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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1908

 

Asyl im Eismeer

 

Letzter Ausweg Propter – ein Volk ist zum Untergang bestimmt

 

von Robert Feldhoff

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Seit Perry Rhodan die mysteriöse Brücke in die Unendlichkeit betreten hat, wurde der Terraner immer stärker in die Konflikte kosmischer Mächte hineingezogen. Er kam auf die Spur der Koalition Thoregon, er traf auf die Völker der Galornen und der Nonggo – und er wurde zuletzt im Deltaraum der Baolin-Nda in die Geheimnisse der Koalition eingeweiht.

Seit neuestem ist Perry Rhodan nun im Auftrag Thoregons unterwegs: Er ist der Sechste Bote. Somit ist die Menschheit gegen Ende des Jahres 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung erneut im Spannungsfeld kosmischer Mächte tätig. Denn Thoregon wird von einem bislang unbekannten Gegner bedroht.

Sein Handlanger Shabazza regte unter anderem die Invasion der Tolkander an, die in der Milchstraße Milliarden von intelligenten Wesen töteten. Und seine Aktivitäten sorgten dafür, dass Tod und Vernichtung in andere Galaxien getragen wurden.

Wenn Perry Rhodan und seine Gefährten dagegen etwas tun wollen, müssen sie zuerst auf die Spur Shabazzas kommen. Ein Hinweis darauf ist die SOL, das ehemals terranische Hantelraumschiff, das zuletzt in der Doppelgalaxis Whirlpool gesichtet wurde. Die SOL soll zum offiziellen Schiff des Sechsten Boten werden.

Doch dann landet die kleine Gruppe in der Galaxis Salmenghest, gerät in den Bann eines Kesselbebens und kann dem Inferno nur im letzten Augenblick entkommen. Mit ihnen flüchten die Überlebenden der Katastrophe, denen nur eine Alternative bleibt: das ASYL IM EISMEER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Zuunimalkhahen – Der Quellfürst der Propteren schließt seine Augen.

Eismer Störmengord – Der Bebenforscher aus dem Volk der Goldner ist stur.

Perry Rhodan – Der neue Sechste Bote von Thoregon will vermitteln.

Om Verhaybb – Die Kommandantin der Setchenen setzt alles auf eine Karte.

Mondra Diamond – Die ehemalige Agentin geht in einen Tauch-Einsatz.

1.

Der Regenmantel

 

»Schließ die Augen, kleiner Zuuni. So ist es gut.«

Er hörte die Stimme seines Erzeugers heute noch, eine dumpfe Infraschallwelle im Uferwasser, ein tiefes Knarren aus einem fetten, aufgedunsenen, damals bereits vom Tod gezeichneten Leib.

»Schließ die Augen, und das Leid der Welt existiert nicht mehr. Du darfst es niemals an dein Inneres lassen, oder es wird dich vernichten.«

Bald darauf hatte ihn die Strömung fortgetragen, und kleine Fische im tiefen Wasser hatten ihn aufgefressen.

Fürst Zuunimalkhahen dachte nicht mehr oft an seinen Erzeuger. Die Regierungsgeschäfte ließen ihm keine Zeit dazu, außerdem lagen die furchtbaren Ereignisse, die ihn in den Tod getrieben hatten, mehr als dreißig Jahre zurück.

Heutzutage lebten sie in Sicherheit. Es war alle Sicherheit, die man in der Galaxis Salmenghest für Geld kaufen konnte.

Die Propteren hatten einen Wall aus Raumforts errichtet. Ihre Heimatwelt starrte vor Waffen; die tödlichsten Produkte von Salmenghest lagerten in befestigten Arsenalen in den Tiefseegräben. Hinzu kam eine Kriegsflotte, die aus dreißig hochgerüsteten DRYTORN-B-Raketen bestand.

Selbst wenn es nochmals einer Dscherro-Horde einfiele, die reiche Nation des Propter-Systems heimzusuchen – nun hielten sie die richtige Antwort bereit.

Aber es mussten nicht immer die Dscherro sein. Auch andere Völker konnten eine Bedrohung darstellen.

So wie an diesem Tag: Zuunimalkhahen sah die Flotte der Setchenen in seine Heimat eindringen, vorbei an der Bahn des dritten Planeten, über die Demarkationslinie hinweg.

Es waren rund 3400 Einheiten, vermutlich bis in den letzten Winkel vollgestopft mit Wesen, die den Propteren fremd waren.

Er hatte ein Bild von zweieinhalb Meter großen Echsenwesen vor Augen, mit einem Schuppenpanzer in Blau und Grün. Sie waren entfernt humanoid, und allein das reichte ihm schon. Zwei starke Beine, zwei Arme, außerdem noch zwei kleine Zusatzarme, die aus der Brust entsprangen – was für ein hässliches Bild!

Die Propteren wollten diese Wesen nicht bei sich haben. Sie wollten nicht deren Gedanken teilen und nicht andersartiges Kulturgut in ihrer Nähe dulden.

Fürst Zuunimalkhahen sah keine andere Möglichkeit, als die anderen vernichten zu lassen.

Zweimal ließ er eine Warnung funken.

Die Setchenen schickten jedes Mal eine Antwort, eine Mischung aus drängendem Hilferuf und jammervoller Geschichte. Ihr Heimatsystem, so hieß es, sei von einem Kesselbeben vernichtet worden. Man befinde sich auf der Flucht und es gebe keinen anderen Platz, an dem man überleben könne.

Objektiv gesehen war das vermutlich die Wahrheit. Aber Zuunimalkhahen wollte nicht wissen, was die Setchenen zu sagen hatten.

»Sie kommen näher, mein Quellfürst!«

»Ja«, gab er übellaunig zurück, »das sehe ich selbst.«

Einen Moment lang wünschte er sich, er hätte an diesem Morgen die Klinik nicht verlassen. Wäre er nur bei seinem kalten Prinzen geblieben ... Aber die Situation im Aquarium war für ihn fast ebenso schwer erträglich wie diese Flotte, die sich näherte.

Zuunimalkhahen wollte nur noch, dass die Setchenen verschwanden. Mit dem Prinzen hatte er Probleme genug, mehr, als er tragen konnte.

Für eine Kursänderung der Flotte gab es jedoch keine Anzeichen.

Die Fremden setzten stur ihren Weg fort.

Nach der dritten Warnung ließ Zuunimalkhahen das Feuer eröffnen.

Wachfort Nummer 67 richtete eines seiner Impulsgeschütze auf das seltsame Raumgefährt aus, das am weitesten in die Heimat der Propteren eingedrungen war.

Der Schuss ließ das Gefährt platzen wie eine Seifenblase.

Schließ die Augen, kleiner Zuuni. Genau das war es, was er tat. Schließ die Augen, und das Leid der Welt existiert nicht mehr.

Die Flotte der Setchenen stoppte jetzt.

Zuunimalkhahens Hofstaat gab klatschende Geräusche von sich. Hunderte von Propteren lösten ihre verkrampften Näpfe; ein Zeichen von Erleichterung, das ihn aus der Versunkenheit schreckte.

Es sah so aus, als sei das Verhängnis einer Invasion an ihnen vorbeigegangen.

Das Leid der Welt existiert nicht mehr ...

Zuunimalkhahen achtete nicht mehr auf den Monitor. Er gab sich mit seinen Gliedmaßen Schwung, und der Rückstoß ließ ihn aus der dunklen Kammer in Richtung Oberfläche treiben.

Die Regierungsgeschäfte hatten ihn müde gemacht, außerdem die lange Nacht im Aquarium, als ein Stab von Medizinern um das Leben des Prinzen gekämpft hatte, sieben Stunden lang.

Was bedeutete dagegen die Außenwelt? Das fremde Universum?

Wie viele Wesen gerade gestorben waren, ob sie noch in Rettungsanzügen durch den Raum trieben oder nicht, interessierte Zuunimalkhahen wenig.

Allein der Gedanke an Fremde brachte ihn um den Verstand. Solange sie nur auf Distanz blieben, wollte er sie gerne dulden. Anders war es gar nicht möglich, weil sein Volk vom Raumschiffsbau und von Geschäften mit anderen Zivilisationen lebte. Im Propter-System wurden die begehrten DRYTORN-B-Raketen hergestellt und gewartet.

Aber diese Fremden hatten sich viel zu weit ins Heimatgebiet der Propteren begeben. Sie hätten die Demarkationslinie niemals überschreiten dürfen.

Zuunimalkhahen paddelte im Uferdelta, das seinen Palast beherbergte, genoss dabei den frischen Geruch, den das Wasser aus dem Hochgebirge mit sich trug.

Ein Mitglied seines Hofstaats kam herangeschwommen.

Er ignorierte den unerwünschten Besucher eine ganze Weile, dann platzte er aufgebracht heraus: »Was ist denn?«

Der andere zuckte zusammen. »Verzeihung, mein Quellfürst. Aber es sind die Setchenen! Sie haben sich wieder in Bewegung gesetzt, und sie kommen direkt hierher.«

Zuunimalkhahen wurde klar, dass er eine Entscheidung treffen musste.

 

*

 

»Wünscht euch etwas!«, forderte der Zwerg. Er schien sehr ärgerlich zu sein. »Irgend etwas, Perry Rhodan, und ich werde euch den Wunsch erfüllen. Aber dann verschwindet aus meinen Augen, damit ich eure verdammten Visagen nie mehr sehen muss!«

In diesem Teil der Galaxis Salmenghest wurde Vokabulon gesprochen. Mein Translator übersetzte das Wort, das er benutzt hatte, tatsächlich als »Visagen«.

Ich sagte ruhig: »Eismer Störmengord, hör mir mal zu! Das geht nicht.«

»Sagt den Wunsch und verschwindet«, wiederholte das Wesen stur seine Forderung. »Also schön, ihr habt mir das Leben gerettet – danke! Nett von euch. Ich will euch nur nichts schuldig bleiben, bevor wir uns trennen.«

»Wir befinden uns an Bord deines Raumschiffes und können hier nicht weg«, sagte ich nüchtern.

Meine Ruhe schien ihn noch zorniger zu machen.

»Ihr tragt Raumanzüge, Perry Rhodan!«, zischte er. »Wenn wir hier fertig sind, geht ihr einfach durch die Schleuse nach draußen, und wir sehen uns niemals wieder.«

»Bis wir mit Raumanzügen den nächsten Planeten erreichen, brauchen wir zehntausend Jahre. Willst du uns ermorden, Eismer? Vergiss diesen Unsinn, wir bleiben selbstverständlich an Bord. Auf dein Angebot mit dem Wunsch kommen wir später zurück.«

Es gab einen simplen Grund dafür, dass ich so reden konnte: Störmengord war allein in der Yacht, ich dagegen hatte Reginald Bull, Ska Kijathe, Tautmo Aagenfelt, Mondra Diamond und die beiden Swoons als Unterstützung. Nicht zu vergessen Norman, unseren kleinen Indischen Elefanten, und den riesenhaften Ertruser Poulton Kreyn.

An Bord der GLIMMER waren wir klar in der Überzahl.

Das schien auch Eismer Störmengord nicht entgangen zu sein. Der Zwerg stieß eine heftige Verwünschung aus. Ich hörte eine Übersetzung, die einem empfindlichen Gemüt die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte.

Dann hockte sich Störmengord wortlos in den Kommandantensessel. Seine Augen waren starr auf das prächtige Hologramm in der Mitte der Zentrale gerichtet.

Dort ereignete sich ein Vorgang von erschütternder Grausamkeit.

Das abgebildete Sonnensystem besaß 34 Planeten. Vier der Planeten waren soeben zerbrochen, ausgelöscht von unbegreiflichen Gezeitenkräften. Zwei weitere Planeten standen vor der Vernichtung. Es gab keine Möglichkeit für uns, an der Katastrophe etwas zu ändern. Ich schätzte, dass es in zehn Minuten vorbei sein würde.

Kurz rief ich mir ins Gedächtnis, dass man auf Terra den 19. Januar 1290 Neuer Galaktischer Zeitrechnung schrieb. Kein Mensch wusste dort etwas von der Katastrophe.

Die Bewohner dieser Galaxis bezeichneten den Vorgang als Kesselbeben. Damit waren fünfdimensionale Entladungen gemeint, die ähnlich wie ein Erdbeben wirkten. Nur dass statt eines Landstrichs ganze Sonnensysteme verwüstet wurden.

Zu den zerstörten Welten gehörte auch der zwölfte Planet, Quarantimo, die Heimat der Setchenen.

Ich machte mir bewusst, dass über hundert Millionen Setchenen soeben den Tod gefunden hatten. Ein menschlicher Geist kann solche Opferzahlen nicht wirklich verarbeiten. In meinem Leben habe ich jedoch sehr viel Leid gesehen, und hätte ich etwas ändern können, ich hätte nicht eine Sekunde gezögert.

Eismer Störmengord schien sich für die Katastrophe nicht zu interessieren. Er war ein Bebenforscher, der schon zahllose Kesselbeben aus der Nähe erlebt hatte.

Kesselbeben waren die Geißel der Galaxis Salmenghest – und die Bebenforscher spielten eine Rolle, die ich noch nicht ganz durchschaute.

Ich hielt den Zwerg für einen seltsamen Kerl. Ob man ihm trauen konnte oder nicht, würde sich noch erweisen.

Er war nicht größer als einen Meter vierzig, eher kleiner, und besaß einen humanoiden Körperbau. Aus seinem Gesicht stach eine riesengroße Nase hervor. Allein dieser »Zinken« (wie Bully ihn genannt hatte) war so lang wie mein Zeigefinger und zeigte eine ausgeprägte Höckerform.

Eismer Störmengords Augen standen nahe beieinander. Es waren zwei, beide dunkel und für meinen Geschmack nicht sehr ausdrucksvoll.

Ich nahm an, dass die dominante Nase Störmengords Sichtfeld stark einschränkte. Er konnte wahrscheinlich besser riechen als sehen.

Wenn er den Mund öffnete, kamen zwei Reihen haifischartiger Zähne zum Vorschein. Sie waren entweder zum Zerkleinern zäher Nahrung gedacht – oder das Volk des Bebenforschers tötete seine Nahrung noch mit dem eigenen Mund statt mit Werkzeugen. Es hätte mich nicht gewundert.

Ich stellte mir vor, wie er eine zappelnde Ratte am Schwanz herabbaumeln ließ, sie mit den Zähnen packte und zermalmte.

Störmengord hatte eine faltige bläuliche Haut. Auf einen menschlichen Beobachter wirkte er deshalb alt. Faltige Haut konnte bei einem Fremdwesen jedoch eine völlig andere Ursache haben als das Alter.

Zur Hautfarbe lieferten die Haare einen reizvollen Kontrast: fahles Blau gegen feuriges Rot. Der Schopf bestand nicht aus einigen Millionen oder zehntausend, sondern nur aus einigen hundert Haaren, die allerdings eine entsprechende Dicke besaßen.

Seine sechs Finger machten einen geschickten Eindruck. Aber das war für ein raumfahrendes Volk fast schon eine Voraussetzung. Ohne die nötige Geschicklichkeit war so gut wie kein Aufbruch zu den Sternen möglich.

Am beeindruckendsten wirkte auf mich sein Regenmantel.

Natürlich war es nicht wirklich ein Regencape, wenngleich die wachsige Oberfläche eine gewisse Ähnlichkeit zeigte. Allein die schwarze Farbe stellte einen Blickfang dar. Der fremdartige Stoff ließ mich an ein Schwarzes Loch denken, das Material schien jegliches Licht in sich hineinzusaugen. Auf eine schwer zu beschreibende Weise fühlte ich mich an Alaska Saedelaeres Anzug der Vernichtung erinnert.

Störmengord richtete sich plötzlich auf. Er musterte uns mit einem abfälligen Blick, dann sagte er:

»Also gut! Ihr bleibt vorerst an Bord. Die GLIMMER hat beim Start von Quarantimo einigen Schaden genommen. Ich muss das Schiff reparieren lassen, danach reden wir weiter.«

»Was für Schäden sind das?«

»Der Linearantrieb wird vermutlich instabil laufen. Ein gestörter Librationskonverter. Ich muss die Maschinen vollständig überholen lassen.«

Der kleine Bebenforscher berührte mehrere Sensortasten, die an den Konsolen rings um seinen Sitz angebracht waren.

Er kippte ein zerbrechlich wirkendes Schaltelement an seinem Kommandantensessel, kurz darauf erlosch das Hologramm und wurde mit einem neuen Inhalt wieder aufgebaut.

Ich blickte auf eine blaue Sonne vom Wegatyp, auf einen flammenden Riesen mit nicht mehr als drei Planeten. Es war eine schematische Darstellung, kein Orterbild, sondern eine Datei aus Störmengords Computer.

»Was ist das?«, fragte Reginald Bull neugierig.

Störmengord antwortete: »Unser Ziel, das Propter-System. Sechs Lichtjahre entfernt. Die Bordpositronik sagt, dass dort in weitem Umkreis die einzige Werft liegt.«

Propter-System. Der Ausdruck war mir nicht unbekannt. Ich erinnerte mich daran, dass eine Evakuierungsflotte der Setchenen sich ebenfalls in diese Richtung gewandt hatte.

Die Yacht des Bebenforschers nahm mit einem spürbaren Ruck Fahrt auf. Offenbar hatten auch die Andruckabsorber etwas abbekommen.

Unter solchen Umständen konnten sechs Lichtjahre eine Menge sein, überlegte ich.

 

*

 

In der Zentrale der GLIMMER gab es eine einzige Sitzgelegenheit, und die besetzte unser seltsamer Pilot. Wir anderen mussten stehen. Nur die beiden grünhäutigen Swoons hatten es sich auf einer Konsole bequem gemacht.

Durch die Luken konnte ich die Sterne beobachten. Es waren keine bekannten Bilder darunter. Aber das hätte mich auch gewundert, denn Salmenghest befand sich 23,5 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt.

Reginald Bull beugte sich nach einer Weile über Störmengords Schulter. »Wie läuft's denn so?«, fragte er.

Der kleine Bebenforscher antwortete mit einem ärgerlichen Knurren. Bully zuckte zurück, hob die Schultern und blickte etwas ratlos in die Runde. Nichts zu machen, hieß das.

Der Anblick der Sterne verschwand, dafür umgab uns plötzlich das gestaltlose Grau des Linearraums. Durch die geöffneten Luken war es ein gespenstischer Anblick.

Die GLIMMER flog durch ein Medium zwischen Normalraum und Hyperraum, durch einen schwer definierbaren, schmalen Tunnel, der seine eigene Gesetzmäßigkeit und seine eigene Mathematik hatte.

Gut tausend Jahre lang hatten unsere Raumschiffe sich vorzugsweise per Linearantrieb durch das All bewegt. Kurz kamen die Erinnerungen hoch. Das Blaue System der Akonen, unser erster Flug mit dem neuen Antrieb. Es war eigentümlich, nach all den Jahren in einer weitestgehend fremden Galaxis wieder mit einem solchen Antrieb zu reisen.

Ich drehte mich um. Es war sinnlos, auf die Instrumente zu starren.

Mein Blick fiel statt dessen auf das seltsame Paar am Ausgang: Mondra Diamond, unsere ehemalige Zirkusartistin, und ihr »Haustier« Norman.

Der Kleine hob immer wieder seinen Rüssel, prustete furchtsam und versuchte auszubrechen. Mondra musste ihn permanent besänftigen.

Norman war nicht mal einen halben Meter groß. Ansonsten entsprach er in fast allen Details den Indischen Elefanten der Vorzeit. Der Kleine war ein genetisches Zuchtprodukt. Dennoch verfügte er über einen herausragend entwickelten Instinkt.

Er schien die Gefahr zu wittern, die der Linearraum für ein Schiff in diesem Zustand darstellte. Ab und zu erklang ein stöhnendes Geräusch, tief aus dem Leib der Raumyacht; für Norman das Signal, fortzulaufen und sich zu verstecken. Dass es an Bord der GLIMMER für ihn kein Versteck gab, konnte er nicht wissen.

Eismer Störmengord drehte sich ruckartig um. Mit unwilliger Miene fixierte er den Elefanten, dann Mondra Diamond.

»Ich muss dieses Schiff fliegen! Wenn ich in meiner Konzentration weiterhin gestört werde, überleben wir den Flug nicht. Es ist besser, du bringst deinen ängstlichen Kameraden hinaus.«

Der Bebenforscher berührte eine Taste. Daraufhin öffnete sich die Tür zu einem seitlichen Korridor.

»Ich verstehe«, sagte Mondra rasch. Sie schob den Kleinen vor sich her nach draußen.

Dass Norman ein Haustier war (und keineswegs ein »Kamerad«, wie sich Störmengord ausdrückte), konnte der Bebenforscher nicht wissen. Intelligenz ließ sich nicht an der äußeren Erscheinung festmachen.

Nach einer Weile folgte ich Mondra auf den Korridor.

Es war, als hätte ich eine andere Welt betreten. Die Zentrale der GLIMMER wirkte sehr funktionell, doch dieser Gang trug die unverwechselbare Handschrift des Eigners.