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Christiane Röhrbein



Will ich wirklich ein Kind?


Christiane Röhrbein


Will ich wirklich ein Kind?


Von guten Gründen und verborgenen Wünschen




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Zu diesem Buch


Soll ich? Soll ich nicht? Wenn ja: Wann? Und wie geht es dann weiter? Die Kinder-Frage begleitet Frauen von der Pubertät bis zu den Wechseljahren. Und selbst wenn die eigene Familienplanung abgeschlossen ist, überlegen viele: Was soll ich meiner Tochter raten?

Kinder kann man nicht zurückgeben – deshalb fällt die Entscheidung so schwer. Zumal es nahezu unmöglich ist, sich vorzustellen, wie sehr ein Baby das eigene Leben umkrempelt.

Klar gibt es handfeste Gründe dagegen: Kinder kosten Geld, lassen aufregende Paarbeziehungen zu Arbeitsgemeinschaften verkümmern, schmälern Karrierechancen. Wer viel zu verlieren hat, scheut dieses Risiko. Die Folge: 42 Prozent der Akademikerinnen bleiben kinderlos.

Auf der anderen Seite werden Eltern für ihre Mühe auch belohnt: Babys sind süß, Kinder halten jung, wer sich fortpflanzt, lebt in seinen Söhnen und Töchtern weiter. Und erfüllt angesichts des drohenden Rentenlochs geradezu eine patriotische Pflicht.

Nun setzt, wenn wir ehrlich sind, niemand Nachwuchs in die Welt, um sein Land vor der Vergreisung zu retten. Wenn Menschen sich für oder gegen das Kinderkriegen entscheiden, dann wollen sie vor allem das Beste für sich selbst.

„Was wären wir ohne unsere Kinder?“, hört man häufig. Der Satz ist aufschlussreich! Denn die Sprösslinge sind oft nötig: als Lebenssinn, als Kitt für eine brüchige Beziehung, als Ausrede für berufliches Scheitern, als Unterhaltungsprogramm.

Nun ist Eigennutz nicht automatisch schlecht. Die Frage ist nur, ob all die Wünsche, die ein Kind erfüllen soll, wirklich von ihm erfüllt werden können, ohne dass seine eigene Entwicklung darunter leidet.

Genau darum geht es in diesem Buch. Christiane Röhrbein hat nichts gegen Kinder. Im Gegenteil. Sie plädiert nur für ehrliche Bilanzen: Jeder Mensch mit Kinderwunsch sollte vorab klären, ob er unterm Strich mehr zu geben hat, als er für sich selbst herausholen möchte. Damit möglichst viele Menschen aus der Fülle und nicht aus der Not geboren werden.

Einleitung


Sonja ist gerade mit ihrer Familie in die USA gezogen, wo ihr Mann für fünf Jahre einen Job bekommen hat. Sie hat sich in Deutschland vom ohnehin ungeliebten Schuldienst freistellen lassen und überlegt, ob sie die „freie“ Zeit nutzen soll, um ein drittes Kind zu bekommen. Kaum hat sie in ihrer neuen Heimat ihren Computer angeschlossen, erhält sie eine E-Mail von ihrer Freundin Hanne: „Stell dir vor, ich bin schwanger.“ Zwischen Frankfurt und Seattle entspinnt sich eine lebhafte Debatte zum Thema „Warum wollen wir Kinder?“.

Anfangs sind Hanne und Sonja noch genauso naiv wie die meisten von uns. Kinder sind süß, sagen sie; Kinder geben dem Leben einen Sinn; Kinder gehören einfach dazu.

Mit der Zeit kommen sie sich selbst auf die Schliche. Stellen fest, dass ihr Kinderwunsch immer dann besonders drängend wird, wenn Mangel herrscht: Wenn die Beziehung nicht viel hergibt, Berufsperspektiven fehlen, Anerkennung ausbleibt, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten nagen. Langsam reift bei ihnen die Erkenntnis, dass Elternschaft nur dann gelingen kann, wenn sie sich aus der Fülle speist: aus einem Übermaß an Freude, Lust, Energie, Möglichkeiten. Am Ende haben beide ihr Leben verändert. Und sind in der Lage, eine verantwortliche Entscheidung zu treffen.

Hanne und Sonja gibt es gar nicht. Ich habe sie mir nur ausgedacht. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind allerdings nicht immer zufällig. Die beiden haben nicht nur viel mit dem zu tun, was ich selbst in meinen verschiedenen Lebensphasen (kein Kind, ein Kind, zwei Kinder) gefühlt und gedacht habe, sie spiegeln auch meine Wahrnehmung von Freunden, Bekannten und Verwandten, knüpfen an zahllose Gespräche an und reflektieren meine Lektüre.

Hanne und Sonja können nicht alles wissen. Vieles eignen sie sich im Laufe der Zeit an. Anderes, was uns und ihnen nützlich sein könnte, habe ich in Kästen dazugestellt. Das durchbricht zwar die Fiktion, erhöht aber den Gebrauchswert des Buches.

Apropos Fiktion:

Ein klassischer Ratgeber ist dieses Buch nicht. Das liegt daran, dass Kinderwünsche aus einem Stoff gewebt sind, der sich gegen eine rein sachliche Darstellung und eine saubere Kapiteleinteilung sperrt.

Jeder, der mal in sich selbst hineinhorcht, stellt fest: Die Kinderfrage ist ein Wust. Vorgeschobene Gründe, unbewusste Motive, Tagträume, Fantasien, Stimmungen, Klischees, die jeweilige Tagesform, Lebenslügen und gesellschaftliche Erwartungen spielen eine Rolle, wenn wir uns Kinder wünschen. Hinzu kommt, dass sich Gefühle und Einstellungen genauso wie die Bedingungen für das Leben mit Kindern im Laufe eines Lebens verändern. Ursprüngliche Motive verlieren an Bedeutung, neue treten langsam in den Vordergrund.

Die E-Mail verleitet als schriftliches Medium zu einer gewissen gedanklichen Ordnung und ist zugleich offen für die Unübersichtlichkeit der Verhältnisse. Denn die Tatsache, dass das Knäuel auf Anhieb unentwirrbar scheint, entbindet uns nicht von der gestellten Aufgabe: Seit Kinder planbar sind, also auch verhindert werden können, wird die bewusste Entscheidung für oder gegen sie zur moralischen Pflicht. Viele Frauen erleben das als Belastung. Aber was hilft es? Es gibt nun mal Verhütungsmittel. Im 21. Jahrhundert können wir uns nicht mehr mit dem Schicksal herausreden.