Inhaltsverzeichnis

Romane
Mathias Bichler
Die Rumplhanni
Madam Bäuerin
Erzählungen
Bauern - Bayerische Geschichten
Die Freier
Die Scheidung
Die blaue Krugel
Die Hochzeiterinnen
Der Guldensack
Der Schatz des Toten
Henn um Henn - Hahn um Hahn
Die närrische Zeit
Die Erbschaft
Lord
Der Steinriegerbauer
Der Räuber Blasius
Das neue Hausregiment
Die Ostereier der Reiserbuben
Der Dorfdummerl
Schauer
Feierabend
Lausdirndlgeschichten
Die Blutegel
In der Spinnstuben
Die Feuersbrunst
Beim Weber
Der Bettelsack
Die Obstlese
Das Verbrechen
Ich bin wieder da
Der verlorene Sohn
Die Frau Bas
Das Femgericht
Das gute Geschäft
Die ganze Sippschaft
Die Gabler Minna
Die Familienfeier
Wo ist mein Vater?
Autobiografie
Erinnerungen einer Überflüssigen
Lena Christ

Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Autobiografie

Die Rumplhanni, Erinnerungen einer Überflüssigen, Bayerische Geschichten, Madam Bäuerin, Mathias Bichler, Lausdirndlgeschichten...



e-artnow, 2016
Kontakt info@e-artnow.org

ISBN 978-80-268-6474-5

Romane

Inhaltsverzeichnis

Mathias Bichler

Inhaltsverzeichnis
Im Weidhof
Die Wallfahrt
Im Waldhaus
Lieb und Tod
Die Hexenjungfer
Das Vermächtnis
Die Herrische
Von Mathäi zu Laurenzi
Kindlnot und Brautschau
Kindstauf und Einstand
Brautfahrt
Hochzeit
Alle Herrlichkeit des Menschen ist wie Staub
Um zwei Gulden
Der Bildlmacher
Das Tiroler Katherl
Die Marktreis
Allerhand um fünf Kreuzer
Komedie
Falsche Lieb
Auf der Landstraße
Johannes Schröckh
Im Turm
Lehrjahre und glückhafte Zeit
Heimkehr
Abend

Die Rumplhanni

Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26

Madam Bäuerin

Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17

Erzählungen

Inhaltsverzeichnis

Bauern - Bayerische Geschichten

Inhaltsverzeichnis

Die Freier

Inhaltsverzeichnis

Der Moserbauer von Kreuth galt schon von jeher als ein wohlhabender Mann, und man schätzte ihn leichtlich auf hunderttausend Mark.

Aber – was sind hunderttausend Mark, wenn man sie durch sechs teilt? Nimmer viel. Grad noch eine von den bekannten Fliegen, die der Teufel in der Not frißt. Nun waren aber auch beim Moserbauern ihrer sechs Kinder. Und sie waren so verteilt, daß immer auf ein Maidl zwei Buben folgten. Also vier Buben und zwei Dirndln.

Alle sechs gesund, nicht uneben von Gestalt und im besten Alter – so zwischen Zwanzig und Dreißig. Und sie hätten wohl sicherlich längst alle gut verheiratet sein können, wenn eben nicht diese Sechsteilung gewesen wäre. Mangel an Überfluß schreckt jeden Freier und macht jeden unwert, je nachdem.

Also die Moserkinder waren noch ledig, da kam der Krieg. Und die Buben mußten hinaus – alle vier.

Und da es endlich hieß: »Friede wird! Parole Heimat!«, da war von den Moserbuben kein einziger mehr dabei, der mit einmarschierte in das kleine Dorf.

Alle vier liegen draußen im fremden Land – zur guten Ruh gebettet. –

So sind nun aus den sechsen zwei geworden und gelten plötzlich als gute Partie. Denn hundert Tausender geteilt durch zwei gibt ein gerechtes Häuflein, nicht zu verachten als Morgengabe für einen Freier! –

Besonders dem Schweigerlenz von Lindach wär's nicht ungelegen, wenn ihm einer von den Mosergeldsäcken in den Schoß fiele! Und drüben in Au ist auch einer, der so denkt: der Schneithubermichel.

Darum sagt der eines Morgens zu seinem Alten: »Du, Voda, was moanst?«

Und der alte Schneithuber erwidert: »Was soll i moana?«

Darauf erklärt der Sohn: »No, zwegn der Heiraterei. I wisset mir oane.«

»Ja so«, sagt da der Alte; »heiratn sagst. Ja no. Dees wirst scho selm wissen, wer, wie und was.«

»Woaßt, fuchzgtausad March und gar net schiach!« erklärt der Michel weiter.

Jetzt horcht er aber auf, der Schneithuber.

»Fuchzgtausad sagst? Mei Liaber, nachher is's koane von Au! Nachher muaß i s' scho wo anders suacha.« Er überlegt eine Weile. »Da is amal d' Rauthalerlies von Seeon; aber die hat grad dreißgtausad. – Und d' Nackmoarsusann von Berg ... naa – die hat ja an Buckel und schiergelt auf oan Aug. Und du sagst, daß s' net schiach is. – Ja mei – was kunnts nachher leicht für oane sein? Da wüßt i koane als wie eppa oane von dee zwoa Moserdirndln von Kreuth!...«

Sein Sohn, der Michel, hat eine Endsfreud. »Derraten hast es, Voda!« schreit er; »akrat derraten!« Und er schlägt sich lachend auf die Knie.

Aber sein Vater hat Bedenken.

»Moanst, daß von dene oane Schneithuaberin werdn möcht?«

Doch sein Bub lacht noch mehr. »Was moanst? Net mögn, moanst? Mi, den Schneithuabermichel von Au? O mei, Voda! Da bist gstimmt! Bis zum Sunnta bin i Hochzeiter, da wett i! Oane von dee Moserdirndln wird Schneithuaberin – so gwiß, wie zwoa und zwoa vier is!«

So denkt und spricht der Schneithubermichel von Au.

Und droben in Straß der Windelbauer, ein Wittiber in den besten Jahren, hat auch gerad den schwarzen Plüschhut in der Hand, steckt eine feuerrote papierene Rose darauf und macht sich auf den Weg nach Kreuth, indem er zu sich selber sagt: »Bal oaner 's Zwoaspannigfahrn gwohnt is, soll er 's oaspannig bleibn lassen. Entweder nimm i d' Nanndl oder i nimm d' Mirl. Oane von dee Moserdirndln muaß's werdn. Nachher kann i dem Heimerlbauern, dem Spitzbuam, aa glei sei Hypothek hoamzahln.« –

Drunten in Holzen aber spannen die beiden Reiserbuben das Bräundl vor den Schlitten und fahren gleichermaßen nach Kreuth, fest davon überzeugt, daß einer von ihnen in längstens acht Wochen Moserbauer ist, während der andere nach derselben Frist die Schwester des Bräutls als Reiserbäuerin heimführt.

Welcher von ihnen die Mirl und welcher die Nanndl nehmen soll, ist ihnen völlig gleichgültig. Der Geldsack macht's – und der ist bei beiden gleich.

Also fahren sie guten Muts dahin und kommen just zu der Stund an den Moserhof, da gerade noch ein paar Bewerber dort eingetroffen sind.

Alle miteinander aber haben es schlecht erraten mit dem Besuch; denn die Nanndl treibt eben die beiden Ochsen um den Klöppel der Gesottschneidmaschine, knallt mit der Geißel und plärrt alle Augenblick: »Wüah! Hüh! Gehts zua, sag i!«

Und die Mirl steht droben am Heuboden, räumt das geschnittene Gesott von der Maschine weg und schiebt es hinab in den Futterschacht des Stalles.

Da die Nanndl die verschiedenen Mannsbilder vor sich sieht, stößt sie einen gellenden Pfiff aus und schreit:

»Ööh! Öha!«, worauf die Ochsen stillstehen.

Dies hat zur Folge, daß auch droben am Heuboden ein Pfiff ertönt und die Mirl ihren bestaubten Kopf aus der Fensterluke streckt und zur Schwester hinabruft: »Was geihts?« – »Kemma han wieder a paar!« erwidert diese, mustert Roß und Schlitten, dessen Insassen und die andern Besucher und treibt danach wieder ihre Ochsen an.

Und auch die Mirl werkt nach einem kurzen Blick auf die Angekommenen wieder weiter, ohne ihrem Vater, der die Schneidmaschine bedient, auch nur ein Wort zu sagen.

So kommt es, daß die vier Mannsbilder reichlich und gutding Zeit und Derweil haben, sich den Moserhof und die eine von den Erbinnen genau zu betrachten. Auch kommt bald eine kleine Unterhaltung in Gang zwischen ihnen.

»Habts aa a Gschäft da?« fragt einer von den Reisersöhnen.

»Ja.«

»Woher seids denn ös?«

Die beiden andern tun fremd. »Mir ghörn net zsamm. Mir ham grad oan Weg ghabt. Oana is von Lindach und der ander von Au.«

Die beiden Reiserbuben wollen noch mehr wissen. »Seids leicht da zwegn an Viech?«

Aber die andern zwei haben bloß ein Nein als Antwort.

Und der eine, kein anderer als der Schneithubermichel von Au, stellt sogar eine Gegenfrage: »Zwegn was seids denn ös da? Eppa zwegn dera da hint?« Er zwinkert vielsagend mit den Augen nach der Nanndl hin.

Doch die Reisersöhne sind auch nicht dumm. Sie wollen bloß um einen Heißen fragen – um ein Rößl, ein gutes.

Aha. Nun ja. Er, der Michel, will bloß ein paar Zentner Samenweizen. Und sein Weggefährte, der Schweigerlenz von Lindach, will um ein schweres Stierkalb fragen. Denn die Moserkälber sind gar berühmt weit und breit! Nur so nebenbei meint er: »Der wird jetz hübsch überlaufa werdn, der Moserbauer. Zwegn dee Weibsbilder, moan i.«

Jetzt sind es die anderen, die sich unwissend stellen. »Warum zwegn dee Weibsbilder? – Ja so – zwegn eahnan Heiratsguat. No ja – mei – der oa möcht die und der ander die ...«

Die Unterhaltung gerät ins Stocken, denn die Nanndl spannt auf einen Pfiff ihres Vaters hin die Ochsen aus und weist sie in den Stall. Und die Mirl steigt vom Heuboden herab und geht ins Haus, indem sie die Angekommenen mit einem züchtigen »'ß Good beinand« begrüßt.

Derweil tritt auch der Moserbauer aus der Tenne und sieht die Leut.

Er geht bedächtig auf sie zu, hört sich ihren Gruß und ihre Wünsche an und sagt: »Hübsch Schnee ham mir wieder kriagt, ja. Is aber recht. Nachher tuat eahm der Frost net so viel – an Troad ...«

»Hast an Samawoaz für mi?« fragt, ihn unterbrechend, der Michel von Au. Denn er ist der Ungestümste von allen Freiern.

Doch der Moserbauer ist nicht auf den Kopf gefallen. Er weiß genau, was der ander will. »Wieviel Tagwerk möchst denn anbaun damit?« fragt er.

»Fuchzehne«, sagt der Michel arglos.

»Baust mehra Korn? Oder hast a Tagwerk Mischling aa im Sinn?«

Je nun. Auf solche Fragen sagt jeder die Wahrheit. Und so erfährt der Moser, daß man beim Schneithuber so an die zwanzig Tagwerk Korn, fünf bis sechs Tagwerk Mischling und etwa zwanzig Tagwerk Haber anbaut. Erdäpfel gibt's auf zwölf Tagwerk Land.

Und der Alte rechnet im Kopf: »Fuchzehne – fünfadreißg – vierzg – sechzg – siebazg. Und Wiesen ... aha. Wird er leicht so hundert Tagwerk stark sein.«

Er mustert genau den Anzug vom Michel. Er wär' gar nicht übel; gutes Tuch – der Mantel schwer – die Stiefel vom Bauernschuster gemacht – keine Stadtware.

»Alsdann, i will schaugn«, sagt er langsam, »ob i dir no a paar Zentner gebn kann. Geh eine in d' Stubn derweil und hock di a weng nieder.«

»Ja, Herrgott! Das schaut ja schier aus, als täts was werden!« denkt schmunzelnd der Michel. Und die andern denken zähneknirschend dasselbe.

Der Schweigerlenz aber kann sich nicht mehr beherrschen. Er vergißt ganz auf sein Stierkalb und auf die angestammte Bauernschlauheit.

»Daß d' jetz du den Pfennigfuchser zu an Tochtermo nehma magst!« sagt er. »Da gäbs do wirkli no andere aa, die für a deinigs Dirndl passetn. Schaug mi o! Der oanzige Bua, hundertfuchzg Tagwerk und vierzg Stuck Vieh im Stall! Und schuldenfrei! Durft si a jede d' Finger bis zu dee Ellabogn abschlecka, bal s' mi kriagn kunnt!«

Au weh, Lenz! Diesmal hast du zu weit geschossen! Der Moserbauer lacht bloß. Und schüttelt den Kopf. Das Antworten aber besorgen die beiden Reiserbuben.

»Ja, da schaug her!« meint der eine. »A solchener ist mir aa no net vürkemma, der si selber anfeilt wie der billige Jakob sei Kraxenglump!«

Und der andere fügt bei: »Und vom Fingerabschlecka is beim Moserbauern seine Töchter überhaupts koa Red, dees mirkst dir! Die Arbeit derfst scho du selber macha!«

Solche Worte sind keine schöne Musik für den Lenz und auch kein Schlafpülverlein. Sie sind eher zu vergleichen mit den Stichen der Wespen oder Hornissen, und es ist nicht zu verwundern, daß der gute Lenz in die Höh' fährt und zuschlägt.

»Wird di aber weni oder gar nixen ogeh!« schreit er. »Und den andern Springginkerl aa net! Gott sei Dank, daß mir net drauf ostehn auf die paar Kreuzer vom Moserbauern! Aber ös Hungerleider! Ös Fretter! Ös ...« Weiter kommt er nicht, denn die Reiserbuben haben ihn schon bei der Gurgel und bei den Haaren.

Aber just in dem Augenblick erscheint der festtäglich aufgeputzte Windelbauer von Straß im Hof. »Ja, Himmelseiten! Is bei enk heunt scho Kirta?« fragt er verwundert; »jetz hab i gmoant, i geht auf Brautschau, derweil kimm i zum Raafa recht.«

Und er wendet sich zum Moserbauern, der vergebens versucht, die drei Hitzköpfe zu beruhigen: »Zwegn was gehts denn her, Moser? Hams dein Zweschbenschnaps derwischt? Oder gehts zwegn dee Weiber her?«

Der Moser winkt ab. »Ah was! Laß s' raaffa! Die hörn scho wieder auf, bals gnua habn. – Wo kimmst her und was möchst?«

Der Windelbauer schiebt unternehmend den Hut ins Genick. »Was i möcht, fragst«, sagt er. »Paß auf, i sag dirs glei grad außa: a deinige Tochter möcht i.« Der Moser tut verlegen. »A so sagst! A meinige Tochter möchst? Ja mei, Windel, da werds epps habn. Die andern da, die drei – und der Schneithubermichl vo Au möchtn halt aa oane. Und ich hab grad zwee. Und a Stuck a fuchzehne san scho dagwen und habn gmoant, es muaß sein. Kannst ja amal einegeh in d' Stubn.«

So was hört jeder gern, wenn's ihn selber angeht. Aber die drei, die sich derweil noch rechtschaffen abgerauft und abgestritten haben, haben auch gute Ohren. Und es paßt ihnen gar nicht, daß da schon wieder einer den Vorzug haben soll.

Darum wenden sie sich nun endlich an den Moserbauern mit ihrem Anliegen: »Der Voda laßt dir sagn, obst net an saubern Heißen hättst? An Schimmel oder a Rapperl. Was er kosten soll, will er aa wissen, und du sollst amal umeschaugn zu eahm. Er hätt allerhand zum dischbetiern mit dir. Und d' Muata hat uns epps mitgebn für deine Dirndln.«

Sie holen geschäftig ein Handkörblein aus dem Schlitten. »A paar Zuckersträuberl, daß's a süaß's Mäu kriagn, deine Dirndln.«

Der Moser lacht sein verschmitztes Lachen. »Aha. Für d' Dirndln, sagts. – Und zwegn an Heißn, sagts. Aha. No ja. Müaßts halt amal eineschaugn. Spannts halt aus derweil. Wern mirs nachher scho sehng.«

Also. Nun sind alle glücklich beieinander bis auf den Schweigerlenz.

Dem aber fällt plötzlich das Stierkalb ein, und er tut so wichtig und lobt die Kälber des Moserstalles so sehr, daß der Alte wirklich nichts Besseres zu tun weiß, als auch ihn zu bitten, er mög' ins Haus gehen.

So sind sie denn alle beisammen, die Freier. Und der Moserbauer pfeift seinen Töchtern. »A Bier am Tisch und a Brot für d'Leut!« befiehlt er.

Die beiden erscheinen schüchtern und mit fromm gesenktem Blick. Und nachdem sie das Gewünschte auf den Tisch gebracht haben, verlassen sie sogleich wieder die Stube.

Dafür erscheint jetzt die Moserbäuerin, eine dicke, hinkende Alte mit vorquellenden Augen und einem dichten Bartflaum um Mund und Kinn.

»So, seids da!« begrüßt sie die Besucher. »I kann mirs scho denka, zwegn was daß's da seids. Ja no. Dees woaß ma ja. – Da – trinkt amal a jeder!«

Sie deutet auf den bauchigen Humpen und setzt sich danach auf das Kanapee.

Kreuzmillion! Es ist nicht leicht, seine Wünsche zu offenbaren, wenn noch vier dastehen, die das gleiche möchten!

Ein wahres Glück, daß der Moserbauer so schöne Rehgewichtl in der Stube hängen hat – und daß er die Photographien seiner vier gefallenen Buben aufgestellt hat. Das ist doch wenigstens ein Gesprächsstoff.

Und man gewinnt Zeit. Und man kann zeigen, daß man nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen kam.

Der Schneithubermichel ist der erste, welcher dies zeigt. Er setzt sich zur Moserin aufs Kanapee, lobt ihr schmackhaftes Brot und die Hand, welche es gemacht hat, schwatzt von diesem und jenem und rückt sich ins denkbar schönste Licht.

Und er versichert, daß er, wenn er nun noch seinen letzten Wunsch – die andern hätt' ihm unser Herrgott so alle erfüllt – zur Wahrheit machen könnt: nämlich daß er Tochtermann einer so guten, riegelsamen und werten Frau Mutter werden könnt, wie die Moserin eine wär', – ja – er sage es keck – dann möcht' er mit keinem Prinzen tauschen.

Darauf erwidert ihm freilich der Windelbauer, mit einem Prinzen tät jetzt überhaupt kein vernünftiger Mensch mehr tauschen; denn im Volksstaat hätt' sich die Prinzenschaft aufgehört.

Damit hat auch er die Klippe überwunden. Und nicht lange währt es, da weiß auch von ihm die Moserin alles, was er glaubt, daß es ihr angenehm in den Ohren klinge.

Die andern haben den Moserbauern derweil hübsch in Beschlag genommen.

Von der Jagd reden sie und vom Krieg, von der Politik und vom Vieh.

Und wollen doch alle miteinander damit nichts anderes sagen als: »Gib mir eine von deinen Töchtern! Mir!«

Der Windelbauer und der Schneithubermichel aber haben derweil die Moserbäuerin ganz freundlich und lustig gemacht und sind fest davon überzeugt, daß sie beide die Bevorzugten sind. Daher schauen sie allmählich immer öfter und immer tiefer in den Humpen, werden immer lauter und anmaßender in ihren Reden und treten endlich kurz entschlossen auf die Reiserbuben und den Schweigerlenz zu, indem sie fragen: »Zwegn was san denn de da? Jetz werds aber bald Zeit, daß's verschwindts! He, Moservoda! Gib eahna an Tritt, daß s' außefliagn! Für dee Handwerksburschen gibts koan Zehrkreizer nimmer! He! Habts ghört, ös drei?« Ob sie's gehört haben!

O Windelbauer! O Schneithubermichel! Sie haben's wohl gehört! Und sie zahlen euch's heim mit gutem Zins!

Der Schweigerlenz, der sich noch von der vorhergehenden Erregung kaum erholt und beruhigt hat, ist der erste, der in die Höh' fährt. »Wia habts gsagt? Habts ös net Handwerksburschen gsagt?«

Der Windelbauer lacht: »Warum? Bist leicht du epps anders?«

Und der Michel stupft die Reiserbuben: »Dee zwee Fliagnfanger aa scho! Dee arma Hund, dee arma!«

Auweh! Jetzt hat er das Häflein zu voll gegossen! Jetzt läuft's über! Die Reiserbuben stürzen sich gleich wilden Hunden auf die beiden Spötter.

»Was habts gsagt? Hund habts gsagt! Handwerksburschen habts gsagt! Fliagnfanger habts gsagt!«

Und schon dreschen ihre Fäuste auf die beiden los, daß es nur so kracht. Und der Lenz schiebt auch die Händ' nicht in den Hosensack; der drischt auch mutig und tapfer mit und schaut nicht lang, ob er einen von den Sprüchmachern unter seiner Faust hat oder einen von den Reiserbuben.

Der Moserbauer fährt fluchend und scheltend darein: »Ja Himmelherrgott! Auseinander, sag i! Ös waarts mir no die rechtn! Solcherne Hallodri kunnt i no braucha auf mein Sach! Ausanand sag i und marsch weiter! Sinst kann sei, daß i mit der Goaßel kimm!« Die Moserbäuerin aber springt erschrocken vom Kanapee in die Höhe, ruft alle Heiligen an und läuft zitternd und zagend davon. Unter solchem Geräufe ist es kein Wunder, daß alle miteinander die Ankunft eines Schlittens überhören, dem zwei saubere Burschen entsteigen – die beiden Söhne des Posthalters von Kreuth.

Und daß sie übersehen, wie die beiden Mosertöchter den Burschen entgegenlaufen, wie sie sich tätscheln und kosen lassen und tun, als wären sie der lautere Zucker!

So kommt es denn, daß plötzlich die Tür der Stube aufgeht und daß das Gelächter der vier so laut und vergnügt zwischen die Raufenden fährt, daß die ganz erschrocken auseinanderrumpeln und an die Tür stieren.

Ja – das ist ja – das sind ja ...

»Da san meine Dirndln«, sagt in dem Augenblick der Moserbauer wieder ganz friedlich und vergnügt, »und da san meine zwee Tochtermanna. Zu der Hochzat seids alle mitanand eing'laden. – Soo, und was is's jetz mitn Stierkaibe ... und mitn Heißen ... und mitn Samawoaz ...«

»O du Erztropf, du miserabliger!« denkt der Schneithubermichel.

»I pfeif dir auf dei Kaibe!« murmelt der Lenz.

Und: »Geh ma ... sinst vergiß ich mi ...«, sagt der eine Reisersohn zu seinem Bruder.

Der Windelbauer aber seufzt: »Teife, Teife! Jetz kann i dem Hanswurschtn, dem Heimerl, sei Hypothek aa net zruckzahln! – Der Geldsack kimmt halt allemal wieder zum Geldsack, da kannst macha, was d' willst ...«

Und er folgt zähneknirschend den andern und schlägt die Haustür zu, daß alles knallt.

Die Scheidung

Inhaltsverzeichnis

Die dicke Wildmoserbäuerin steht fuchsteufelswild am Backtrog und werkt und brummt, daß es schier nimmer anzuhören ist: »Aus der Haut kunntst fahrn mit dem Mannsbild! Nix mehr kannst eahm recht macha! Den ganzen Tag derfst an dir umanandgrandeln lassen, und nix anders hörst nimmer, als wia: Da muaß mir wieda a neue Ordnung einakemma in dees Haus! – – Vo mir aus! – Soll er toa, was er mag! I tua nimma mit mit dera Ordnung! I geh und laß mi scheiden, bals no lang a so weitergeht! –« Sie knetet und bearbeitet den Brotteig mit einer solchen Wut, daß man meint, sie hätte einen Todfeind unter den Fingern. Und dann plärrt sie: »Mariedl! – Ja, moanst net, daß d' jetz bald zuawa gehst? – Siehst net, daß d' mir no Wasser zuaschütten muaßt zu mein Toag? – Kannst du net dableibn, bal ma di braucht, du Lalln, du zahnluckete!« Die also Angeredete kommt gemächlich zur Kucheltür herein. Sie ist des Wildmosers Stall- und Hausdirn; zwanzigjährig, dick, rothaarig, pichig vor Schmutz und faul. Und dazu immer gut aufgelegt. Ihr zahnloser Mund lacht den ganzen Tag.

Auch jetzt, da doch die Wildmoserin vor Zorn schäumt, lacht sie!

»I bin ja scho da, Bäuerin!« sagt sie gemütlich. »Was schreist denn a so?«

Die Wildmoserin arbeitet giftig mit beiden Händen den Brotteig ab.

»Was i schrei, fragt s', die Molln! Was werd i schrein? Wei's wahr is! Weilst net zuawa gehst! Weil's nimmer zum Aushalten is in dem Hauswesen herin! Weil unseroaner der Garneamd ist, seitdem daß anderne 's Mäu offa hab'n bei ins! – Weil mir dees Militare daherin zwider werd! – Was is's jetz mit 'n Wasser? – – Rindviech! Muaßt mir's jetz wieder über d' Füaß schütten, anstatt über 'n Toag!«

Die Mariedl lacht immer noch. Aber auf ja und nein hat sie die schönste Ohrfeige mitten im Gesicht und muß eiligst hinaus an den Röhrlbrunnen, um sich den Teig von der Wange zu waschen.

In diesem Augenblick ertönt eine herrische Stimme aus dem Stall: »Mariedl! Weibsbild, langweiligs! Soll i dir eppa no zehnmal schrein?«

Das ist der Wildmoser, gedienter Hottolerist und Mitglied des Bauernrats. Er war vier Jahre draußen im Krieg und ist jetzt wieder daheim, um eine neue Ordnung hineinzubringen in den »Saustall«, wie er sagt, in die »Weiberwirtschaft, in die gottverfluchte!« Das wär ja die rechte Komedie! Sie, die Wildmoserin, hätt die Hosen an, und er, der Wildmoser, müßt sich kuschen wie sein Hund, der Tyras! Und dieses Frauenzimmer, die Mariedl, tät, was sie wollte! Aber gnade Gott! Allen miteinander gnade Gott!

Er herrscht die Stalldirn wütend an: »Obst net hörst, frag i? – Obst net woaßt, daß d' Ochsen no koa Gsott habn und d' Kaibe'n koan Trank? Ob heunt der Saustall morgn ausputzt werd und der Hennastall überhaupts net?«

Die Mariedl wischt immer noch mit der härwenen Schürze in ihrem Gesicht herum, während sie ein paar Schritte gegen den Stall zu macht. »Ha, moanst?« Der Bauer steht drohend unter der Stalltür. »Ja, ha, moanst! Muaß i dir Füaß macha?«

Die Dirn tut gekränkt: »Nnoo! Was plärrst denn gar a so? I bin ja scho da! Was geiht's denn?«

Und da der Wildmoser seine Fragen wegen der Stallarbeit wiederholt und dabei immer drohender wird, meint sie:

»Tua nur net so schiach! Es is scho recht nachher! I kann mi net z'teiln. Jetz muaß i z'erscht ihr helfa beim Brotbacha.«

Damit will sie wieder kehrtmachen; aber ehe sie's bedenkt, fühlt sie schon einen derben Stoß in den Rippen und eine Faust im Genick.

»Dein Stall versiechst jetz, sag i!«

Die Mariedl ist beleidigt. »Du bist aber amal grob!« sagt sie. »Packst oan glei, als wia wann ma a Engländer waar oder a Pandur! Da wundert's mi net, daß si' insa Bäuerin scheidn lassen will vo dir!«

»Was!?« – der Wildmoser horcht auf. »Was sagst da? Sie will si' scheidn lassen? – Vo mir?«

Die Dirn tut mitleidig: »Gell, da schaugst! Hast eppa gmoant, vo wem andern? Naa, naa! Sie mag di nimmer, hat s' gsagt. Zwegn deiner Militare. Ja, ja. Jetzt gib i dee Kaibei 's Trank.«

Weg ist sie. Und der Wildmoser kann schauen, wie er zurechtkommt. Er geht nach der Kuchel und bricht einen Streit vom Zaun: »Hast du koa anderne Zeit zum Brotbacha als wie jetz?«

Aha. Die Bäuerin fährt herum: »Warum? Kümmert's di epps?«

Ihr Eheherr lacht wild: »Ob's mi epps kümmert! Moanst leicht, du hast no dein Russen vor dir oder sinst oan vo deine Knecht?«

Sie formt zornig einen Brotlaib. »I moan gar nix. I moan grad dees: Balst da draußen in dem Kriag nix anderschts net glernt hast als wia 's Grandeln und 's Kommandiern, nachher hast net viel profitiert. Nachher hättst gar net auße z' geh braucha.«

»Oder nimmer hoam, moanst! Gell ja! Sags nur!«

Die Bäuerin tut bockig: »Ja no. Dei Getua werd mir scho rechtschaffa zwider.«

»Aha. Brauchst es grad sagn!« schreit er jetzt. »Dees woaß i scho, daß dir der Ruß liaber is wia i! Daß d' alloa d' Herrlichkeit habn möchst da herin!«

Sie stupft die Brotlaibe mit dem Besen und drückt das Model mit dem Namen unsers Herrn darein.

»I will gar nix. I sag grad so viel und net mehra: Vier Jahr hab i alloa dein Hof derhalten ohne dein ewigen Dischbetat, und es is umganga ...«

»Und da moanst, soll ich jetz aa hingeh, wo i mag. Jawohl!« – Er muß sich schier niederhocken vor Grimm, der gute Wildmoser! – »Aber, daß d' es woaßt: I geh net! I bleib, wo i bin. Und i bring a neus Regiment eina. Und wems net paßt, der kann ja geh'!« – Hei! Ho! Das schlägt ein und zündet auch gleich, wie ein Donnerwetter in den Hundstagen.

»A so moanst!« sagt seine Wildmoserin ganz heiser. »I soll geh? – Guat. Is mir aa recht. Geh i halt. Glei, auf der Stell. Heunt no mach i's advikatisch, daß i geh. Daß mir zwee firti san mitanand.«

Und sie läßt wirklich die Brotlaibe liegen und rennt aus der Kuchel.

Und droben in ihrer Kammer legt sie das Feiertagsgewand an, setzt das seidene Kopftuch auf, tut sechs Eier und ein Stück geselchtes Fleisch als Wegzehrung in den Handkorb und geht wirklich, nachdem sie noch aus dem Geheimfach ihres Kleiderschranks einen Beutel mit Gold- und Silbergeld zu sich genommen hat.

Geradenwegs nach München fährt sie – zum »Advikat«. Der fragt höflich, was sie will.

»Scheiden lassen!« erwidert sie kurz. Und da der Anwalt ungläubig dreinschaut, wiederholt sie es: »Scheiden sollst mi vom Wildmoser. I will habn, daß mir zwee ausanandgschriebn werdn.«

»Hast an Grund aa?« fragt der Anwalt. Worauf sie meint:

»Naa, den hat er ghabt. I hab grad's Geld einbracht.«

Nein – einen Scheidungsgrund! – Ob etwa er mit der Stalldirn was gehabt hätt? Oder mit der Kuchelmagd?

Die Bäuerin muß lachen. »Mit dera Molln, mit dera zahnlucketn! Naa, mei Liaber. Da kennst mein Alten schlecht! Naa, naa. I laß mi grad zwegn dem Militare scheiden. Weil mir dee Kommandiererei zwider werd. Weil i aa ohne den Grobian weiterhausen kann. A so is. Jetz woaßt es, und jetz schreibst mirs!«

Sie ist fertig. Aber – schaut mir einer diese Advikaten an! Er sagt, das geht nicht! Das wär kein Grund nicht! Warum gehts nachher bei den Stadtleuten? Was die können, das kann sie auch, die Wildmoserin! Wär ja noch netter! – Aber er mag nicht. Er sagt, daß es bei ihr leicht ein Jahr dauern könnt und noch länger, und daß es dann ein schönes Häuflein Geld kosten tät! Und kompliziert wärs auch!

Jetzt wird sie aber wild, die Bäuerin: »Was? A Jahr lang soll i dees Fegfeuer no aushalten? – Mei Liaber, bal i dees Hauskreuz no a Jahr schleppen muaß, nachher kann i's aa no länger schleppen. Und bal mi dees aa no an Haufa Geld kost't, nachher mag i net. Und überhaupts: dees schöne Sach z'teiln und vo mein Hof und vo meine Viecher weg! Naa, mei Liaber. Da soll si nur er scheiden lassen. I net!« –

Und sie legt dem Anwalt ihre sechs Eier und das Geselchte auf den Tisch als Zahlung und fährt wieder heim zu.

Und am andern Tag geht auf dem Wildmoserhof das Leben seinen gewohnten Gang – wie ehedem vor dem Krieg.

Die blaue Krugel

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Dem alten Kronawitter seine einzige Tochter lag im Kindlbett.

Aber es war kein Stammhalter und kein Nesthockerl, das sie in dies armselige Dasein hergesetzt; vielmehr ein ganz unliebs und überflüssiges Bälglein, das keiner gerufen zum Kommen und keiner begrüßen und mit einem Ehrentrunk feiern mocht.

Und so kam es, daß der arm Wurm, kaum er den ersten Lufthauch dieser Erdenwelt verspürt, ihn gleich also kalt empfand, daß er nicht mocht darin weiterschnaufen, sondern vielmehr sich die Engeleinsfittich an die Ärmlein hing und dahin flog, wo solcher Unglückshascher schon mehr verweilen. Und, wie es schon sein mußt: hatte das Kindl bei den Kronawittern durch sein Kommen nicht viel Ehr aufgehoben, so mocht ihm jetzt bei seinem Hingehen auch kein Hahn gern nachkrähen; die Barbara, seine Mutter, wischte sich so ein drei, vier Zähren aus den Augen, zog ihm ein steif gestärktes Totenhemdlein an und sagte: »Waarst guat da gwen – aber bist aa guat aufghebt a so. Wer woaß's, was no wordn waar mit dir.«

Und der alt Kronawitter zimmerte selber das Trüchlein und meinte dabei: »Herrvergeltsgott, daß's gstarbn is, dees Wurm. Liaber a tote Schand wia a lebendige.«

Und da er die winzige Ewigkeitswiegen vollendet hatte, nahm er eine von den blauen Steinkrugeln aus der Speis, schwenkte sie im Brunnengrand und holte drunten beim Lebzelter den Totenschnaps. Denn man kunnt doch nicht wissen, ob nicht die Neugierd zum Leichenbeten käm oder auch die Freundschaft des Kindsvaters, der als schwerer Reitersmann irgendwo im Frankreich stand, indes seine Mutter als Austraglerin bei einer schlechtverheirateten Tochter ein elendigs Dasein führte.

Also war beim Kronawitter eine Leich im Haus, hübsch aufgebahrt, zwischen Geranien und blühenden Menschenlebenstöcken, als sich draußen im Stall was riegelte.

Da lag die Blaßenkalm schon seit drei Tagen, tränend, brüllend und tauchend – und der Tierarzt sagte: »Abwarten.«

Man hatte den Sixenbauern geholt, einen erfahrenen und gescheiten Mann; aber auch der wußte nichts zu sagen als:

»Abwarten, was kemma muaß, dees kimmt scho.«

Und nun, grad um die Zeit, da man die Leichenbeter jede Stund erwarten kunnt, kam der alte Kronawitter aufgeregt aus dem Stall in die Kammer seiner Tochter Barbara und rief: »Wabn, geh abe zu der Loach; – i glaab, jetz kalbets, d'Blaßen!«

Die Wabn fuhr eilends in den schwarzen Spenzer.

»Ja ha! – Naa, wias nur sein kann! Just jetzand, wo ma si für d' Freundschaft richtn sollt! Ja, meine Zeit, i wer dir net viel heifa kinna, fürcht i!«

Sie kroch langsam in ihrer Schwäche und Mattigkeit hinein in die Stube.

Der Kronawitter aber rannte zum Nachbarn.

»Brandl, geh, i hätt a Bitt an di! – Schaug – so und so – kurz und guat – no ja, a Kaibe kimmt, und i bin ganz alloa.«

Und dachte dazu bei sich: »Herrgott! Wenn halt mei Kronawitterin no lebn tat,... oder wenn meine Buam vom Kriag da waarn ...«

Der Brandl besann sich hin und her, druckte lang herum und zeigte nicht gar viel Lust zum Helfen.

»Ja no ... ja mei. – Wenn i nur besser Derweil hätt! – Aber jetz sollt i Streu haun – und Kleemaahn – und Heu hodern ...«

»Und mir verkalbet derweil mei Blaßen!« sagt der Kronawitter bitter, kehrte der Brandltür den Rücken und dachte:

»Kimmst scho aa amal um a Gfälligkeit; aber nachher wart! – Moanst, i woaß's net, warum daß d' net magst! – Loder, fader! – – –

Ja, ja – die Barbara! Es is nur guat, daß der Hascher glei selber so gscheit war und gangen ist!« –

Er lief heim ins Haus und in den Stall. –

Aber – da stand schon die alt Weberin, die künftige Schwiegermutter seiner Barbara, und sie werkte und schrie wie ein Roßknecht, indes die Wabn matt und fiebernd zugriff, um dem wie tot daliegenden Kälblein zum Leben zu verhelfen.

»An Sechter voll Wasser her!« schrie die Weberin grad. »An Strohwuschel her! – Schaug, daß d' Kuh in d' Höch bringst! – Wüh! Alte! In d' Höch, sag i! – Giaß eahm halt a kalts Wasser in d' Ohrn! – Her da! – Jetz wischst 's Kaibei trucka! – Nur schnell a bißl! – Sakra, wann sa si nur rührn tat! – Habts koa Dreikiniwasser da? – Oder an Weichbrunn? – Herrgott, der Kronawitter! – Da bist ja!« Sie schnaufte erlöst auf.

»Weilst nur da bist! – Wiast nur hast furtgeh mögn, wo 's so gnau gstanden is! – So was durft bei ins dahoam net vürkemma, dessell sag i dir scho! – Hast jetz 's Dreikiniwasser, Wabn?«

Sie wischte und rieb immer noch am Kalb, indes der Kronawitter sich um die Kuh bekümmerte und sie auftrieb.

»Du hast leicht redn, Weberin!« brummte er: »I renn umanand, daß mir oana helfa tat – und es geht mir koana zuawa. – Und warum? – Grad zwegn dein Buam! – Grad zwegn dera Schand da!«

Die Barbara trat wankend mit einer blauen Steinkrugel in den Stall.

»Da is a Dreikiniwasser!« sagte sie müd. »Der Vetter, der Hausl und die drei Sixnbuam san zum Betn da.«

»Red net lang! Her da, sag i!« rief die Weberin, welcher grad eine grobe Antwort für den Alten auf der Zung lag, die sie aber lieber wieder hinunterfraß in Anbetracht ihres Sohnes, der ihr zu einem jungen Kronawitterbauern wie geschaffen deuchte.

Und sie riß der Wochnerin die Krugel aus der Hand und goß dem Kälblein die ganze Lache über sein gruselgelbes Fell, indes der Kronawitter brummte: »Ja no nachher, balst moanst, daß du Herr bist in mein Stall – nachher konn i ja geh.« Worauf er in die Leichenstube ging, die Freundschaft und die Neugierd begrüßte, aus dem Küchenschrank die schillernden Schnapsgläser holte und aus der Speiskammer die blaue Krugel mit dem »Leichenbitter«.

Derweil saßen die andern drin auf der Ofenbank, flüsterten über das Kindl, über die Barbara, über die Schand – und über den Alten, der sich samt seiner Tochter nicht ein kleins wenig schämt'.

Da kam er mit der blauen Krugel und den Gläsern.

»Alsdann, meine liabn Freund und Leitln; indem daß ös mir die Ehr oto habts und seids kemma nach dem alten Brauch – so is's billig und recht, daß i enk a bißl aufwart mit an kloan Kirschwasserl!«

Er stellte die Gläser aufs Fensterbrett und schenkte ein.

»Alsdann. Jetz trinkts amal: auf di ewi Seligkeit von dem Kloan – und auf a gsunds Hoamkemma von sein Vatan, auf daß mir nachher bald an Hochzatstrunk austeiln kinna.« Jeder setzte eine ehrwürdige Miene auf, und eins ums andere trat ans Fenster, nahm sein Glas und führte es an die Lippen.

Und der Vetter sagte: »Kronawitter, du woaßt es a so, was i sagn möcht – und was insa Wunsch is. – Sollst lebn – dei Wabn danebn – der Kindsvater bring enk a Freud – und 's Kindl hab d' Seligkeit!«

Und dann tranken sie.

»Pfui Teixel!«

»Kreuzsakra!« – Das war ja Wasser! – Altes, leeres, moderiges Wasser!

Der Kronawitter fiel vor Schreck und Verlegenheit so auf die Ofenbank, daß sie krachte.

»Ja Himmelherrgott ... was hat mir denn die alt Hex da für a Gift gebn?...«

Im selben Augenblick kommt die alt Weberin fuchsteufelswild zur Stubentür herein und schnappt nach Luft.

»A saubere Tochter hast! – Moanst, daß i mein Buam an a sechane hergib! – Mir waars ja grad gnua!« –

Und damit ist sie auch schon wieder draußen.

Krachend fliegt die Haustür zu.

Der alte Kronawitter starrt ihr blöd nach, wie sie an den Fenstern draußen vorbeirennt und mit den Armen fuchtelt.

Indes die Leichenbeter entrüstet einer nach dem andern das Kindl mit Weichbrunn besprengen, dem Alten ein grobs Wort hinsagen – vom Leutderblecken und für den Narrenhalten reden – und sich davonmachen.

»Da hört sichs auf! – A Wasser!«

»Zu der Schand, wo ma hat in der Freundschaft – aa no dees Gspött!«

»Zu dem gehn mir glei wieder Leichenbetn!«

Beim Kronawitter im Stall aber lag ein scharfer Geruch von Kirschgeist; und die Barbara hockte bei dem Kälblein auf dem Stroh und sagte: »Jetzt is's scho, wia's is. 's Kindl hätt er alleweil nimmer lebendi gmacht, der Schnaps – und 's Gspött nimmer tot.

D' Hauptsach is, daß i die alt Raffel net zu meiner Schwieger krieg!« – – –

Die Hochzeiterinnen

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Hans Ulrich, dem Kreutweber von Lindach sein ältester Bub, ist aus dem Krieg als der einzige heimgekehrt, heil und gesund, gerad so, wie er hinauszog vor Jahr und Tag.

Und nun, da er wieder daheim sitzt bei seinem Vater, dem alten, halbtauben Kreutweber, da er wieder die alte pichige Lodenjoppe trägt, da fällt ihm ein, er könnt sich justament um eine Hochzeiterin umschauen. Um eine, die ihm die armseligen Werkeltage seines Daseins ein bissel in Sonntage umgestalten würde. Die ihm soviel einbrächte, daß er sich auch einmal an einem andern Tag, als gerad an dem des Herrn, ein kleines Räuscherl vergönnen kunnt. Denn er liebt den Trunk zur guten Stund und noch mehr zur schlechten gleich seinen Vorfahren. Und so hockt er denn bei seinem Alten am Webstuhl und betrachtet eine Weile stumpfsinnig die geschäftigen Hände und Füße des Webers, der gerade Seihtücher für die Milcheimer der reichen Leinthalerin webt und dazu allerhand gurgelnde, pfeifende und lachende Töne ausstößt. Denn obgleich er schier taub ist, so singt er doch immer noch gern die Lieder seiner Burschentage. Das Gehör verlor er ja erst anno siebzig als Kanonier bei Sedan. – Also, sein Bub sitzt bei ihm und schaut ihm zu. Und dann stößt er ihn in die Seite: »He, Voda!« Der Alte lacht verschmitzt: »I siechs scho. Macht nix. Auf oan oder zwoa Fehler gehts net zsamm.« Sein Sohn schüttelt den Kopf. »Naa. Aufhörn sollst.«

Aber wieder lacht der Weber: »Dees glaab i! Freili mag i a Maß! Dees woaßt, Bua, 's Bier mag i alleweil.«

Da gibt er es auf, der Hans: »Ah was! Jetz dischkriert er vom Bier, bal i zwegn an Heiratn mit eahm redn möcht!«

Und erzürnt schreit er dem Alten ins Ohr: »Nix Bier! A Hochzeiterin brauch i!« Diesmal versteht ihn der Vater eher. »Ja so! A Hochzeiterin woaßt mir?«

Der Hans lacht laut auf: »Dees höretst gern, gell! Naa naa, mei Liaber! Nix vorhanden. Haben, sagt der Stummerl! – Suacha sollst mir oane. Verraten – mir!«

Jetzt hat er ihn ganz, der Alte. Aber er schüttelt lachend den Kopf: »O mei, Bua! Da bist irr! I woaß dir koane. I brauchet selm oane, di mi a bissl zsammfuattern tat und a weng aufwarma, bals kalt is.«

Mittendrin aber fällt ihm doch etwas ein: »Bist scho bei der Krankahausurschl gwen?« fragt er. »D' Urschl wisset dir doch gwiß a paar Weibsbilder, die wo für di passen! Für mi sans alle z' jung. I brauch epps Übertragns.«

Worauf der Hans meint: »Du brauchst überhaupts koane mehr. Bal nur amal i oane hätt! Soviel wirds mir nachher scho einbringa, daß du a epps davo profitierst.«

Der Alte hat ja die Hälfte nicht verstanden; aber er sagt doch recht zufrieden: »Recht hast, Bua!« und werkt darnach weiter.

Der Hans aber nimmt seinen Hut vom Nagel, sagt der alten Susanne, die dem Weber aus christlicher Barmherzigkeit das Hauswesen schlecht und recht versieht, Pfüagott und geht.

Sein Weg aber führt ihn kerzengrad zum Krankenhaus.

Da steht eben die Urschl, ein schier neunzigjähriges Weiblein, am Fenster ihres Stübleins und zupft die welken Blätter von einem Blumenstock.

Die Urschl ist sozusagen ein Erbstück des Hauses. Denn ihr Eheherr, Gott hab ihn selig, bestimmte, da er mit ihr kinderlos blieb, sein Haus zu einem Obdach für Kranke und Sterbende; unter der Bedingung aber, daß man sein Weib, die Urschl, zeit ihres Lebens darinnen belassen und wohl halten müsse.

Die Urschl nun weiß alles, was rings in der Welt vorgeht. Freilich reicht diese bei ihr nur etwa die Spanne von fünf, sechs Stunden im Umkreis. Von denen aber, die diesen Fleck Erde bewohnen, ist keiner, den sie nicht mit Namen wüßte; – er hätte denn keinen.

Dieses alte Weiberleut also soll nun dem Kreutweberhans eine Hochzeiterin verraten.

Deshalb putzt er vor der Haustür draußen seine Stiefel gut ab und stapft darnach hinein.

Gleich bei der ersten Tür klopft er an.

Und – richtig: »Gsegn dirs Good – der Kreutweberhans kimmt gar zu mir!«, so begrüßt ihn auch schon die Urschl.

Und fragt darnach: »Bist eppa marod oder feit dahoam epps?«

Nein, das wär Gottseidank nicht der Fall, meint der Hans. Er hätt einen ganz andern Schmerz, – das heißt, wenn sie es ihm nicht für übel nähm!

Aber die Alte lacht: »Ach beileib: Wia werd i dir denn 's Heiratn in Übel nehma! Bist ja no jung! Hast ja ganz recht!«

Der Hans reißt Augen und Mund auf: »Ja – wia kannst denn du wissen ...«

Die Urschl lacht noch mehr: »Jetz wundert er sich! Mei, dees is do leicht zum derraten, was d' möchst! Du bist gsund, dei Voda is net krank – und enka Susann is aa heunt no in der Kirch gwen. Also – was kunnt da oana von der Urschl wolln? Natürli a Hochzeiterin!«

Der Bursch hat einen heiligen Respekt vor der Alten. Diese aber fährt fort: »Siechst, und i woaß dir aa oane. – Naa, zwoa. – Halt – naa, drei woaß i dir. Paß auf: die erscht is d' Noimerzenz vo Kreiz. A weng bollisch und zwider. Aber achttausad March glei und no amal soviel darnachst. Daß s' den oan Hax a weng nachziagt, dees woaßt ja.« Jawohl. Der Hans weiß es. Und er rechnet: »No mal soviel, dees san sechzechatausad March. Und acht dazua is vierazwanzg. Der Hax tat nix macha, und 's Bollischsein treibet i ihr bald aus. Aber ob s' halt Kreutweberin werdn will ...«

Indessen fährt die Urschl fort: »Und da is no d' Wimmerlies vo Haslach. Bildsauber, brav und riegelsam. Kennst es ja selm. Wird aber kaam mehra als wie viertausad March mitkriagn. Bals es kriagt. – Und nachher is no da die buckelt Schneiderresl vo Münster. A weng übertragn, – i glaab, fünfadreißig Jahr is s' alt; aber Geld is da. Ausgmachts Heiratguat dreißgtausad March. Und 's Haus. Die Alt mußt halt in Austrag nehma. Aber sie is guat habn. – So – und jetzt woaßt es.«

Jawohl. Jetzt weiß ers, der Hans.

Und er denkt gar nicht lang an die brave Wimmerlies; er läßt auch die Noimerzenz wieder fallen und sagt: »Aha. Dreißgtausad. Und die Alt im Austrag. Aha. – Wie alt is jetzt d' Schneiderin? – Bald siebazg, sagst? – Aha. – No ja. – Jetz werdn mirs nachher scho sehgn. I sag dir halt derweil an scheen Dankgood. – Und mei Schuldigkeit werd i scho bereininga, bals epps werd mit oana. Und jetz pfüate.« – Die Urschl streckt ihm die Hand hin.

Aber nicht zum Abschied! – Nur ein etlichs paar Mark wenns wären! Weil man so viel Hunger leiden muß in dem Haus! – Es ist nicht leicht, einem Bauern den Geldbeutel aus dem Sack zu locken; aber die Urschl bringt es wahrhaftig fertig, daß ihr der Hans am End drei schmierige Papierfetzen in die Hand legt als Aufgeld für den Schmuserlohn, den sie für ihre Vermittlung zu kriegen hat. -Nach diesem Abschied aber rennt der gute Hans nach Haus, als hätt er Flügel an den Stiefelsohlen!

»Ja, Himmelherrschaft! Dreißgtausad und 's Haus! – Ja, scheener kunnts ja gar net geh'! – Was kümmert mi der Buckel und die Alt! – D' Hauptsach is, daß s' einschlagt. Und einschlagn tuats, dees woaß i. – Herrschaftseiten, dees Glück! I lach ja die ganze Welt aus! Juhu!« –

Juchzend tritt er daheim in die Wohnstube.

Doch – was sieht er! –

Da sitzt am Tisch ein ihm gar wohl und gut bekanntes Weibsbild, – die Annemirl vom Simmerbauern!

Und auf ihrem Schoß tummeln sich zwei Büblein, so an die vier Jahr alt – seine eignen!

Hei, da fallen ihm plötzlich alle seine Todsünden ein, auf die er doch so gern vergessen hätt.

»Himmellaudon!« denkt er: »Akrat jetz, wo mir epps Rars einstand ... jetzt muaß sie dahocka!«

Dem Hans wird ganz schwül: »Annemirl ...«

Aber die Annemirl nimmt ihre beiden Buben vom Schoß und sagt: »Da schaugts, da is er ja, der Ata! – So, jetz gehts nur glei schee hi zu eahm und sagts eahm Grüaßgood!«

Und sie hilft ihm aus aller Not und Verlegenheit, indem sie sagt: »Gell, hättst bald vergessen auf uns drei! Aber mir rührn uns scho, woaßt!«

Ah so! Sie ist bloß wegen dem Kostgeld da! Der Hans beeilt sich, zu fragen, was er zu zahlen hätt. Er möcht gern die Geschicht in der Ordnung haben, bevor er heiratet ...

Aber die Annemirl unterbricht ihn: »Ja freili! Sinst nix mehr! Wirst dir jetz no lang Unkösten macha, wenn darnach doch alls aus oan Sack geht! – Mir werdns aa so derfüttern, die zwoa; und übrigens hab i auf Lichtmeß mein Platz aufgebn. I bin jetzt lang gnuag Stalldirn gwen. Jetzt möcht i amal a Zeitl als Kreutweberin hausen. Meine Papiere hab i dabei – dein Vodan is's recht, also – bals dir aa recht is, kinnan mir morgen scho zum Herr Pfarrer gehn!...«

Wenn's ihm recht ist!

Ja, Himmelherrgott! – Dreißigtausend wärens gewesen! – Aber da stehen ein paar Bürscherl vor ihm und sagen »Ata«!

Je nun! Es wird ihm wohl recht sein müssen! – Trotz der drei Mark Aufgeld und der reichen Hochzeiterin! – – –

Der Guldensack

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Die alte Kramerschusterin richtete ihrem Sohn, dem Martl, die Hochzeit zu.

Und da es ans Richtigmachen ging, ließ sie den Braunen vor das Gäuwagerl spannen, zog ihr Feiertagsgewand an und sagte: »Alsdann, Martl, jetzt fahr ma zum Notar, daß er mir mein Austrag schreibt.«

Der Martl meinte freilich, dies wär' doch nicht notwendig bei einem Sohn, wie er einer sei; und auch seine Hochzeiterin, die Brunnfärberlies, pflichtete ihm darin bei und sagte: »Zu was an Notare! Mir san do koane Rauber und koane Spitzbuam! Mir woaß do selm, was si g'hört! Bei ins geht's enk gar nia schlecht, Muatta.«

Aber die Kramerschusterin lachte bloß ein seltsames Lachen und erwiderte nichts weiter als: »Die weißen Haar und der Schimmel am Brot wachsen, bal d' Kinder Herr werden. – Bevor ma si net niederlegt, soll ma si net ganz ausziagn. Kunnt mir leicht aa geh' wia mein Baserl, der alten Windlsusann, oder mein Vettern, an Schimmelkaschban vo Kreiz.«

Ach ja – der Schimmelkaschber!

Das mag jetzt leichtlich an die fünfzig Jahre her sein; da kam dem Kaschber ein neues Regiment ins Haus.

Sein einziger Bub, der Simmer, hatte ihm eine Hochzeiterin heimgebracht: die Lebzelterannemirl.

Und da dem Kaschber sein Buckel sich gemach krummte wie der Stamm des alten Zwetschgenbaumes vor seiner Haustür, da er auch seinem guten und rechtschaffenen Handwerk, der Schuhmacherei, nimmer so nachgehen konnte, wie es notgetan hätte, so legte er Ahle und Zwirn beiseite, zog den pichigen Schaberer aus und meinte:

»Ja no, in Gottesnam. Muaßt halt du weiterwerka, Simmer. Du hast es ehnder im Kreiz und in die Arm, daß d' an Pechdraht durchziagst durch Oberleder, Brandsohl'n und Sohlleder, daß aus dera Dreifaltigkeit a feste Dreieinigkeit wird. Heirat dei Annemirl und haus guat. Mei' Geld und mein Seg'n sollts hab'n.«

Heißa! Da gab's eine lustige Hochzeit und einen fröhlichen Einstand!

Und des Lebzelters Annemirl wurde eine gar riegelsame Schimmelschusterin und war so honigsüß mit ihrem Schwiegervater, grad wie ein Mettränklein oder ein Zuckerzelten aus ihres Vaters süßer Werkstatt.

So mag's auch gekommen sein, daß der gut' Schimmelkaschber willig und zufrieden in seine Austragskammer zog, daß er schöne Wort für bare Münz' nahm und sich an den Ofen setzte, eh' er ihn geheizt hatte. Daß er sich seinen Ausbeding weder verbriefen ließ noch siegeln.