Cover
Bob George – Das Leben ist zu kurz, um die Hauptsache zu verpassen … – SCM – R.Brockhaus

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einführung

 1 Viel beschäftigt und erfolglos

 2 Die Wahrheit über den Irrtum

 3 Der Mensch lebt! Die vernachlässigte Hälfte des Evangeliums

 4 Vergeben, um neu gefüllt zu werden

 5 Wie man das Puzzle zusammensetzt

 6 Hin zu einem richtigen Selbstbild

 7 Geliebt und angenommen

8 Der große Austausch

9 Das Amt, das zur Verdammnis führt

10 Frei vom Joch der Sklaverei

11 Nach einem höheren Gesetz leben

12 Freiheit in Abhängigkeit

13 Wachsen in der Gnade

Schlussfolgerung: Was geschah denn mit dem Wesentlichen?

Eine persönliche Einladung

Vorwort

Nur wenige Dinge sind so langweilig wie die Religion, aber nichts ist so aufregend wie das Christsein!

Die meisten Leute haben allerdings noch nie den Unterschied entdeckt, und deshalb versuchen viele ganz ernsthaft, ein Leben zu leben, das nicht ihres ist, und dabei Gott für die Religion aufgeben, Christus für das Christentum und für ihre ehrenhaften Bemühungen die Energie, Freude und Kraft des Heiligen Geistes opfern. Der Realität beraubt können sie sich nur noch an Rituale klammern und verteidigen diese vehement gegen die nicht vorhandene Realität, aus Furcht, am Ende weder das eine noch das andere zu haben.

Solche Menschen sind wie Lampen ohne Öl, wie Autos ohne Benzin und wie Kugelschreiber ohne Mine, verblüfft über ihre eigene Ohnmacht, wenn ihnen alles das fehlt, was allein einen Menschen funktionsfähig macht; denn der Mensch wurde so von Gott geschaffen, dass der Mensch ohne Gott in seinem Herzen nicht er selbst ist. Christus gab sich selbst für uns hin, um sich selbst uns zu geben! Er allein gibt den Menschen Gott zurück! Er kam, damit wir das Leben haben sollten – das Leben Gottes!

Es gibt Menschen mit einem Leben, das sie niemals wirklich leben. Sie sind zu Christus gekommen und dankten ihm nur für das, was er tat, aber sie leben nicht in der Kraft dessen, wer er ist. Zwischen dem Jesus, »der war«, und dem Jesus, »der sein wird«, leben sie in einem geistlichen Vakuum und versuchen mit nicht unerheblichem Eifer, für Christus ein Leben zu leben, das sie nur mit ihm leben können, und betteln unablässig um Dinge, die sie in ihm bereits schon besitzen!

Bob George wendet sich mit diesem Buch an diejenigen, die versuchen ein Leben zu leben, das nicht ihres ist, und an die, die ein Leben haben, das sie nicht leben. Er hat seine eigenen persönlichen Erfahrungen und die der Menschen, die er betreute, auf unterhaltsame Weise zur Verdeutlichung eingearbeitet. Hier ist die Wahrheit, die die Menschen befreit! Hier »geht es ans Eingemachte«, dies ist ein Buch voller geistlicher Einsichten und gesundem Menschenverstand, unterhaltsam und leicht verständlich. Ich bin davon überzeugt, dass viele, die den täglichen Konkurrenzkampf von Herzen leid sind, beim Lesen dieses Buches im Herrn Jesus Christus die endgültige Antwort auf ihre Bedürfnisse finden.

Major W. Ian Thomas
Fackelträger Missionsgemeinschaft

Einführung

Im Duden steht unter dem Begriff »klassisch« »ausgezeichnet; mustergültig; beispielhaft; überkommen«. Und auch unter den vielen Nebenbedeutungen des Wortes finden sich solche wie »ausgereift, formal, objektiv, maßvoll, ausgewogen, einfach«.

In diesem Buch geht es um meine Suche nach dem »Klassischen Christsein«. Weder Gott noch sein Wort haben jemals an Macht verloren. Das Wort Gottes ist heute nicht weniger »lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert« (Hebr 4,12) als im ersten Jahrhundert, als die Anhänger Christi die Welt in Aufruhr versetzten. Das Problem liegt und lag immer in uns selbst. Es ist unsere menschliche Natur, eine lebendige persönliche Beziehung und eine Erfahrung mit dem Leben Christi in eine Religion zu verkehren. Dabei kommen wir immer mehr von den Grundlagen ab, geben das Beste für Gutes auf, lassen uns überziehen mit den Kletten der Tradition und entfernen uns immer mehr von unserer ersten Liebe. Mir ging es ganz genauso. Dieses Buch handelt von der Reise eines Menschen zur Wiederentdeckung »des Wesentlichen«.

In dieser Sehnsucht nach Wahrheit unterscheide ich mich überhaupt nicht von den zahllosen anderen Gläubigen durch die Jahrhunderte – den berühmten, den unbekannten, den vergessenen. In unzähligen verschiedenen Situationen und Kulturen gab es immer Kinder Gottes, die nach der Wahrheit Christi suchten und die bereit waren, »alles für Schaden zu erachten gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn« (Phil 3,8).

Und das hat in der Regel auch seinen Preis. Tausende Gläubige verloren über die Jahre ihr Leben, weil sie als eine Bedrohung für ihr Umfeld angesehen wurden. Andere erduldeten den leichteren, aber nicht weniger schmerzhaften Preis der Zurückweisung, der Ächtung und der Abstempelung als Sonderlinge. Aber sie alle fanden am Ende das, wonach sie gesucht hatten.

A. W. Tozer schrieb einmal über die Fallstricke des »Andersseins«:

»Um anerkannt und von den evangelistischen Führern unserer Zeit befürwortet zu werden, muss die christliche Literatur denselben Gedankengängen, einer Art ›Parteilinie‹ genauestens folgen, von der es nicht ungefährlich ist abzuweichen. Ein halbes Jahrhundert dieser Haltung hat hier in Amerika dazu geführt, dass wir selbstgefällig und selbstzufrieden geworden sind. Wir ahmen einander mit sklavischer Ergebenheit nach und unsere stärksten Anstrengungen sind auf das Bemühen hin gerichtet, dieselben Dinge zu sagen, wie sie alle um uns herum sagen.«1

Obwohl Tozer diese Zeilen bereits im Jahr 1948 schrieb, hat sich seither nicht viel verändert. Es ist nach wie vor riskant, die Leute herauszufordern, althergebrachte Glaubenssätze und Traditionen neu zu überdenken.

Ich muss zu Beginn sagen, dass mein Glaube in allen wesentlichen Glaubenslehren absolut orthodox und fundamental ist. Nichts in diesem Buch wird auch nur im Mindesten an den grundlegenden Merkmalen des Christseins rütteln, wie z.B. das Gottsein Christi, seine Geburt von der Jungfrau Maria und sein wahres Menschsein, die Autorität des Wortes Gottes, die Erlösung durch die Gnade durch den alleinigen Glauben an Christus oder die tatsächliche Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit.

Woran ich allerdings rütteln will, sind einige der gängigen und allgemeinen Schlussfolgerungen und Umsetzungen dieser Wahrheiten im täglichen Leben. Einige der traditionellen Systeme und vorherrschenden Wege, wie solche Umsetzungen weitergegeben werden, haben sich in den Köpfen der Leute so festgesetzt und werden genauso akzeptiert wie das Wort selbst, und an diesen muss gerüttelt werden. Wir Christen neigen ständig dazu, in einer Art »geistlicher Kurzschrift« zu sprechen, von der wir glauben, dass jeder versteht, wovon wir reden. Und weil die Leute mit den Phrasen und Signalwörtern vertraut sind, nicken sie zustimmend. Aber ich fürchte, dass wir damit nur ernste Missverständnisse zudecken.

Ein Beispiel: Ich habe schon vor vielen Gruppen gestanden und bat sie, mir das erste Wort zu sagen, das ihnen bei dem Begriff »Stand« einfiel. Sie antworteten: »ein Marktstand«, »Stand der Dinge«, »Wissensstand«, »Zählerstand«, »Stand der Wissenschaft«. Wer beruflich schon weiter herumgekommen ist, dem fällt dabei noch der Begriff »Messestand« ein. Und hier liegt genau das Problem mit den ganzen Lehren und Diskussionen in christlichen Gesprächskreisen. Wir wiederholen die alten geläufigen Phrasen und Formeln, und solange die verschiedenen versteckten Nebenbedeutungen nicht angesprochen werden, besteht anscheinend Einigkeit und Zustimmung. Aber sowie jemand zu fragen beginnt: »Was meinen Sie genau damit?«, fangen die Schwierigkeiten an.

Unser Beratungsdienst hat große Ähnlichkeit mit einer freien Autoreparaturwerkstatt. Die Angestellten reparieren alle Arten von Autos und deshalb können sie die verschiedenen Typen und Modelle auch beurteilen. Sie lernen die charakteristischen Stärken und Schwächen der verschiedenen Marken kennen. Der Autoschlosser könnte z.B. sagen: »Achten Sie auf das Teil X. Es ist störungsanfällig.« Oder etwa: »Die Firma Y baut recht gute Autos, aber die Karosserie ist zu leicht.« Oder auch: »Meiner Ansicht nach baut Z zuverlässige und solide Autos.« Er hat im Gegensatz zu einem Vertragshändler kein persönliches Interesse, und sein Urteil basiert auf seiner Erfahrung mit den Autos.

Genau wie der Autoschlosser habe auch ich keine besonderen Vorlieben. Ich bin weder für noch gegen irgendeine bestimmte Konfession. Doch als Berater war ich dazu gezwungen, jene unbequemen Fragen zu stellen und die verborgenen Missverständnisse aufzudecken, die die Menschen schon so lange quälten. Wenn man einem Ratsuchenden gegenübersitzt, dessen Leben in Aufruhr ist und der bei Ihnen nach Antworten sucht, kann man nicht allgemein bleiben. Wenn dieses Buch also von Zeit zu Zeit »auf die Zehen zu treten« scheint, dann nicht den Leuten, sondern den Irrtümern, die die Leute quälten.

Dieses Buch zeigt die große Dimension der Person Christi auf und wirft so noch ein weiteres Problem auf: Den Menschen fällt es schwer, Missverständnisse und Irrtümer, die sie niemals persönlich erlebt haben, ernst zu nehmen. Wenn ich auf einen solchen Irrtum oder ein Missverständnis hinweise, sagen viele: »Davon habe ich noch nie gehört« oder »So etwas habe ich noch nie geglaubt« oder »Solch einer Lehre habe ich noch nie angehangen.« Diesen gut geschulten Gläubigen sage ich darauf: »Dann danken Sie Gott für die gute Lehre, die Ihnen zuteil geworden ist. Aber sie können mir glauben, dass es die Lehren, von denen ich Ihnen hier erzähle, tatsächlich gibt, und dass sie Tausende andere Gläubige in unserem Land verwirren und ihnen Schwierigkeiten bereiten.« Wenn Sie also auf Irrtümer stoßen, die Ihnen unbekannt sind und mit denen Sie keine Probleme haben, dann kann ich dazu nur sagen: »Wenn Ihnen der Schuh nicht passt, ziehen Sie ihn sich nicht an.«

Aber glauben Sie nicht zu voreilig, dass andere Menschen in Ihrem Umfeld etwa nicht so glauben könnten. Ich habe mit vielen Pfarrern gesprochen, die ganz stolz behauptet haben: »Solche Irrtümer sind in meiner Gemeinde kein Thema. Meine Gemeinde versteht die richtige Lehre.« Doch wenn die Leute in Einzelheiten verwickelt werden, die über das Verstehen der gewohnten Phrasen hinausgehen, hat sich ihr Verständnis oft als äußerst schwach erwiesen. Es ist eine Sache, das Richtige gelernt zu haben; dies dann auch zu verstehen, ist etwas völlig anderes. Jeder kann lernen, die richtigen Antworten zu geben; aber es ist etwas ganz anderes, zu lernen selbstständig zu denken. Zu wissen, was die Bibel sagt, ist etwas völlig anderes, als zu wissen, was die Bibel meint.

Dies ist ein Buch, das mit vielfältigen Beispielen ein komplexes Bild des christlichen Lebens zeichnet, und es ist als Ermahnung gedacht, dass einige Missverständnisse, die es meines Erachtens heute in Zusammenhang mit der Person Christi gibt, dringend korrigiert werden müssen. Und wegen dieser Missverständnisse macht sich heute niemand die Mühe, alle Wahrheiten über das christliche Leben zu lehren. Dieses Buch soll keineswegs einen Gläubigen »von der Wiege bis zur Bahre« begleiten. Es soll vielmehr die Menschen dazu bringen, die Grundlagen und Bedingungen, auf denen sie ihr tägliches Leben aufbauen, näher zu untersuchen. Christen steht heute für alle Bereiche des christlichen Lebens jede Menge Material zur Verfügung. Doch wie ich es im ersten Kapitel meines Buches beschreibe, gibt es heute mehr »Ratgeber«-Material, als wir jemals in die Praxis umsetzen können, und ich glaube, wir haben dadurch vergessen, wie wir leben sollen und wo die wahre Quelle unseres Lebens ist – nämlich in Christus selbst. Wenn wir uns von unserer ersten Liebe entfernt haben – unserer persönlichen Beziehung zu Christus –, dann führen alle unsere Versuche, das ganze »Ratgeber«-Material umzusetzen, nur dazu, dass wir in Gottes Augen zu Brennmaterial werden – Holz, Heu und Stroh.

In diesem Buch habe ich viele Geschichten aus Beratungsgesprächen sowohl aus meinen eigenen Begegnungen als auch von Erfahrungen mit unserem Telefontalk-Radioprogramm aufgenommen. Es sind alles wahre Geschichten, und ich habe vieles aus den tatsächlichen Gesprächen zitiert, wenn auch nicht wortwörtlich, weil das Buch sonst so schwerfällig geworden wäre. Es handelt sich dabei nicht um Protokolle. Echte Beratungsgespräche verlaufen selten schnell und geradlinig genug für eine druckfertige Übertragung. Aber der Inhalt, die Probleme und Lösungen entsprechen den tatsächlich geführten Gesprächen. In den meisten Fällen habe ich zum Schutz der Privatsphäre der betroffenen Personen die Namen geändert, aber dahinter verbergen sich wirkliche Menschen.

Schließlich möchte ich noch zwei Menschen besonders danken, die Gott auf besondere Weise für mein Leben benutzt hat – durch ihre persönliche Freundschaft und durch ihre Lehrtätigkeit. Ich danke Gott für Dr. Bill Bright, der mich zu Christus führte, und Major W. Ian Thomas, der mich die Tiefe der Bedeutung von »Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit« (Kol 1,27) lehrte. Was ich heute lehre, ist ein Ergebnis meiner persönlichen Studien und Gespräche über die Bibel sowie der Beiträge dieser und vieler anderer Gottesleute. Der Inhalt dieses Buches ist so sehr ein Teil von mir geworden, dass ich manchmal nicht mehr weiß, woher ich eine Erläuterung oder Formulierung zur Beschreibung einer Wahrheit habe. Wenn ich diese beiden Menschen oder auch andere Quellen unwissentlich zitiere, so bitte ich sie, dies als Ausdruck meiner tiefsten Anerkennung zu betrachten.

Der Apostel Paulus schrieb vor 1900 Jahren: »Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, so auch eure Gedanken abgewendet werden von der Einfalt und Lauterkeit gegenüber Christus« (2. Kor 11,3). Paulus warnt hier vor der ewigen Neigung der Menschen, vom Weg abzukommen. Das klassische christliche Leben wurde vernachlässigt, begraben und unzählige Male durch die Jahrhunderte wieder entdeckt. Es konnte hervorbrechen, jedes Mal wenn es Menschen mit einem ehrlichen Wunsch nach dem Erkennen der Wirklichkeit Gottes gab. Das innigste Gebet meines Herzens ist, dass Gott dieses Buch gebrauchen möge, um die Menschen in unserer Zeit zum klassischen Christsein zurückzurufen.

KAPITEL 1

Viel beschäftigt und erfolglos

Es war an einem Montagmorgen, als ich mich langsam auf der Stadtautobahn nach Dallas hineinschob, mit einem so voll gepackten Terminkalender unter dem Arm, wie man ihn sich kaum vorstellen kann. Wieder einmal waren meine Augen mit Tränen gefüllt, als ich bewegungslos in dem Verkehrschaos festsaß. Warum war mir nur so elend? Warum waren mir die Tränen zu einem täglichen Begleiter geworden?

Und was diesen Zustand umso verblüffender machte, war, dass ich bereits all die »richtigen Dinge« tat, die ich nach Ansicht der christlichen Welt tun sollte. Ich las ausgiebig in der Bibel, kannte hunderte von Bibelstellen auswendig, legte gegenüber jedem, den ich traf, Zeugnis ab, und betete regelmäßig. Ich engagierte mich intensiv in der Kirche – ich besuchte regelmäßig sämtliche Gottesdienste, machte Besuchsdienste und war aktives Mitglied in zahllosen Ausschüssen. Viel mehr konnte ich in der Kirche nicht mehr tun.

Aber das ist nur der Anfang. Ich war auch noch im christlichen Vollzeit-Dienst, mit Betonung auf »Vollzeit«. Ich lehrte an einer Bibelschule und diente als Prediger in einer der größten Kirchen Amerikas und war gleichzeitig Vorsitzender eines Beratungsdienstes, den ich gegründet hatte. Ich schrieb Bücher für das Bibelstudium, machte eine tägliche 15-minütige Radiosendung und gab Seminare in Dallas und im ganzen Land. Viel beschäftigt? Sie können es mir glauben!

Meine Frustration hatte nichts zu tun mit einem Wunsch nach den weltlichen Dingen. Das hatte ich vor langer Zeit in der Geschäftswelt versucht. Bis zu meinem 36. Lebensjahr hatte ich darauf hingearbeitet, Millionär zu werden, und suchte nach dem Sinn und Ziel meines Lebens in vielerlei Dingen. Aber all das brachte mir keine Zufriedenheit. Dann wurde ich Eigentümer meines eigenen gut gehenden Geschäfts. Ich glaubte damals, ich müsste unbedingt mein eigener Chef sein. Aber das änderte auch nichts. Ich verkehrte und duzte mich sogar mit Hollywood-Berühmtheiten. Aber ich fand, dass sie genauso leer waren wie ich selbst. Mein Leben bestand aus »schicken Autos, Bars und Filmstars«. Aber ich war immer noch nicht glücklich oder gar erfüllt.

Durch eine Reihe von dramatischen Ereignissen kam ich dann zu der Erkenntnis, dass Jesus Christus für meine Sünden gestorben war und dass er wieder auferstanden war, damit ich die Vergebung Gottes und ein neues Leben in ihm erfahren sollte. Da übergab ich mein Leben an Christus. Ich betete: »Herr Jesus, wenn du mich verändern kannst, komm in mein Herz und tue es. Ich bin ganz sicher, dass ich verändert werden muss.«

Und er tat es! Zum ersten Mal in meinem Leben entdeckte ich, was es bedeutete, Liebe zu erfahren. Gott nahm meine Ehe, die auf der Kippe stand, und brachte uns wieder zusammen. Ich erlebte zum ersten Mal die Freuden des Vaterseins – dazu war ich bisher immer viel zu beschäftigt gewesen. Endlich war ich nicht mehr in diesem überstürzten Erfolgssog gefangen. Ich war nun vielmehr damit beschäftigt, anderen Menschen die wichtigste Botschaft, die es für die Menschen jemals gegeben hatte, zu verkündigen und die Menschen mit demselben Herrn Jesus bekannt zu machen, der mein Leben verändert hatte. Jeder neue Tag war ein aufregendes Abenteuer. Niemals zuvor war ich glücklicher gewesen.

Aber das war vor acht Jahren. Was war seither geschehen?

Die Tränen drängten nun heraus und liefen ungehindert meine Wangen hinunter, während ich mein Leben an mir vorbeilaufen ließ. Ich musste wieder an die Worte aus einem Lied von Andrae Crouch denken: »Herr, bring mich zurück zu den Tagen, als ich dich zum ersten Mal traf.« Mein Herz schrie Gott die Worte entgegen, als ich das Lied leise vor mich hin sang.

Das ergab alles einfach keinen Sinn. Noch vor ein paar Jahren war mein Leben als Christ dynamisch, lebendig und aufregend gewesen. Heute dagegen war es noch chaotischer als dieser Verkehr auf der Autobahn, festgefahren, es gab kaum ein Weiterkommen. Wo hatte ich einen Fehler gemacht?

Heute weiß ich, dass ich nicht der Einzige bin, der eine solche Erfahrung macht. Wenn ich mit Christen im ganzen Land spreche, höre ich sie immer wieder fragen: »Was ist falsch gelaufen?« Viele von ihnen tun all die »richtigen Dinge«, wie ich sie auch getan habe. Und doch haben sie das Gefühl, als wenn sie wie verrückt in einem »geistlichen Hamsterrad« rennen. Sie sind äußerst aktiv, aber ihre ganzen Aktivitäten führen zu nichts.

Viele gehen von Seminar zu Seminar, hören sich eine Kassettenreihe nach der anderen an, lesen ein Buch nach dem anderen und versuchen verzweifelt, das fehlende Glied zu finden, das sie für ein wirklich funktionierendes Leben als Christ dringend brauchen. Unsere Generation hat mehr christliches Informationsmaterial zur Verfügung als jede Generation vor uns. Aber ich muss fragen: Geht es uns dadurch besser? Sind wir fröhlicher? Sind wir gläubiger? Haben wir eine intensivere Erfahrung mit Gott und seiner Liebe?

Das erinnert mich an eine Bemerkung, die Major Ian Thomas einmal mir gegenüber machte:

Wenn ein Nichtgläubiger in eine christliche Buchhandlung geht, würde er die Regale voll gepackt mit Ratgebern finden – alles, von »wie man ein christliches Geschäft führt«, über »wie man eine christliche Übungsklasse leitet«, bis zu »wie man ein christliches Essen kocht«. Sein Kommentar dazu würde wahrscheinlich lauten: »Wisst ihr Christen eigentlich, wie man überhaupt irgendetwas macht?«

Ich muss Major Thomas Recht geben. Ich glaube, wir haben uns viel zu weit davon entfernt, was Gott an uns so wichtig ist. Mit all unseren vielen »Ratgebern« haben wir, glaube ich, ganz vergessen, wie wir leben sollen. Wir haben vergessen, dass Christus die christliche Lebensart ist und nicht einfach nur eine Änderung der Lebensgewohnheiten. Doch wenn wir uns von Christus als der Mitte unseres Lebens entfernen, haben wir keine andere Wahl, als uns in wilde Aktivitäten und Dienste zu stürzen. Es ist schon so weit gekommen, dass man noch nicht einmal eine Glaubensprüfung ablegen muss, um heute in einer der vielen Kirchen aufgenommen zu werden; vielmehr muss man einen Gesundheits-Check machen lassen! Die rein körperliche Ausdauer ist heute wichtiger als die geistliche Erleuchtung, um eine leitende Position übernehmen zu können.

Gott erregte meine Aufmerksamkeit durch ein Ereignis, das ich niemals vergessen werde. Mac, ein energischer, knallharter Geschäftsmann um die 70, war schon viele Jahre Mitglied der Kirchengemeinde. Aber eines Mittwochabends, als er hörte, wie ich mein persönliches Zeugnis ablegte, kam er zu der Erkenntnis, dass er noch nie zuvor persönlich an Jesus Christus als seinen Erlöser geglaubt hatte. Obwohl er an so vielen religiösen Aktivitäten beteiligt war, hatte er noch nie eine wirklich klare Vorstellung davon gehabt, was es hieß, Christ zu sein.

Nachdem er einige Tage mit Grübeln verbrachte und mir ständig Fragen stellte, traf Mac eine Entscheidung. Beim Sonntagabendgottesdienst in unserer Kirche beschloss er, nach vorne zu kommen und öffentlich seinen Glauben an Jesus Christus zu bekennen. Ich stand am Rednerpult als Betreuer und war tief gerührt beim Anblick dieses harten alten Geschäftsmanns, wie er nach vorne kam und Christus in kindlichem Glauben empfing. Wir hatten beide Tränen in den Augen, als wir vor dem Pfarrer standen.

»Bob, das ist unglaublich!«, rief der Pfarrer. »Dieser Mann ist einer der erfolgreichsten Geschäftsleute der Stadt! Er ist wohlhabend, er ist begabt, und wir müssen ihm etwas zu tun geben! Ihr sollt sehen, dass Mac mit ganzem Herzen dabei ist. Wir wollen seine Fähigkeiten ganz für uns nutzen.«

Nie werde ich vergessen, wie Mac mit Tränen in den Augen und mit ernster, zittriger Stimme erwiderte: »Herr Pfarrer, ich brauche keine Arbeit. Ich brauche den Herrn.«

Als ich Macs Antwort hörte, wurde mir augenblicklich klar, dass er mit größerer Weisheit gesprochen hatte, als er sich jemals bewusst sein konnte. Und auch ich dachte bei mir: »Vielleicht ist es das, was bei mir falsch gelaufen ist.« Meine christliche Lebensart glich zu jener Zeit eher einer Arbeit als einer Beziehung.

Das gleiche traurige Eingeständnis habe ich noch von vielen anderen Christen gehört. Jemand erfährt eine echte Bekehrung zu Jesus Christus, die sich unmittelbar in Veränderungen ausdrückt. Aber kaum einer weiß genau, wie er von da an leben soll. Pflichtbewusst befolgt er die Anweisungen anderer Gläubiger und springt in das Hamsterrad des Dienstes. Bald schon wird er entdecken, dass nicht die Anzahl der Dienste – so ernsthaft sie auch geleistet werden – einen Menschen geistlich macht. Vor lauter Verzweiflung vervielfacht er seine Anstrengungen, aber wie ein Ertrinkender im Treibsand scheint es, je härter er kämpft, desto tiefer sinkt er ein.

Andere Menschen verstricken sich in Angst und Schuld und behindern damit eigentlich ihr eigenes, persönliches Wachstum. Mary schrieb mir von ihren Erfahrungen:

»Ich wuchs in einer streng konfessionsgebundenen Familie auf, wo ich lernte Gott zu fürchten. Seit ich wiedergeborener Christ bin, war ich schon in so vielen verschiedenen Kirchen, habe mit vielen Pfarrern gesprochen und wurde zu vielen Ärzten, Beratern, Psychiatern und Psychologen geschickt. Ja, ich war da wirklich überall. Aber erst als ich begann, Gottes Gnade und vollkommene Vergebung kennen zu lernen, wurde ich endlich frei … Heute trage ich nicht mehr die Last der Sünde auf meinen Schultern und schaue dabei zurück, ob Gott mich mit seinem großen Knüppel verfolgt.«

Ich musste erfahren, dass viele andere Gläubige diese von Mary beschriebene Erfahrung teilen. Wie Kinder in hyperautoritären Familien leben sie in einem Zustand ständiger Sorge, dass sie Gottes großen Knüppel zu spüren bekommen. Bewusst oder unbewusst leben sie nach einer Liste von Regeln. Wenn sie diese Regeln befolgen, sind sie »gut«, und wenn sie davon abweichen, sind sie sofort bereit, ihre Strafe zu empfangen. Daher leben viele wiedergeborene Christen in schrecklicher Sklaverei, ständig besorgt, nur ja die Regeln zu befolgen oder sich richtig zu verhalten, um Gott zu gefallen. Eine erdrückende Last aus Schuld wird ihre normale, tagtägliche Erfahrung.

Wir erkennen nicht unbedingt, dass diese Menschen leiden. Nach außen hin lächeln sie, wiederholen die üblichen christlichen Klischees und erfüllen die von ihnen erwarteten Kirchenfunktionen. Doch in ihrem Inneren wissen sie selbst, dass sie nur Theater spielen. Wie gerne wären sie von dieser Last befreit. Wie sehr sehnen sie sich danach, sich zu ihren Ängsten, Nöten und Zweifeln offen bekennen zu können, tun dies aber nicht aus Furcht vor Verdammnis. Also erleiden sie ihre eigene stille Verdammnis und fragen sich, ob Gott sie jemals anerkennen wird.

Erst kürzlich bei einer Bibelstudienreihe über das Thema Furcht und Angst bat ich die Teilnehmer, die folgende Frage schriftlich zu beantworten: »Wovor haben Sie Angst?« Unter den vielen vorhersagbaren Antworten waren einige, die mir beinahe das Herz brachen. Einer beschrieb seine größte Angst als »die Furcht, es Gott nicht recht machen zu können und weiter ein Leben in Lüge zu leben«. Nach vielen Jahren als persönlicher Berater kann ich Ihnen sagen, dass dieser anonyme Schreiber nicht allein steht.

Ist es das, was Jesus im Sinn hatte, als er von einem »Leben in Fülle« sprach? Nein! Aber wenn die Menschen nie etwas anderes kennen gelernt haben, werden sie ihr Dilemma als normal ansehen. Sie werden glauben, »dass es eben so ist«.

Ein lebendiges Beispiel will ich Ihnen aus der Kindheit meiner Frau Amy erzählen, die während der Hungerjahre in den 30er-Jahren in der Ukraine aufwuchs. Amy hatte bis zu ihrem achten Lebensjahr niemals Schuhe besessen. Dann, eines aufregenden Tages, schenkte ihr jemand ein Paar alte, getragene Schuhe, die ihr vielleicht passen könnten. Sie zog ihre kleinen Zehen ein, um ihre Füße in diese Schuhe zu zwängen, die ihr viel zu klein waren. »Na, wie passen sie?«, fragte ihre Mutter.

»Sie passen super!«, rief die kleine Amy mit einem breiten Grinsen. Sie war so dankbar, überhaupt Schuhe zu haben – zumal sie aufgrund fehlender Erfahrung keinen Vergleich hatte. Also sagte sie danke schön und ging spielen. Noch lange Zeit danach würde Amys Definition des Wortes »Schuhe« etwa so gelautet haben: »Das sind diese Dinger, in denen die Füße wehtun, aber mit denen man bei kaltem Wetter draußen spielen kann.«

Dann kam der Tag, als sie endlich ein Paar Schuhe in der richtigen Größe anprobierte. Erstaunlich! Sie taten nicht mehr weh. Es dämmerte ihr, dass das, was sie immer als normal betrachtet hatte, keineswegs normal war – dass Schuhe passend gemacht werden konnten und dass die Füße darin nicht mehr wehtaten.

Ich denke, diese Geschichte beschreibt recht gut, wie viele Christen leben. Offensichtlich ist das Wissen darum, dass wir alle in den Himmel kommen, wenn wir sterben, besser als die Ungewissheit und die Furcht vor dem Gericht. Aber wir erwarten in der Zwischenzeit nur noch recht wenig von unserem Leben als Christen hier auf der Erde. Wir geben uns damit zufrieden, eine Art »Christen zweiter Klasse« zu sein.

Wenn man hört, was man alles erfahren sollte, aber nicht erfährt, fühlt man sich zwischen zwei Entscheidungen gefangen: Entweder gibt man die Wahrheit zu und wird verlegen, oder man baut eine Wand auf und tut so, als ob alles in bester Ordnung wäre.

Wenn Sie sich jemals in diesem Dilemma gefangen gefühlt haben, habe ich tolle Neuigkeiten für Sie. Das Leben als Christ bedeutet ganz und gar nicht, dass man seine schauspielerischen Talente perfektionieren müsste. Es kann zur Realität werden! Ich kenne ihren Schmerz, denn mir ist es ebenso ergangen. Aber in diesem Buch werde ich Ihnen von den Wahrheiten berichten, die Gott in meinem Leben gebraucht hat, um mich zu befreien. Ich brauchte viele Jahre, um das zu begreifen. Vieles von dem, was ich heute weiß, habe ich auf die harte Tour gelernt – durch persönliches Versagen. Aber solche Lektionen sind im Leben oft die wertvollsten und dauerhaftesten.

An eben jenem Tag, als ich auf der Autobahn im Stau steckte, begann Gott mich zu den Antworten hinzuführen, nach denen ich so lange gesucht hatte. Ich erinnerte mich an einen Ausspruch Jesu: »Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,32). Mir kam der Gedanke, dass wenn »Wahrheit frei macht«, auch das Gegenteil zutreffen musste: »Irrtum macht unfrei«. Als ich dieses Prinzip erkannte, war dies ein bedeutender Wendepunkt in meinem Leben. Wahrheit macht frei, Irrtum macht unfrei.

Mein scharfer Verstand machte mir augenblicklich klar, dass ich ganz sicher nicht frei war! Und dafür konnte es nur einen Grund geben: Ich lebte in einem Irrtum anstatt nach der Wahrheit. Darum war mein nächster Gedanke, dass ich mir die offensichtliche Frage stellte: »In welchen Bereichen meines Lebens als Christ bin ich einem Irrtum verfallen?« Ich dachte zurück an die frühen Tage, als ich zum Herrn gekommen war, als ich frisch und eifrig war, und verglich diese Zeit mit meiner jetzigen Erfahrung. In vielen Bereichen war ein krasser Gegensatz zu erkennen.

Einige dieser Dinge waren genauso grundlegend wie mein Zugang zum Bibelstudium. Als ich mit 36 Jahren Jesus als meinen Herrn annahm, stürzte ich mich mit all meiner Kraft auf die Bibel. Über viele Monate sah meine Frau mich nur noch hinter einem schwarzen Ledereinband! Tag und Nacht las ich das Wort Gottes. Aber mit der Zeit wurde meine aufrichtige Liebe zu Christus überschattet durch mein wachsendes theologisches Wissen.

Bei meiner Beschäftigung mit dem Wort Gottes (was zu Beginn sicherlich gut und richtig war) übersah ich eine wichtige Tatsache. Jesus hat niemals gesagt, dass das Wort Gottes uns befreit. Vielmehr ist es die Wahrheit des Wortes Gottes, die uns befreit. Jesus sagte: »Wenn ihr euch an mein Wort haltet …, werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen« (Joh 8,31-32 GN). Und er sagte weiter: »Wenn euch der Sohn Gottes frei macht, dann seid ihr wirklich frei« (Joh 8,36 GN). Wohin führt also die Wahrheit des Wortes? Zum Sohn Gottes!

Ich kannte die Bibel vorwärts und rückwärts, aber dieses Wissen allein änderte nicht meine Einstellung. Nach meiner Erfahrung ging Jesus in der Bibel verloren. Ich erinnerte mich, wie er zu den Pharisäern gesagt hatte:

Ihr forscht in den heiligen Schriften und seid überzeugt, in ihnen das ewige Leben zu finden – und gerade sie weisen auf mich hin. Aber ihr seid nicht bereit, zu mir zu kommen, um das Leben zu finden. (Joh 5,39-40 GN)

Ich erinnerte mich an einen Satz, der bei Evangelisationen sehr beliebt war. Es war die Antwort auf einen geläufigen Kommentar von Nichtchristen – »Ich habe mit Religion nichts am Hut«. Die Antwort lautet: »Christsein ist keine Religion, sondern es ist eine Beziehung zu Gott durch seinen Sohn Jesus Christus.« Dieser Satz ist vollkommen richtig. Aber ich stellte mit Erstaunen fest, dass ich ihn zwar immer wieder zitierte in Situationen, in denen ich einen Nichtgläubigen zum Glauben führte, aber mich gleichzeitig in meinem eigenen Leben immer weiter von meiner Beziehung zu Gott entfernte und dann schließlich nur noch eine Religion praktizierte!

Ich sehnte mich nach der Freude, die ich während der ersten beiden Jahre meines Lebens als Christ erfahren hatte. In jener Zeit stand ich oft morgens um 4 Uhr auf – und ich gehöre nicht gerade zu den Frühaufstehern –, nahm die Bibel und genoss eine vertraute Zeit mit meinem himmlischen Vater. Niemand hatte mir gesagt, ich müsste das tun. Ich wollte es einfach tun.

Während dieser ersten beiden Jahre als Christ war es eine Freude, einfach nur zu leben. Zum ersten Mal entdeckte ich, was es bedeutet, seine Familie aufrichtig zu lieben. Ich sprach zu Gruppen von Geschäftsleuten über meinen Glauben, ich gab Bibelstunden. Ich konnte einen großen Auftrag für mein Geschäft hereinholen, aber noch viel aufregender war es für mich, mit dem Kunden über Jesus sprechen zu können.

Was für ein Kontrast zu den vielen Tränen auf der Stadtautobahn von Dallas während des Berufsverkehrs nur ein paar Jahre später. Was war falsch gelaufen? Es schien, dass die Begeisterung in mir allmählich nachließ, nachdem ich mein Geschäft verkauft hatte und mich »voll und ganz« der christlichen Arbeit zuwandte. Es war ganz offensichtlich, dass mein Herz nicht mehr dem Geschäftsleben gehörte, und was wäre besser, als meine ganze Kraft dort einzubringen, was mir schon als Geschäftsmann so viel Spaß gemacht hatte? Ich glaubte, ich hätte den höchsten Gipfel erreicht – ein Leben ganz im Zeichen des Dienstes.

Aber irgendwie wurden meine Erwartungen nie so ganz erfüllt. Ich gab noch immer Bibelstunden. Ich legte noch immer Zeugnis über meinen Glauben ab. Aber es wurde immer mehr zu einer Leistung. Anstatt es zu tun, weil ich es wollte, tat ich es, weil es von mir erwartet wurde. Jemand erinnerte mich daran, dass ich mir jeden Morgen meine »stille Zeit« bewahren sollte. Ich musste Berichte schreiben und festhalten, wie viele Leute ich zum Glauben geführt hatte und wie viele Bibelstunden ich leitete. Meine Freude schwand dahin und diese Aktivitäten wurden immer mechanischer. Die frühmorgendlichen Begegnungen mit dem Herrn, die ich so genossen hatte, wurden immer weniger, und andere Dinge beanspruchten meine Aufmerksamkeit. Nachdem ich neben meiner Berufstätigkeit in meinem Geschäft mehrere hundert Menschen zum Glauben geführt hatte, musste ich entdecken, dass ich immer mehr das Interesse daran verlor, mit anderen über den Herrn zu reden. Verstehen Sie mich nicht falsch; ich empfand es immer noch als außerordentlich aufregend, wenn jemand wieder geboren wurde. Aber wenn man die Freude an seiner eigenen Erlösung verloren hat und Evangelisation nur noch aus Gewohnheit, Wettbewerb oder reinem Pflichtgefühl heraus betreibt, dann hat die ganze Sache ihren Reiz verloren, und man hat nicht mehr viel Motivation zum Weitermachen. Was soll man dazu noch sagen? »Werde Christ und genauso elend wie ich?«

Ich dachte an die Herausforderung, die mich ursprünglich dazu gebracht hatte, mich ganz in den Dienst zu stellen: »Komm und hilf, die Welt zu verändern.« Ich hatte die Herausforderung angenommen und half mit, die Welt zu verändern. Aber ich glaube nicht, dass sich die Welt viel verändert hat.

Nach einigen Jahren Dienst in Südkalifornien wurde ich nach Dallas geschickt, um dort eine große, stadtweite Evangelisation zu leiten. Drei Jahre lang gab ich mein ganzes Leben für diese Sache – um zu helfen, Dallas zu verändern. Aber als die Veranstaltung vorbei war, musste ich zugeben, dass sich Dallas eigentlich gar nicht verändert hatte.

Nach eingehender Prüfung beschloss ich, dass eigentlich ein Amt nötig war, um die Kirche von innen her zu verändern. Also begann ich Leiter zu schulen, die wiederum andere Leiter in den örtlichen Kirchengemeinden schulten. Ich wurde Evangelisationsleiter einer der größten Kirchen der Welt. Aber bald wurde mir klar, dass ich die Kirche nicht verändern konnte. Stattdessen wurde der Gedanke, alles um mich herum verändern zu wollen, wenn es mir noch nicht einmal gelang, mich selbst zu verändern, immer grotesker. Wenn ich mich selbst nicht verändern konnte, wie konnte es mir nur in den Sinn kommen, die Welt verändern zu wollen?

Ein weiterer Irrtum hielt mich gefangen. Als ich darüber nachdachte, kam ich schließlich zu der Erkenntnis, dass Christus mich gar nicht dazu aufforderte, alles zu verändern; er forderte mich vielmehr dazu auf, die Wahrheit in die Welt hinauszurufen! Da war es kein Wunder, dass ich enttäuscht war. Ich verfolgte ein Ziel, das Gott mir nie gesteckt hatte. In der Verfolgung dieses Ziels, das mir von Gott nie vorgegeben worden war, hatte ich völlig die Freude daran verloren, ihn zu kennen. Was einst eine übermächtige Erfahrung mit der Liebe Gottes war, hatte sich reduziert auf eine rein äußerliche Leistung. Ich war zwar vollkommen dem Plan Gottes verpflichtet, aber ich hatte mich vom Gott dieses Plans weit entfernt. Das konnte ich zwar eine Zeit lang abstreiten, aber mich verlangte zu sehr nach der Realität, als dass ich länger eine Lüge aufrechterhalten konnte, auch wenn mir Christen applaudierten, mir auf die Schulter klopften und mir bestätigten, wie gut ich meine Sache machte.

Nun, ich war es leid. Ich hatte endgültig genug. Ich wollte endlich wieder die Freude meiner Erlösung spüren. Als ich die Autobahn verließ und zu meiner Arbeitsstelle fuhr, sprach ich ein ganz einfaches Gebet:

»Herr, mir ist egal, was die Organisation, für die ich arbeitete, mich lehrte. Mir ist egal, was die Kirche, zu der ich gehe, oder die Konfession, der ich angehöre, mich lehrte. Ich möchte, dass du mich ganz neu alles wieder lehrst. Ich will die Wahrheit kennen lernen, von der du mir versprachst, dass sie mich frei machen würde. Ich bin es müde, Menschen zuzuhören. Ich bin bereit, dir zuzuhören.

Heute, ein paar Jahre später, kann ich Ihnen sagen, dass Gott für mich realer ist, als ich mir je hätte träumen lassen. Heute erfreue ich mich der wahren Freiheit, weil ich begriffen habe, wer ich in Christus bin. Meine Beziehung zu Gott ist jetzt eher noch aufregender als zu Beginn im Jahr 1969. Ironie des Schicksals, ich bin heute genauso viel beschäftigt, oder eher noch mehr als zuvor. Aber die Arbeit im Dienst ist mir nicht länger eine Last; sie ist eine Freude für mich! Ich mühe mich nicht mehr damit ab, die Welt oder irgendetwas anderes zu verändern. Ich bin damit zufrieden, wenn Gott durch mich wirkt und so die Ergebnisse erzielt, die ihm gefallen.

In diesem Buch will ich Ihnen erzählen, was ich gelernt habe.

Wenn Sie jemals den Eindruck hatten, dass Ihr Leben als Christ eher einer Arbeit als einem Abenteuer gleicht, oder wenn Sie sich jemals dabei ertappt haben, dass Sie sagten: »am christlichen Leben muss es doch noch mehr geben, als ich bisher erfahren habe«, oder wenn Sie kein Christ sind, sondern ein Suchender, der durch die vielfältigen Konfessionen und religiösen Gruppen verwirrt ist und der sich fragt, ob es diese »Wahrheit« überhaupt gibt – dann lade ich Sie ein, mich auf meiner Reise zu begleiten. Es ist die Reise, die ich durch die Bibel unternahm und durch die Erfahrungen des wirklichen Lebens. Eine Reise, um nicht nur einfach die Worte der Bibel zu entdecken, sondern vielmehr eine Reise, um die Wahrheit wieder entdecken