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Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes (JGLR)

Herausgeber:

Institut für Geschichte des ländlichen Raumes

Geschäftsführender Herausgeber:

Ernst Langthaler

Herausgeber dieses Bandes:

Simona Boscani Leoni und Martin Stuber

Redaktion dieses Bandes:

Martin Bauer unter Mitarbeit von Rita Garstenauer, Gesine Gerhard, Jessica Richter, Ulrich Schwarz und Brigitte Semanek

Wissenschaftlicher Beirat:

Arnd Bauerkämper (Berlin), Markus Cerman † (Wien), Andreas Dix (Bamberg), Werner Drobesch (Klagenfurt), Gesine Gerhard (Stockton, California), Ernst Hanisch (Salzburg), Reinhard Johler (Tübingen), Karl Kaser (Graz), Erich Landsteiner (Wien), Margareth Lanzinger (Wien), Michael Limberger (Gent), Jon Mathieu (Luzern), Wolfgang Meixner (Innsbruck), Michael Mitterauer (Wien), Peter Moser (Bern), Norbert Ortmayr (Salzburg), Roman Sandgruber (Linz), Gloria Sanz Lafuente (Pamplona), Nadine Vivier (Le Mans), Norbert Weigl (Linz), Verena Winiwarter (Wien), Clemens Zimmermann (Saarbrücken)

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Simona Boscani Leoni/Martin Stuber (Hg.)

Wer das Gras wachsen hört

Wissensgeschichte(n) der pflanzlichen Ressourcen
vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert

Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes 2017

StudienVerlag

Innsbruck
Wien
Bozen

Inhalt

Einleitung

Simona Boscani Leoni/Martin Stuber
Wissensgeschichte(n) der pflanzlichen Ressourcen in der longue durée

Aufsätze

Dorothee Rippmann Tauber
Aneignung von „Wildem“ und Neuem durch Sprache – im Lichte von Agrarschriften und Kräuterbüchern

Ulrike Kruse
Von Kraut und Rüben.
Nutzpflanzen in den Gärten der Hausväter

Sophie Ruppel
Von der Phythotheologie zur Ökologie.
Kreislauf, Gleichgewicht und die Netzwerke der Natur in Beschreibungen der Oeconomia naturæ im 18. Jahrhundert

Simona Boscani Leoni
Die Debatte um den Torfabbau im 18. Jahrhundert.
Die Gebrüder Scheuchzer zwischen Johannes von Muralt und Johann I. Bernoulli

Meike Knittel
„Dominus creavit ex Terra Medicamenta“.
Heilpflanzenwissen in Johannes Gessners Phytographia sacra

Regina Dauser
Konkurrierendes Wissen.
Debatten über den Tabakanbau in der Zeit der Ökonomischen Aufklärung

Sarah Baumgartner
„Nützliche Gras-Arten und Kräuter“.
Die Zürcher Ökonomische Kommission und das Wissen vom Klee- und Wiesenbau

Gerrendina Gerber-Visser
Hanf – Flachs – Brennnessel.
Wie die Oekonomische Gesellschaft Bern die Kultur der Textilpflanzen förderte

Martin Stuber
Von der patrizischen Gartenkultur zum systematischen Sortenkatalog.
Bernischer Obstbau in der longue durée

Juri Auderset/Peter Moser
Metamorphosen der Züchterblicke.
Zur Interaktion bäuerlicher und wissenschaftlicher Paradigmen in der Getreidezüchtung der agrarisch-industriellen Wissensgesellschaft, 1850–1920

Marcus Popplow
Wissensgeschichte der pflanzlichen Ressourcen in der longue durée.
Kommentar

Lektüren

Dorothee Rippmann Tauber
Das Herbarium des Felix Platter.
Die älteste wissenschaftliche Pflanzensammlung der Schweiz

Forum

Martin Bauer
Die Schätzungsoperate des Franziszeischen Katasters als agrarhistorische Quelle

Abstracts

Autorinnen und Autoren

Simona Boscani Leoni/Martin Stuber

Wissensgeschichte(n) der pflanzlichen Ressourcen in der longue durée

Die Idee des Workshops Wissensgeschichte(n) der pflanzlichen Ressourcen in der longue durée ist uns während einer gemeinsamen Eisenbahnfahrt nach Florenz eingefallen, wo wir unsere digitalen Projekte über die Korrespondenzen von Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733) und Albrecht von Haller (1708–1777) sowie über die Netzwerke der Naturforschenden Gesellschaft Zürich und der Oekonomischen Gesellschaft Bern vorstellen sollten. Nach einem langen Gespräch waren wir uns einig, dass eine Konvergenz der Methoden und der Fragestellungen der Wissensgeschichte und der Agrargeschichte, gekoppelt mit einer longue durée-Perspektive, der Schlüssel sein könnte, um frische Anregungen und fruchtbare Methoden in beiden Feldern gewinnen zu können.

Im Gefolge der bahnbrechenden Forschungen von Steven Shapin, Simon Schaffer, Nicholas Jardine und Lorraine Daston haben sich in den letzten Jahrzehnten Wissens- und Wissen-schaftshistorikerInnen vermehrt mit Fragen nach den Akteuren und den sozialen Praktiken des Wissens, nach dessen Kommunikation und Zirkulation beschäftigt.1 Damit wurden die Fragestellungen und Methoden der Wissenschaftsgeschichte erweitert, so dass die letztere zu Recht als ein Bestandteil der Wissensgeschichte zu interpretieren ist.2 HistorikerInnen sind sich bewusst geworden, dass eine Geschichte des Wissens nur „pluralistisch“ dekliniert werden kann und dass man von „Kulturen“ der Naturforschung sprechen muss, die ein schichtübergreifendes und grenzübergreifendes Unternehmen darstellen.3 Durch den material, den spatial und den global turn wurden neue Forschungsfelder angeregt.4 Sie stellten das Bild einer europäischen Wissenschaftsgeschichte, die sich linear entwickelt hatte und meinte, eine Vorrangstellung zu haben, infrage.5 Eine breite Palette von Akteuren, die Vielfalt der lieux des savoirs6 und der Quellen sind in den Vordergrund dieser Forschungen gerückt, oder besser gesagt: Es hat sich eine differenzierte Analyse der Prozesse der Wissensgenerierung und -sozialisierung entwickelt, und es bieten sich seither verschiedene Möglichkeiten zur Periodisierung dieser Prozesse an.

Die europäische Expansion, besonders die Entdeckung Amerikas, beförderte den Fluss und Austausch von Informationen über viele – bis anhin unbekannte – Pflanzenarten und generierte eine Fülle neuer Erkenntnisse, welche die damalige Ordnung der Natur infrage stellten.7 Dieser Prozess brachte ein neues Interesse der Naturforscher mit sich, die Natur – geographisch gesprochen – in ihrer Nähe genauer kennenzulernen, um die daraus gewonnenen Erkenntnisse besser anwenden zu können. Als Beispiel ist der medizinische Bereich zu nennen. Dieses Phänomen wurde indirekt auch durch die Wiederentdeckung verschiedener medizinischer und botanischer Texte von klassischen Autoren (wie Theophrastos und Dioskurides) und durch die Vorbereitung philologisch genauerer Ausgaben jener Schriften angeregt. Solche Werke stellten oft Pflanzen aus dem Mittelmeerraum vor, die für die Gelehrten Mitteleuropas nicht immer einfach zu identifizieren waren.8 Durch eine vergleichende Methode versuchte man, für jede lokale oder exotische neue Art eine passende Stelle in einer revidierten Taxonomie der Natur zu finden.9 Die Verbreitung von botanischen Gärten (die mit den medizinischen Fakultäten verbunden waren) auch außerhalb von Italien und Südfrankreich sowie die Praktiken des Botanisierens in der Nähe vom eigenen Zuhause und des Experimentierens im eigenen Garten erlaubten die Erweiterung des „lokalen“ botanischen Wissens und die „Entdeckung“ der einheimischen Natur.10

Der botanische Garten war nicht der einzige Ort der Auseinandersetzung mit Pflanzen. In privaten wie öffentlichen Sammlungen wurden Vegetabilia zusammengetragen und in den Akademien, die im 17. Jahrhundert europaweit entstanden, wurde das Thema der nützlichen Pflanzen immer wieder aufgegriffen. Der Wandel der Kommunikationsmedien erlaubte und begünstigte die Verbreitung des botanischen und naturgeschichtlichen Wissens. Neben der Korrespondenz spielten naturgeschichtliche Fragebögen, später die Preisfragen sowie die Veröffentlichung von thematischen Zeitschriften und illustrierten Büchern in Vulgärsprachen – man denke an die physikotheologische Literatur11 – eine wichtige Rolle. Seit der Renaissance, und besonders während des 18. Jahrhunderts, wurde das Interesse für die naturgeschichtliche Informationsbeschaffung, am Austausch von Objekten (Bücher und Zeitschriften, wie auch Samen und getrocknete Pflanzen) und von (angewandtem) Wissen zunehmend konfessions- und schichtübergreifend. Neben Gelehrten waren Adlige, Bauern, Diplomaten, Frauen, Gärtner, Geistliche und Jäger in diesen Prozess involviert. Im 18. Jahrhundert entwickelten sich die patriotischen und gemeinnützigen (ökonomischen) Gesellschaften zu Orten des agrarischen Experimentierens und wirkten als Drehscheibe zwischen einem angewandten agrarischen Wissen, den Interessen der Grundbesitzer, jenem der landbauenden Bevölkerung und der Politik. Mit ihrer Ausrichtung und ihren Formen der Kommunikation stellten sie gleichzeitig eine Kontinuität und einen Bruch gegenüber älteren Institutionen, den Akademien und Kunstkammern, dar.12

Im vorliegenden Band werden die Resultate des eingangs erwähnten Workshops publiziert, der am 9./10. September 2016 am Historischen Institut der Universität Bern stattgefunden hat. Diese Veranstaltung lässt sich in eine ganze Folge von Tagungen, Workshops und Panels – und der daraus hervorgehenden Sammelbände – einreihen, bei denen es immer um die Praktiken des Wissens, zeitlich schwergewichtig um das 18. Jahrhundert und thematisch hauptsächlich um die Wissensgeschichte der natürlichen Ressourcen sowie die vernetzte Kommunikation ging (siehe Tabelle).

Tabelle 1: Tagungen, Workshops und Panels zur Wissensgeschichte

Ort/Zeit

Thema (Veranstalter)

Organisation (O); Beiträge (B)

Augsburg 2004

Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahr-hunderts13

O: R. Dauser / S. Hächler / M. Kempe / F. Mauelshagen / M. Stuber

Potsdam 2005

Landschaften agrarisch-ökonomischen Wissens – Strategien innovativer Ressourcennutzung in Zeitschriften und Sozietäten des 18. Jahrhunderts14

O: M. Popplow / C. Buschmann; B: u.a. G. Gerber-Visser, M. Stuber

Augsburg 2011

Grenzen und Kontaktzonen – Rekonfigurationen von Wissensräumen zwischen Frankreich und den deutschen Ländern 1700–185015

O: R. Dauser / L. Schilling; B: u.a. S. Boscani Leoni, M. Stuber

Irsee 2013

Wissenszirkulation auf dem Land vor der Industrialisierung16

O: L. Schilling / R. Dauser / P. Fassl; B: u.a. M. Popplow

Essen 2013

Wissen in Landwirtschaft und ländlicher Gesellschaft (Gesellschaft für Agrargeschichte/Arbeitskreis Agrargeschichte)17

O: V. Lehmbrock / P. Moser / M. Popplow

Bern 2013

Panel: The Economic Enlightenment and Beyond. Collecting, Evaluating and Spreading Knowledge to Exploit Agrarian Resources (European Rural History Organisation EURHO)

O: R. Dauser / M. Popplow / M. Stuber

Fribourg 2013

Panel: Die Genese der agrarisch-industriellen Wissensgesellschaft. Wissenschaftliche Theorien und Praxiswissen in der Nutzung von Tieren und Pflanzen (18.–20. Jahr-hundert) (3. Geschichtstage der Schweiz)

O: P. Moser / J. Auderset; B: u.a. G. Gerber-Visser

Thematisch, institutionell und personell sind zahlreiche Kontinuitätslinien festzustellen. Gastgeber der ersten Tagung war der Augsburger Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit mit dem Graduiertenkolleg Wissensfelder der Neuzeit. Entstehung und Aufbau der europäischen Informationskultur, das im deutschsprachigen Raum bei der Herausbildung der Wissensgeschichte eine wichtige Rolle einnahm.18 Der Workshop in Potsdam fand im Rahmen des an der BTU Cottbus angesiedelten DFG-Projekts Ökonomisierung der Natur statt, dessen Konzeption die Diskussion zur Geschichte der intensivierten Ressourcennutzung in den folgenden Jahren bestimmen sollte.19 Beide Veranstaltungen waren mitgeprägt vom SNF-Projekt Nützliche Wissenschaft, Naturaneignung und Politik. Die Oekonomische Gesellschaft im europäischen Kontext, das 2003 am Historischen Institut der Universität Bern mit dem Ziel startete, die systematische Produktion von nützlichen Wissensbeständen in Bezug zu setzen mit gesellschaftlichen und politischen Konstellationen, wobei die pflanzlichen Ressourcen einen inhaltlichen Schwerpunkt bildeten.20

Unter den Teilnehmenden des Berner Workshops 2016 finden sich mit Gerrendina Gerber-Visser, Regina Dauser, Marcus Popplow und Martin Stuber nicht weniger als vier, die schon bei den grundlegenden Veranstaltungen dabei gewesen waren und sich seither kontinuierlich mit der Ökonomischen Aufklärung befasst haben. Neu dazu gestoßen sind zum einen Simona Boscani Leoni und ihre beiden Dissertantinnen Sarah Baumgartner und Meike Knittel, deren SNF-Projekt Kulturen der Naturforschung. Akteure, Netzwerke, Orte und Themen wissenschaftlicher Kommunikation in der Frühen Neuzeit ebenfalls am Historischen Institut der Universität Bern angesiedelt ist und die den zeitlichen Schwerpunkt des 18. Jahrhunderts zusätzlich vertiefen.21 Weitere Neuhinzukommende tragen zur Ausweitung der zeitlichen Perspektive bei, gegen hinten namentlich Dorothee Rippmann mit ihrer Analyse einschlägiger Kräuter- und Lehrbücher vom Mittelalter bis ins 16. Jahrhundert22 und Ulrike Kruse mit derjenigen der Hausväterliteratur im 17. und 18. Jahrhundert;23 gegen vorne Peter Moser und Juri Auderset mit ihrer Formation der Agrarisch-industriellen Wissensgesellschaft, die sie um 1850 einsetzen lassen.24 Zudem konnte Sophie Ruppel gewonnen werden, die in der frühneuzeitlichen Naturaneignung neben der „nützlichen“ Ressource auch eine ökologische Traditionslinie freilegt, indem sie den physikotheologischen Spuren folgt.25

Überhaupt kommt der Physikotheologie bei der Konstituierung unseres Gegenstands eine zentrale Bedeutung zu. Was bedeuten Begriffe wie „nützliches Wissen“ über Pflanzen und „Wissen zugunsten des Vaterlands“ in den verschiedenen Textgattungen? Wie und wann entwickelt sich ein nutzenorientierter Umgang mit der Natur? Sowohl die Periodisierung des Begriffes „Ressourcen“ als auch die Problematisierung des Begriffes „Grenzen“ hängen eng mit der Infragestellung des physikotheologischen Denkmusters der Oeconomia naturæ zusammen; namentlich mit der Idee, dass Gott die Natur harmonisch geschaffen und in einem nie erschöpfenden Zustand erhalten habe, eine Idee, die noch lange die botanische Erforschung angetrieben hat, wie Meike Knittel in ihrem Beitrag am Beispiel des Botanikers Johannes Gessner (1709–1790) darstellt.

Wir haben unserem Workshop vier Analyseebenen zugrunde gelegt: Perioden des Wissens (1), Objekte des Wissens (2), Orte und Akteure des Wissens (3), Formen des Wissens (4): Auf der ersten Ebene der zeitlichen Gliederung gehen wir von folgender Grobperiodisierung aus:

Kräuterbücher

Mittelalter bis 16. Jahrhundert

Hausväterliteratur

17. und 18. Jahrhundert

Ökonomische Aufklärung

18. bis Mitte 19. Jahrhundert

Agrarisch-industrielle Wissenskultur

zweite Hälfte 19. und 20. Jahrhundert

Diese Sequenz ist nur idealtypisch als streng abgegrenzte zeitliche Abfolge von einander ablösenden Konstellationen zu verstehen. In der historischen Wirklichkeit sind vielmehr fließende Übergänge und zeitliche Überlappungen zu beobachten. So zeigen sich etwa in der Art, wie die – bis in die Antike zurückreichende – Tradition der gelehrten Agrarliteratur mit eigenen Erfahrungen und Beobachtungen verbunden wird, große Ähnlichkeiten zwischen der von Ulrike Kruse untersuchten Hausväterliteratur des 17. und 18. Jahrhunderts auf der einen und den von Dorothee Rippmann in den Blick genommenen Kräuter- und Lehrbüchern des 16. Jahrhunderts auf der anderen Seite. Umgekehrt findet sich schon bei Hieronymus Bock (1498–1554) und Charles Estienne (1504–1564) das Konzept des Territoriums, das den territorialen Blick der Ökonomischen Aufklärung auf die pflanzlichen Ressourcen in gewisser Hinsicht vorwegnimmt (Beiträge von Sarah Baumgartner, Regina Dauser, Gerrendina Gerber-Visser, Martin Stuber).

Als zweite Untersuchungsebene sehen wir die Objekte des Wissens, also in unserem Fall die unterschiedlichen Gruppen von Kulturpflanzen. Deren spezifische Eigenschaften und Verwendungszwecke prägten die einzelnen Wissensgeschichten wesentlich, weshalb wir bei der Zusammenstellung des Workshops darauf geachtet haben, dass möglichst unterschiedliche Nutzpflanzentypen vertreten sind:

Futterpflanzen

(Sarah Baumgartner)

Gartenpflanzen

(Ulrike Kruse)

Getreide

(Juri Auderset/Peter Moser)

Heilpflanzen

(Meike Knittel)

Obst

(Martin Stuber)

Tabak

(Regina Dauser)

Textilpflanzen

(Gerrendina Gerber-Visser)

Torf

(Simona Boscani Leoni)

Als dritte Ebene der Analyse nehmen wir die Orte des Wissens, die eng mit den unterschiedlichen Akteuren verbunden sind, in den Blick. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien einige der hier vertretenen Konstellationen aufgeführt, wobei die einzelnen Beiträge der Übersicht halber nur je einmal zugeordnet werden:

Gelehrtenstube/Bibliothek –

Gelehrter (Dorothee Rippmann, Sophie Ruppel)

Herrschaftsgarten –

Gutsherr (Ulrike Kruse)

Territorium –

Verwaltungsleute/Landleute (Simona Boscani Leoni, Regina Dauser)

Wissenschaftsinstitution/Botanischer Garten –

Botaniker/Agrarwissenschaftler (Meike Knittel, Juri Auderset/Peter Moser)

Sozietät/Landwirtschaftsverein –

Magistrat/Pfarrer/Landleute usw. (Sarah Baumgartner, Gerrendina Gerber-Visser, Martin Stuber)

Die Wissensgeschichte stellt bekanntlich die Zirkulation unterschiedlicher Wissensformen – etwa gelehrtes, technologisches, administratives oder traditionales Wissen – innerhalb der Gesellschaft ins Zentrum.26 Ausgangspunkt dieser vierten Ebene können folgende Dichotomien sein:

theoretisches Wissen

praktisches Wissen

universales Wissen

lokales Wissen

explizites Wissen

implizites Wissen

In der konkreten historischen Untersuchung zeigt sich aber sofort, dass sich diese Kategorien häufig weniger gegenüberstehen als gegenseitig durchdringen. Gerade solche vielfältigen Interaktionen zwischen den verschiedenen Formen des Wissens stehen im Zentrum des vorliegenden Bandes. Dass die mehrdimensionale Analyse im Folgenden nicht abstrakttheoretisch, sondern anschaulich-konkret geschieht, sollen die zahlreichen Illustrationen der Akteure, Medien, Orte und Objekte unterstreichen, in denen sich die Wissensgeschichten der pflanzlichen Ressourcen in ihrer materiellen Gestalt präsentieren.

Anmerkungen

1     Vgl. z.B. Steven Shapin/Simon Schaffer, Leviathan and the Air-pump, Princeton 1985; Steven Shapin, The Scientific Revolution, Chicago u.a. 1996; Nicholas Jardine, Cultures of Natural History, Cambridge 1997; Lorraine Daston/Katharine Park, Wonders and the order of nature, 1150–1750, New York 1998.

2     Für den deutschsprachigen Raum grundlegend: Achim Landwehr (Hg.), Geschichte(n) der Wirklichkeit. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte des Wissens, Augsburg 2002; Jakob Vogel, Von der Wissenschafts- zur Wissensgeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 30 (2004), 639–660; Achim Landwehr, Wissensgeschichte, in: Rainer Schützeichel (Hg.), Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung, Konstanz 2007, 801–813; Markus Völkel, „Lob des Blütenstaubs“ oder „musivisches Werk“? Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Wissensgeschichte, in: Archiv für Kulturgeschichte 89 (2007), 191–216.

3     Vgl. z.B. Dirk van Miet (Hg.), Communicating Observations in Early Modern letters (1500–1675): Epistolography and Epistemology in the Age of the Scientific Revolution, London 2013; André Holenstein/Hubert Steinke/Martin Stuber (Hg.), Scholars in Action. The Practice of Knowledge and the Figure of the Savant in the 18th Century, 2 Bde., Leiden/Boston 2013; Silke Förschler/Anne Mariss (Hg.), Akteure, Tiere, Dinge. Verfahrensweisen der Naturgeschichte in der Frühen Neuzeit, Köln 2017.

4     Z.B. Lorraine Daston (Hg.), Things That Talk, New York 2004; Bernard Lightman (Hg.), A companion to the history of science, Oxford 2016, Part IV „Tools of Science“, 443–586; Diarmid A. Finnegan, The spatial turn: Geographical approaches in the history of science, in: Journal of the History of Biology 41 (2008), 369–388; Fan Fa-ti, The Global Turn in the History of Science, in: East Asian Science, Technology and Society: An International Journal 6 (2012), 249–258.

5     Über die Kolonialfragen und die colonial history siehe den Kommentar von Marcus Popplow am Ende des Bandes.

6     René Sigrist/Eric Widmer/Wladimir Berelowitsch, Les lieux des sciences dans l’Europe moderne, in: Stella Ghervas/François Rosset (Hg.), Lieux d’Europe, mythes et limites, Paris 2008, 45–64.

7     Zum globalen Pflanzentransfer: Marianne Klemun, Globaler Pflanzentransfer und seine Transferinstanzen als Kultur-, Wissens- und Wissenschaftstransfer der Frühen Neuzeit, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 29 (2006), 205–223; Norbert Ortmayr, Kulturpflanzen: Transfer und Ausbreitungsprozesse im 18. Jahrhundert, in: Margarete Grandner/Andrea Komlosy (Hg.), Vom Weltgeist beseelt. Globalgeschichte 1700–1815, Wien 2004, 75–101; William Beinart/Karen Middleton, Plant Transfers in Historical Perspective. A Review Article, in: Environment and history 10 (2004), 3–29.

8     Siehe Mauro Ambrosoli, The Wild and the Sown. Botany and Agriculture in Western Europe: 1350–1850, Cambridge 1997.

9     Brian W. Ogilvie, The Science of Describing. Natural History in Renaissance Europe, Chicago/London 2006.

10   Über die Entdeckung der „lokalen“ Natur vgl. z.B. Alix Cooper, Inventing the Indigenous: Local Knowledge and Natural History in Early Modern Europe, Cambridge Ma. 2007; Silvia Flubacher, Alpen-Tiere. Lokale Wissenswelten in der schweizerischen Naturgeschichtsschreibung, in: Kaspar von Greyerz/Silvia Flubacher/Philipp Senn (Hg.), Wissenschaftsgeschichte und Geschichte des Wissens im Dialog – Connecting Science and Knowledge, Göttingen 2013, 347–373; zu den botanischen Gärten: z.B. Paula Findlen, Anatomy Theaters, Botanical Gardens, and Natural History Collections, in: Katharine Park/Lorraine Daston (Hg.), Early Modern Science (Cambridge History of Science, Bd.3), Cambridge 2006, 272–289.

11   Ein erneutes Interesse für die Physikotheologie und besonders für einen methodischen Austausch zwischen deutschsprachiger und englischsprachiger Forschung zeigt die Tagung Physico-theology in England and on the European Continent (1650–c.1750), die in Wolfenbüttel am 14.–16. Juni 2017 von Kaspar von Greyerz und Ann Blair organisiert wird.

12   Siehe Marcus Popplow (Hg.), Landschaften agrarisch-ökonomischen Wissens. Strategien innovativer Ressourcennutzung in Zeitschriften und Sozietäten des 18. Jahrhunderts, Münster u.a. 2010; Koen Stapelbroek/Jani Marjanen (Hg.), The Rise of Economic Societies in the Eighteenth Century: Patriotic Reform in Europe and North America, Basingstoke 2012; Peter M. Jones, Agricultural Enlightenment: Knowledge, Technology and Nature, 1750–1840, Oxford 2016.

13   Regina Dauser u.a. (Hg.), Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts, Berlin 2008.

14   Popplow (Hg.), Landschaften.

15   Regina Dauser/Lothar Schilling (Hg.), Grenzen und Kontaktzonen. Rekonfigurationen von Wissensräumen zwischen Frankreich und den deutschen Ländern 1700–1850 (Discussions 7/2012), http://www.perspectivia.net/publikationen/discussions/7-2012 (1.7.2017).

16   Regina Dauser/Peter Fassl/Lothar Schilling (Hg.), Wissenszirkulation auf dem Land vor der Industrialisierung, Augsburg 2016.

17   Tagungsbericht von Johannes Bracht und Gunter Mahlerwein, in: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 61 (2013) H.2, 96–101; siehe z.B. Verena Lehmbrock, Landwirtschaft in den Stand einer Wissenschaft erheben. Zur Wissenschaftsreflexion deutscher ökonomischer Aufklärer 1750–1820, unveröffentlichte phil. Diss., TU Berlin 2016.

18   1997–2008, Sprecher: Johannes Burkhardt; siehe z.B. Landwehr (Hg.), Geschichte(n) der Wirklichkeit.

19   2002–2005, Leitung: Günter Bayerl; siehe z.B. Torsten Meyer/Marcus Popplow, „To employ each of Nature’s products in the most favorable way possible“. Nature as a commodity in Eighteenth-Century German Economic discourse, in: Historical Social Research 29 (2004) H.4, 4–40; besonders zu den pflanzlichen Ressourcen: Marcus Popplow, Knowledge Management to Exploit Agrarian Resources as Part of Late-eighteenth-century Cultures of Innovation: Friedrich Casimir Medicus and Franz von Paula Schrank, in: Annals of Science 69 (2012), 413–433.

20   2003–2013, Leitung: André Holenstein, Christian Pfister; siehe z.B. André Holenstein/Martin Stuber/Gerrendina Gerber-Visser (Hg.), Nützliche Wissenschaft und Ökonomie im Ancien Régime. Akteure, Themen, Kommunikationsformen (Cardanus Jahrbuch für Wissenschaftsgeschichte, Bd.7), Heidelberg 2007; zu den pflanzlichen Ressourcen darin besonders der Beitrag von Martin Stuber und Luc Lienhard, Nützliche Pflanzen. Systematische Verzeichnisse von Wild- und Kulturpflanzen im Umfeld der Oekonomischen Gesellschaft Bern 1762–1782, in: Ebd., 65–106; André Holenstein, Kartoffel oder Seide? Kulturelle Implikationen agrarischer Innovationen in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft, in: Susanne Hilger/Achim Landwehr (Hg.), Wirtschaft – Kultur – Geschichte. Positionen und Perspektiven, Stuttgart 2011, 157–173; Martin Stuber, Kulturpflanzentransfer im Netz der Oekonomischen Gesellschaft Bern, in: Dauser u.a. (Hg.), Wissen im Netz, 229–269.

21   Siehe z.B. Simona Boscani Leoni/Miriam Nicoli (Hg.), Wissenszirkulation in der Schweiz des 18. Jahrhunderts: Akteure und Praktiken (xviii.ch. Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts, Bd.7/2016), Basel 2016; Simona Boscani Leoni, Queries and questionnaires: Collecting Local and Popular Knowledge in 17th and 18th Century Europe, in: Greyerz/Flubacher/Senn (Hg.), Wissenschaftsgeschichte, 187–210.

22   Siehe z.B. Dorothee Rippmann, „… dass die Erde die Mutter und die Sonne der Vater der Pflanzen ist“. Bartholomaeus Anglicus’ enzyklopädisches Wissen über Pflanzen im Solarzeitalter, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung (MIÖG) 123 (2015), 341–370.

23   Siehe Ulrike Kruse, Der Natur-Diskurs in Hausväterliteratur und volksaufklärerischen Schriften vom späten 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert, Bremen 2013; Dies., Hausväterliteratur. Praktische Ratgeber für eine imaginierte Landwirtschaft, in: Roman Abt u.a. (Hg.), Wirtschaft im ländlichen Raum = Traverse. Zeitschrift für Geschichte 21 (2014) H.2, 40–52.

24   Siehe z.B. Juri Auderset/Peter Moser, Die Agrarfrage in der Industriegesellschaft. Transformationen der Wissenskulturen, Machtverhältnisse und natürlichen Ressourcen in der agrarisch-industriellen Wissensgesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert (im Druck); Juri Auderset/Beat Bächi/Peter Moser, Die agrarisch-industrielle Wissensgesellschaft im 19./20. Jahrhundert: Akteure, Diskurse, Praktiken, in: Beat Brodbeck u.a. (Hg.), Geschichte im virtuellen Archiv. Das Archiv für Agrargeschichte als Zentrum der Geschichtsschreibung zur ländlichen Gesellschaft, Baden 2012, 21–38.

25   Siehe Sophie Ruppel/Aline Steinbrecher (Hg.), Die Natur ist überall bey uns: Mensch und Natur in der Frühen Neuzeit, Zürich 2009, 109–124; darin der Beitrag von Simona Boscani Leoni, Zwischen Gott und Wissenschaft: Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733) und die frühneuzeitliche Naturforschung, 183–194.

26   Daniel Speich-Chassé/David Gugerli, Wissensgeschichte. Eine Standortbestimmung, in: Traverse 19 (2012) H.1, 85–100, hier 86.

Dorothee Rippmann Tauber

Aneignung von „Wildem“ und Neuem durch Sprache – im Lichte von Agrarschriften und Kräuterbüchern

„Unser Germania würt bald Felix Arabia heissen, dieweil wir so vil frembder gewächs von tag zů tag auß frembden landen in unsern grund gewenen, under welchen dz groß Welsch korn nit das geringst ist, on zweifel erstmals von kauffleütten auß warmen feisten landen zů uns gefürt worden“.1

Heute ist etwa ein Viertel unserer Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Die wichtigsten Faktoren sind das Wachstum der Städte und in erheblicherem Ausmaß die Landwirtschaft. Schätzungsweise ein Drittel der Erdoberfläche wird landwirtschaftlich genutzt, um die Menschheit zu ernähren – an erster Stelle stehen der Anbau von Mais, Reis, Weizen und Soja. Die voraussichtliche Ausweitung dieser Fläche bedeutet nach Ansicht von Biodiversitätsforschern wie dem Ökologen Hanno Schäfer, dass weitere Arten gefährdet sind.2 Die heutige Kenntnis der Pflanzen und die Wahrnehmung der Vielfalt der Flora sind letztlich das Ergebnis eines bis auf die Antike zurückgehenden historischen Prozesses. In diesem Artikel soll eine Periode der Wissensgeschichte untersucht werden, während der sich die Beschäftigung mit Botanik und Landwirtschaft intensivierte und in Europa nicht bloß neue Pflanzen eingeführt wurden, sondern sich auch neue Forschungsmethoden durchsetzten.

Pflanzen sind der Untersuchungsgegenstand der Botanik, ein bis zum Beginn der Neuzeit nicht gängiger Begriff, wie es überhaupt die Biologie nicht gab.3 Botanica wird in Zedlers Universallexikon 1733 so definiert:

„Eine Wissenschaft die Kräuter, Blumen, Saamen und Pflantzen, nicht nur durch gewiße Kennzeichen von einander zu unterscheiden, sondern auch derselben Natur, Eigenschafften, Krafft und Würckung zu verstehen. Ist dahero in der Artzeney-Kunst ein so nöthiges Stück, als die Kräuter selbst. Ihren ersten Ursprung hat man Apollo und Aesculapius zuschreiben wollen. Plinius, Theophrastus und sonderlich Dioscorides sind die ältesten, die davon in ihren vortrefflichen Schrifften gehandelt.“4

Im 18. Jahrhundert hatte sich die Botanik längst von einem Seitentrieb der Medizin zu einem Haupttrieb im Sinne einer eigenen Disziplin entwickelt, wie es der Artikel sagt.5 Er zeichnet ihre in der Antike begründete Geschichte mit wenigen Strichen nach und sagt, dass die Botanik die Arten anhand morphologischer Merkmale bestimmt und botanisches Fachwissen die Kenntnis ihrer intrinsischen Eigenschaften (zeitgenössisch: „Kräfte und Wirkungen“) bedeutet – wie es die seit dem späten 15. Jahrhundert (Ortus sanitatis) gedruckten Kräuterbücher bezeugen.6

Wenn ich zu „Wissensgeschichte(n) der pflanzlichen Ressourcen“ Stellung nehme, so tue ich dies als Historikerin. Die Quellen aus biologischer Sicht zu beurteilen, ist andererseits die Prärogative multidisziplinär geschulter Gelehrter wie E. L. Greene, J. Stannard, W. T. Stearn und B. Hoppe.7 Mein Artikel ist am ehesten einer Kulturgeschichte der Pflanzen und gärtnerischen Wissens verpflichtet.8 Themen sind der Austausch von Wissen, die Medien der Wissensverbreitung und die Orte und Institutionen von Wissensproduktion und -pflege. Die Antikenrezeption und die Buchgeschichte müssen weitgehend ausgeklammert bleiben.

In den ersten beiden Kapiteln wird zunächst die Entwicklung botanischen Wissens vom 13. bis zum 16. Jahrhundert skizziert. Leitende Fragen sind: Von welchem Interesse waren (theoretische) Texte für die Leser? Inwiefern waren Enzyklopädien, Pflanzenbücher und Agrarschriften für den praktischen Gebrauch konzipiert und geeignet? Welchen Stellenwert besaß Buchwissen für die Praktiker im Land- und Gartenbau? Wo wären Ansätze zu Innovationen zu erkennen? Ich untersuche L’Agriculture et Maison Rustique des Pariser Gelehrten und Buchdruckers Charles Estienne und zuletzt das etwas ältere Herbarbuch von Hieronymus Bock. Das sind erstens eine für Olivier de Serres und die Hausväter wegweisende Agrarschrift und zweitens ein für den ärztlich-pharmazeutischen Gebrauch bestimmter Pflanzenkatalog. Beide Werke lassen eine gegenüber dem Spätmittelalter veränderte Wahrnehmung von Natur erkennen, in beiden ist eine neue, national gefärbte Perspektive fassbar.

Diesen Aspekt werde ich im zweiten Kapitel anhand des französischen Arztes Charles Estienne erläutern, der seine Zielsetzung und Arbeitsmethode ausführlich reflektiert. Diskutiert wird, wie Estienne in der Mitte des 16. Jahrhunderts das Spannungsfeld zwischen Antike und Gegenwart bzw. zwischen der in antiken Texten beschriebenen mediterranen Pflanzenwelt und jener im modernen Frankreich nördlich der Alpen gesehen hat. Der Pariser Arzt erkannte erhebliche Divergenzen zwischen den Naturbeschreibungen antiker Texte und dem, was in seinem eigenen Beobachtungshorizont in Frankreich lag; zudem ließ sich antikes Buchwissen mit den materiellen und technischen Gegebenheiten seiner Gegenwart nicht zur Deckung bringen. Um diese als Gegenstand der Lehre in den Kanon botanisch-agrarwirtschaftlichen Wissens einordnen zu können, musste zuerst ein sprachlicher Begriffsapparat entwickelt werden. Estienne suchte die Divergenzen zu überwinden, wobei die Konzepte von „nation“ und Territorium eine Schlüsselrolle spielten; und so stehen im Werk Estiennes die Wörter „nation“ und „pays“ nebeneinander. Sprachliche Aneignung erweist sich als Voraussetzung für Erkenntniszuwachs und Wissensvermittlung. Neu war im 16. Jahrhundert, dass sich Botaniker wie Estienne und Bock auf die Kenntnisse von Bauern und weiteren ländlichen Akteuren und Akteurinnen stützten, die sie als Träger und Vermittler von Wissen achteten.

Im Kapitel „Botanik und Wissensräume“ werden die Medien des Wissens erörtert, dazu gehören neue einschlägige Textgattungen, die sich in der Frühen Neuzeit ausdifferenzierten. Als innovative Elemente der Wissensorganisation traten neben die Bücher andere Medien des Lernens und Experimentierens mit Pflanzenzucht wie insbesondere botanische Gärten. Es ist zu sehen, wie diese als Lernorte und Wissensspeicher die Lernkultur an den Universitäten veränderten. Dazu gehörte insbesondere die Vertiefung von botanischer Lehre und des Lernens durch die Praxis der Feldforschung und des Sammelns.

Die genannten Aspekte werden in den beiden Kapiteln über Hieronymus Bock weiter ausgeführt. Dieser Botaniker betrachtete die Flora der deutschen Lande unter dem Gesichtspunkt der Fruchtbarkeit, der Diversität und des ökonomischen Reichtums. Der quantitative Schwerpunkt seines Kräuterbuchs liegt auf den Wildpflanzen. Bei den Abschnitten zu den Kulturpflanzen ist zu sehen, dass der Autor zwischen einheimischen und neu eingeführten Taxa keinen wertenden Unterschied macht; indes erfolgt die Aneignung bzw. positive Aufnahme der neuweltlichen Pflanzen sozusagen aus europäischem Blickwinkel durch sprachliche ,Eingemeindung‘. Dadurch wird die geographische Herkunft aus Meso- und Nordamerika verdeckt und somit unsichtbar gemacht.

Universalismus versus „the invention of the indigenous“9

In der Antike und im Mittelalter trugen vielerlei Kulturpflanzen, an erster Stelle Getreide, sowie auch Wildpflanzen zur Ernährung der Menschen bei. In der wissensvermittelnden Literatur des Mittelalters, zu der die Enzyklopädien gehörten, ist der Rekurs auf „wilde“ Pflanzen/Bäume (arbores silvaticae) omnipräsent, oft gebündelt im Begriffspaar silvaticus – domesticus (wild – zahm), wie ich es am Beispiel des Pflanzenbuchs von Bartholomäus Anglicus dargestellt habe (De proprietatibus rerum, liber XVII).10 Intention und Betrachtungsperspektive des im 13. Jahrhundert in Paris und Magdeburg lebenden Franziskaners Bartholomäus waren dem Universalismus verpflichtet, wird doch die ganze damals bekannte Welt, einschließlich des in Europa im Wesentlichen nur vom Hörensagen bekannten Nahen Ostens, des Orients und Ägyptens, behandelt. Dieser Blickwinkel nimmt an der Bibel Maß und widerspiegelt den universalen Anspruch der christlichen Heilsbotschaft. Der Charakter der unter anderen von Plinius übernommenen Kommentare von Bartholomäus Anglicus zu den Pflanzen sei kurz skizziert: Er ordnet seinen Katalog nach einem damals gängigen Schema alphabetisch an. Es gibt wenige Vorstellungen über Klimazonen, Pflanzenstandorte, Boden, Mikroklima, Boden und Pflanzen als interaktives System oder die Pflanzenvergesellschaftung. Anders gesagt: Es gibt kein Konzept regionaler und lokaler Floren. Auch interessiert den Autor bzw. Kompilator die Morphologie der Pflanze weniger als ihr Nutzen gegen körperliche Leiden, Gift, Hundebisse und Ähnliches.

Andere Zugänge zur Pflanzenwelt bieten die Agrarlehren wie der bekannte Traktat De omnibus agriculturae partibus, et de plantarum animalium que natura et utilitate lib[ri] XII non minus des Bologneser Juristen Petrus de Crescentiis.11 Das in zwölf Bücher eingeteilte Werk wurde um 1300 als erste Schrift des lateinischen Mittelalters über die Landwirtschaft vollendet und unter dem Titel Ruralia commoda bekannt.12 Sie kann als Pfeiler und Vorläufer frühneuzeitlicher Agrarlehren bis hin zur Hausväterliteratur gelten. In der weiten Verbreitung und Rezeption der Frühdrucke (seit der editio prima von 1471 acht Drucke allein bis 1500) dieser in viele Volkssprachen übersetzten Schrift13 manifestiert sich ab dem späten 15. Jahrhundert eine kollektive Sensibilität für die Literaturgattung der Agrarschriften,14 beginnend mit den Klassikern von Cato dem Älteren (234–149 v.Chr.), Varro (116–27 v.Chr.), Vergil (70–19 v.Chr.), Columella (1. Jh. n.Chr.)15, Plinius (23–79 n.Chr.) und dem aus dem senatorischen Adel stammenden Bischof Palladius (5. Jh. n.Chr.).16 Dabei haben wir uns heute zu fragen, welchem Zweck die Lektüre der Texte im Zeitalter des (Früh-)Humanismus dienen mochte: Ging es um die Pflege der sprachlichen und literarischen Bildung, das lateinische „colere“ im Sinn von Kultur? Oder wollten landbesitzende Rezipienten aus den Traktaten agrartechnisches Wissen für die Praxis gewinnen? Sollten deren handlungsorientierende Hinweise für die Optimierung von Erträgen und Gewinn sorgen, ging es also um „colere“ im Sinn von Ackerbau/Landbau? Gemäß Benedikt K. Vollmann erscheint der Unterschied zwischen der Agrarlehre des Petrus de Crescentiis und ihren Vorlagen „nicht gerade riesig“, der agrarinnovative Anstoß demnach eher gering. Immerhin enthalten die Bücher VII, VIII und X einiges Eigenes und Neues, für das keine Vorlagen bekannt sind. In die Zukunft weist Petrus mit seinem Ansatz, ein praktisches Lehrbuch zu verfassen (respektive zu kompilieren) und mit eigener Beobachtung unterlegte Ratschläge zu geben. Kritik an Autoritäten sei angebracht, wenn deren Aussagen dem Experimentum und dem durch Experientia gewonnenen Wissen nicht standhalten.17 Eigenes figuriert etwa in den Ausführungen zur Bodenqualität (im Sinn der Vier-Elemente-Lehre) und Bodenfruchtbarkeit und den Methoden der Bodenverbesserung durch Düngen und Gründüngung.18

Abgesehen davon gewinnt Petrus keine neuen Erkenntnisse zur Botanik, wie man aus Greenes Einschätzung zum Wissensstand im 16. Jahrhundert schließen kann: „I have met with no evidence that during the fifteen centuries intervening between Dioscorides and Brunfels there had been any progress made in the knowledge and understanding of floral structures.“19 Zum Gegensatzpaar silvaticus – domesticus und den Vorzügen (der Früchte) domestizierter Pflanzen äußert sich Petrus in Buch II, wo er in Anlehnung an Albertus’ De vegetabilibus vom „Zusammenhang und Trennen von Pflanzen“ und „Von der Verwandlung einer Pflanze in eine andere“ spricht. Abgesehen von den Verwandlungen einer Art in eine andere

„gibt es noch die [Verwandlung], in der aus einer Wildpflanze eine Kulturpflanze und aus einer Kulturpflanze eine Wildpflanze wird […]. Es ist ja eine Erfahrungstatsache, daß jede kultivierte Pflanze, die man nicht pflegt, verwildert, und jede Wildpflanze kultiviert wird, wenn man ihr Pflege angedeihen läßt. Die wild wachsenden Pflanzen haben mehr Früchte als die kultivierten, doch sind diese kleiner und herber. Die kultivierten Pflanzen haben dagegen weniger, aber süßere oder zumindest weniger bittere und zudem größere Früchte als die Wildpflanzen.“20

Für die Gesamtkonzeption des Handbuchs ist das „Wilde“ indes kaum mehr von Belang, da die Kapitel über die Pflanzen vom Getreidebau (Buch III) und Wein- und Obstbau (Buch IV und V) handeln. In Buch VI Von den Gärten und von der Natur und dem Nutzen der Kräuter stellt Petrus Gewürz- und Heilkräuter, Gemüse, Wurzelgemüse und Kürbisgewächse (Melonen) vor. Die hier ebenfalls behandelten Wildpflanzen sind für ihn wegen ihres gesundheitlichen und medizinischen Nutzens relevant.

Bis heute sind von den Ruralia commoda zahlreiche Handschriften überliefert, davon allein 130 lateinische. Ambrosoli hat in einem Sample von 172 Druckexemplaren der Ruralia commoda sozusagen die Lektüren konkreter sowie anonymer Leser untersucht.21 Anhand handschriftlicher Einträge und der von Lesenden hinterlassenen Besitzerwappen, Gebrauchsspuren und Kommentierungen ermittelte er, welches fachspezifische Interesse die Lesenden zum Gebrauch motivierte und worauf sie besonders achteten.22 Bei solcher Annäherung an Lektürepräferenzen ist relevant, dass die nord- und zentraleuropäischen Leser die Pflanzenwelt des Mittelmeerraums vorgeführt bekamen; andererseits war es wegen philologischer Irrtümer und der Verwechslung von Pflanzen (im Falle der Lupine/medica sativa, die mit dem Gras melica verwechselt wurde23) vielfach nicht möglich, das Geschriebene korrekt zu identifizieren und in der Praxis umzusetzen. Um solche Irrtümer aufzuklären, bedurfte es der Expertise anonymer Techniker, welche die Pflanze bereits kannten und anbauten, wie Ursula Schlude zu Recht bemerkt.24

Aneignung durch Sprache

Nun wurde das Interesse der Gelehrten an Landwirtschaft – statt wie bis anhin durch die Vermittlung der arabischen Autoritäten – durch die antiken und frühmittelalterlichen Schriften (z.B. von Palladius) stimuliert, welche von der als universal aufgefassten, in concreto jedoch mediterranen Welt handelten. Dabei gingen Ratschläge über nicht eindeutig identifizierte Pflanzen (wie z.B. die Luzerne) ins Leere oder wurden Dinge und Pflanzen in der Welt der Atlantikküste und Nordeuropas nicht vorgefunden. In der Wahrnehmung bestand also eine irritierende Kluft zwischen der (angenommenen) Universalität der von den antiken Autoren beschriebenen südalpinen oder Mittelmeerwelt, die auch jene der Bibel ist, und der Partikularität in den nordalpinen Regionen Europas – und der Neuen Welt. Zu erleben war sie auch in der Sprache und in Divergenzen der Vokabularien.

Charles Estienne (1504–1564), einer der Begründer der Geographie und Agrarwissenschaft, nahm sich dieser Problematik an und war bestrebt, den Bestand antik-überlieferten Wissens und der Vokabularien (Nomenklatur der Pflanzen) mit den vor Ort in Frankreich vorgefundenen Gegebenheiten zu vergleichen, wie Chantal Liaroutzos erkannte. Sie hat die Werke des aus einer Buchdruckerfamilie stammenden Arztes diskursanalytisch untersucht. Estienne deckte die genannten Differenzen auf – zuerst philologisch, dann auf der inhaltlichsachkundlichen Ebene – und suchte sie zu überwinden.25 Seine frühen lateinischen Traktate zu Gärten, Baumgärten, Weinbau, Wiesen und Wald (1536, 1538 und 1540) hatte er in didaktisch-pädagogischer Absicht geschrieben; die (Medizin) Lernenden sollten anhand dieser alltagswichtigen Thematiken ihre Lateinkenntnis vertiefen. Sein Anliegen war es – wie auch das des Schweizers Conrad Gessner –, zwischen den altsprachlichen Bezeichnungen und den zeitgenössischen zu vermitteln, das heißt, die sprachlichen wie auch sachlichen gaps zwischen Antike und Gegenwart zu identifizieren. Aus seinen didaktischen Traktaten wuchs gegen Ende seines Lebens das Projekt einer Synthese in der Volkssprache: Das knapp 1000 Seiten umfassende landwirtschaftliche Lehrbuch L’Agriculture et Maison Rustique erschien 1564 postum, in der erweiternden Bearbeitung durch seinen Schwiegersohn Jean Liébault (1535–1596).26 Folgendes Zitat ist ein Schlüssel zu Estiennes bzw. Liébaults Intentionen: „Nobis quoque: plerasque in usum veniant, quibus plane antiqui hortorum cultores caruisse videantur“. [„Bei uns sind viele Dinge in Gebrauch gekommen, derer die antiken Gärtner vollkommen ermangelten“.]27 Antikes Wissen sei überholt, weil eben Böden, Techniken, Werkzeug, Pflanzen sich unterschieden und es seither Neuerungen gegeben hätte. Um aktuelle agrartechnische Realitäten zu fassen, mussten Begrifflichkeiten erst geschaffen werden. Das bedeutet: sich zuerst Neues durch Sprache aneignen, bevor man es im Medium von Schrift und gedrucktem Buch weitergeben und propagieren konnte. Dazu meint Liaroutzos: „Faire entrer dans une langue morte des objets contemporains et vivants (plantes, animaux, techniques), ignorés des Grecs et des Romains, c’est réaliser par le langage cette continuité sans laquelle un savoir ne peut se constituer.“28 Damit wird der Gegenstand historisiert, Pflanzen (bzw. Pflanzengesellschaften) und Landwirtschaft wird zuerkannt, dass sie sich über die Zeit hinweg wandeln.

Der Schwerpunkt des Handbuchs Estiennes liegt auf dem Garten, dem Laboratorium gärtnerisch-landwirtschaftlicher Verbesserung.29 Um eine Sache in der Praxis umzusetzen, ist die Bezeichnung und sprachliche Aneignung erste Voraussetzung für jede weitere (handlungsorientierte) Didaxe für Gärtnerinnen und Landwirte. Die Dinge werden nach Erscheinungen benannt, die innerhalb des gegebenen Lebensraums Relevanz haben.30

„Eh bien! croyez-moi, c’est à mon avis tout ce qu’il y a de plus difficile; parce que d’une part la culture de nos jardins diffère du tout au tout de celle des Anciens, et que d’autre part nous n’avons pas tout ce qu’ils avaient à leur disposition“.31

Neues wird in Lehrbüchern des 16. Jahrhunderts explizit sprachlich ,eingemeindet‘ und so sind im Anhang von L’Agriculture et Maison Rustique die Namen von alt- und neuweltlichen Pflanzen in synoptischen Listen der lateinischen und französischen Wörter übersichtlich dargestellt. Estiennes philologische Zielsetzung geht nicht ganz so weit wie diejenige Gessners, der sich ebenso für indianische Pflanzen und Drogen (Mais, Kakteen, den südamerikanischen Tabak, Tomate, Kürbis, Pfeffer und Guayakholz) wie für indianische Sprachen interessierte.32

Nun fällt der erkenntnistheoretisch wichtige Entscheid, ein Konzept von Territorium auf nationaler Grundlage einzuführen. Als Erster, wie Liébault meint, berücksichtigt Charles Estienne die Böden und Wachstumsbedingungen im Königreich Frankreich.33 Der König „a fait que nostre France a este enrichie de plusieurs plantes, herbes et arbres exquis, desquels auparavant non seulement la figure et culture nous estoyent dutout incogneues, mais aussi les noms d’iceux.“34 Hier wird nun nicht naturwissenschaftlich argumentiert, sondern national, indem dem König – im Falle des Rauchtabaks auch der Königin-Mutter35 – das Verdienst der Einführung neu(weltlich)er, nützlicher Drogen und Pflanzen zugeschrieben wird. Er sei ein Freund der Landwirtschaft und seine herrscherliche Großzügigkeit und Freigiebigkeit wirke sich dahingehend aus, dass „nostre païs est le plus copieux, abondant, et fertile en toute chose venant de la terre, et necessaire pour la vie humaine que nul autre.“36

Im römisch-deutschen Reich pflegte Hieronymus Bock einen ähnlichen Ansatz, indem er die als besonders wertvoll taxierte einheimische deutsche Flora behandelte: De Stirpium: maxime earum, quae in Germania nostra nascuntur, usitatis nomenclaturis propriisque differentiis (1552). Dabei handelt es sich um die von David Kyber besorgte lateinische Übersetzung des Kreüter Buchs. Darin wird in Deutschland nicht Endemisches ebenso wie Einheimisches behandelt, und das Neue mit der deutschen Nomenklatur versehen. Pflanzen wie „heidnisch Klee“, „griechisch Heu“, „fremdes Korn“ (auch „indianisch Korn“37), „Feigbohnen“, „welsche Bohnen“ waren in deutschen Landen schon längst erfolgreich kultiviert und damit angenommen worden.38 Eingebettet ist die Kenntnis der natürlichen Regionalgegebenheiten in ein national gefärbtes Untertanenbewusstsein, das im Topos des Herrscherlobs gipfelt: Estienne/Liébault widmeten ihre Schrift dem hoch gelobten französischen König François I, Olivier de Serres widmete sein Théâtre de l’Agriculture Henri IV, Bock widmete seine Bücher den deutschen Fürsten, in deren Diensten er stand, Otto Brunfels’ Adressat war schließlich der Straßburger Rat.39 Einen wissensgeschichtlichen Trend sieht Ambrosoli darin, dass „European botanists were creating national schools“.40 Im Anschluss an Ash ist herauszustellen, dass Nationen in der Botanik und den Agrarwissenschaften im 16. Jahrhundert metaphorisch zu Wissensräumen deklariert wurden. Indes handelt es sich nicht bloß um Nationalstolz, sondern, wie Liaroutzos zeigt, um lokal situiertes Wissen – Estienne selbst formulierte es folgendermaßen:41

„Et combien que tous ces auteurs ayent par leurs doctes escrits tellement traitté de l’Agriculture, qu’ils semblent avoir osté à leur posterité tout l’honneur et moyen de pouvoir adjouster ou inventer quelque chose de nouveau, toutesfois j’oseray bien dire, qu’ils n’ont tant doctement ny tant exactement escrit, qu’ils n’ayent obmis et laissé quelque chose, que leurs successeurs peuvent facilement observer et annoter: car chacun d’eux a parlé de la culture de la Terre selon son pays: les uns pour la Grece, les autres pour le païs d’Italie, les autres pour la Barbarie […] tellement que peu de profit en pourrions tirer pour notre Agriculture Françoise en quoy ne me pourrois assez esmerveiller de la festardise et pusillanimité des gents de nostre nation, qui n’ont eu aucun soing d’illustrer nostre Agriculture Françoise. […] Or j’ay nommé le traitté qu’en ay fait, l’Agriculture Françoise, et maison rustique, parce que je ne fasse en sorte que ce soit sur les pays transmarins, ny transmontains, et partant ne me sers aucunement des escrits de ceux qui en ont fait mention au temps passé, comme de Caton, Varron, Columelle, Palladius et autres desquels les preceptes et description servoyent plus pour la nation Italique que pour la nostre“.42

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