Vollständige eBook-Ausgabe der Hardcoverausgabe

© 2015 arsEdition GmbH, Friedrichstr. 9, D-80801 München

Alle Rechte vorbehalten

Text: Dorothee Haentjes-Holländer

Titelbild unter Verwendung des Filmplakats: © Zodiac Pictures, Claussen+Putz

Filmproduktion, Studiocanal

Umschlaggestaltung: Grafisches Atelier arsEdition unter Verwendung von

Bildmaterial von www.fotolia.de: Christian Müller, stockpics

Fotos: Walter Wehner, Hannes Rohrer, Lukas Unseld, Matthias Fleischer

Umsetzung eBook: Zeilenwert GmbH

Mehr Infos zum Film unter: www.heidi.studiocanal.de

ISBN Printausgabe 978 - 3-8458 - 1020-1

ISBN ebook 978 - 3-8458 - 1603-6

www.arsedition.de

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

STUDIOCANAL PRÄSENTIERT HEIDI NACH DEN ROMANEN VON JOHANNA SPYRI

EINE PRODUKTION VON ZODIAC PICTURES UND CLAUSSEN+PUTZ FILMPRODUKTION

IN KOPRODUKTION MIT STUDIOCANAL FILM SOWIE SRF UND TELECLUB

MIT ANUK STEFFEN BRUNO GANZ ISABELLE OTTMANN QUIRIN AGRIPPI KATHARINA SCHÜTTLER

HANNELORE HOGER MAXIM MEHMET PETER LOHMEYER ANNA SCHINZ JELLA HAASE

CASTING CORINNA GLAUS DANIELA TOLKIEN MASKENBILD GEORG KORPÁS JULIANE HÜBNER

KOSTÜMBILD ANKE WINCKLER SZENENBILD CHRISTIAN M. GOLDBECK (VSK)

ORIGINALTON MARCO TEUFEN TONGESTALTUNG SEBASTIAN SCHMIDT

MISCHUNG OLAF MEHL MUSIK NIKI REISER SCHNITT MICHAEL SCHAERER

BILDGESTALTUNG MATTHIAS FLEISCHER (BVK) KAUFMÄNNISCHE LEITUNG PETER DRESS

PRODUKTIONSLEITUNG SOFIE SCHERZ CLAUDE WITZ

HERSTELLUNGSLEITUNG JENS OBERWETTER KOPRODUZENTEN RODOLPHE BUET KALLE FRIZ

ISABEL HUND URS FITZE PRODUZENTEN RETO SCHAERLI LUKAS HOBI ULI PUTZ JAKOB CLAUSSEN

DREHBUCH PETRA VOLPE REGIE ALAIN GSPONER

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

1. Kapitel - Zur Alp hinauf

2. Kapitel - Beim Alpöhi

3. Kapitel - Der Geißengeneral

4. Kapitel - Es wird Winter

5. Kapitel - Ein schwerer Abschied

6. Kapitel - Eine ganz neue Welt

7. Kapitel - Es gibt viel zu lernen

8. Kapitel - Auf den Straßen der Stadt

9. Kapitel - Herr Sesemann kehrt heim

10. Kapitel - Großmamas Buch

11. Kapitel - Ein Abschied und noch ein Abschied

12. Kapitel - Zurück auf der Alp

13. Kapitel - Unerwarteter Besuch

14. Kapitel - Eine Art Wunder

Fotos aus dem Film

Die Autorin

1. Kapitel

Zur Alp hinauf

Es war ein warmer Sommertag. Hell und klar stand die Sonne am tiefblauen, wolkenlosen Himmel. Ein etwa siebenjähriges Mädchen stapfte über die Wiese am Fuß des Berges. Hier und da strich es mit der Hand über die langen Graswedel und die vielen Blumen, die wie bunte Punkte im satten Grün leuchteten. In der Wiese herrschte emsiges Treiben: Schmetterlinge flogen wie lebendige Edelsteine umher, Heuschrecken sprangen mit ihren langen Beinen von Halm zu Halm und pelzige Bienen und Hummeln brummten miteinander um die Wette und sammelten Nektar.

Plötzlich erklang am Himmel ein Schrei. Das Mädchen blieb stehen und sah auf. Über der stillen Welt der Gipfel zog ein Raubvogel mit ausgebreiteten Schwingen seine Runden. Majestätisch sah es aus, wie er dort oben kreiste. Weit weg von der Welt und von den Menschen. Und wie frei er war, in dieser wunderbaren Natur der Schweizer Berge! Unwillkürlich hob auch das Mädchen die Arme. Es breitete sie wie Flügel aus, schloss die Augen und stellte sich vor, dass es ebenfalls dort oben flöge und auf die Welt, die winzig klein unter ihm lag, hinunterschauen könne.

»Heidi!«, weckte eine ungeduldige Frauenstimme es aus ihren Träumen. Das Mädchen drehte den Kopf zu einem kleinen Weg, der am Rand der Wiese den Berg hinaufführte. »Heidi, jetzt komm doch endlich!«

Heidi seufzte leise. Hier in der Wiese zwischen den bunten Blumen gefiel es ihr so gut. Dann aber lief sie doch los, dass ihre Röcke nur so flogen und die Bänder des Strohhuts, den sie auf dem Kopf trug, hinter ihr herflatterten. Anstatt aber dort am Weg die Hand zu ergreifen, die ihr die Frau entgegenstreckte, rannte Heidi an Dete, ihrer Tante, einfach vorbei und schnurstracks den Berg hinan, wo in einiger Entfernung die ersten Häuser eines kleinen Dorfes zu sehen waren.

»Heidi!«, rief Dete und raffte eilig ihre Röcke, um der Kleinen zu folgen. »Heidi! Warte!« Und sie hatte große Mühe, das Mädchen bis zum Dorfeingang wieder einzuholen.

Das kleine Bergdorf war etwas ganz Neues für Heidi. Bislang hatte sie im Tal gelebt, in dem kleinen Örtchen Bad Ragaz. Heidis Eltern waren schon lange tot und Heidi war bei ihrer Tante Dete und der Großmutter aufgewachsen.

Das Mädchen blickte neugierig umher. Die Häuser hier oben auf dem Berg waren anders als im Tal. Sie waren von Wind und Wetter dunkel geworden und windschief und schienen sich unter dem Schatten der hohen Berg spitzen und dem dunklen Tannenwald zu ducken, als wollten sie sich verstecken. Selbst der Turm der kleinen Kirche in der Dorfmitte, mit dem Brunnen davor, ragte nicht weit in den Himmel hinein.

Heidi überlegte, welches der Häuser ihr Ziel sein könnte. Anstatt jedoch in eines hineinzugehen, zog Dete sie weiter mit sich.

In einem Vorgarten war eine Frau bei der Arbeit. Als Dete und Heidi vorüberkamen, sah sie auf. »Dete!«, sagte sie staunend. Dete aber nickte ihr nur kurz zu und zerrte Heidi rasch weiter.

Erst kurz vor dem Ortsausgang blieben sie stehen, um zu verschnaufen. Heidi setzte sich auf den Rand eines Brunnens, hob ihre Röcke und fächelte ihren Beinen Luft zu. Sie war viel zu warm gekleidet. Um weniger Gepäck tragen zu müssen, hatte Dete ihrer Nichte drei Kleider übereinander angezogen. Dazu trug Heidi ein Schultertuch, das über der Brust gekreuzt und am Rücken verknotet war. »Mir ist so heiß«, stöhnte sie. »Ist es noch weit?«

»Da oben ist es«, antwortete Dete und zeigte den Berg hinauf, der sich hinter den Häusern des Ortes erhob, auf eine Wiese oberhalb des Tannenwaldes. »Auf der Alp. Dorthin müssen wir hinauf.«

Ohne dass Dete es zunächst bemerkte, trat jemand zu ihr und Heidi hinzu – die Frau, die gerade noch in ihrem Vorgarten gearbeitet und Dete begrüßt hatte. Sie war wohl etwa in Detes Alter, wirkte aber in ihrer ärmlichen Bergbauernkleidung und durch die sonnenverbrannte, faltige Haut bedeutend älter. »Guten Tag, Dete«, sagte sie freundlich.

Dete fuhr herum und sah die Frau von Kopf bis Fuß an. Im nächsten Moment wurde ihre Miene frostig.

»Guten Tag, Barbel«, antwortete sie knapp und nahm das kleine Bündel, das sie bei sich trug und für einen Moment abgelegt hatte, wieder auf.

Barbel strich verlegen mit den Händen über ihren Rock. Dann aber sah sie zu Heidi und der Anflug eines Lächelns erschien auf ihrem Ge sicht. »Das Kind deiner verstorbenen Schwester?«, erkundigte sie sich bei Dete.

»Ja«, antwortete Dete nur und zog Heidi vom Brunnenrand, um weiterzugehen. »Ich bringe sie zu ihrem Großvater«, sagte sie so leise, dass nur Barbel es hören konnte. Dann stapfte sie weiter den Berg hinauf.

Es war, als hätte Dete etwas Unglaubliches gesagt. Für einen kurzen Moment blieb Barbel wie erstarrt stehen. Dann machte sie ein paar eilige Schritte, um wieder gleichauf mit Dete und Heidi zu kommen.

»Zum Alpöhi?«, keuchte Barbel. »Aber Dete! Das darfst du nicht! Der Alpöhi ist ein gottloser Menschenhasser. Er meidet die Dörfler, und man sagt, er hat dort droben sogar das Reden verlernt … Und mit dem eigenen Sohn hat er sich verzankt …«

»Psst«, schnitt Dete ihr das Wort ab. »Es geht nicht anders«, setzte sie dann rasch hinterher. »Meine Mutter ist gestorben und ich gehe zu einer vornehmen Familie nach Frankfurt in Stellung. Er ist der Großvater. Wer sonst soll sich denn jetzt um Heidi kümmern? Soll ich sie ins Heim bringen oder zu einem fremden Bauern?«

Heidi hatte sich schon längst wieder von Detes Hand losgemacht und strich versonnen über die blühende Wiese. Sie hatte zwar gehört, was die Frauen sprachen, konnte sich aber keinen Reim darauf machen. Jetzt drang ein leises Meckern und das Bimmeln von Glöckchen an ihr Ohr.

Sie sah auf. Dort, wo die Wiese neben dem Weg den Hügel hinaufführte und an den Wald angrenzte, weideten einige Geißen. Ohne lange zu überlegen, rannte Heidi los, die Wiese hinauf. Schon nach wenigen Schritten merkte sie jedoch, dass sie die Geißen nicht einholen konnte. Die Schuhe an ihren Füßen waren viel zu klobig und zu groß, und auch die drei Röcke, die sie übereinander trug, ließen ihr kaum Bewegungsfreiheit.

Enttäuscht blieb Heidi stehen. Sie strich sich mit dem Handrücken über das verschwitzte Gesicht. Dann aber hatte sie eine Idee: Sie setzte sich ins Gras, zog die Stiefel aus und nach kurzem Zögern auch ihre drei Kleider, bis sie nur noch in einem leichten weißen Unterhemdchen dastand. Erleichtert atmete sie durch. So fühlte sie sich viel wohler! Befreit lief sie los, zu den Geißen, die gemächlich über die Wiese zogen und hier und da Halme abrupften. Wie herrlich sich das Gras auf ihren nackten Fußsohlen anfühlte! Die Tiere erreichten den Waldrand und verschwanden im Schatten der Tannen. Heidi sprang hinterher. Schon wehte ihr die würzige Waldluft in die Nase, aber gerade, bevor sie in den kühlen Schatten der Bäume trat, erschall der Ruf ihrer Tante.

»Heidi! Wo bist du? Komm sofort her!«

Heidi wandte sich um. Am Fuß der Wiese sah sie Dete und Barbel auf dem Weg stehen und nach ihr Ausschau halten.

»Ich komme schon«, rief sie, dann rannte sie los, sammelte dabei rasch ihr Kleiderbündel auf und lief die Wiese hinab zu den Frauen.

Bevor Heidi bei ihnen war, wechselten Dete und Barbel noch kurz einige Worte, und Heidi konnte sehen, dass Barbels Miene voller Sorge und Ablehnung war. Dann wandte Barbel sich rasch ab und lief zurück ins Dorf.

Der Weg zur Alp hinauf führte durch den Wald und war steil und steinig. Immer wieder musste Heidi stehen bleiben und verschnaufen, denn ihr Kleiderbündel fühlte sich immer schwerer an und mit jedem Schritt schien Dete es eiliger zu haben. Erst als Dete ihr die Last abnahm, kam Heidi besser voran.

Schließlich endete der Wald, und nachdem sie noch ein kurzes Stück an seinem Rand entlanggelaufen waren, erreichten sie eine Alp. Dort stand im Schatten von drei mächtigen Tannen eine Hütte mit einem kleinen Stall. Von einer einfachen Sitzbank mit einem Tisch neben der Eingangstür konnte man ins Tal hinabblicken, und in einer Tränke beim Stall sammelte sich lustig plätschernd klares Quellwasser, das frisch vom Berg herabfloss.

Beim Anblick der Alp atmete Dete tief durch. Sie holte, wie schon so oft auf diesem Weg den Berg hinauf, ein kleines Tüchlein aus ihrer Tasche und tupfte sich den Schweiß von Stirn und Hals. Aber nicht nur die Hitze und die Anstrengung brachten Dete so ins Schwitzen, sondern vor allem die Sorge vor der Begegnung mit dem Alpöhi. Vor vielen Jahren hatte er seine Hütte im Dorf verlassen und war hierher auf die Alp gezogen. Und nicht erst seit dieser Zeit erzählte man sich im Dorf, dass der Öhi kein guter Mensch sei.

Rundum war es still. Nur der Wind säuselte sanft in den Wipfeln der Bäume. Plötzlich aber hörte Heidi ein schlagendes Geräusch, und ehe Dete sie zurückhalten konnte, war Heidi schon losgerannt. Vorsichtig spähte sie um die Ecke der Hütte.

Ein Hackklotz stand hier und davor ein Mann. Er hatte schneeweiße Haare und einen dichten weißen Bart. Sein von der Bergsonne gebräuntes Gesicht war von tiefen Falten durchzogen und unter seinen buschigen Brauen lagen dunkle, beinahe kohlschwarze Augen. Jetzt sauste das Beil, das er hoch über seinen Kopf erhoben hatte, mit einem kräftigen Hieb in ein Stück Holz und spaltete es. Dann bückte er sich, um die Scheite aufzusammeln.

»Grüß Gott, Großvater«, sagte Heidi und trat vor.

Der alte Mann sah auf. Er musterte das kleine Mädchen, das da vor ihm stand. Es trug keine Schuhe und nur ein dünnes Hemdchen, und seine blasse Gesichtsfarbe verriet, dass es nicht aus dem Dorf stammte, wo die Kinder den ganzen Tag im Freien verbrachten.

In diesem Moment kam Dete hinzu. Sobald sie den Alpöhi sah, blieb sie ängstlich stehen. Es war nicht nur die Axt in seiner Hand, die ihr Angst machte. Sein finsterer Blick schien jeden, der ihm zu nahe kam, vernichten zu wollen.

»Grüß Gott, Alpöhi«, begann sie mit nervöser Geschäftigkeit. »Ich bringe Euch Heidi, Euer Großkind. Ich habe mich fünf Jahre um sie gekümmert, nachdem meine Schwester gestorben war. Aber jetzt gehe ich fort. Ich habe eine Anstellung gefunden. Weit weg. In Frankfurt.«

Die Augen des Alpöhis wurden noch dunkler als zuvor. Er runzelte die Stirn, sodass seine buschigen Brauen eine strenge Linie bildeten, und musterte Dete abfällig von oben bis unten. »Mach, dass du davonkommst!«, knurrte er. Dann legte er das nächste Holzstück auf den Hackklotz und fasste wieder seine Axt.

Dete musste all ihren Mut zusammennehmen, bevor sie erneut ansetzte. »Öhi«, sagte sie. »Es geht nicht anders. Meine Mutter ist nun auch gestorben und ich musste die Arbeit in Frankfurt annehmen«, verteidigte sie sich, während der Alpöhi sich wieder ihnen zugewandt hatte und Dete mit seinem Blick fast durchbohrte. »Und darum bringe ich Euch jetzt das Kind. Es ist schließlich Euer eigen Fleisch und Blut, das Kind Eures Sohnes und Eurer Schwiegertochter. Ihr müsst Euch nun um Heidi kümmern.«

Und um zu zeigen, dass sie Heidi tatsächlich auf der Alp lassen wollte, legte sie trotz ihrer Angst vor dem Öhi Heidis Kleiderbündel im Gras ab.

Die Axt noch in der Hand, kam der Öhi nun näher. Mit jedem Schritt schien er größer zu werden, sodass er Heidi fast wie ein Riese vor kam. »Verschwinde!«, zischte er Dete an. »Und nimm das Kind mit!«

Bebend vor Furcht fasste Dete Heidi an den Schultern und drückte sie schützend an sich. Sie ergriff das Bündel mit Heidis Kleidern und zog das Mädchen mit sich hinter die Hütte.

»Heidi«, flüsterte Dete, während sie vor ihrer Nichte in die Knie ging, um ihr in die Augen sehen zu können. Rhythmisch erklangen unterdessen wieder die Axthiebe des Alpöhis.

»Heidi, du musst bei ihm bleiben«, sagte sie, und an Detes Stimme konnte Heidi hören, dass ihrer Tante das Herz bis zum Hals schlug. »Es geht nun mal nicht anders. Aber hab keine Angst! Dir wird er nichts tun.« Sie sagte es so, als müsste sie sich dessen selbst versichern.

Dann küsste sie Heidi auf die Stirn und drückte sie noch einmal fest an sich. »Gott, vergib mir!«, flüsterte sie mit einem Schluchzen, das sie in ihrem Taschentuch erstickte. Dann ließ sie Heidi los, raffte ihre Röcke und lief unter Tränen und so schnell sie konnte davon.

»He!«, klang ihr die raue Stimme des Alpöhis nach, der seine Arbeit unterbrochen hatte und hinter die Hütte trat. »Das Kind! Nimm das Kind mit!« Aber Dete wandte sich nicht um.

»Na los!«, herrschte der Alpöhi Heidi an. »Worauf wartest du? Schau, dass du hinterherkommst!«

Heidi gehorchte. Sie nahm ihr Kleiderbündel und lief ein paar Schritte, blieb dann aber unschlüssig stehen. »Aber Dete will mich doch auch nicht mehr bei sich haben«, sagte sie.

Einen Moment lang sah der Alpöhi das Kind stumm an. Sein Blick war finster und drohend. Dann drehte er sich um, lief zur Hütte und warf dröhnend die Tür hinter sich zu.

Zögernd folgte Heidi ihm vor die Hütte. »Großvater?«, rief sie leise durch die geschlossene Tür. Aber niemand antwortete. Ganz still war es nun wieder hier oben auf der Alp. Nur der Wind rauschte in den drei mächtigen Tannen.

»Großvater?«, rief Heidi noch einmal. Sie legte ihr Bündel ab und lief zum Fenster. Vielleicht konnte sie in das Innere der Hütte sehen? Doch viel zu dunkel war es dort drinnen, und das Glas war auch zu blind, um wirklich etwas erkennen zu können. Nur ganz kurz glaubte Heidi eine Art Schatten ahnen zu können – das Gesicht des Großvaters, das für einen Moment auf der anderen Seite des Fensters erschien und sein Enkelkind fassungslos und geradezu ängstlich ansah, bevor es wieder in der Dunkelheit verschwand.