Kapitel 1
WARUM SOLLTE EIN MANN, den er nie kennengelernt hatte, ihm ein Haus an einem der spektakulärsten Strände der amerikanischen Westküste bauen?
Micha Taylor schaute aus den Fenstern seines Eckbüros mit Blick über den Puget Sound und klopfte mit der Kante des geheimnisvollen Briefes in seine Handfläche. Cannon Beach, Oregon. Das Haus stand direkt am Pazifik und sein Großonkel Archie hatte es für ihn bauen lassen. Wenigstens behauptete
das dieser Brief. Aber warum ausgerechnet dort? An einem Ort, den er verabscheute. An einem Ort, den er liebte. Beides gleichzeitig. Das Schicksal konnte doch nicht so grausame Scherze machen!
Vergiss es. Es gab dort bestimmt kein Haus, das ihm gehörte. Unmöglich. Nicht ausgerechnet dort. Das war bestimmt ein Witz, mit dem sein Team ihn auf die Schippe nehmen wollte; das sähe seinen Mitarbeitern ähnlich. Der Unternehmenskultur bei RimSoft konnte man beim besten Willen nicht nachsagen, sie sei langweilig. Aber sie hatten keine Ahnung, wie sehr sie diesmal ins Fettnäpfchen getreten waren. Micha seufzte.
Aber falls der Brief doch echt war …
„Wir müssen los, Boss.“
Shannon stand mit ihrer grau melierten Kurzhaarfrisur im Türrahmen und schaute ihn durch ihre Versace-Brille auffordernd
an. Seit drei Jahren war sie nun Michas Assistentin. Sie war sehr klug, ließ sich nicht so leicht einschüchtern und trug entscheidend dazu bei, sein Unternehmen zusammenzuhalten.
„Ich hasse es, wenn man Boss zu mir sagt.“ Das erinnerte ihn zu sehr an seinen Vater.
„Ja, ich weiß.“ Sie zog ihre Brille ein Stück nach unten und bedachte ihn mit ihrem Piratenblick: ein Auge zu- und das andere zusammengekniffen.
Micha versuchte zu lächeln und warf den Brief auf den Schreibtisch. Vergiss es, sagte er sich noch einmal. Es half nicht.
„Alles in Ordnung?“
„Ja. Alles bestens.“ Er nahm seinen Notizblock und hob mahnend den Zeigefinger, während er und Shannon sein Büro verließen. „Du solltest nicht Boss zu jemandem sagen, wenn du beinahe alt genug bist, um seine …“
„… ältere Schwester zu sein?“
„Genau“, sagte Micha, während sie im Gleichschritt durch die Gänge von RimSoft schritten. Normalerweise liebte er Freitage. Die Kreativität seines Teams war unglaublich. Wenn es eine olympische Disziplin gäbe, bei der es darum ging, wer die besten Leute einstellen konnte, hätte Micha schon viele Goldmedaillen gewonnen.
Aber heute war kein normaler Freitag. Heute lag ein bizarrer Brief auf seinem Schreibtisch und drohte Erinnerungen in ihm zu wecken, die er für immer begraben hatte.
Als sie auf dem Weg zum Konferenzraum um die letzte Ecke bogen, kam Kelli Kay, eine der talentiertesten Programmiererinnen der Firma, auf ihn zu. „Wollen Sie mal etwas wirklich Cooles hören?“ Ihre roten Locken hüpften auf ihren Schultern.
„Unbedingt.“ Micha ging weiter, aber jetzt rückwärts, wobei seine Nike-Sportschuhe leicht über den blaugrünen Teppichboden schleiften.
Kelli war bis vor vier Monaten alleinerziehende Mutter gewesen und hatte neben einer Vierzigstundenwoche und der Erziehung ihres zehnjährigen Sohnes ein Informatikstudium absolviert. Sie beklagte sich nie über Fünfzigstundenwochen. Oder über Sechzigstundenwochen.
„Mein Sohn hat den Kunstwettbewerb gewonnen, von dem ich Ihnen letzte Woche erzählt habe; im Sommer fährt er nach L. A. und nimmt dort am landesweiten …“
„Im Ernst? Wow! Hören Sie: Wenn er gewinnt, fliege ich mit ihm und Ihnen und Ihrem Mann nach New York. Wir besuchen mit ihm die Kunstgalerien und legen es so, dass wir uns ein Spiel der Mariners gegen die Yankees anschauen können.“
„Ehrlich?“ Kelli musste fast laufen, um mit ihm Schritt zu halten.
„RimSoft hat mit diesem kleinen Antivirenprogramm, das Sie letztes Jahr entwickelt haben, schon zwei Millionen Dollar verdient. Sie sind sensationell.“ Micha drehte sich um und beschleunigte seine Schritte.
Shannon tat es ihm gleich. „Du könntest wirklich stehen bleiben, wenn du mit Leuten sprichst.“
Micha schaute Shannon stirnrunzelnd an. „Wir haben doch ein Meeting. Du weißt schon, die Firma? Viel Arbeit.“
„Du bist heute Morgen irgendwie nicht du selbst.“
„Mir geht vieles durch den Kopf.“ Er öffnete die Tür zum Konferenzraum, hielt sie Shannon auf und erwiderte ihren finsteren Blick mit einem gezwungenen Lächeln.
Der Konferenzraum war klein, aber gemütlich. Keine hohe Zimmerdecke, kein riesiger Tisch, nur zwei hellbraune Ledersofas und sechs dunkelbraune Sessel, die in der Mitte des Raums einen Kreis bildeten. Der Raum war nicht darauf ausgelegt, das eigene Ego zu präsentieren; er diente der Effektivität.
Auf jedem Sofa saßen zwei Leute. Auf dem einen der Leiter von Michas Rechtsabteilung mit seinen schwarzen Haaren und der John-Lennon-Brille. Neben ihm lungerte der Leiter der Abteilung „Fusionen und Übernahme“. Er war erst 30, sah aber mit seinen vorzeitig ergrauten Haaren wie 50 aus. Auf dem anderen Sofa saß seine Marketingchefin, die mit jedem Tag mehr wie eine jüngere Version von Oprah Winfrey aussah. Neben ihr wartete der Leiter seiner Finanzabteilung. Zwei Leute von Michas Software-Entwicklung saßen auf den Sesseln.
Shannon nahm ebenfalls in einem Sessel Platz; Micha ging vor seinem auf und ab.
Gut. Alle waren bereit. Es konnte losgehen.
„Okay“, sagte Micha mit leicht erhöhter Lautstärke. „Fangen wir an. Wie weit sind wir mit der i2-Rock-Fusion?“
„Erledigt“, antwortete der Fusionsleiter.
„Wir lieben ihre Hardware; sie lieben unsere Software, nicht wahr?“
„Genau.“
„Ausgezeichnet. Gute Arbeit.“ Micha schaute Oprahs Zwillingsschwester an. „Ist das Layout für Wired fertig?“
„Ja.“
„Ihre letzte Kampagne hat alle Erwartungen übertroffen. Ich bin also gespannt.“ Er wandte sich nach rechts. „Die Betatests für Version Vier sind abgeschlossen, richtig?“
„Am Mittwoch abgeschlossen.“
„Sehr gut. Unglaublich, dass das Programm schon fast völlig fehlerlos läuft.“ Micha schaute den Leiter seiner Rechtsabteilung an. „Sind die Papiere für den Bay-C-Aufkauf fertig?“
„Noch nicht ganz.“ Der Mann schaute zu Micha auf. „Aber wir haben es bald.“
Micha blieb abrupt stehen. Was war das Problem dieses Typen? Alle anderen wussten, dass sie ihr Bestes geben mussten. Er konnte es sich einfach nicht leisten, dass dieser Mann weiterhin im Schneckentempo arbeitete.
„Sie haben gesagt, Ihre Abteilung wäre bis Dienstag fertig. Jetzt ist Freitag.“
Der Leiter der Rechtsabteilung wand sich und murmelte: „Wir werden heute noch fertig.“
„Wann?“
„Heute.“
„Wann?“
„Um vierzehn Uhr.“
„Was kommt aus einem Toaster?“
Der Mann runzelte die Stirn. „Toastbrot?“
„Jetzt ist es halb zehn. Was sind Sie, wenn Ihre Papiere bis Mittag nicht fertig sind?“
Der Leiter der Rechtsabteilung errötete. „Toastbrot.“
„Ein bisschen lauter bitte, damit es alle hören können.“
„Dann bin ich Toastbrot.“
Jemand aus dem Team hustete. Alle anderen hielten ihre Blicke krampfhaft auf ihre Agenda gerichtet.
Micha drehte sich um, schaute aus den Fenstern des Konferenzraums und betrachtete den Puget Sound. Einatmen. Ausatmen. Wirklich toll, Micha. So machte man sich keine Freunde. Er wandte sich wieder an sein Team. „Okay, machen wir weiter.“
Eine halbe Stunde später schaute Micha jeden Einzelnen aus seinem Team direkt an. „Danke für zwei Dinge: Erstens dafür, dass Sie so gut sind, dass diese Firma ohne Sie zweifellos nicht überleben könnte. Und zweitens, dass Sie doch nicht so gut sind, dass ich nicht doch noch Verbesserungen einbringen könnte.“ Er nahm seinen Notizblock und schritt zur Tür.
War er zum Leiter der Rechtsabteilung, der mit seiner Arbeit immer zurücklag, zu hart gewesen? Wahrscheinlich. Micha seufzte. Eindeutig. Warum hatte er sich so benommen? Er verdrehte die Augen. Micha wusste ganz genau, warum er sich so benommen hatte.
Cannon Beach.
Shannon trat vor ihm aus der Tür und marschierte fast im Laufschritt den Flur hinab.
Mit zwei großen Schritten holte Micha sie ein. „Hey, geh langsamer.“
Sie ging schneller und gab ihm keine Antwort.
„Du hast wieder diesen ‚Micha ist ein Blödmann‘-Blick drauf.“
Sie schaute ihn mit einem dünnen Lächeln an. „Es war erst das erste Mal in diesem Jahr. Du besserst dich.“
Sie gingen einige Schritte schweigend nebeneinander her. „Ich wollte nur etwas klarstellen. So bin ich normalerweise eigentlich nicht.“
„So?“
Wieder vier Schritte.
„Du hast recht; ich hab mich da drinnen wie ein hundertprozentiger Idiot benommen“, flüsterte er. Sein Gesicht wurde warm, als er über die Narbe auf seiner linken Handfläche fuhr. „Es ist nur so … dass ich manches nicht ablegen kann, auch wenn ich es gern würde.“
„Du bist also nicht schon seit deiner Geburt so?“
Nein. Erst, seit er neun war.
Er schaute nach unten und schüttelte leicht den Kopf.
„Du bist eine Null! Du bist nichts! Absolut gar nichts! Und aus dir wird nie etwas werden!“ Der Rest der Szene – das zerrissene T-Shirt, die Demütigung, die vernichtenden Worte – wollte an die Oberfläche kommen, aber Micha knallte die Tür zu seinem Herzen zu, und die Erinnerungen verblassten.
Als er in seinem Büro ankam, hatte sich sein Atem wieder beruhigt und sein Blick wanderte zu dem Brief von seinem Großonkel, der auf dem Teakholzschreibtisch lag. Micha nahm ihn und ließ sich in seinen schwarzen Lederstuhl fallen. Das vergilbte Papier war früher wahrscheinlich weiß gewesen, obwohl die fließende Handschrift so gestochen war, als wäre der Brief erst gestern geschrieben worden.
Der Umschlag, in dem er gekommen war, war mit Wachs versiegelt gewesen, und die Umrisse eines Löwenkopfes waren in dem dunkelblauen Paraffin deutlich zu sehen. Micha lehnte sich zurück und starrte den Namen des Absenders an. Archie Taylor. Wirklich sonderbar.
Archie war sein Großonkel, über den er überhaupt nichts wusste. Er war Mitte der 1990-er Jahre gestorben, und Micha hatte ihn nie persönlich kennengelernt. Archie war ziemlich reich gewesen und hatte nie geheiratet, aber mehr wusste er nicht über ihn. Micha war schon fast erwachsen gewesen, als er erfahren hatte, dass es Archie überhaupt gab. Als Micha nachgefragt hatte, hatte sein Vater nur gesagt, Archie sei ein Sonderling, von dem man sich lieber fernhielt.
Micha öffnete den Brief und fragte sich erneut, ob er echt sein konnte.
27. September 1990
Lieber Micha,
du bist wahrscheinlich ziemlich verwundert, dass du diesen Brief bekommen hast, da wir nie Gelegenheit hatten, uns kennenzulernen. Der Grund für diesen Brief wird dich noch mehr überraschen.
Ich habe einen Freund gebeten, dir diesen Brief zu schicken, wenn du 35 bist oder wenn du so viel Geld verdient hast, dass du nicht mehr arbeiten musst. Wenn du diesen Brief liest und noch nicht 35 bist, hast du also schon eine erhebliche Summe Geld verdient, was in einem jungen Alter manchmal von Vorteil sein kann, aber meistens nicht.
Wenn meine Anweisungen befolgt wurden, wurde in den letzten fünf Monaten für dich ein Haus an der Küste von Oregon gebaut, sechs Kilometer südlich von Cannon Beach. Ich habe es für dich entworfen. Ich nehme an, dass du dich jetzt fragst, warum ich dieses Haus ausgerechnet in Cannon Beach bauen ließ.
Aber du kennst wahrscheinlich den Grund.
Weil es Zeit wird, dich deiner Vergangenheit zu stellen. Es ist Zeit, dich damit auseinanderzusetzen, was passiert ist.
Es ist mein großer Wunsch, dass dir dieses Haus helfen wird, dich zu entscheiden und wieder heil zu werden, und wenn der Architekt meine Anweisungen befolgt hat, wird das auch geschehen, glaube ich. Es wird auf jeden Fall dein Leben durcheinanderbringen. Das Haus ist ganz du.
Dein Großonkel Archie
P.S.: Zusammen mit diesem Brief müsstest du einen Schlüssel und eine Karte mit der Adresse bekommen haben.
Micha las die letzte Zeile noch einmal und runzelte die Stirn. Das Haus ist ganz du? Ein Schreibfehler. Es musste doch wohl heißen: ganz dein. Er lehnte den Kopf zurück. Sein Vater hatte recht. Dieser Mann war verrückt gewesen.
Er sollte sich seiner Vergangenheit stellen? Seine Vergangenheit war tot. Begraben. Vergessen.
Und so würde es auch bleiben.
Ein Geräusch auf dem Flur ließ Micha aufblicken. Julie. Gut! Zurück im richtigen Leben. Julie war die perfekte Geschäftspartnerin. Und auch eine leidenschaftliche Sportpartnerin. Und seit einiger Zeit auch seine Lebenspartnerin.
Ihre schulterlangen, blonden Haare hüpften, als sie schwungvoll durch seine Bürotür trat. Ihr strenges beiges Kostüm betonte ihre strahlend weißen Zähne.
„Hey!“ Micha kam hinter seinem Schreibtisch hervor und breitete die Arme aus.
Als sie bei ihm ankam, zerzauste sie seine dunkelbraunen Haare und küsste ihn sanft.
Julie. Stark, aber auch zärtlich. Energiegeladen und strahlend. Es war schön, dass sie zurück war.
„Wie war die Dienstreise, Julie?“
„Wir sind jetzt reicher, aber ich bin so froh, dass ich wieder hier bin.“
Als sie RimSoft vor sechs Jahren gemeinsam gegründet hatten, hätte er sich nie vorstellen können, dass sie beim Software-Goldrausch auf eine so reiche Ader stoßen würden. Und er hätte auch nie gedacht, dass aus ihrer langjährigen Freundschaft irgendwann eine Liebesbeziehung entstehen würde.
Micha setzte sich und starrte Archies Brief an. Er musste nach Cannon Beach fahren. Und falls es das Haus wirklich gab, musste er es loswerden. Sofort.
„Hörst du mir eigentlich zu?“ Julie lehnte sich an Michas Schreibtisch.
„Was?“
„Ich habe dich nach der Aufsichtsratssitzung am Montag gefragt, und ich finde, fünf Sekunden auf eine Antwort zu warten reicht.“ Sie lachte.
„Entschuldige. Ich habe nicht zugehört. Ich bin in Gedanken gerade ganz woanders. Ich habe von einem Verwandten, der längst gestorben ist, einen sonderbaren Brief bekommen. Ehrlich gesagt, muss ich dieses Wochenende wahrscheinlich …“
Julie drückte zwei Finger auf seine Lippen. „Wir können nicht zulassen, dass diese Gedanken ausgesprochen werden.“
„Welche Gedanken?“
„Dass du womöglich unseren Ausflug nach Whistler am Wochenende absagen willst. Du und ich und Schnee und Skifahren im Frühling und Kaminfeuer mit einem sehr alten Cabernet. Klingelt da etwas bei dir?“
„Hmm.“ Er grinste, zog die Brauen in die Höhe und hoffte, Julie würde verstehen, dass sie ihre Pläne ändern mussten. „Ich habe anscheinend ein Haus direkt am Meer geerbt, gleich südlich von Cannon Beach.“
„Cannon Beach?“ Sie runzelte die Stirn. „Hast du mir nicht mal erzählt, dass du Cannon Beach hasst?“
„Früher habe ich es geliebt.“
„Was? Also, wie jetzt?“
„Vergiss es.“ Entschuldige, Archie. Die Gefühle, denen er sich dieses dummen Briefs zufolge stellen sollte, würden nie ans Tageslicht kommen.
Julie starrte ihn an, aber er reagierte nicht darauf.
„Lass uns doch mal kurz etwas nachsehen.“ Julie beugte sich über ihn, und ihre roten Fingernägel tanzten über seine Tastatur, bis ein Schaubild mit Häusern am Meer, die in Cannon Beach zum Verkauf angeboten wurden, auf seinem Bildschirm auftauchte. „Schau dir diese Preise an.“ Sie tippte auf seinen Monitor. „Dein kleines Geschenk könnte ein paar Millionen Dollar wert sein. Biete es zum Verkauf an und mach es schnell zu Geld.“
„Genau. Je schneller, desto besser.“
„Deshalb liebe ich dich, Micha. Du machst kurzen Prozess. Woher hast du dieses geheimnisvolle Haus eigentlich?“
Er nahm den Brief und zog ihn wie eine Messerklinge über seine Hand. „Mein Großonkel, den ich nie kennengelernt habe, hat es für mich bauen lassen.“
„Du hast ihn nie kennengelernt, und er schenkt dir ein Haus?“
Julie wartete nicht auf eine Antwort, sondern tippte wieder. Einige Sekunden später erschien Google Earth auf Michas Monitor. „Adresse?“
Micha las sie ihr aus dem Brief vor. Wenige Momente später schauten sie einen Fleck Erde am Meer an.
„Nicht einmal eine kleine Hütte“, stellte Julie fest.
„Vielleicht doch.“ Micha drückte ein paar Tasten. „Schau. Dieses Satellitenbild ist sieben Monate alt. In Archies Brief steht, dass jemand das Haus in den letzten fünf Monaten gebaut hat.“ Micha wandte seinen Blick nicht vom Bildschirm ab. „Es könnte sein …“
„Wie wär’s mit einem Deal? Du willst also unbedingt dorthin fahren.“
„So wichtig ist es nicht …“
„Nein, nein, lass mich ausreden. Ich kenne diesen Blick. Du musst hinfahren. Wenn du unser Wochenende in Whistler gegen eine Woche in den Alpen tauschst, kommen wir ins Geschäft.“
„Dann kommst du dieses Wochenende mit?“
„Nein.“
„Was? Ich bin nicht sicher, ob ich das allein machen will.“
Julie strich über Michas Wange und drehte seinen Kopf zu sich herum. „Etwas sagt mir, dass du das allein machen musst.“
Es wäre das erste Mal seit über 20 Jahren, dass er in Cannon Beach wäre. Und auch sein letztes Mal. Zweifellos sein letztes Mal.