Cover

Dieses Buch widme ich Clara, Mia und Lisa.
Ihr bedeutet mir mehr als alles andere auf der Welt!

Edel Books
Ein Verlag der Edel Germany GmbH

Copyright © 2016 Edel Germany GmbH,
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Projektkoordination: Dr. Marten Brandt
Coverfotos: © kabel1 / Martin Saumweber
Layout, Satz: nawim96 I Dunja Berndorff | www.nawim96.com
Covergestaltung: Groothuis. Gesellschaft der
Ideen und Passionen mbH | www.groothuis.de

ePub-Konvertierung Datagrafix GmbH, Berlin, Projektmanagement schaefermueller publishing

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

eISBN 978-3-8419-0457-7

Frank Buschmann

Einfach mal frei Schnauze

Mit Buschi unterwegs
zu den Großen des Sports

Inhalt

Vorwort

Toni Kroos

Dirk Nowitzki

Robert Harting

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Thomas Müller

Per Mertesacker

Mats Hummels

Moritz Fürste

Andreas Wolff

Stefan Kretzschmar

Schlusswort

Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,

es ist schon ein paar Jahre her, dass ich zum ersten Mal auf einen gewissen Frank Buschmann aufmerksam geworden bin. Eines der entscheidenden Spiele unserer Basketballnationalmannschaft mit Dirk Nowitzki bei einem großen Turnier verfolgte ich damals am Fernseher. Ich habe keine Ahnung mehr, wie der Gegner hieß, wo das Spiel stattfand oder wie es ausging. Aber den Namen des Kommentators, den habe ich mir gemerkt. Während ich auf der Couch saß und mitfieberte, dachte ich mir: „Endlich einer, der mit Leidenschaft, Herz und Emotionen dabei ist. Der dazu noch in der Lage ist, das in die Wohnzimmer seiner Zuschauer zu transportieren.“ Ein Verrückter. Um genauer zu sein: Ein Sport-Verrückter. Im positivsten Sinne.

Deswegen habe ich ihn mir dann eines Tages „in echt“ in mein Wohnzimmer eingeladen. Ich kannte Buschi nicht persönlich. Und dennoch habe ich ihm angeboten, das Interview für seine Reihe „Buschi trifft …“ bei mir in Madrid auf dem Sofa zu führen. An alle Sportjournalisten, die jetzt die Idee haben, das auch mal machen zu wollen: Sorry Leute, das war einmalig. Warum ich mir Buschi ins Haus geholt habe? Ich war mir ziemlich sicher, dass es – nach allem, was ich von dem Irren vorher gehört hatte – zwischen uns gut passen würde. Und ich sollte Recht behalten.

Neben den Dingen, die er sowieso in einzigartiger Manier macht – wie das Moderieren und Kommentieren von Sportveranstaltungen – sind es diese offenen, ehrlichen und auch witzigen Gespräche mit Sportstars. Auch die führt er eben „anders“ als viele andere. Aber ich möchte nicht vorgreifen, natürlich sollt ihr unser Gespräch hier im Buch noch nachlesen.

Was das Interview und die ganze Zusammenkunft für mich persönlich so angenehm gemacht hat? Dass Buschi neben der Intention, für die Zuschauer ein schönes Interview machen zu wollen, in erster Linie interessiert war an dem, was ich zu sagen hatte. Und dass wir eine Menge Spaß hatten natürlich. Dazu kommt, dass es wahrscheinlich das Interview in meiner Karriere war, in dem am wenigsten über Fußball gesprochen wurde. Das war aus meiner Sicht eine sehr angenehme Abwechslung.

Besonders gefällt mir an Buschi, dass er alles, was er tut, mit absoluter Hingabe macht. Und dabei immer authentisch ist. Beruf und Berufung sind bei Buschi eins, und das macht ihn und seine Art so speziell.

Als die Anfrage kam, ob ich das Vorwort für sein neues Buch schreiben könnte, habe ich genauso spontan zugesagt wie damals, als die Anfrage für unser Interview in Madrid kam. Da ich selbst Zeuge dieses Sportverrückten war, bin ich sicher, dass neben unserer gemeinsamen Story aus Madrid in diesem Buch noch viele weitere, richtig geile Geschichten für Euch nachzulesen sind.

Dabei wünsche ich Euch viel Spaß!

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Toni Kroos

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1    Madrid – Toni Kroos

Museo del jamón: Bocadillo serano

Cerveceria montaditos: Cruzcampo vom Fass (1,50 €/0,5 l Bier)

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2   Berlin – Dirk Nowitzki

Haus der 100 Biere: Staropramen vom Fass

Ach! Niko Ach!: Gyrosplatte

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3   Berlin – Robert Harting

La Bandida: Harting Burger, Cola-Schorle

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4   München – Thomas Müller

Mixed Munich Arts: Gegrillte Garnelen

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5   London – Per Mertesacker

The Bull & Last Pub: Hausgemachter Cider, Pork Pie

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6   Hagen – Mats Hummels

Mikado Grill: Gyros-Pommes

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7   Hamburg – Moritz Fürste

Burgerlich: Pulled Pork, Kalte Muschi

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8   Wetzlar – Andreas Wolff

Hotel Blankenfeld: Andi Wolff Schnitzel

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9   Berlin – Stefan Kretzschmar

AlexOase: Currywust & Pommes

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Tour de Buschi

inklusive kulinarischer Insider-Tipps

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TONI KROOS

Einfach mal frei Schnauze …

Zu Hause bei Toni Kroos veröffentlicht am am 18. April 2015

Die Idee, etwas andere Interviews mit großen Sportlerpersönlichkeiten für meinen YouTube Channel Buschi.TV zu machen, war schon länger geboren und das erste ganz große Ding auch schon im Kasten – wir hatten im Herbst 2014 Dirk Nowitzki in Ljubljana interviewt –, als wir uns vornahmen, auch mal ein etwas anderes Gespräch mit einem Spieler der Fußballnationalmannschaft zu machen, sprich: mit einem Weltmeister.

Der Weg dahin war schwierig. Von Seiten des DFB bekamen wir Aussagen zu hören wie: Nun nimm dich mal nicht so wichtig mit deinem YouTube Channel, wieso sollten wir dafür einen unserer Spieler abstellen? In den Augen der DFB-Medienverantwortlichen bestand dazu überhaupt keine Notwendigkeit. Umso überraschender, als ich auf Twitter ein Foto von Toni Kroos fand – mit meinem Spiegel-Bestseller „Am Ende kackt die Ente“ in der Hand. Er hatte dieses Buch geschenkt bekommen, und offensichtlich hatte es ihm gefallen. Jedenfalls postete er ein Foto, auf dem er mit dem Buch zu sehen war, und bedankte sich für die gute Unterhaltung. Es war wirklich keine Marketingmaßnahme von mir, es war kein gekauftes Bild, es ist tatsächlich so gelaufen! Toni Kroos und ich kannten uns bis dato persönlich gar nicht. Umso mehr freute ich mich natürlich darüber!

Und wenig später (Toni Kroos ist ein sehr großer Dirk-Nowitzki-Fan, wie man mittlerweile weiß) fragte er, nachdem er die Folge mit Nowitzki gesehen hatte, via Twitter, wann denn Buschi.TV mal ein Interview mit ihm machen würde. Da war ich dann wieder überrascht. Ich wusste nicht, ob Toni seinen Twitter-Account selbst betreibt, oder ob das jemand von seiner Agentur für ihn macht (was bei Sportstars nicht unüblich ist). Wie sich aber herausstellte, kümmert sich Toni persönlich darum. Wie das so geht in der neuen Medienwelt, haben wir uns also connected. Ich schrieb ihm eine Nachricht, dass, wenn er es ernst meine und Lust darauf habe, ich sehr gern ein Interview mit ihm, wo auch immer, wann auch immer, machen würde.

Relativ schnell kam es zu ersten Terminabsprachen. Etwas länger dauerte es, bis wirklich ein Termin gefunden war – kein Wunder, bei dem vollen Terminkalender eines Fußballprofis. Und dann begann das eigentlich Wahnsinnige an dieser Geschichte. Meine Kollegen in der Sportredaktion von „ran“ hatten Interesse, Teile aus dem Interview für ihr Programm zu übernehmen. Also machten sich mein treuer Redakteur und Manager Sascha Fabian und ich mit einem Kamerateam im Frühjahr 2015 auf in Richtung Madrid, um Toni Kroos zu besuchen. Toni hatte beschlossen, dieses Interview nicht einfach irgendwo auf dem Trainingsgelände von Real Madrid, in einem Presseraum oder in einer Hotel-Lobby abzuhalten, wie das häufig der Fall ist, wenn man Sportlerinterviews führt. Nein, er lud uns zu sich nach Hause ein. Ganz privat, in seine eigenen vier Wände! Das war schon eine ganz besondere Situation.

Aber es kam noch besser. Toni hatte zudem Tickets für das Madrider Stadtduell Atlético Madrid gegen Real Madrid im Estadio Vicente Calderón besorgt, das am Vorabend des Interviews stattfand. Es war das Viertelfinal-Hinspiel der Championsleague. Wir waren baff! Wir trafen uns an diesem Abend mit Max Geis, Tonis PR-Berater. Toni musste ja spielen und hatte deshalb natürlich keine Zeit, sich mit uns zu beschäftigen, aber es deutete sich schon an, dass sich das zu einer ganz besonderen Beziehung zwischen uns allen entwickeln sollte. Bereits der Weg ins Stadion war sensationell. Wir wollten ein bisschen Rundumberichterstattung machen und rannten durch die Massen. Immer wieder zuckten wir zusammen, weil es überall knallte und rauchte – Pyro-Fans kommen in Madrid definitiv voll auf ihre Kosten! Zum Aufsaugen dieser ganz besonderen Atmosphäre und der Emotionen natürlich der Wahnsinn, ein echtes Erlebnis.

Zur Vorbereitung auf das Interview, in dem ich ja nicht Tonis

Rolle bei Real, in der Nationalmannschaft und solche Dinge abfragen, sondern einen Blick hinter die Kulissen werfen wollte, erzählte uns Max Geis an diesem Abend ein bisschen über dessen Leben in Madrid. Bestens vorbereitet kutschierte uns also am nächsten Tag Kyrill, unser Redakteur von Sat.1, der die ehrenvolle Aufgabe hatte, den Mietwagen zu lenken, durch Madrid. Er verzweifelte mehrfach, weil er mit der Riesenkiste nirgendwo einen Parkplatz fand. Zudem kam er auch in keine Tiefgarage rein, weil das Auto zu hoch war. Eigentlich war es ein ganz normaler Van, aber darauf ist Madrid offensichtlich nicht vorbereitet. Die Außenspiegel mussten als erstes dran glauben …

Und dann ging das Drama erst richtig los, denn auch das Navigationssystem meinte es nicht gut mit uns. Die Adresse, ein abgesperrtes Areal ein gutes Stück außerhalb von Madrid gelegen, in dem nur Sportler, Schauspieler, TV-Stars usw. wohnen, kannte es natürlich nicht. So fuhren wir plan- und heillos durch die spanische Kapitale, ohne auch nur ansatzweise in die Nähe von Toni Kroos’ Haus zu kommen. Zwar standen wir telefonisch permanent mit Max Geis in Kontakt, der uns vergeblich zu lotsen versuchte, das Ganze endete aber damit, dass wir uns irgendwo in einem Madrider Kreisverkehr, nahe der Autobahn, von Toni persönlich abholen lassen mussten. Endlich konnten wir das Navi ausschalten.

Die Wohnanlage, in die uns Toni führte, haute uns von den Socken. Das war der absolute Wahnsinn. Ich kannte so etwas nur aus den USA. Das muss man sich im Grunde wie eine Art Ferienpark vorstellen. Ein labyrinth-ähnlich angelegtes, irre weitläufiges Gelände, auf das man nur mit Sicherheitsausweis gelangte. Oder eben in Begleitung von Toni Kroos. Klingt komisch, ist aber so. Wir fuhren also schon eine ganze Weile hinter Toni her. Vorbei an künstlich angelegten Seen und Hügellandschaften, durch viele penibel gepflegte Alleen, von denen fein verästelnde Wege zu den hinter hohen Hecken abgeschirmten Anwesen abzweigten.

Nach gut zehn Minuten kam ich mir vor wie „Buschi im Wunderland“. Wieder links abbiegen, erneut eine Rechtskurve, nochmal an einem kleinen See vorbei. Irgendwann dachte ich, hey, hier waren wir doch schon mal. Und tatsächlich war Toni einfach zweimal über das Gelände gefahren. Er hatte sich einen Spaß mit uns erlaubt und uns zum Narren gehalten, der Gurkendieb!

Endlich bei ihm zu Hause angekommen – genau nebenan wohnt übrigens ein gewisser Cristiano Ronaldo – bauten wir unser Equipment in seinem nicht ganz kleinen Wohnzimmer mit einem nicht ganz kleinen TV-Screen auf und machten dieses, wie ich finde, wirklich außergewöhnliche Interview. Noch mal, Toni Kroos und ich kannten uns vorher überhaupt nicht, wir trafen uns wirklich das erste Mal.

Ich hoffe, dass diese besondere Atmosphäre in Tonis privatem Umfeld zumindest ein bisschen rüberkommt. Für uns war das eine Art Türöffner für alles Weitere. Nach diesem Interview nahmen Manager anderer Sportler teilweise proaktiv mit uns Kontakt auf, die Anbahnung für weitere Gespräche wurde viel leichter.

Nach dem Dreh saßen wir noch lange bei Toni auf der Terrasse. Zwischendurch entstand sogar mal der Gedanke, ob wir nicht da bleiben und erst am nächsten Tag zurückfliegen sollten. Und ich rede hier nicht nur von mir, auch die Kamera- und Tonleute sowie unser Redakteur wurden wie Freunde behandelt. Einen besseren Gastgeber als Toni Kroos kann man sich gar nicht wünschen. Das sage ich jetzt nicht etwa, um rumzuschleimen. Noch auf der Rückfahrt fragten wir uns ungläubig: Waren wir wirklich gerade bei diesem angeblich so unnahbaren Toni Kroos zu Besuch? War der wirklich so, wie wir das erlebt hatten? Ja, das war er, das war nicht eine Sekunde gespielt. Das ist die Nachricht, die ich von der ganzen Geschichte mitgenommen habe und die dieses Interview ein ganz besonderes für mich sein lässt, sowohl inhaltlich als auch wegen dieser unglaublich warmen und herzlichen Atmosphäre.

Das war ganz großes Kino und der eigentliche Beginn der Interview-reihe, die noch viele interessante Geschichten hervorbringen sollte.

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Wir sind hier bei Toni Kroos in den heiligen Hallen … Ein bisschen klein isses hier.

Tut mir leid.

Das hier ist nicht selbstverständlich. Ich weiß ja nicht, wie oft du Presseleute hier hast?

Zu Hause?

Ja.

Du bist der Erste – und der Letzte.

Da bin ich mir relativ sicher – wenn das Gespräch vorbei ist. Wichtigste Frage zum Anfang, Toni. Hast du vor den NBA-Spielen getippt? Du hast ja ein Tippspiel mit Felix(Tonis Bruder – Anm. d. Red.).

Jeden Tag. Heute noch nicht, aber wir tauschen jeden Tag die Tipps aus und sind in Kontakt. Diesen Monat, muss ich zugeben, liege ich wieder hinten.

Wie immer?

Nein. Nicht immer, aber oft.

Er hat mir gesagt, er lag nach ein paar Monaten 4:1 vorn?

Ja, das ist wahrscheinlich sogar richtig. Aber meine Hoffnungen liegen auf den Play-offs und dass ich da noch ein bisschen aufholen kann.

Und dann muss am Monatsende der Verlierer dem Gewinner immer ein Geschenk machen, ist das richtig? Wie müssen wir uns das vorstellen?

Ja, für den Gewinner gibt es eine Überraschung. Der Verlierer muss sich darüber richtig Gedanken machen. Bisher war ich das leider meistens.

Ohne zu indiskret zu werden: Was schenkt man seinem Bruder?

Er und seine Freundin haben sich vor Kurzem einen Hund geholt. Da gab es dann …

… einen Fressnapf …

… einen Fressnapf, tatsächlich. Mit dem Namen drauf, den ich auch gleich ausgesucht habe. Damit war das dann geklärt. Ein anderes Mal gab es eine Dallas-Ausstattung mit Mütze und ähnlichem. Bisher war ich immer recht kreativ. Aber ich hoffe, dass sich das Blatt irgendwann mal wendet.

Woher kommt diese Begeisterung für Basketball und speziell für NBA-Basketball? Das ist bei Felix ausgeprägt, das ist bei dir ausgeprägt. Woher kommt das? Habt ihr als Steppkes schon vor der Kiste gesessen?

Nein, das nicht. Ich finde die Sportart unglaublich faszinierend. Ich habe immer schon über den Fußball hinausgeschaut, mich für andere Sportarten interessiert, vor allem für Basketball. Als mit Dirk und den Mavericks der Boom kam, die Saison, in der sie das Finale verloren, dann ein paar Jahre später gewonnen haben, habe ich das sehr intensiv verfolgt. So intensiv, wie es hier geht. Was die Uhrzeiten betrifft, ist es manchmal nicht so einfach. Ich bin da schon sehr begeistert.

Das heißt, du hast den League-Pass und guckst dir das am nächsten Tag an? Man muss es ja nicht live nachts von drei bis sechs gucken.

Muss man nicht, aber kann man.

Das passiert tatsächlich?

Toni Kroos:
Wenn es mit meinem Plan vereinbar ist, schaue ich mir US-Basketball live im Fernsehen an – auch nachts!

Ja, das passiert. Ich bin mittlerweile wirklich so intensiv dabei. In der Saison geht es. Aber gerade bei den Play-offs, wenn ich weiß, da läuft das Spiel von drei bis sechs, dann kann ich auch nicht einschlafen. Wenn die Mavs ein wirklich wichtiges Spiel haben, bin ich unruhig. Dann ist es besser für mich, ich gucke und schlafe danach ruhig. Am nächsten Tag anschauen, obwohl ich weiß, wie sie gespielt haben – das kann ich ohnehin nicht. Oder gar nicht gucken, wie sie gespielt haben, geht auch nicht. Ich muss live dabei sein. Es geht natürlich nicht immer. In der Nacht vor einem Champions-League-Spiel schaue ich nicht von drei bis sechs Basketball, das ist schon klar. Aber sobald es mit meinem Plan vereinbar ist, bin ich am liebsten live dabei, auch nachts.

Wahnsinn. Hat es mal einen persönlichen Kontakt zu Dirk Nowitzki gegeben? Ich weiß, dass du ein großer Fan von ihm bist.

Direkten Kontakt gab es noch nicht, höchstens mal über Twitter ein bisschen. Es ist aber auch schwer vorstellbar. Man kennt seinen Plan, die Saison ist brutal für ihn. Und wenn er Urlaub hat, spielen wir unsere Turniere, EM, WM. Daher ist das ein bisschen schwierig. Vielleicht kriegen wir das irgendwann mal hin, wenn es der Zufall will. Aber das ist auch nichts, was ich anstrebe. Ich finde es faszinierend, ihm zuzugucken bei dem, was er macht. Ich finde ihn als Persönlichkeit sehr faszinierend, er ist ein absolutes Vorbild, schon aus der Distanz sehr beeindruckend. Ich würde mich natürlich freuen, sollte ich ihn irgendwann mal kennenlernen.

Ist er für Fußball-Superstars ein Vorbild in der Außendarstellung? Ich finde unglaublich beeindruckend, wie er mit Fans umgeht: Keine Spur von Allüren. Nimmt man sich so jemanden, wie die Amerikaner es nennen, als Role Model, kann man sich bei ihm etwas abgucken? Ihr habt ja auch immer viel Trubel um euch rum.

Ja, absolut. Man muss immer ein wenig unterscheiden. Dirk macht das super. Er hat wahrscheinlich auch nicht jeden Tag Lust – am besten noch nach einem verlorenen Spiel –, tausend Autogramme zu geben, das ist normal. Das müssen die Fans dann auch mal verstehen. Aber es ist ein Wechselspiel. Ich finde es wichtig, die Fans mit ins Boot zu holen und in gewisser Weise für sie da zu sein. Das macht er überragend. Da können sich viele eine Scheibe abschneiden.

Der Umgang mit den Medien ist bei ihm sicher ein Thema. Er stellt sich immer. Das ist ein bisschen anders als bei euch in der Fußballnationalmannschaft. Wenn die Basketballer spielen, gibt es immer einen Interview-Wunsch aller Journalisten, das ist Dirk Nowitzki. Der macht das auch nicht immer gerne, das weiß ich sehr gut. Aber er stellt sich immer. Was ist der Umgang mit Journalisten für dich? Eine lästige Pflichtaufgabe? Oder hat man auch mal Spaß daran?

Teils, teils. Da muss man ehrlich sein. Es gibt gewisse Dinge, die einfach zur Pflicht gehören. Pressekonferenzen, bei denen man sich zu gewissen Spielen äußern muss. Das ist dann einfach Pflicht. Aber es gibt auch so Sachen, die man gerne macht. Man lernt die Leute kennen. Und dann gibt es zwischendurch Termine, die man wirklich gerne absolviert, auf die man sich freut. Wie zum Beispiel – darf ich’s sagen? – heute.

Das nehme ich gerne zur Kenntnis. Ist auch für uns was Besonderes, dass wir heute hier sein dürfen.

Ich habe mich vorher schon informiert, wen ich mir da ins Haus hole. Von daher: alles gut.

Kommen wir mal auf ein paar etwas heiklere Dinge zu sprechen.

Hast du eigentlich gar keinen Zettel dabei? Hast du das alles im Kopf?

Nett, dass du nachfragst, aber wir machen es so. Als ich im Vorfeld den Leuten erzählt habe, mit wem ich spreche, da haben viele gesagt, aha, ist das nicht so ein Phlegmatiker? Ich habe das immer wieder gehört – sei mir jetzt bitte nicht böse –, ach, der ist doch ein bisschen langweilig, der ist doch dröge, kriegt der die Zähne überhaupt auseinander? Woher kommt das, dass die Leute so von dir denken?

Tja, das ist schwer zu sagen. Vielleicht machen das viele an meiner Spielweise fest, die relativ kontrolliert ist. Ich bin nicht der spektakulärste Spieler. Einigen Fußballfans, die mehr die spektakulären Aktionen mögen, falle ich nicht so auf. Aber bestimmte Dinge einfach aussehen zu lassen, ist immer das Schwerste. Aber vielen fällt das nicht auf. Deswegen stehe ich bei denen womöglich nicht im Mittelpunkt.

Aber warum übertragen sie das auf dein Wesen? Viele sagen: Das ist so ein ganz Ruhiger.

Es gibt keine riesigen Schlagzeilen über mich und mein Privatleben. Ich bin kein Typ, der alles nach außen trägt, sondern jemand, der am liebsten zu Hause ist und nicht noch loszieht. Ich habe meine Familie zu Hause, und wenn ich da bin, fühle ich mich am wohlsten. Für mich ist aber auch nicht entscheidend, was andere darüber denken. Alle, die mich wirklich kennen, wissen mich einzuschätzen, und die wissen auch, dass ich schon die Zähne auseinander kriege.

Wie gut kennt dich dein Bruder Felix?

Am besten von allen, würde ich sagen. Meine Frau ausgenommen.

Ich habe mir ja von ihm gleich eine abgeholt, als ich ihm die Frage gestellt habe, wie es denn ist im Schatten des Bruders. Da habe ich gleich links und rechts eine bekommen. Wie ist es denn, im Schatten von Felix groß zu werden?

Toni Kroos:
Das Verhältnis von Felix und mir ist top. Daran wird sich auch nichts ändern, egal, was geschrieben wird.

Schön. Ich kriege das ja auch mit, dass immer über ihn geschrieben wird, er stünde im Schatten und so. Wenn man sich dann anschaut, wie er sich entwickelt, wie er sich die letzten ein, zwei Jahre gemacht hat, dann ziehe ich davor den Hut und finde es viel bemerkenswerter als meine Karriere. Er musste sich dieses Standing viel, viel mehr erarbeiten. Es ist ja heute noch so, dass viele sagen, „der kleine Bruder in Bremen“. Aber der kleine Bruder ist Bundesligaspieler in Bremen (zum Zeitpunkt des Interviews, Anm. d. Red.), macht sehr, sehr viele Spiele dort und hat sich seine eigenen Karriere aufgebaut und das super hinbekommen. Davor ziehe ich den Hut. Wer uns beide kennt, weiß, dass wir uns gegenseitig alles gönnen, jeden Erfolg. Unser Verhältnis ist top, daran wird sich auch nichts ändern, egal, was geschrieben wird.

Tauscht ihr euch viel über eure Leistungen und Entscheidungen aus? Wenn so ein Wechsel ansteht zum Beispiel? Quatscht ihr dann darüber?

Klar hole ich mir, gerade was den Wechsel jetzt im Sommer betrifft, eine Meinung von ihm ein. Aber unser Hauptthema ist nicht Fußball. Eher Basketball. Es wird so viel über Fußball erzählt und geschrieben, da brauchen wir als Brüder jetzt nicht auch noch jedes Mal über Fußball diskutieren. Auch wenn das unser Beruf ist. Das ist eigentlich zweitrangig. Aber wenn mal so eine Entscheidung ansteht wie jetzt im Sommer, da frage ich natürlich auch nach seinen Gedanken und setze ihn in Kenntnis, wie der Stand ist. Er war ja dafür, dass es am Ende Manchester wird, da er Manchester-Fan ist. Aber da musste ich ihn enttäuschen.

Er war noch nicht ein einziges Mal hier, hat er uns erzählt.

Nein, leider. Ich bin jetzt knapp zehn Monate hier. Aber es ist nicht so, dass wir uns nicht gesehen haben. In Deutschland haben wir uns getroffen, aber er war noch nicht hier. Ich weiß nicht, ob er keine Lust hat?

Nee, er hat Lust.

Jaja, das weiß ich. Er wäre der Erste, der hier wäre. Aber er hat halt auch mit Bremen ein strammes Programm und selten mal zwei, drei Tage frei, an denen er einfach mal herfliegen kann. Das ist halt der Nachteil: Viele andere Familien besuchen sich einfach mal am Wochenende, bei uns ist das schwer. Dafür haben wir den Vorteil, dass wir uns ab Mitte 30 öfter sehen können.

Ja, bei dir ist das Berufsleben, das aktive Spielerleben ein bisschen früher vorbei. Das ist eine ziemliche Oase hier, wo du lebst. Du hast schon gesagt, du bist ein Familienmensch. Genießt du die Ruhe hier? Direkt nebenan Ronaldo, der nächste Musterprofi von Real. Es gibt kaum Interviews von dir mit spanischen Medienleuten. Das wird von Real ziemlich gedeckelt. Genießt du dieses etwas abgeschiedene Leben?

Ja, weil in dem Verein eh genug los ist. Die Fans hier sind sehr, sehr enthusiastisch. Das ist ein Unterschied zu Deutschland. Wenn du hier in die Stadt gehst und erkannt wirst, kannst du eigentlich gleich wieder nach Hause fahren. Die kennen diesen Abstand nicht, den wir in Deutschland haben. Die sehen dich, denken: Chance nutzen, und dann kommen sie auch schon. Das ist Wahnsinn hier in Madrid, ein positiver Wahnsinn, weil alle sehr enthusiastisch sind. Die Fans sterben für Real Madrid. Wenn sie entscheiden müssten, wofür sie abends ihr Geld ausgeben, ob für ein warmes Essen oder einen Stadionbesuch, gehen sie ins Stadion. Da ist es dann schon schön, wenn man ein bisschen zurückgezogen wohnt und auch nicht jeden Tag drei Interviews hat. Es ist schön, ein bisschen entspannen zu können. Ich bin ohnehin der Typ, der lieber zu Hause bei der Familie ist. Trotzdem versuche ich, so gut es geht, die Fans teilhaben zu lassen.

Es kann auch schon mal passieren, wenn man hier essen geht, dass die Polizei auf einen zukommt und komische Gedanken hat, habe ich gehört. Die Geschichte musst du uns mal erzählen. Ich glaube, die haben gedacht, du hättest dein Auto geklaut.

Toni Kroos:
In dem Moment habe ich auch kurz geglaubt, dass ich mein eigenes Auto geklaut habe …

Ich habe mein Auto geklaut! Ja, das habe ich auch kurz geglaubt. Wir waren abends essen, Freunde haben noch eine geraucht, und wir standen an den Autos mit offenen Türen. Und vielleicht sah es ein bisschen verdächtig aus. Jedenfalls hat bei uns die Polizei angehalten. Sie waren allerdings schnell wieder besänftigt, als sie den Führerschein gesehen haben.

Aber vor dem Führerscheinzeigen haben sie dich nicht erkannt

Nein, es war aber auch schon dunkel. Denen war das relativ rasch unangenehm. Die sind schnell wieder eingestiegen und weitergefahren. Und ich durfte mein Auto behalten.

Anderes Thema: Bist du wirklich so ein Musterprofi, der extrem auf die Ernährung und die Regeneration achtet? Jetzt kann man sagen, das ist doch für einen Leistungssportler normal. Aber es wird immer wieder erwähnt, dass es bei dir echt krass ist.

(Pause, grinst) Nee.

Fehlinformation!

Allein schon, wenn ich von nachts zwei bis fünf NBA schaue, das hat doch mit Musterprofi nichts zu tun. Nein, ich tue schon sehr, sehr viel. Die Saison war wieder Wahnsinn: Bei der WM alle Spiele, wenig Urlaub und dann habe ich hier von Anfang an alle Spiele mitgemacht. Das geht nicht, wenn du lebst wie …

… wie ich! (Beide lachen)

Toni Kroos:
Ich würde nicht sagen, dass ich der absolute Musterprofi bin.

Nein, es ist schon wichtig, dass du auf viele Sachen achtest. Aber ich würde nicht von mir behaupten, dass ich der Profi bin, der sich von allen am besten ernährt. Das wäre eine Lüge. Ich genieße mein Leben. Das gebe ich offen und ehrlich zu. Aber wenn es an die Spiele geht, ist es wichtig, dass man einigermaßen vernünftig lebt, genügend schläft, um fit zu sein. Bei dem Rhythmus geht das gar nicht anders. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass ich dieser absolute Musterprofi bin, dass ich alles von mir abschotte. Besser nicht.

In welche Richtung geht das jetzt? Wegen der Schlaferei oder …?

Klar, ich gebe zu, dass ich ab und zu nachts die Spiele schaue. Aber ich habe ja auch gerade gesagt, ich kann sonst eh nicht schlafen. Aber wenn Spiele anstehen, bin ich absolut konzentriert und bereite mich sehr gut vor.

Von deinem Nachbarn sagen auch alle, dass das so ein Musterprofi ist. Ich will jetzt gar nicht zu viel über Cristiano Ronaldo sprechen, auf den wirst du oft angesprochen. Aber als jemand, der dicht dran ist: Ist das wirklich so ein Wahnsinniger? Als Erster zum Training, als Letzter weg und immer extrem fokussiert?

Ist er schon, ja. Muss man wirklich sagen. Wenn er jetzt noch seine Partys ein bisschen besser legen würde, dann wäre das ideal. (Lacht) Nein, er ist schon einer, der wirklich jeden Tag an sich arbeitet, er will jedes Trainingsspiel gewinnen, ist heiß auf Tore. Ich glaube, anders geht es auch nicht, sonst erreichst du diese Quoten nicht – neben der Qualität, die er ohnehin hat. Das ist eine weitere Parallele zu Nowitzki: Das Talent, das ist alles schön und gut, aber den Willen, an sich zu arbeiten, es zu etwas ganz Großem zu bringen, das hat Ronaldo, und anders erreichst du diese Quoten auch nicht.

Buschi:
Hat dir Ronaldo übel genommen, dass du nicht zu seiner Geburtstagsparty gekommen bist?

Du hast gerade den Zeitpunkt der Party erwähnt. Es geht, glaube ich, um seine Geburtstagsparty. Du warst nicht da. Weil du gesagt hast, der Zeitpunkt passte einfach nicht. Hat er dir das übel genommen?

Nein, ach Quatsch. Er hat mich zwei Tage vorher eingeladen. Ich habe ihm da schon gesagt: Du weißt schon, dass wir vorher das Spiel gegen Atlético haben, das wird kein einfaches Spiel. Vielleicht solltest du die Party lieber hinter ein Heimspiel gegen Getafe legen. Und an diesem Tag sollten wir dann ja tatsächlich 0:4 verlieren. Ich würde nicht sagen, er hätte die Party absagen sollen. Es ist schwierig, eine Party mit 300 geladenen Gästen zwei Stunden vorher abzusagen. Da waren auch viele Kinder eingeladen. Und wenn er dann nicht kommt oder das absagt, das geht auch nicht. Aber ich habe für mich entschieden, dass ich nicht hingehe, weil der Zeitpunkt nicht passt. Und ein, zwei Schritte weitergedacht, gerade hier in Spanien, konnte man ahnen, dass das nicht intern bleibt. Das passte für mich an dem Abend nicht, nach einem 0:4 gegen den Stadtrivalen und was daraus gemacht werden kann. Aber ich finde es auch nicht dramatisch, dass diese Party stattgefunden hat.

Wir haben schon darüber gesprochen, dass du ein großer Fan von Dirk Nowitzki bist. Du bist auch ein Tennis-Maniac. Wenn man Twitter verfolgt, kommt da immer wieder …

Dass ich hier überhaupt spreche – ich glaube, der Roger spielt gerade in Monaco.

Ja, der ist in Monte Carlo gerade. Das erste Sandplatzturnier. Federer ist auch jemand, die dich fasziniert, oder? Das Wimbledon-Finale hast du dir auch gegeben. Woher kommt die Begeisterung für Tennis, bist du ein Sport-Maniac?

Ja, Tennis und Basketball sind außer Fußball meine absoluten Favoriten, meine Sportarten. Man macht das manchmal auch an Personen fest, die man mag, die einen faszinieren. Da kann ich Roger ganz klar nennen, weil er mich nicht nur als Spieler, sondern auch als Persönlichkeit unglaublich fasziniert und er bodenständig rüberkommt. Ein paar Turnierchen hat er gewonnen, glaube ich. Für mich ist er der Beste aller Zeiten oder zumindest der Beste, den ich gesehen habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da noch mal eine Steigerung geben wird. Dass er dann trotzdem noch – ich glaube, er ist jetzt 33 – diese Motivation hat, zu jedem dieser Turniere zu fahren und gewinnen zu wollen, und dass man ihm das auch anmerkt, das finde ich absolut beeindruckend. Und natürlich, wie er ein Tennisspiel interpretiert, mit einer gewissen Eleganz.

Ja, er spielt so schön. Wenn ich das mit Djokovic oder Nadal vergleiche, ist es schöner. Oder?

Es ist viel schöner. Ich mag gern schön Fußball spielen und ebenso mag ich schönes Tennis. Es sieht unglaublich aus, wie er Tennis spielt, und dass er immer noch Lust hat, Spaß daran hat, nach wie vor gewinnen will, nach allem, was er erreicht hat, da muss ich sagen: richtig gut!

An einem Tag, zur gleichen Zeit: Roger Federer noch mal im Wimbledon-Finale, egal gegen wen, oder Dirk Nowitzki noch mal im NBA-Finale Spiel 7 gegen Atlanta mit Dennis Schröder. Ich habe für beides Karten und lade dich ein. Wo gehen wir hin?

Am besten, wir teilen uns auf. Da ich glücklicherweise das Wimbledon-Finale von Roger gegen Murray live gesehen habe, zwei Plätze hinter Prinz William, würde ich in dem Fall zur NBA gehen.

Verfolgst du auch Damentennis, die Mädels wie Lisicki, Petkovic, Kerber? Oder ist dein Interesse auf das Herrentennis beschränkt?

Frauentennis ist schon Wahnsinn, das kann man sich angucken. Der Unterschied zwischen Frauen und Männern ist in vielen anderen Sportarten viel größer als beim Tennis. Die Frauen spielen richtig gut Tennis. Aus deutscher Sicht sind sie da sogar besser aufgestellt als bei den Herren, auch wenn der Roger Deutsch spricht. Aber das bringt uns ja nix. Wir haben da vier, fünf richtige Super-Damen dabei, die absolute Weltklasse sind. Was fehlt, ist, mal ein großes Turnier zu gewinnen. Dieser letzte Punch hat bisher immer gefehlt bei den deutschen Damen. Aber ich glaube, irgendwann wird das noch kommen.

Das spielen wir denen jetzt vor.

Als Motivation. Sehr gut. Nein, ich schaue das wirklich sehr gerne. Ich bin Tennisfan.

Musstet ihr, als ihr als Weltmeister zu Real gekommen seid, einen ausgeben? Wie haben die Spanier reagiert, die vier Jahre vorher den Titel gewonnen hatten? Da kommt ihr als Deutsche und habt den Weltmeistertitel …

Die hatten erst mal genug mit sich selbst zu tun nach dem Vorrundenaus. Und die Anfeindungen oder die Sprüche, die ich hätte vielleicht erwarten können nach dem 4:0 von Real gegen Bayern, die hatten sich natürlich nach der WM erledigt. Das war ein guter Start für mich hier. Daher war es eigentlich recht harmlos. Sie haben gesagt, sie hätten immer schon Respekt vor Deutschland gehabt und bemerkt, wie sich der deutsche Fußball verändert hat. Nach der WM hierher zu kommen war natürlich ein guter Einstieg für mich. Die Spanier waren nicht so begeistert von der WM. Die waren auch schon zwei Wochen im Training, weil sie ja ein bisschen früher fertig waren. Nein, es war kein Nachteil, als Weltmeister hierher zu kommen, das kann man schon sagen.

Bringt einem das wirklich noch eine Spur mehr Respekt ein? Nicht von den Fans oder den Journalisten, mehr mannschaftsintern, dass die sagen: Mensch, eine geile WM hat der Kerl gespielt?

Toni Kroos:
Wenn man als Weltmeister zu einem Klub kommt, wissen die Kollegen schon, dass man keinen Blinden verpflichtet hat.

Ich hatte sowieso einen kleinen Vorteil, weil ich schon von einem großen Verein gekommen bin. Bayern München ist ja sportlich gesehen absolut auf Augenhöhe mit Real Madrid. Die wussten schon, dass da einer kommt, der ein bisschen kicken kann. Das war denen bewusst. Aber natürlich ist es gut für das Ansehen. Und wenn es nur das Unterbewusstsein ist: Du kommst als Weltmeister in die Kabine, das gibt dir a) eine gewisse Ruhe, du hast das Selbstvertrauen, aber die neuen Teamkollegen wissen b) auch, dass man keinen Blinden verpflichtet hat.

Wie gehst du mit Erfolgen um? Sonnst du dich darin, feierst dich selbst? Oder hakst du so etwas relativ schnell ab?

Ich glaube, man muss einen guten Mix finden. Auf der einen Seite geht es bei uns relativ schnell weiter. Nach dem kurzen Urlaub geht es zu Real Madrid, da hast du neue Herausforderungen. Aber wir sollten trotzdem nicht vergessen, gewisse Sachen zu feiern. Was sollte man feiern, wenn keinen WM-Titel? Das haben wir gemacht, auch im Urlaub. Das sollte man auch tun, weil ich nicht auf Knopfdruck in zehn Jahren den WM-Titel nachfeiern kann, wenn meine Karriere vorbei ist. Das ist dann eine schöne Erinnerung, wird es immer bleiben. Aber man muss den Moment auch genießen. Das habe ich getan.

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Sei dir gegönnt. Hast du noch viel Kontakt zu alten Spezeln aus der Heimat? Gibt es das noch? Oder ist so was unmöglich?

Welche alte Heimat meinst du?

Gehen wir mal Richtung Rostock. Gibt es da noch irgendwelche Kontakte persönlicher, privater Natur?

Zu ehemaligen Spielern ganz wenig. Meine Eltern wohnen noch in Rostock. Mein Vater trainiert die A-Jugend dort. Da ist schon noch ein bissel was geblieben. Der Verein hat leider keine so herausragende Entwicklung genommen. Wenn wir dann weitergehen, Kontakte nach Leverkusen gibt es noch einige. Da habe ich mich auch sehr, sehr wohl gefühlt. Und wenn wir von Madrid nach Deutschland fliegen, dann fliegen wir immer nach Köln und nicht nach München, weil wir uns in Köln sehr wohl und direkt zu Hause gefühlt haben.

Ist das eine Mentalitätsfrage?

Vielleicht kommt mir der Schlag einen Tick mehr entgegen als der Münchner. Wir haben lustigerweise über die anderthalb Jahre in Köln viel mehr Kontakte und Freundschaften geknüpft als über die fünf, sechs Jahre in München. Das soll jetzt nichts gegen München heißen. Aber es war halt einfach so. Wir haben überlegt, welchen Anlaufpunkt wir von Madrid aus in Deutschland haben. Und die Bedingung meiner Frau war ganz klar: Wenn wir nach Madrid gehen, dann will sie auf jeden Fall, dass wir ein Haus in Köln haben. Und den Wunsch habe ich ihr erfüllt.

Das ist ganz spannend. Ist das die Mentalität? Anderthalb Jahre Leverkusen, fünf, sechs Jahre Bayern – ist das irgendwie zu erklären?

Schwierig. Ich glaube, es war damals für uns ein Vorteil, dass ich nach Leverkusen gegangen bin. Es war eine sehr junge Mannschaft. Sprich, es gab viele junge Partnerinnen (der anderen Spieler). Meine Frau hatte zu den Menschen einen einfacheren Bezug als in München. Dort ist es so ein bisschen mehr, in Anführungsstrichen, Schickimicki. Und sie ist nicht der Schickimicki-Typ, sondern sehr bodenständig. Das kam ihr sehr entgegen. Vom Alter hat es dort mehr gepasst, und so kamen viel schneller Freundschaften zustande. Ich habe mich in beiden Mannschaften sehr wohl gefühlt. Auch heute noch habe ich wirklich gute Kontakte nach Leverkusen, zu Stefan Reinartz zum Beispiel. Deswegen war ich schnell einverstanden, als dieses Haus in Köln gefordert wurde.

Kurz nochmal zu Rostock: Hansa hat gerade keine leichte Zeit. Da gab es jetzt ein Benefizspiel zugunsten des Vereins zwischen der Mannschaft von Paule Beinlich und der des Musikers Materia. Verfolgst du noch, was sich bei Hansa tut, wie die sich entwickeln, dass die wieder auf die Beine kommen, wirtschaftlich vor allem?

Ich verfolge das schon, klar. Sie waren viele Jahre Erstligist, ich glaube, zehn Jahre am Stück. Das ist keine Normalität bei den Möglichkeiten, die sie hatten. Dann sind sie abgestiegen. Und dann ging es richtig bergab. Es wurde viel gewechselt. Die hatten jedes Jahr drei neue Vorstände und zwei neue Trainer. Ich glaube, die zahlen sie heute noch. Und so geht es immer weiter bergab, wenn du über wenige Möglichkeiten verfügst. Sie haben damals ein Erstligastadion gebaut, das unglaublich teuer war, gespielt haben sie aber Dritte Liga. Das passt einfach nicht. Dann hast du handelnde Personen, die vielleicht von der ganzen Angelegenheit nicht den besten Plan haben. Ich verfolge das schon noch, kriege ein bisschen von meinem Vater mit, der in dem Verein noch sehr aktiv ist.

Hat der mal gesagt, Mensch Toni, kannst du nicht helfen?

Was soll ich da machen? Nach Rostock wechseln? Nee, wie soll ich helfen? Wenn man ganz ehrlich ist und wenn man es realistisch sieht: Damals, vor meinem Wechsel mit 16 von Rostock nach München, hat der Verein knapp über eine Million bekommen für einen 16-Jährigen plus ein Freundschaftsspiel gegen die Bayern, da war das Stadion voll. Für meinen Wechsel jetzt von München nach Madrid hat der Verein noch einmal knapp 200.000 Euro bekommen. Was soll ich noch machen? Weiter wechseln? Nein. Ich bin in dem Verein absolut nicht mehr drin. Ich bin auch nicht so gut informiert. Mich interessiert es aus der Ferne. Und sie haben sich jetzt sportlich ein bisschen berappelt. Es sah ja lange so aus, als würden sie sogar aus der Dritten Liga absteigen, jetzt haben sie ein paar Punkte geholt. Aus der Ferne ist das für mich schwierig zu greifen, was da passiert. Trotzdem frage ich mich manchmal, wie sie mit den Finanzen dort umgehen und wo das Geld bleibt. Natürlich helfe ich gerne. Ich hatte dort eine sehr schöne Zeit, ich war vier Jahre da, konnte mich gut entwickeln. Dennoch ist es mir ein bisschen fremd, wenn viele sagen, ja, warum hilft der denn seinem Verein nicht? Der Verein hat ihm so viel gegeben. Das stimmt. Ich habe mich dort wohlgefühlt. Aber in den vier Jahren, die ich dort war, hat mich dreieinhalb Jahre mein eigener Vater trainiert – und der hat mir viel gegeben. Der hätte mir das wahrscheinlich auch auf einem anderen Trainingsplatz gegeben. Ich fühle mich noch verbunden, aber nicht so, dass ich sage: Ich bin der, der den Verein wieder aufpäppeln muss. Das stimmt auch einfach nicht, weil dafür viel zu wenig Verbindung da ist. Mein Vater trainiert die A-Jugend. Das war es an Verbindung zu Hansa Rostock.

Buschi:
Rostock, Leverkusen, Bayern, Real Madrid – und dann?

Ist ganz gut, wenn man das mal erzählen kann. Rostock, Leverkusen, Bayern, Real Madrid – und dann?

Schluss. Schluss! Nein. Es gibt da eine Floskel, die will ich in so einem netten Gespräch wie hier nicht bringen.

Drück’s anders aus. Oder hau erst mal die Floskel raus und überleg währenddessen …

Ja, so machen wir es. Also: Man weiß im Fußball nie, wie lange man wo ist. (Beide lachen) Gerade bei Vereinen wie Bayern München, Real Madrid geht es oft schnell. Ich habe hier für sechs Jahre unterschrieben. Das habe ich nicht einfach mal so aus Lust und Laune gemacht, ich habe mir das schon überlegt, auch die Dauer. Wenn dieser Vertrag ausläuft, bin ich 30, jetzt 25. Ich habe schon den Plan, länger hier zu sein. Ich würde dir das jetzt nicht unterschreiben, weil immer viel passieren kann. Aber ich habe für sechs Jahre unterschrieben. Und Stand jetzt habe ich vor, hier eine lange Zeit zu bleiben. Wenn du von Bayern zu Real Madrid wechselst, geht es darum, was anderes zu machen. Du bist sportlich schon oben angekommen, ob du jetzt bei Bayern, Real Madrid oder Barcelona spielst, das ist ein Level in meinen Augen. Ich wollte einfach was anderes machen. Und auch nur darum wird es dann wieder gehen. Wenn man irgendwann überlegt, von Real Madrid wegzugehen, dann wird es auch wieder nur darum gehen, noch mal was anderes zu machen, was anderes zu erleben, vielleicht noch mal in ein anderes Land. Aber das ist aktuell nicht der Fall. Ich habe wirklich bewusst lange hier unterschrieben.

Wie kommt so eine Entscheidung zustande, wenn man sagt, okay, das Angebot von Bayern war sicherlich auch nicht schlecht – mit dem Berater, mit der Frau, mit der Familie, wie muss ich mir das vorstellen?

Ich kann da nur für mich sprechen. Bei mir war es recht einfach, weil ich eine Frau habe, die gesagt hat, ich gehe mit dir überall hin, wo immer es auch hingeht. Das macht es einem einfach. Es gibt wahrscheinlich auch Beispiele, wo jemand sagt, ich will unbedingt hierbleiben oder ich will unbedingt da hin. Dann ist es ein bisschen schwieriger. Beim Berater eigentlich das Gleiche. Wir hatten von Anfang an eine ganz klare Interessenlage.

Geld spielt dabei doch auch eine Rolle, also wenn der weiß, der könnte wechseln …

Natürlich. Aber es ist ja bekannt, dass du als Berater auch eine gute Provision bekommst, wenn du bei einem Verein wie Bayern längerfristig verlängerst. Also auch da wird man irgendwie durchkommen. Nein, auch von der Seite hieß es ganz klar: Das, was du willst, wird gemacht. Der Berater hat natürlich die Aufgabe, dir Optionen aufzuzeigen. Aber entschieden habe am Ende ich. Natürlich kann er mir eine Empfehlung geben. Aber letztlich war es meine Entscheidung. Und wir hatten eine gemeinsame Strategie. Wir haben Bayern von Anfang an unsere Forderungen genannt. Die haben sich dann seit dem Winter, einem halben Jahr vor der WM, nicht mehr geändert. Das war bestimmt selbstbewusst, so, wie ich bin. Aber auch mit einer gesunden Selbsteinschätzung. Ich war absoluter Stammspieler bei Bayern. Der Trainer hat mich immer spielen lassen, war ein Fan. Und ich fand das absolut gerechtfertigt. Wir haben nie unsere Meinung geändert, sind dabei geblieben und haben uns halt am Ende der Tage nicht geeinigt. Deswegen gab es dann verschiedene Optionen, und Real Madrid war für mich vom Gesamtpaket die beste. Ich hatte ja nur noch ein Jahr Vertrag. Für Bayern war es die letzte Möglichkeit, eine Ablöse zu bekommen. Dann ging es sehr schnell. Und nach der WM konnte ich hier alles fertig machen.

Ich will nicht olle Kamellen ausgraben. Aber da interessiert mich noch eines, weil ich nie die Gelegenheit hatte, dich persönlich zu fragen: War es ein bisschen eine Frage der Wertschätzung? Hierarchie – das meine ich damit.

Toni Kroos:
Vom Trainer und von Matthias Sammer hatte ich immer die absolute Wertschätzung. Aber es ist immer eine Entscheidung des gesamten Vereins.

Kommt darauf an, von wem. Vom Trainer hatte ich die absolute Wertschätzung. Ich hatte die absolute Wertschätzung von Matthias Sammer, mit dem ich unglaublich lange schon zusammengearbeitet habe, über den Bayern-Zeitraum hinaus. Aber es ist immer eine Entscheidung des gesamten Vereins. Wertschätzung spiegelt sich auch in dem Angebot. Aber nicht nur, das will ich klarstellen. Vielleicht war ich damit nicht immer zufrieden. Allerdings war ich mit meinem Stand als Spieler dort sehr zufrieden. Für mich als Spieler ist es am wichtigsten, was der Trainer über mich denkt. Mit dem hatte ich ein super Verhältnis. Wir haben gleich gedacht, was die Idee betrifft, wie ich Fußball spiele. Das hat absolut gepasst. Aber für mich ist es schwierig, einen langfristigen Vertrag nur aufgrund eines Trainers zu unterschreiben, der heutzutage eine Halbwertzeit von vielleicht sehr lange, vielleicht aber auch sehr kurz hat. Daher war das zwar schön zu wissen, aber das Gesamtpaket bedeutete: Ich möchte wechseln. Und dann gab es eine andere Option.

Jetzt hat sich was getan in der Bundesliga. Das Trainerkarussell hat sich gedreht. Der HSV, ein Traditionsklub, hat fast mehr Trainer als Punkte, sagen Spötter. Jetzt kommt Bruno Labbadia noch mal für die Schlussphase der Saison(2014/2015, Anm. d. Red.), nachdem es vorher immer hieß, es könnte Tuchel werden. Ist schwierig für dich aus der Ferne, aber so ein Trainerwechsel ein paar Spieltage vor Schluss, macht das Sinn?

Das ist immer schwer zu sagen. Viele werden im Nachhinein wieder ganz schlau sein, das zu beurteilen: Das hätte man nicht machen sollen oder das war super. Sie haben ja gerade vor zwei Spieltagen den Trainer gewechselt. Und der Effekt ist ausgeblieben. Ich habe gelesen, dass jetzt auch Peter Hermann, den sie dazu geholt haben, nach zwei Spieltagen gehen muss. Also das ist, aus der Ferne betrachtet, schon sehr chaotisch, was in Hamburg los ist. Sie haben die letzten zwei, drei Jahre schon eine Vorwarnung bekommen, was passieren kann. Die waren die letzten Jahre immer unten dabei. Momentan sind sie noch nicht weg, es sind noch ein paar Spieltage, aber wenn man Letzter ist, muss schon einiges schief gelaufen sein. Ob das jetzt die absolute Lösung ist, wird sich zeigen.

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Ein schelmisches Grinsen. Und dann der Hammer: Jürgen Klopp bittet um Vertragsauflösung zum Ende der Saison bei Borussia Dortmund. Da kommen jetzt auch einige und sagen, habe ich mir schon gedacht, das war eine schwierige Saison für Borussia Dortmund. Wie siehst du das? Muss man nicht auch durch so eine Phase mal durch? Kann der Trainer nicht sagen, jetzt fange ich nochmal neu an? Auch da, weiß ich, ist es schwierig, das von außen zu beurteilen. Fragen wir mal so: Hat es dich überrascht?