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Ulrich Parzany – Anker meiner Seele | 52 Bibelworte, die mir wichtig sind – SCM R.Brockhaus

SCM | Stiftung Christlicher Medien

Der SCM-Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-417-22817-5 (E-Book)
ISBN 978-3-417-26662-7 (Lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:
Beate Simson, Pfaffenhofen a. d. Roth

© der deutschen Ausgabe 2015
SCM-Verlag GmbH & Co. KG · Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen
Internet: www.scmedien.de · E-Mail: info@scm-verlag.de

Die Bibelverse wurden folgender Ausgabe entnommen:
Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung 2006, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Weiter wurde verwendet:
Neues Leben. Die Bibel, © 2002 und 2006 SCM-Verlag GmbH & Co. KG, 58452 Witten. (NLB)

Umschlaggestaltung und Titelbild: Dietmar Reichert, Dormagen
Satz: Christoph Möller, Hattingen

Inhalt

Von Ewigkeit zu Ewigkeit

 1 | In der Ewigkeit verankert
Epheser 1,3-4

 2 | Als Spiegelbild Gottes geschaffen
1. Mose 1,27

 3 | Auf der Flucht vor Gott
1. Mose 3,9

 4 | Mit Sandsäcken gegen den Dammbruch
1. Mose 8,21-22

 5 | Gottes Elite für alle
1. Mose 12,3

 6 | Gottes Liebeserklärung
2. Mose 20,1-3

 7 | Wählt das Leben!
5. Mose 30,15-16

 8 | Die Wucht der Herrlichkeit Gottes
2. Chronik 5,13b-14

 9 | Welche Freude?
Nehemia 8,10

10 | Die Küsse Gottes
Psalm 71,18

11 | Straßen im Herzen?
Psalm 84,6

12 | Recht tut gut
Sprüche 14,34

13 | Zusage oder Zumutung?
Jesaja 43,1

14 | Wie kann Gott das tun?
Amos 3,6

15 | Gratulation für die Armen
Matthäus 5,2-3

16 | Immer mit Folgen
Matthäus 6,12

17 | Der Wichtigste zuerst
Matthäus 6,33

18 | Jesus wirbt leidenschaftlich
Matthäus 7,13-14

19 | Der Jesus-Skandal
Matthäus 11,6

20 | Welches Kreuz ist gemeint?
Matthäus 16,24

21 | Gegen den Trend
Matthäus 19,4.6

22 | Zielstrebig mit weltweitem Horizont leben
Matthäus 24,14

23 | Der Schrei schreckt auf
Matthäus 27,46

24 | Ganz Ohr!
Markus 4,9

25 | Freikauf durch Lösegeld?
Markus 10,45

26 | Jesus steht zu uns
Lukas 10,16

27 | Fest oder Fiasko?
Johannes 1,11-12

28 | Ist Gesundheit nicht die Hauptsache?
Johannes 5,14

29 | „Ich kann nicht glauben!“
Johannes 5,44

30 | Durch Glauben zum Wissen
Johannes 6,67-69

31 | Wie viel Entscheidungsfreiheit hat ein Toter?
Johannes 11,43

32 | Wer hat eigentlich wen erwählt?
Johannes 15,16

33 | Keine Angst?!
Johannes 16,33

34 | Wird Jesus erhört?
Johannes 17,20-21

35 | Das vergessene Geschenk
Johannes 20,22-23

36 | Allein Jesus – ist das wahr?
Apostelgeschichte 4,12

37 | Redefreiheit
Apostelgeschichte 4,29

38 | Was ist wirklich wichtig?
Römer 1,16

39 | Wem wollen wir es recht machen?
Römer 3,22-24

40 | Sieben Kreuze in meinem Zimmer
1. Korinther 1,18

41 | Orientierung im Werte-Wirrwarr
1. Korinther 6,20

42 | Eine offene Tür, aber viel Widerstand
1. Korinther 16,8-9

43 | Der Reisesegen für den Lebensweg
2. Korinther 13,13

44 | Lebenslanges Lernen
Philipper 3,10-11

45 | Wie wohnt das Wort Gottes bei uns?
Kolosser 3,16-17

46 | Drei Beine sorgen für Stabilität
1. Thessalonicher 1,2-3

47 | Heiligung – Hauptwort oder Fremdwort?
1. Thessalonicher 4,3

48 | Die Autorität der Bibel
2. Timotheus 3,16-17

49 | Wenn Jesus draußen steht
Offenbarung 3,20

50 | Wer regiert die Welt?
Offenbarung 5,13

51 | Ewig verloren
Offenbarung 20,15

52 | Warum ich mich auf den Himmel freue
Offenbarung 21,1.3-4

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Von Ewigkeit zu Ewigkeit

Dieses Buch beginnt mit der Ewigkeit Gottes vor Erschaffung der Welt und endet mit dem Beginn des neuen Himmels und der neue Erde. Gott hat uns schon vor der Schöpfung in Christus erwählt, schreibt Paulus im Epheserbrief. Dieses Wort steht am Anfang. Unsere Welt vergeht, Gott wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, die ewig bestehen. Davon lesen wir in der Offenbarung des Johannes. Auf dieses Ziel gehen wir zu.

Unser Leben soll in Gottes Ewigkeit verankert sein. Ein Anker wird nicht in den Laderaum eines Schiffes geworfen. Er muss außerhalb des Schiffes in Grund und Boden festen Halt finden. Genauso gilt: Gewissheit finde ich nicht, wenn ich mich an meinen eigenen Gedanken und Gefühlen orientiere. Ich orientiere mich an der Bibel und werfe den Anker meiner Seele in den festen Grund des Wortes Gottes und seiner ewigen Liebe in Jesus. Um diese Verankerung wird es in der Auslegung des ersten Bibelwortes gehen.

52 Bibelworte, die mir wichtig sind. Nur 52? Natürlich sind mir viel mehr Worte wichtig. Vor allem sind es nicht losgelöste einzelne Sprüche. Jedes Wort steht in einem Zusammenhang, ohne den es nicht richtig verstanden werden kann. Das wird hoffentlich in den Auslegungen sichtbar. Ich habe 52 Worte für die 52 Wochen eines Jahres ausgewählt. Sie sind mit Ausnahme des ersten Wortes in der Reihenfolge der biblischen Bücher angeordnet und schlagen den Bogen von der Schöpfung bis zur Vollendung der Welt.

Ich rate sehr, die Bibel täglich in Fortsetzung zu lesen. Aber warum nicht zusätzlich ein Bibelwort eine Woche lang betrachten und bedenken? Ich würde mich freuen, wenn dieses Buch dazu hilft.

Ulrich Parzany

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1

In der Ewigkeit verankert

EPHESER 1,3-4

Anker

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten.“

Wellenlinie

Können Sie Lieder anstimmen? Manche Lieder muss man hoch anstimmen, weil die Melodie später tief hinunterführt. Paulus stimmt in seinem Brief an die Epheser sehr hoch an, und zwar auf dreifache Weise. Er beginnt mit dem Lob Gottes, mit dem Segen im Himmel und mit unserer Erwählung vor Entstehung der Welt. Das verschlägt mir den Atem.

Ist Erwählung nicht ein Rätsel, das Kopfschmerzen verursacht? Wer kann es verstehen? Ist alles vorherbestimmt? Hat Gott die einen den anderen vorgezogen? Halten sich die Erwählten für die Besseren? Wer kann wissen, was vor Beginn der Welt geschehen ist? Paulus schreibt: Gott hat uns schon vor der Erschaffung der Welt in Christus erwählt. Gott hat also Christus erwählt. Und mit ihm hat er uns erwählt. Was bedeutet das genau?

Martin Luther kämpfte als junger Mönch mit schweren Gewissensnöten. Er bekannte seine Sünden vor Gott und seinem Beichtvater. Aber er fand keine Gewissheit, dass ihm die Sünden tatsächlich vergeben waren. Bereute er seine Sünden wirklich? Liebte er sie nicht doch tief innen? Nach damaligem Verständnis gab es drei Voraussetzungen für die Vergebung der Sünden: die Beichte vor einem Beichtvater, die Reue von ganzem Herzen und die Wiedergutmachung durch Taten, die der Beichtvater auferlegte. Woran fehlte es Martin Luther? Alle anderen schienen Gewissheit zu bekommen. Luther nicht. Er kam zu dem Schluss, dass er von Gott verworfen war. In dieser Not gab ihm sein Beichtvater Johann von Staupitz den Rat: „Ergreife deine Erwählung in den Wunden Christi.“

Gottes Erwählung können wir nicht durch Grübeleien verstehen. Nur durch Jesus Christus können wir Gott und sein Handeln erkennen. Gott hat durch Jesus gezeigt, wie sehr er uns liebt. Jesus stirbt, um stellvertretend das Gericht Gottes über uns zu tragen. Die ewige Liebe Gottes wird im gekreuzigten und auferstandenen Jesus sichtbar. Der Gekreuzigte ist der Beweis dieser Liebe.

Der Anker eines großen Schiffes wird nicht in den Laderaum des Schiffes geworfen. Er muss irgendwo außerhalb in Grund und Boden festmachen. Das Tau eines Schiffes wird ebenfalls außerhalb auf der Kaimauer um den Poller gewickelt. Nur so kommt das Schiff zur Ruhe. Der Anker unserer Seele muss außerhalb von uns selbst in dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus Halt finden. Dadurch werden wir gewiss: Unsere Sünden sind uns vergeben, Gott hat uns als seine Kinder angenommen. Unser Leben ist an der Kaimauer von Gottes Ewigkeit befestigt. Gottes Liebe ist nicht dem Wellengang wechselnder Verhältnisse ausgeliefert und keine unberechenbare Laune.

Paulus lobt den dreieinigen Gott. Schon vor Erschaffung von Raum und Zeit ist der ewige Gott als Vater, Sohn und Geist für uns tätig. Er hat uns gesegnet „mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus“. Geistlicher Segen ist die Zuwendung des Geistes Gottes. Mit Himmel ist hier Gottes ewige Herrlichkeit gemeint, nicht der Wolkenhimmel. Was Gott in seiner Schöpferherrlichkeit zubereitet, wird uns durch Jesus Christus und den Heiligen Geist geschenkt. Im Römerbrief schreibt Paulus: „Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“ (Römer 8,31-32).

In Jesus empfangen wir die vielen Geschenke Gottes wie in einem großen Paket. Wir werden ein Leben lang auspacken. Der Reichtum Gottes ist unerschöpflich. Aber vergessen wir nicht: Durch Jesus werden uns die Gaben Gottes zugänglich. Mit Jesus gibt Gott uns nicht nur dies und das, sondern er schenkt sich selbst.

Im Griechischen steht ein und dasselbe Wort für „loben“ und „segnen“. Wir können es wörtlich mit „Gutes reden“ übersetzen. Gott spricht uns Gutes zu. Das ist sein Segen. Wir antworten ihm mit unserem Lob. Wir reden öffentlich Gutes über Gott. Das Lob Gottes ist dadurch auch die Quelle der Mission: Wir sagen anderen weiter, was Gott für alle getan hat und tun will.

Wenn ein Lebenslied so hoch angestimmt wird, kann es auch tief hinuntergehen. Wir werden selbst aus der Tiefe das Lob Gottes singen. Gott ist aus der Ewigkeit tiefer herabgestiegen, als wir je fallen können.

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2

Als Spiegelbild Gottes geschaffen

1. MOSE 1,27

Anker

„Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib.”

Wellenlinie

Bei der Erschaffung der Welt war niemand dabei außer Gott selbst. Woher sollen wir also etwas darüber wissen? Entweder hat Gott es den Menschen offenbart oder Menschen haben sich etwas ausgedacht. Jesus ist davon ausgegangen, dass der Schöpfungsbericht der Bibel von Gott offenbart wurde. Auf eine Frage zur Ehescheidung antwortet er: „Habt ihr nicht gelesen: Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau und sprach: ‚Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein‘? So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!“ (Matthäus 19,4-6).

Der Mensch ist ein Beziehungswesen. Er ist von Gott als Gegenüber geschaffen worden, als Spiegelbild. Von diesem Gegenüber ist er abhängig. Gott hat den Menschen als einziges Geschöpf angesprochen und als Geschäftsführer der Erde eingesetzt. „Zum Bild Gottes geschaffen“ heißt nicht, dass der Mensch wie Gott aussieht, sondern dass er das Gegenüber Gottes ist. Gott spricht zu ihm, der Mensch darf ihm antworten. Ja, er muss ihm antworten. Der Mensch ist Gott verantwortlich.

Das spiegelbildliche Gegenüber des Menschen zu seinem Schöpfer garantiert auch seine einzigartige Würde. Kein Mensch hat darum ein letztes Verfügungsrecht über andere, auch nicht über sein eigenes Leben. Wir gehören Gott, unserem Schöpfer. Das ist die Wurzel für das Grundrecht: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt auch für die kleinen Menschen im Mutterleib, für Kranke und Behinderte, Alte, Demente und Sterbende.

Nun widerspricht das der anmaßenden Behauptung, der Mensch könne mit sich selbst machen, was er wolle. Hier gibt es nichts zu verniedlichen. Der Gegensatz lässt sich in keinem Kompromiss auflösen. Erkennen wir an, dass wir unser Leben dem Schöpfer verdanken und vor ihm verantworten? Oder maßen wir uns an, unsere eigenen Herren zu sein? Die Entscheidung hat sehr weitreichende Folgen.

Die einzigartige Würde des Menschen lässt sich nicht aus der wissenschaftlichen Forschung ableiten, denn sie hat Gott nicht zum Gegenstand. Gott lässt sich auch gar nicht zum Gegenstand unserer Forschungsmethoden machen. Wir erkennen ihn nur dadurch, dass er sich selbst offenbart. Die spiegelbildliche Beziehung des Menschen zu Gott ist Teil dieser Offenbarung Gottes. Mehr noch: Auch die Beziehung von Mann und Frau ist Teil dieser Offenbarung. Mann und Frau sind unterschieden und doch miteinander einzigartig verbunden. Jesus hat das mit unüberbietbarer Klarheit unterstrichen. Mit der Vollmacht des Messias macht er den ursprünglichen Willen des Schöpfers deutlich. Er tut das nicht nur gegenüber der gottlosen Selbstherrlichkeit der Menschen, sondern auch gegenüber den Notlösungen, die zwischenzeitlich galten und in den Gesetzen des Alten Testamentes formuliert wurden.

Es kann niemanden überraschen, dass dieses Bild vom Menschen und der Beziehung von Mann und Frau bei denen keine Rolle spielt, die die biblische Botschaft nicht kennen oder ablehnen. Es ist aber zum Heulen, dass auch in den Kirchen das Wort Gottes oft verachtet wird. Die Bibel sei menschliche Literatur wie alle andere, behauptete neulich ein evangelischer Bischof. Das müssten wir endlich zur Kenntnis nehmen. So eine Aussage macht mich wütend und traurig. „Meine Augen fließen von Tränen, weil man dein Gesetz nicht hält“, betet der Psalmist (119,136).

In Gesellschaft und Politik behaupten viele, sich am biblischen Menschenbild zu orientieren. Was in der Bibel über den Menschen gesagt wird, scheint sie aber häufig nicht besonders zu interessieren. Die Ehe wird entwertet als eine Lebensform unter vielen, die man wählen kann. Alle möglichen sexuellen Praktiken werden als Ausdruck der Schöpfungsvielfalt gepriesen. Man müsse aus Liebe zu den Menschen den ausdrücklichen Geboten in der Bibel widersprechen, wenn es darauf ankommt. Was nicht ins eigene Wunschbild passt, wird als nicht mehr gültig angesehen. Das alles geschieht im Namen der Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen.

Wir werden dagegen mit allen, die das Wort Gottes achten, bezeugen, dass Freiheit nur in der Gemeinschaft mit dem Schöpfer gelingt. Ich bin mir dessen schmerzlich bewusst, dass ich allzu oft besserwisserisch die Wegweisungen Gottes verachtet habe. Wenn Jesus nicht Vergebung der Sünden schenkte, müsste ich verzweifeln. Er aber wendet uns sein Gesicht gnädig zu. Wir dürfen mit unserem Leben widerspiegeln, was es heißt, Gott zu kennen.

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3

Auf der Flucht vor Gott

1. MOSE 3,9

Anker

„Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du?“

Wellenlinie

„Ihr beantwortet Fragen, die keiner stellt.“ Das wird uns Christen oft vorgeworfen. Darum sei der christliche Glaube bei vielen nicht gefragt. Der Kunde sei König. Die Nachfrage müsse das Angebot bestimmen. Das muss man wohl berücksichtigen, wenn man etwas verkaufen will. Ich will aber nichts verkaufen. Ich muss und darf Menschen auf die Wahrheit und Wirklichkeit Gottes hinweisen.

Gott stellt die Fragen. Er erwartet unsere Antworten. Er stellt Fragen, die wir nicht hören wollen. Gottes Wort, die Bibel, offenbart uns, dass Gott die Welt geschaffen hat. Sie berichtet auch, dass Gott uns Menschen als sein besonderes Gegenüber anredet und beauftragt. Gott ist der Eigentümer der Welt, wir sollen seine Geschäftsführer sein. Er beurteilt seine Schöpfung als sehr gut (1. Mose 1,31).

Die Menschen sind anderer Meinung. Sie gehen dem Versprechen des Versuchers auf den Leim: „… ihr werdet sein wie Gott“ (1. Mose 3,5). Also nicht nur verantwortliche Geschäftsführer, sondern selbstbestimmte Eigentümer, die nur sich selbst verantwortlich sind. Wie sieht das Leben nach diesem Bruch mit Gott aus? Die Menschen verstecken sich vor Gott. Und Gott stellt die Frage, die der Mensch auf der Flucht vor Gott nicht hören will: „Wo bist du?“

Nicht nur die Beziehung des Menschen zu Gott hat einen Riss bekommen. Auch die Gemeinschaft der Menschen wird zerstört. Kain erschlägt seinen Bruder Abel. Und wieder fragt Gott: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Mit einer frechen Lüge und Gegenfrage wehrt sich Kain: „Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Und Gott fragt weiter: „Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde“ (1. Mose 4,8-10).

In der Welt der Supermärkte ist der Kunde König. Viele meinen, dass auch der Glaube an Gott wie eine Ware angeboten werden müsse. Die Menschen stellen die Fragen, Gott soll gefälligst antworten. Die Menschen melden ihre Wünsche an, Gott soll sie prompt erfüllen. Die Menschen klagen über ihre Probleme, Gott soll sie möglichst schnell lösen. Das ist typisch für Leute, die auf der Flucht sind. Sie wollen nur mit einem Gott leben, der ihnen in den Kram passt. Und am liebsten möchten sie ohne Gott leben.

Aber Gott stellt die Fragen. Er lässt nicht locker. Im schlimmsten Fall gelingt uns die Flucht ein Leben lang. Dann aber werden wir vor das Angesicht unseres Schöpfers gestellt. Der Richter hat das letzte Wort.

Mit Jesus hat Gott seine größte Suchaktion gestartet. Er ist gekommen, um die Verlorenen zu suchen und zu retten. Er geht an die dunkelsten Orte, um uns zu finden. Er stirbt am Kreuz einen Tod, den eigentlich wir verdient haben. Er ruft uns zur Heimkehr. Wir sollen wieder Kinder Gottes werden.

Gott hat seine Schöpfung nicht aufgegeben. Aber sie ist nicht mehr sehr gut wie am Anfang. Sie hat diesen bösen Riss der Rebellion. Diesen Trennungsriss nennt die Bibel Sünde. Der geht durch Natur und Geschichte. Wir können immer noch über die Schönheit von Gottes Schöpfung staunen. Doch was wir „natürlich“ nennen, ist in Gottes Augen nicht immer gut. Auch das Beste kann für das Schlimmste missbraucht werden. Die Intelligenz der Menschen schafft Mittel zum Heilen und zur massenhaften Zerstörung. Die Sexualität kann Ausdruck der Liebe und Kraft zur Erzeugung neuen Lebens sein. Aber sie kann auch egoistisch zur Erniedrigung, Versklavung und Zerstörung von Menschen missbraucht werden.

Der Mensch will sich und die Welt selbst bestimmen. Der Mensch ist dem Menschen ausgeliefert. In verhängnisvollen Verkettungen werden oft auch mit guten Absichten schreckliche Nebenwirkungen erzeugt. Die bösen Folgen treffen meist nicht einmal die Verursacher wie eine gerechte Strafe. Menschen, die nichts damit zu tun haben, werden die Opfer. Über Generationen zieht es sich wie ein Fluch. Die Kinder und Enkel müssen auslöffeln, was die Vorfahren eingebrockt haben. Wer das Natürliche als maßgebend ansieht, befürwortet die rücksichtslose Durchsetzung der Mächtigen gegen die Schwachen und Wehrlosen.

Aber noch ruft Gott. Er hat uns nicht aufgeben. Jesus ist gekommen. Mit ihm ist Gottes rettende Herrschaft neu angebrochen. „Kehrt um“, lädt Jesus ein, „und glaubt dem Evangelium“ (Markus 1,15).

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4

Mit Sandsäcken gegen den Dammbruch

1. MOSE 8,21-22

Anker

„Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“

Wellenlinie

Wenn beim Hochwasser die Dämme undicht werden, packen Rettungsmannschaften Sandsäcke auf die Risse. Das ist nur eine Notmaßnahme. Sie soll für den Augenblick das Schlimmste verhindern. Die Sandsäcke lösen das wirkliche Problem nicht. Aber es wird Zeit gewonnen, um später die gründliche Lösung zu suchen.

Nach der Sintflut unternimmt Gott eine solche Notmaßnahme. Er schließt einen Bund mit Noah. In gnädiger Geduld verspricht er die Erhaltung der Welt, obwohl der Mensch das endgültige Gericht Gottes verdient hat. Das Urteil über den Menschen ist vernichtend: „denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“ (1. Mose 8,21).

Wir selbst neigen zu einem milderen Urteil. Wir halten uns im Kern für gut. Wir behaupten, gute Absichten zu haben, aber leider verhindern die schlechten Verhältnisse deren Verwirklichung. Die Diagnose Gottes sagt das Gegenteil: Der Mensch ist vom Kern her zu allem Bösen fähig. Oft verhindern die Verhältnisse das Schlimmste. Auch Jesus hat so geurteilt: „denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen heraus böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Missgunst, Lästerung, Hochmut, Unvernunft“ (Markus 7,21-22).

Gott aber verspricht trotzdem die Erhaltung der Welt. Er wiederholt den Segen über den Menschen wie bei der Schöpfung: „Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde“ (1. Mose 9,1). Aber dann kommt eine Notverordnung, die es nach der Schöpfung ursprünglich nicht gab. „Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht“ (1. Mose 9,6).

Gewalt hatte in Gottes guter Schöpfung keinen Raum. Jetzt wird sie erlaubt, ja sogar geboten, um die Ausbreitung des Bösen einzudämmen. Das ist nicht der ursprüngliche Wille des Schöpfers für seine Schöpfung. Das ist die Notverordnung zur Verhinderung des Schlimmsten. Sie soll Zeit und Raum für die Rettung schaffen. Weil der Mensch Gottes Ebenbild ist, hat kein Mensch das Recht, sich an diesem Ebenbild ungestraft zu vergreifen. Das Vergeltungsgesetz „Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß“ (2. Mose 21,23-24) dient zur Eindämmung grenzenloser Rache und Gewalt.

In dieser Erhaltungsordnung ist die staatliche Ordnung mit ihrem Gewaltmonopol begründet. Die Aufgabe aller Regierungen ist der Schutz der Schwachen gegen die Willkür der Starken, die Förderungen des Rechtes und die Eindämmung des Bösen durch Androhung von Gewalt. In diesem Sinn schreibt Paulus, dass die staatliche Regierung von Gott angeordnet ist. Er schreibt das sogar im Blick auf die heidnische Obrigkeit des Römischen Reiches. Es gilt also für alle staatliche Ordnung. „Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut“ (Römer 13,4).

Die Bibel weiß wohl, dass Machthaber ihre Macht missbrauchen. In der Offenbarung des Johannes wird beschrieben, dass der totalitäre Staat zum Werkzeug des Antichristen wird, weil er sich an die Stelle Gottes setzt. Er fordert seine Anbetung und damit die Anbetung der satanischen Macht. Er will als höchste Instanz entscheiden, was Gut und Böse ist. Er verfolgt die Christen, weil sie ihm die Anbetung verweigern. Den Christen bleibt nur das Martyrium.

Für die Beurteilung des Staates können wir uns an diesen beiden Kernaussagen der Bibel – Römer 13 und Offenbarung 13 – orientieren.

Auch nachdem die Herrschaft Gottes mit dem Kommen von Jesus angebrochen ist, bleiben die erhaltenden Notordnungen gültig, bis Jesus wiederkommt und den neuen Himmel und die neue Erde schafft. Christen zahlen deshalb ihre Steuern. Sie beteiligen sich je nach Fähigkeit und Möglichkeit auch aktiv an der staatlichen Ordnung – z.B. als Lehrer, Richter, Polizisten, Verwaltungsbeamte. In manchen Aufgaben üben sie Macht und Gewalt im Auftrag des Staates aus, z.B. als Polizisten. Das bringt sie in Konflikte.

Darf ein Christ Gewalt anwenden? Hat Jesus seinen Jüngern nicht den Gebrauch des Schwertes verboten? Die Christengemeinde darf sich und ihren Glauben nicht mit Gewalt verteidigen. Aber Christen können im Auftrag des Staates zur Abwehr des Unrechts und zur Durchsetzung des Rechts Macht ausüben und gegebenenfalls Gewalt anwenden. Sie sollen sich dabei bewusst sein, dass sie an vorläufigen Notmaßnahmen zur Erhaltung der Welt teilnehmen. In Gottes neuer Welt werden solche Maßnahmen nicht mehr nötig sein.

Wer als Christ in Staat und Gesellschaft mitwirkt, soll die Gefahr der Grenzüberschreitung im Blick haben. Regierungen können ihre Macht totalitär missbrauchen. Gegen den Anspruch des totalitären Staates gilt immer das erste Gebot: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir!“ Die Konsequenz für Jesus-Nachfolger lautete von Anfang der Kirche an: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5,29).

Alles Unrecht wird im Gericht Gottes gestraft. In Gottes neuer Welt haben Gewalt und Gewaltandrohung keinen Platz mehr. Dort ist Gerechtigkeit zu Hause. „Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt“ (2. Petrus 2,13). Bis dahin wissen wir die erhaltenden Notmaßnahmen zu würdigen. Sie sind Ausdruck der Geduld Gottes.