Nun gibt es keine Gottlosigkeit, keinen Haß, keine Sünde mehr, die Gott nicht auf sich selbst genommen, erlitten und abgebüßt hätte. Nun gibt es keine Wirklichkeit, keine Welt mehr, die nicht mit Gott versöhnt und in Frieden wäre. Das tat Gott in seinem lieben Sohn Jesus Christus. Ecce homo!