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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1909

 

Der Bebenforscher

 

In der Galaxis der Katastrophen – Rhodan erfährt die Geschichte eines Goldners

 

von Robert Feldhoff

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Seit Perry Rhodan die mysteriöse Brücke in die Unendlichkeit betreten hat, wurde der Terraner erneut in die Konflikte kosmischer Mächte hineingezogen. Er kam auf die Spur der Koalition Thoregon, er traf auf die Völker der Galornen und der Nonggo – und er wurde zuletzt im Deltaraum der Baolin-Nda in die Geheimnisse der Koalition eingeweiht. Seit Ende des Jahres 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist Perry Rhodan somit als Sechster Bote im Auftrag Thoregons unterwegs.

Und dieses Thoregon wird von einem bislang unbekannten Gegner bedroht. Sein Handlanger Shabazza regte unter anderem die Invasion der Tolkander an, die in der Milchstraße Milliarden von intelligenten Wesen töteten. Seine Aktivitäten sorgten zudem dafür, dass Tod und Vernichtung in andere Galaxien getragen wurden.

Wenn Perry Rhodan und seine Gefährten dagegen etwas tun wollen, müssen sie zuerst auf die Spur Shabazzas kommen. Ein Hinweis darauf ist die SOL, das ehemals terranische Hantelraumschiff, das zuletzt in der Doppelgalaxis Whirlpool gesichtet wurde. Die SOL soll zum offiziellen Schiff des Sechsten Boten werden.

Doch dann landet die kleine Gruppe in der Teil-Galaxis Salmenghest, gerät in den Bann eines Kesselbebens und kann dem Inferno nur im letzten Augenblick entkommen. Mit ihnen flüchten die Überlebenden der Katastrophe, denen letztlich nur Perry Rhodans Eingreifen das Überleben sicherte. Dabei gerät der Terraner in Kontakt zu einem merkwürdigen Wesen – es ist DER BEBENFORSCHER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Eismer Störmengord – Der Goldner erzählt seine Geschichte.

Perry Rhodan – Der Terraner sammelt Informationen in einer fremden Galaxis.

Janthos – Der Prolongide wird zum guten Freund.

Bomicu Mes Gebertan – Der Vrouber setzt sich hohe Ziele.

1.

Protokoll der Scherben (1)

 

»Was dieses verdammte Kesselbeben für mich bedeutet hat? Eine seltsame Frage. Du musst entweder sehr neugierig sein, oder du bist sehr dumm!

Ich habe alles verloren, ich bin heute ein Flüchtling. Vorher war ich ein reicher Mann, ich hatte es geschafft. Ein ganzes Leben lang denkt man, so etwas geschieht nur den anderen. Meistens ist es ja auch so, aber diesmal ist es mir passiert.

Was willst du jetzt noch wissen? Wie das ist, ein Kesselbeben? Wie soll ich das sagen, ich war ja nicht dabei.

Natürlich bin ich ins nächste Raumschiff gestiegen, das für mich erreichbar war. Auch wenn es meine ganzen Miro-Credits gekostet hat. Hätte ich das Kesselbeben miterlebt, wäre ich ja nicht mehr am Leben. Logisch, nicht wahr? Du bist wirklich ein Narr, dir muss man alles haarklein erklären. Ich weiß gar nicht, warum ich mit dir noch sprechen soll.

Hast du etwas zu essen für mich? Ich bin so hungrig, ich könnte ... Ach, was rede ich. Ein kleines bisschen Nahrung nur, bitte!

Du hast nichts? Wirklich nicht?

Dann lass mich allein! Ich habe genug zu tun mit diesen elenden Formularen. Was die Behörden hier alles wissen wollen ... Hat ein Flüchtling gar keine Rechte? Ist ein wirklich rechtschaffener Einwanderer hier denn überhaupt nichts wert?«

Kaufmann Tilloor im System Seemerg, eine Woche vor der Exekution aufgrund eines Eigentumsdelikts.

2.

Raumschiff GLIMMER:

Macht es euch gemütlich

 

Der rothaarige Zwerg war nicht ganz eineinhalb Meter groß.

Er hatte bläuliche Haut, und sein Körper steckte in einem schwarzen Mantel. Das geheimnisvolle Kleidungsstück sah wie ein Regenschutz aus. Ob es wirklich einer war, daran wagte ich jedoch zu zweifeln. Eismer Störmengord – der kleine Rothaarige – war ein Raumfahrer, und in Raumschiffen pflegte es nicht zu regnen.

Der Zwerg bezeichnete sich als Bebenforscher. Damit gehörte er in dieser Galaxis zu einer überaus wichtigen Berufsgruppe.

Wir schätzten uns glücklich, dass wir Störmengord getroffen hatten. Allerdings stimmte irgend etwas nicht mit dem Zwerg, und ich fragte mich bisher vergeblich, was es war.

»Bis mein Raumschiff repariert ist, werden einige Wochen vergehen«, schätzte Störmengord. »Kommt darauf an, wie gut dieses Dock mit der Technik der Bebenforscher klarkommt.«

»Und was«, fragte ich unruhig, »wenn sie es gar nicht schaffen?«

Störmengord versicherte: »Sie schaffen es, Perry Rhodan.«

»Du scheinst sehr überzeugt zu sein.«

»Und ob.« Der kleine Bebenforscher stieß ein belustigtes Geräusch aus. »Eines kannst du mir glauben: Die Bewohner des Propter-Systems wollen uns lieber heute als morgen los haben.«

Wir waren auf Störmengord dringend angewiesen, weil er unser einziger Freund mit einem fernflugtauglichen Raumschiff war.

Der Name dieser Galaxis lautete Salmenghest. Es handelte sich um den kleineren Teil einer Doppelgalaxis. Die Entfernung zur heimatlichen Milchstraße ließ sich mit etwa 23,5 Millionen Lichtjahren beziffern.

Unsere Aufgabe bestand darin, in der Nachbargalaxis DaGlausch, dem größeren Zwilling von Salmenghest, eine Spur des Raumschiffs SOL zu entdecken. Nachdem wir unser eigenes Raumschiff verloren hatten, schien es kaum noch eine Chance zu geben. Dennoch glaubte ich daran, dass wir die Nachbargalaxis und die SOL erreichen konnten.

Der Rumpf der Raumyacht GLIMMER ertönte wie eine Glocke unter heftigen Schlägen, die möglicherweise von einem Hammerwerk stammten.

Ein Hologramm in der Mitte der Zentrale zeigte die Vorgänge draußen, rings um unseren Dockingplatz: Durch ein riesengroßes Luk wurde ein Maschinenblock heranmanövriert.

Ich hielt den Block für ein Lineartriebwerk, ein hochwertiges Austauschteil, auch wenn sich das von außen schwer beurteilen ließ.

»Wir haben jetzt sehr viel Zeit«, erklärte der Bebenforscher. »Es ist besser, wenn wir das Schiff nicht verlassen. Die Techniker da draußen mögen keine Fremden. Nur über eure Unterbringung müssen wir uns beizeiten Gedanken machen. Auf soviel Besuch bin ich nicht eingerichtet.«

Mein Blick wanderte über die versammelten Gefährten: Reginald Bull, mein ältester Freund; der Physiker Tautmo Aagenfelt; Ska Kijathe, wie immer in Orange gekleidet; der riesenhafte Ertruser Poulton Kreyn, mit dem Platzbedarf eines kleinen Containers; auf einer Konsole die kleinwüchsigen Swoons Treul und Goriph, gegen arretierte Schalter gelehnt.

An Mondra Diamond und ihrem kleinen Elefanten blieb mein Blick hängen. Ich musste lächeln, als ich die dunkelhaarige Schönheit und Norman mit seinem hochgereckten Rüssel ansah.

Dann wandte ich mich wieder Eismer Störmengord zu. »Ich denke, es kann losgehen«, forderte ich ihn auf.

»Hier also die versprochene Geschichte meines Lebens«, sagte der Bebenforscher nach einer Weile. »Ich bin keineswegs in Salmenghest geboren, sondern in der Nachbargalaxis. Genau dort, wo ihr so dringend hinwollt! So gesehen dürfte meine Geschichte sogar von einigem Interesse sein. Was meinst du dazu, Perry Rhodan?«

Der Bebenforscher lachte. Doch er fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten: »Der Name dieser Galaxis lautet bekanntlich DaGlausch.«

Als Perry Rhodan etwas sagen wollte, hob er die Hand. »Nein, frag jetzt nicht nach den Dscherro. Das ist für meine Geschichte nicht wichtig.« Er machte eine kleine, gewichtige Pause. »Meine Geschichte beginnt auf dem Planeten der Goldner, vor langer, langer Zeit.«

3.

Abschied von der Funkenstadt

 

»Dem Kleinen geht's aber wirklich schlecht«, hörte er seinen Vater sagen. »Was können wir nur tun? Wenn es wirklich die Zentrumskrankheit ist ...« Der Rest blieb offen.

Vater stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. Er schaute seinen kleinen Sohn mit einem zärtlichen Blick an, wie ihn Eismer selten gesehen hatte.

Dann fuhr der große Mann in einem Anfall von Ärger herum und fixierte die Ärzte, die sich im Krankenzimmer versammelt hatten.

»Das hier ist mein Sohn!«, knurrte er. »Der einzige Sohn des Präfekten! Wenn ihr es nicht schafft, ihn durchzubringen, sorge ich dafür, dass keiner von euch seine Lizenz behält! Ist das klar?«

Die Mediziner in ihren blauen Roben duckten sich. Zustimmendes, ängstliches Murmeln erklang als Antwort. Keiner wagte es, dem zornigen Präfekten zu widersprechen.

Vater war ein imposanter Mann von einsvierzig Größe. Unter den Goldnern gab es keinen, der ihm das Wasser reichen konnte.

Jedenfalls glaubte das der kleine Eismer, der ihn immer nur als überlegen und allwissend erlebt hatte.

Als oberster Verwalter der Funkenstadt verfügte Vater über beträchtliche Macht. Ein schwarzer Mantel, der das Licht regelrecht zu fressen schien, diente als Zeichen seiner Würde.

Eismer konnte sich gar nicht vorstellen, dass er einmal so groß werden würde wie Vater.

Besonders nicht in diesem Augenblick; denn er glaubte, dass er in der Nacht sterben musste.

Er hatte keine feste Vorstellung, wie das war, tot zu sein. Wahrscheinlich hörte alles einfach auf, und er würde es nicht einmal richtig mitbekommen. Vielleicht war Totsein aber auch sehr schmerzhaft.

Vater beugte sich über ihn. »Deine Mutter wird heute Abend kommen, Eismer. Ich nehme an, sie sitzt bereits in der Rohrbahn. Kannst du so lange noch wach bleiben?«

Er machte eine bejahende Geste. Mit aller Gewalt hielt er die Augen offen, weil er es ja versprochen hatte.

Dann sah er, wie Vater im Hintergrund mit den Medizinern tuschelte. Sie tauschten heftige Worte, deren Sinn er nicht verstand, und es sah aus, als stünden sie kurz vor einer Prügelei.

Vater hätte dabei natürlich gewonnen. Das wussten wohl auch die Ärzte, denn am Ende gaben sie klein bei und duckten sich wieder.

Sie und Vater führten mehrere Visifongespräche, und einmal erkannte Eismer auf dem Bildschirm ein fremdartiges, knallgelbes Gesicht, wie er es niemals vorher gesehen hatte. Der Fremde war kein Goldner. Er musste zu einem fremden Volk gehören. Die Art, wie er sein Glausching sprach, hörte sich für Eismer sehr ungewöhnlich an. Es klang wie ein Blubbern, so wie die Geräusche unter Wasser.

Vater beendete das Gespräch mit einem deutlichen Zeichen von Erleichterung. Dann kam er zu Eismers Krippe und setzte sich auf den hölzernen Rand.

»Wir schicken dich in ein Land jenseits der Sterne, kleiner Eismer«, erklärte Vater ihm. »An einen Ort, wo sie dich gesund machen werden. Ich habe soeben mit Trouzzo Fu Gebertan gesprochen. In seiner Xenoklinik gibt es einen freien Platz – und noch heute geht ein Linienschiff vom goldenen Planeten ins Vrouber-System. Wenn wir nur ein bisschen Glück haben ...«

Vrouber-System.

Xenoklinik.

Trouzzo Fu Gebertan.

Die Wörter, die Eismer da hörte, waren ihm völlig fremd. In seinen halb verstopften Ohren klangen sie wie eine schwer fassbare Bedrohung.

Eismer wollte nicht von Mutter und Vater getrennt sein. Besonders von Vater nicht; jetzt, da er zum ersten Mal sah, wie sehr er in Wahrheit geliebt wurde.

»Ich will nicht allein sein«, murmelte er. Zum lauten Reden fehlte ihm bereits die Kraft. »Bitte. Ich will hierbleiben.«

Vater beugte sich zu ihm herunter. »Sieh mal, Eismer ... Es ist nicht leicht zu erklären, aber auf dem goldenen Planeten gibt es niemanden, der dich heilen könnte. Wir müssen dich in eine Klinik im Vrouber-System bringen lassen. Der Aufenthalt dort ist so teuer, dass ich den Flug und die Unterbringung nur für eine Person bezahlen kann. Verstehst du das?«

Eismer machte eine verneinende Geste. Vater war mächtig, alle bewunderten ihn. Dass einem Präfekten Geld fehlen könnte, war für Eismer Störmengord schwer zu begreifen.

»Hör zu, Kleiner! Ich und deine Mutter, wir werden hier in der Stadt auf dich warten. In einigen Monaten kehrst du zum goldenen Planeten zurück, und du wirst wieder gesund sein. Wer weiß, bestimmt bist du dann wieder ein Stück gewachsen. Ich freue mich schon jetzt darauf, kleiner Eismer. Und ich verspreche dir, wir unternehmen einen Rundflug durch die Stadt. Sogar zum Observatorium, wenn du noch willst. Dort kannst du Millionen fremde Sterne betrachten, ganz DaGlausch und sogar den Kessel. Oder wir gehen in den Vergnügungspark. Aber zuerst musst du wieder gesund werden.«

Eismer presste die Lippen zusammen, weil er in Vaters Gegenwart nicht wimmern wollte.

Er wusste nicht, was mit dem Ausdruck »Kessel« gemeint war und warum Vater das Wort so ehrfürchtig betonte. Was ein Observatorium war, das wusste er jedoch. Er freute sich so auf die Aussicht, dass er auf der Stelle gesund geworden wäre, hätte er es nur gekonnt.

»Wann ist es soweit?«, murmelte er.

»Dein Flug geht in einer Stunde. Es ist ein Linienschiff. Wir haben auf die Abflugzeiten keinen Einfluss.«

Eismer formte die Lippen lautlos zu dem Wort Mutter.

Aber Vater verstand ihn trotzdem. »Sie sitzt im Rohrzug«, sagte er. Dann fügte er tonlos hinzu: »Sie wird nicht mehr rechtzeitig hier sein.«

Eismer spürte mit einemmal die Schwäche nicht mehr. Das furchtbare Brennen in seinen Gliedern trat für einen Moment in den Hintergrund. Er konnte nicht verhindern, dass die Furcht vor dem Alleinsein seinen Körper schüttelte.

Vater legte ihm eine Hand auf die Stirn. Seine Finger waren kalt.

»Es wird nicht sehr lange dauern. Damit du dein Zuhause nicht vergisst, gebe ich dir etwas mit. Es soll dich stets an die Funkenstadt und an dein Heim erinnern.«

Eismer war sehr erschrocken, als Vater plötzlich aufstand und seinen Mantel auszog.

»Pass gut darauf auf! Ich möchte, dass du ihn mir heil wiederbringst.«

Vater faltete den Mantel zusammen, bis er nur noch so groß wie ein Buch war, und legte ihn zu seinem Sohn in die Krippe.

Eine halbe Stunde später brachten sie Eismer fort.

Der Raumhafen am Rand der Funkenstadt war riesengroß. Eismer sah fünf Raumschiffe, jedes so gewaltig wie ein Dutzend Gebäude.

Eines davon musste das Linienschiff sein. Vater hatte ihm erklärt, dass ein Linienschiff Passagiere von Planet zu Planet beförderte, nach einem festen Flugplan, mit festen Zielen und mit der größten möglichen Sicherheit. Allerdings kostete eine Passage so viel, dass sich wenige Goldner einen solchen Flug erlauben konnten.

Vrouber-System.

Trouzzo Fu Gebertan.

Ein Gleiter brachte ihn über das halbe Landefeld. Aus der Nähe fiel ihm auf, wie schäbig das Linienschiff eigentlich aussah, dann wurden seine Augenlider schwer und schwerer, bis er sie nicht mehr halten konnte.

 

*

 

Als er aufwachte, erblickte er über sich ein gelbes Gesicht.

Dazu gehörte eine seltsame Gestalt mit ebenso seltsamen Händen. Die krummen Finger hielten ein Stück Papier fest. Der Blick aus hervorquellenden, wässrigen, dunkelbraunen Augen – drei Augen! – glitten über eine krakelige Schrift. Es sah nicht sehr beruhigend aus.

»Unser kleiner Patient«, blubberte das fremde Lebewesen mit einer Stimme, die ihm Kopfschmerzen bereitete. »Hier bist du in Sicherheit. Schlaf wieder ein, kleiner Essmer! Bald komme ich dich holen, wohin du auch gegangen bist.«

Er wollte noch sagen, dass er nicht Essmer, sondern Eismer hieß.

Der Fremde hielt das falsche Stück Papier in Händen. Er war der falsche Patient!

Im selben Moment wurde etwas in seinem Schädel so heiß, dass er nur noch schrie und um sich schlug.

4.

Jenseits der Sterne

 

Eismer Störmengord erinnerte sich an tausend Tage, die er zwischen Schmerzen und einem Gefühl des Dahindämmerns zubrachte. Manchmal schaute er in bizarre Gesichter. Eines war gelb und hässlich, die anderen schienen ihm dunkel und schwer erkennbar zu sein. Er wusste genau, dass es nicht Mutter und nicht Vater waren, und er vergaß sie wieder.

Nach einer unendlichen Zeit erst war es vorbei.

Als er diesmal die Augen öffnete, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Er empfand nicht mehr das Bedürfnis, sich fallen zu lassen.

Eismer glitt mit der Zunge über seine spitzen Zähne. Sie waren vollständig sauber.

Sein Zimmer enthielt eine etwas größere Krippenausführung als die, an die er gewöhnt war. Er hatte darin sehr viel Platz. Schmuckgegenstände gab es nicht, keine Bilder und keine Teppiche. Nur ein einziges kleines Fensterluk gestattete ihm einen Blick nach draußen.

Der Himmel war grün, und er konnte eine weit entfernte Turmspitze sehen. Eismer Störmengord wusste sofort, dass er nicht zu Hause war. Der Name der Welt, auf die Vater ihn geschickt hatte, fiel ihm nicht mehr ein.

Über ihm hing an der Decke eine nickelfarbene Kugel. Obwohl es verrückt klang, er fühlte sich von der Kugel angestarrt. Das Ding sah aus wie eine Kamera.

Eismer sagte laut: »Ich bin wach.«

Er musste nicht lange warten. Nach wenigen Minuten öffnete sich die Tür, die am Ende des Zimmers lag, und ein fremdartiges Wesen kam herein.

Eismer fühlte sich an die Albträume erinnert, die ihn im Dämmerschlaf so oft gequält hatten, und er begriff, dass sie nicht der Phantasie entsprangen, sondern dass er reale Wahrnehmungen in seine Träume eingebaut hatte.

Der Albtraum existierte. Er war nur nicht so grausig wie befürchtet.

Das Wesen besaß ein flaches gelbes Gesicht mit drei Augen und einem hochkant gestellten Mund. Es hatte keine Nase und keine Haare. Der dicke Wasserkopf saß auf einem gewaltigen Körper, mindestens zwei Meter groß und mindestens mit dem dreifachen Gewicht eines Goldners. Vom Hals abwärts nahm die Haut des Wesens einen grünlichen Schimmer an. Viel war nicht davon zu sehen, weil eine braune Kutte den größten Teil der Gestalt umhüllte.

Eismer und das Wesen starrten einander an.

»Ich bin Trouzzo Fu Gebertan«, erklang es da aus dem hochkant gestellten Mund. »Dein behandelnder Arzt.«

Der blubbernde Tonfall schien Eismer vertraut, dennoch sagte er kein Wort.

»Unser kleiner Patient befindet sich also auf dem Weg der Besserung. Das ist gut. Ich werde dich nun untersuchen, Eismer Störmengord. Bitte fürchte dich nicht, auch wenn mein Äußeres dir vielleicht angst macht.«