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Inhalt

Vorwort

Kapitel 1: Der weite Blick

Kapitel 2: Im Himmel ankommen

Kapitel 3: Das Leben im Himmel

Kapitel 4: Das große Ereignis – die Entrückung

Kapitel 5: Das Wunder der Auferstehung – ein neuer Körper

Kapitel 6: Das Paradies auf Erden

Kapitel 7: Ein neuer Himmel

Kapitel 8: Das Preisgericht – der kleine Unterschied

Kapitel 9: Todessehnsucht oder Angst vor dem Sterben?

Kapitel 10: Weitere Fragen zum Himmel und mögliche Antworten

Dank

Anmerkungen

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Vorwort

Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr je gehört und kein Verstand je erdacht, was Gott für diejenigen bereithält, die ihn lieben.

1. KORINTHER 2,9

Wenn Menschen erfahren haben, dass ich über den Himmel predige und schreibe, haben sie oft obigen Vers zitiert. Darf man sich überhaupt damit beschäftigen, wenn man doch gar nicht genau wissen kann, was uns im Himmel erwartet? Ist nicht alles nur Spekulation? Bleibt der Himmel letztlich eine riesengroße Überraschung? Diese Fragen schwangen (un-)ausgesprochen dabei mit. Der Himmel kommt vielen Menschen wie ein riesengroßes Geschenk vor, das erst am Geburtstag geöffnet werden darf. Was nach dem Tode kommt, das wissen wir also erst, wenn es so weit ist. Darf man denn vorher schon einen Blick in die Verpackung werfen? Darf man das Papier ein wenig aufreißen?

Man darf! Denn die Aussage aus dem 1. Korintherbrief geht noch weiter: „Wir dagegen wissen darum, weil Gott es uns durch seinen Geist offenbart hat“ (1. Korinther 2,10). Wir könnten gar nichts über den Himmel wissen, weil es eine Welt ist, die für uns nicht zugänglich ist. Aber Gott hat sie uns aufgeschlossen und wir dürfen jetzt schon viele Dinge erfahren, die unsere Vorfreude vergrößern sollen. Gott möchte, dass wir Bescheid wissen. Und wir sollten das, was Gott uns offenbaren möchte, nicht einfach ignorieren.

Dieses Buch ist aber nicht nur aus theologischem Interesse entstanden, sondern auch aus dem persönlichen Erleben. Meine Frau Claudia leidet an einer fortschreitenden, unheilbaren Tumorerkrankung. Deshalb haben wir uns in der Familie schon lange mit dem Thema Tod und ewiges Leben auseinandergesetzt. Das Sterben war in unserem Denken immer präsent, weil es wie ein Damoklesschwert über unserem Leben hing. Manchmal ging es nur haarscharf daran vorbei, manchmal fühlten wir uns meilenweit vom Tod entfernt, aber wir konnten dieses Thema nie völlig ausblenden.

Als dann ein naher Familienangehöriger unerwartet gestorben ist, sollte ich als „Haus-und-Hof-Seelsorger“ Antworten geben auf die vielen Fragen rund um das Leben nach dem Tod. „Wie ist es dort? Wie geht es ihm jetzt? Kann er uns sehen?“ Dabei habe ich gemerkt, wie wenig dieses Thema in vielen Köpfen und Gemeinden präsent ist. Wir wissen, dass es den Himmel gibt und dass er unvorstellbar schön ist, und dabei lassen wir es bewenden. Erst wenn wir uns aus persönlicher Betroffenheit mit dem Sterben auseinandersetzen müssen, tauchen auch die Fragen nach den Einzelheiten auf, und wir entdecken, dass wir kaum irgendwo Antworten finden.

Dieses Buch soll eine Hilfe sein – aber nicht nur für Betroffene. Es ist nicht zur reinen Wissensvermittlung gedacht, sondern berücksichtigt auch die Lebenssituationen, in denen wir uns mit dem Himmel beschäftigen. Es greift Ängste und Fragen auf, die uns umtreiben. Dabei zeichnet es ein Bild vom Himmel, das konkreter ist, als wir es je vermutet haben. Manchmal möchte man die Luft anhalten und fragen: „Ist das nicht ein bisschen gewagt?“ Aber eigentlich ist es nur ungewohnt, so offen und konkret darüber zu reden. Manchem mag der Umgang mit den Bibelstellen zu sorglos erscheinen, weil ich eine wörtliche Auslegung da, wo es möglich ist, bevorzuge. Versuchen Sie dennoch, vorurteilsfrei das Bild vom Himmel, wie es in diesem Buch entworfen wird, auf sich wirken zu lassen. Ich mache Mut dazu, auch ohne theologische Ausbildung die Bibel zur Hand zu nehmen und sich selbst eine Meinung zu bilden. Gott hat uns sein Wort geschenkt, um etwas zu offenbaren und nicht zu verhüllen. Deshalb können wir ihn verstehen, wenn wir unvoreingenommen in die Bibel hineinschauen und bereit sind, unser Denken von ihm auf den Kopf stellen zu lassen.

Bei all den Risiken und Nebenwirkungen, die solch ein Buch mit sich bringt, hoffe ich doch, dass die Beschäftigung mit dem Thema dazu führt, dass wieder eine ganz große Freude auf die neue Welt Gottes angefacht wird und Christen mehr vom Ziel her leben. In der Vorbereitungsphase zu diesem Buch habe ich einige Abschnitte meinen Kindern vorgelesen, die spontan äußerten, dass sie später auch gerne im Himmel sein möchten, wenn es dort so schön sei. Wenn es vielen Lesern so geht, dann hat dieses Buch sein Ziel erreicht.

Matthias Herrchen

Aber es ist passiert, wie es in der Schrift heißt: „Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr je gehört und kein Verstand je erdacht, was Gott für diejenigen bereithält, die ihn lieben.“ Wir dagegen wissen darum, weil Gott es uns durch seinen Geist offenbart hat. Sein Geist weiß alles und schenkt uns einen Blick selbst in die tiefsten Geheimnisse Gottes. Niemand weiß, was ein Mensch wirklich denkt, außer der Geist des Menschen selbst, der in ihm ist; und niemand kann Gottes Gedanken erkennen, außer der Geist Gottes. Und Gott hat uns nicht den Geist dieser Welt gegeben, sondern seinen Geist, damit wir das begreifen können, was Gott uns geschenkt hat.

1. KORINTHER 2,9–12

Am Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Er war am Anfang bei Gott. Durch ihn wurde alles geschaffen, was ist. Es gibt nichts, was er, das Wort, nicht geschaffen hat. Das Leben selbst war in ihm, und dieses Leben schenkt allen Menschen Licht. Das Licht scheint in der Dunkelheit, und die Dunkelheit konnte es nicht auslöschen. (…) Er kam in die Welt, die ihm gehört, und sein eigenes Volk nahm ihn nicht auf. All denen aber, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden. Sie wurden dies weder durch ihre Abstammung noch durch menschliches Bemühen oder Absicht, sondern dieses neue Leben kommt von Gott. Er, der das Wort ist, wurde Mensch und lebte unter uns. Er war voll Gnade und Wahrheit und wir wurden Zeugen seiner Herrlichkeit, der Herrlichkeit, die der Vater ihm, seinem einzigen Sohn, gegeben hat.

JOHANNES 1,1–5.11–14

Blick über den Horizont

Es war ein düsterer Ort, an dem wir gelandet waren. Die Wolken hingen über dem engen Talkessel. Wenn das Wetter einmal aufklarte, sah man den bedrohlichen Vulkan Pichincha hoch über der Stadt Rauchwolken ausstoßen und Asche spucken. Militär war aufgefahren, brennende Reifen waren als Straßensperren errichtet, ein Putsch drohte, an jeder Straßenecke schien die Situation zu eskalieren. Und mittendrin waren wir als frischgebackene Missionare in Quito, der Hauptstadt von Ecuador, mit vier kleinen Kindern, ohne Auto, eingesperrt zwischen Abgasen und Lärm. Unsere vorläufige Unterkunft lag an einer achtspurigen Hauptverkehrsader. Isolierte Fenster gab es nicht, dazu gingen die Fenster alle zur Straße hinaus. Es drückte auf das Gemüt, an solch einem Ort wie eingesperrt zu sein.

Aber dann kam der Tag, an dem wir einen 26 Jahre alten Chevrolet Nova unser Eigen nennen durften. Mit dicken Blattfedern ausgerüstet, war er bestens geeignet für die riesigen Schlaglöcher auf den Straßen von Ecuador. Zum ersten Mal fuhren wir dann mit unserem Gefährt aus dem finsteren Talkessel über die Anhöhe zwischen den 4 000 Meter hohen Bergen hindurch, die Quito umgeben. Das war ein Augenblick, den wir nie mehr vergessen werden: Vor uns öffnete sich das weite, liebliche Tumbacotal, und in der Ferne ragte an diesem klaren Tag der schneebedeckte Cotopaxi mit seinen fast 6 000 Metern majestätisch in die Höhe. Der wunderschöne kegelförmige Vulkan hat sich tief in unser Gedächtnis eingebrannt, obwohl wir ihn selber nie bestiegen haben.

Dieser Blick über den Horizont hat später manchen trüben Tag heller werden lassen, weil vor unserem inneren Auge die Weite und Schönheit der Bergwelt Ecuadors stand. Wir hatten gesehen, dass unsere Welt mehr bereithielt als die dunklen Straßen von Quito. Die äußere Enge wurde durch die innere Weite aufgehoben.

Freude auf den Himmel?

Kennen Sie auch solche bedrückenden Situationen in Ihrem Leben? Wenn sich Berge von Sorgen auftürmen, wenn Nebelschwaden der Orientierungslosigkeit uns verwirren, wenn sich schwarze Löcher aus Streit und Ärger auftun, können wir nicht mehr klar sehen. Wir sitzen gefangen im Loch der Angst und können weder vor noch zurück. In den Begrenzungen des Alltags ist es wichtig, den weiten inneren Blick zu behalten, den wir schon einmal in die zukünftige Welt gewagt haben. Manchmal bräuchten wir ein Gefährt wie damals unseren Chevrolet Nova, das uns über den Horizont hinausfährt, damit unser Auge weiter blicken kann als auf die Dunkelheit und Probleme des Lebens, auf die Berge, die sich vor uns auftürmen. Der Blick über den Horizont ist kein Luxus für besonders eifrige Bibelforscher. Er ist lebensnotwendig, um dieses Leben zu meistern. Vielleicht kann dieses Buch solch ein Gefährt sein, das uns die Augen öffnet.

Gott möchte uns den Blick über den Horizont schenken. Er kennt unsere Sehnsucht nach Ewigkeit, er hat sie ja in unser Herz gelegt (Prediger 3,11). Er möchte unseren Blick weiten, uns sehende Augen für seine unsichtbare Wirklichkeit schenken. In der Bibel finden wir solche Ausblicke auf das Leben nach dem Tod. Sie sollen unseren Alltag verändern und das Licht der Ewigkeit in unsere Herzen brennen. Sie sollen die Vorfreude entfachen, weil das, was uns da vorgestellt wird, so herrlich und wunderbar ist, dass es uns den Atem raubt. Es ist so, als würde man von einem hohen Berg, mit einem Ausblick voller atemberaubender Schönheit, wieder in das dunkle Tal zurückkehren – der weite Blick geht mit, die Strahlen der Morgensonne brennen sich in das Gesicht.

Aber wenn wir ganz ehrlich sind: Wer von uns freut sich tatsächlich auf den Himmel? Ist uns die Erde nicht oft viel lieber? Hier wissen wir wenigstens, was wir haben, wenn wir etwas haben. „Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach“, so sagt der Volksmund. Deshalb möchten wir eigentlich gar nicht unser irdisches Leben gegen den Himmel eintauschen, wenn wir es uns aussuchen könnten. Wer hat denn tatsächlich eine Vorstellung davon, wie der Himmel aussieht? Wie soll man sich ein Bild von etwas machen, zu dem es keine Entsprechung aus unserer Erfahrung gibt? Wie soll etwas greifbar werden, wenn es nichts gibt, womit wir es vergleichen können? Und Gottes neue Welt muss doch völlig anderen Wesens sein als alles, was wir kennen. Oder ist der Himmel nur eine etwas bessere Erde?

In unserer Hilflosigkeit beschreiben wir den Himmel vor allem mit Aussagen darüber, was es dort nicht gibt: „keinen Schmerz, keine Krankheit, kein Leid“ (Offenbarung 21,4). Das ist vorstellbar und natürlich toll, dass es diese Dinge nicht mehr geben wird, vor allem für Menschen, die darunter zu leiden haben. Den Himmel beschreiben wir dann mit der Abwesenheit von allem, was uns in dieser Welt Mühe macht, was uns Angst bereitet, was unseren Alltag erschwert. Dabei lassen wir das aus, was zum Beispiel auch in diesem Kapitel 21 der Offenbarung an positiven Beschreibungen des Himmels gegeben wird. In Vers 3 heißt es, dass Gott bei den Menschen wohnen und seine Herrlichkeit alle Himmelskörper überstrahlen wird, er selbst wird das Licht sein in der Stadt, die aus dem Himmel herabkommt (Vers 23).

Wer sich den Himmel nur als Abwesenheit von allem Schlechten vorstellt, muss sich nicht wundern, wenn in seinem Himmel nur gähnende Leere herrscht.

Das Paradies, das wir alternativ in unserer Vorstellung gespeichert haben, ist allerdings nicht nur eine Zusammenfassung von allem Positiven, das es auf der Erde gibt, wie wir oft meinen. Das wäre doch etwas wenig. Der Himmel ist nicht nur eine Erde ohne Fehler. Trotzdem wissen wir immer noch nicht, wie der Himmel aussieht. Es beschleicht uns das nagende Gefühl, dass der Himmel vielleicht doch nicht so schön ist, wie alle immer behaupten. Das Nichtwissen raubt uns die Freude.

Erschwerend kommt noch dazu, dass die sogenannten positiven Ausblicke auf den Himmel für viele von uns gar nicht so positiv klingen. Beschreibungen, die wir in der Offenbarung finden, klingen in unseren Ohren fast wie Karikaturen. Es kommen Vermutungen auf, dass wir einen Gottesdienst feiern, der unendlich lange, nämlich ewig, dauert und nicht nur eine Stunde, was für manchen Zeitgenossen auch schon eine gefühlte Ewigkeit ist. Wie viel Abwechslung soll man da hineinbringen, wenn schon irdische Gottesdienste oft nicht gerade unterhaltsam sind? Wir stellen uns vor, dass wir auf Wolken schweben und Harfe spielen, auch das ist für viele nicht gerade ein Instrument mit großer klanglicher Vielfalt, vor allem, wenn es alle spielen, bekleidet mit einheitlich weißen Kleidern, langweilig und steril wie ein OP-Hemd. Das mag alles schön weiß und weich sein, ist aber doch eher für Käsewerbung geeignet als für das tägliche Leben. Wir stellen uns die Frage, wie eine ewige Anbetungszeit aussieht, und verbinden das mit der Erfahrung von irdischen Anbetungszeiten: Wie oft kann man eine Liedstrophe wiederholen, bevor sie aus den Ohren wieder herauskommt? Wie lange kann man die erhebenden Gefühle aufpeitschen? Wann ist vielleicht doch ein Punkt erreicht, an dem man aufhören sollte? Viele Dinge, die wir tun, können sehr erhebend sein, wenn man es nicht übertreibt. Aber das ist das Problem in der Ewigkeit: Man kann es doch nur übertreiben! Was soll man auch sonst tun? Und für all diese Vermutungen lassen sich durchaus Bibelstellen finden, die das belegen. Das ist vielleicht noch das Schlimmste dabei. Unser negatives Bild vom Himmel lässt sich biblisch begründen, und trotzdem ist es unbegründet, weil wir dabei das große Ganze aus den Augen verlieren. Wir nehmen einige Momentaufnahmen aus der Offenbarung des Johannes, multiplizieren sie mit der Ewigkeit und bekommen Angst vor dem Himmel.

Könnte das der Grund sein, warum wir lieber auf der Erde bleiben möchten, als in den Himmel zu kommen und vielleicht ewig Langeweile zu haben? Manch einer hat schon gefrotzelt, dass er lieber in die Hölle möchte, weil da wenigstens etwas los ist. Das ist natürlich nicht so ernst gemeint, weil jedem klar ist, dass die Hölle ein furchtbarer Ort ist. Aber es macht unsere Befürchtungen in Bezug auf den Himmel deutlich.

Wer sich mit dem Himmel beschäftigt, ist wie ein Bergsteiger auf einem Berg, der den Sonnenaufgang beobachtet. Es macht viel Mühe, aber es ist ein unvergesslicher Ausblick.

Wenn wir nicht gerade alt und krank sind oder extremes Leid erleben und deshalb sowieso jeder andere Zustand besser wäre, freuen wir uns vermutlich nicht besonders auf den Himmel. Denn wenn es uns gut geht und wir Freude und Glück erleben, werden wir das doch nicht eintauschen wollen gegen etwas, das wir gar nicht kennen. Das irdische Glück ist das Einzige, über das wir etwas sagen können. Darüber können wir uns von Herzen freuen, und das wollen wir auch. „Der Himmel kann warten!“ So denken auch viele Christen. Das Thema Himmel wird von vielen deshalb einfach totgeschwiegen. Die Freude auf die Herrlichkeit ist eher eine Freude aus Pflichtgefühl. „Natürlich freuen wir uns auf den Himmel! Was bleibt uns anderes übrig? Schließlich müssen wir dort eine Ewigkeit verbringen.“

Licht am Ende des Tunnels

Aber viele von uns kennen auch die anderen Situationen. Wenn das Leben uns beutelt, wenn wir keine Perspektive mehr haben, wenn wir ganz am Boden sind, dann wünschen wir uns ein Licht am Ende des Tunnels. Wir brauchen die Perspektive, dass es noch etwas anderes gibt als dieses Leben. Wir möchten an etwas glauben, das größer ist als unsere Situation, für das es sich zu leben lohnt.

Oft wird diese Hoffnung auf ein besseres Leben als Jenseitsvertröstung degradiert. Manchmal wird behauptet, solch eine „Weltflucht“ mache uns lebensunfähig. Aber wenn die Hoffnung auf das Jenseits uns im Diesseits so trösten kann, dass wir wieder leben können, dass wir Mut und Kraft bekommen, dann ist es keine Weltflucht mehr. Die Hoffnung auf den Himmel ist in solchen Situationen so wichtig wie das tägliche Brot. Sie hält uns am Leben, sie verändert unser Leben, sie macht uns stark, unsere Probleme in dieser Welt schon anzupacken. Es ist wie der Blick über den Horizont, der uns aufleben lässt. Mit der Aussicht auf eine Belohnung, auf ein Highlight lassen sich schwierige Situationen besser ertragen.

Vor Kurzem musste unsere Tochter nach einem Unfall im Kindergarten am Finger genäht werden. Anschließend fragte sie den Arzt im Krankenhaus nach einer Belohnung für ihr tapferes Aushalten, denn das war sie vom Zahnarzt so gewohnt. Natürlich hat sie auch etwas bekommen. Es war sogar eine richtige Arztausrüstung, zu Hause konnte sie damit jeden verarzten.

Aber der Himmel ist mehr als der Griff in die „Krabbelbox“ beim Zahnarzt, wenn die Schmerzen überwunden sind. Der Himmel ist eher wie das Abiturzeugnis nach einer schweren, anstrengenden Schulzeit oder wie das strahlende Gebiss nach der schmerzhaften Zahnbehandlung. Im Jakobusbrief wird die Belohnung im Himmel in einen Zusammenhang gestellt mit den irdischen Leiden (Jakobus 1,12). So könnte man sagen, dass die Erde die Bewährungsphase und der Himmel die Belohnungsphase ist. Nur mit dieser Aussicht lassen sich die Mühen der Bewährung ertragen. Wir wissen, es muss einen tieferen Sinn darin geben. Die Leiden dieser Welt müssen einen Ausgleich haben in der zukünftigen Welt.

Eine andere Situation, in der wir Trost suchen, ist die, wenn ein lieber Mensch, ein Freund oder Verwandter, stirbt. Vor einigen Jahren ist Claudias Vater ganz plötzlich aus dem Leben gerissen worden. Völlig überraschend erlitt er mit 62 Jahren einen Herzinfarkt. In solchen Momenten brechen viele Fragen auf, über die wir uns sonst wenig Gedanken machen. Meistens sind wir völlig verzweifelt und spüren nur noch den Verlust. Wir wünschen uns dann Gewissheit, dass es dem Verstorbenen gut geht. Wir möchten wissen, wie es dort im Himmel ist, was er empfindet und erlebt. Wir brauchen ein konkretes Bild, das wir uns vor Augen halten können. Darin wird der Mensch eingebettet, der von uns gegangen ist.

Wer sich auf den Himmel freut, der ist wie ein Mensch in einer dunklen Höhle, der das Licht entdeckt, das ihm den Weg nach Hause weist.

Viele Menschen legen sich dabei ihre eigene Realität zurecht, sie denken sich einen schönen Ort aus, damit sie die Ungewissheit ertragen können. Das kann unter Umständen sehr skurrile Blüten treiben. Angefangen beim philosophischen Gedanken vom großen weißen Licht, das alles hell und leicht macht und in dem wir alle aufgehen, bis zu naiven Vorstellungen eines „Putten-Paradieses“1, wo sogar noch Gartenzwerge hineinpassen würden, ist alles vertreten. Häufig glauben Menschen, dass nach dem Tod alles nur Liebe und Gott der große Geist der Liebe ist, der alles einhüllt und verwandelt. Oft werden einzelne Bilder aus verschiedenen Religionen und Philosophien genommen und wie eine Patchworkdecke zusammengefügt, man spricht dann von einer Patchworkreligion. Ein bisschen Dalai Lama, ein wenig Konfuzius, dazu die ewigen Jagdgründe der Indianer, die lieben Engelein aus der christlichen Mystik und natürlich der liebe Gott, der großzügig alle hineinlässt in seinen Himmel (außer die, die wir nicht mögen). Andere haben noch mehr Fantasie und basteln sich ihr eigenes Luftschloss im Himmel, das es nirgendwo anders gibt. Es ist erstaunlich, worauf Menschen kommen können, wenn sie ein wenig Trost brauchen. Und die Gefahr ist, dass wir uns einen Himmel zusammenbasteln, der unseren Bedürfnissen entspricht. Wir sind dann schnell zufrieden mit unseren selbst gefundenen Antworten. Hauptsache, es fühlt sich schön angenehm und kuschelig an.

Aber erdachte Wunschträume sind eben kein echter Trost, sie zerplatzen wie Seifenblasen an der Realität. Wir können uns sicher sein, dass der Himmel niemals so ist, wie wir ihn uns vorstellen, denn dafür reicht unsere Vorstellung einfach nicht aus. Es nutzt nichts, sich eine Fantasiewelt aufzubauen, von der wir insgeheim wissen, dass sie doch nicht real ist. Man mag sich eine Zeit lang selbst belügen, aber irgendwann holt einen der Selbstbetrug ein. Und trotzdem ist es wichtig zu wissen, wie der Himmel aussieht. Wir brauchen eine zuverlässige Quelle für unsere Informationen, damit wir uns nicht irgendwelchen Illusionen hingeben.

Freude braucht einen Grund

Wenn wir uns auf den Himmel freuen wollen, dann brauchen wir eine Vorstellung wie bei einem Theaterstück, bei dem uns etwas präsentiert wird. Eine Vorführung, die in uns angenehme Gefühle hervorruft, eben Vorfreude. Wir brauchen jemanden, der uns den Himmel vorstellt. Aber wie können wir uns das Unvorstellbare vorstellen, wie können wir etwas beschreiben, zu dem es keine Entsprechung aus unserem Erfahrungshorizont gibt? Muss unsere Fantasie da nicht versagen? Sagt nicht Gott selbst: „Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr je gehört und kein Verstand je erdacht, was Gott für diejenigen bereithält, die ihn lieben“ (1. Korinther 2,9)? Wird es also die totale Überraschung sein?

Antworten gibt die Bibel, unsere zuverlässigste Quelle, wenn es um Fragen zum Himmel geht. Bei einem Blick in dieses Buch der Bücher werden wir merken, dass der Himmel gar nicht so unvorstellbar ist, wie wir immer behaupten, dass es sehr wohl Entsprechungen gibt, die uns vertraut sind. Den biblischen Autoren gelingt es, uns ein Bild vor Augen zu malen, das Gottes neue Welt beschreibt. Es sind Menschen, die von Gott einen Blick in den Himmel geschenkt bekommen haben, und sie beschreiben, was sie sehen, mit menschlichen Worten und für den menschlichen Verstand, sie benutzen menschliche Bilder und Vergleiche. Deshalb können wir das verstehen, was sie sagen, wir können eine Vorstellung vom Himmel bekommen. Gott selbst, der eigentliche Verfasser der Heiligen Schrift, gibt uns Hinweise, damit wir uns auf den Himmel freuen können, ja, damit wir uns danach sehnen. Diesen Hinweisen gehen wir in diesem Buch nach und werden damit den Himmel Stück für Stück für uns entdecken. Die Überraschung wird dadurch nicht kleiner, aber die Vorfreude nimmt zu, wenn man kleine Hinweise bekommt, die die Neugier verstärken und die Angst vor dem Unbekannten abbauen.

Geteilte Freude ist doppelte Freude, deshalb teilt Gott die Vorfreude über seine neue Schöpfung mit uns. Nur wer sich mitfreut, verdoppelt die Freude.

Wenn ein Geburtstag oder Weihnachten vor der Tür steht, dann möchte meine Frau immer, dass ich sie neugierig mache, dass ich kleine Hinweise gebe und sie damit nervös mache. So beschäftigt sie sich dauernd mit ihrem Geschenk. Mit der Beschäftigung wird die Vorfreude immer größer und die Liebe zu mir immer stärker, weil sie spürt, dass ich mir Gedanken darüber mache, wie ich ihr eine Freude bereiten kann. So macht es Gott mit uns, wenn er die Tür zu seiner neuen Welt einen kleinen Spalt öffnet, damit wir eine Ahnung von seiner Herrlichkeit bekommen: Die Spannung steigt und die Vorfreude nimmt zu. Wir bekommen eine Ahnung, wie fantastisch Gottes neue Welt sein wird. Und trotzdem sind die Wunder im Jenseits so groß, dass die Überraschung nicht geschmälert wird. Soviel wir jetzt auch schon sehen können, ist es doch nur ein Spalt in die Herrlichkeit Gottes, es ist nur eine Öffnung in der Verpackung.

Wer kommt in den Himmel?