AutorInnen

Prof.in Dr.in Andrea Bramberger, Hochschulprofessur für Geschlechterpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig, Institut für Bildungswisssenschaft und Forschung. Schwerpunkt: Frauen- und Geschlechterforschung, kulturelle und ästhetische Erziehung und Bildung, Generationenforschung.

Prof. Dr. Edgar Forster, Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt „Globalisierung und Bildung“.

Lalenja Harrington MA, QP, Director of Academics- Integrative Community Studies at the University of North Carolina at Greensboro. Schwerpunkte in Forschung und Lehre: community engaged/participatory action research, engaged/inclusive pedagogy, arts- based research, critical disability studies, inclusive higher education.

Prof. Dr. habil. Christoph Kühberger, Hochschulprofessur für Geschichts- und Politikdidaktik an der Pädagogische Hochschule Stefan Zweig, Institut für Gesellschaftliches Lernen und Politische Bildung. Derzeit Vizerektor für Sozial- und Gesellschaftswissenschaften der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig. Schwerpunkt: Fachspezifische Kompetenzorientierung, Empirische Geschichtsdidaktik, Neue Kulturgeschichte.

Mag. (FH) Michael M. Kurzmann, Sozialarbeiter, Psychoanalytiker in Ausbildung unter Supervision (Arbeitskreis für Psychoanalyse Linz-Graz, APLG). Seit 2006 Mitarbeiter im Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark – aktuelle Arbeitsbereiche: Geschäftsleitung Fachstelle für Burschenarbeit, Casemanagement im Bereich Gewaltarbeit. Lehrbeauftragter am Zentrum für Soziale Kompetenz der Karl-Franzens-Universität Graz (Genderkompetenzen). Mitglied der GenderWerkstätte. Psychotherapie und Psychoanalyse in freier Praxis.

Prof.in Dr.in Silvia Kronberger, Hochschulprofessorin für Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig, Leiterin des Instituts für Gesellschaftliches Lernen und Politische Bildung. Schwerpunkt: Frauen- und Geschlechterforschung, Interkulturelles Lernen.

Mag. Dr. Ludwig Laher, Schriftsteller, Lektor am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien und an der Pädagogischen Hochschule Stefan Zweig Salzburg. Arbeitsschwerpunkte: Roman, Lyrik, Essay; Poetik, Zeitgeschichte.

Prof. MMag. Dr. Manfred Oberlechner, BA, Hochschulprofessur für Soziologie (Schwerpunkt Migrationspädagogik und Interkulturelles Lernen) an der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig, Institut für Gesellschaftliches Lernen und Politische Bildung. Leiter des Kompetenzzentrums für Diversitätspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig. Schwerpunkt: Migrationspädagogik, Soziologie der Diversität, Bildungssoziologie, empirische Migrations- und Integrationsforschung.

Mag.a Elli Scambor, Soziologin. Geschäftsleiterin im Institut für Männer- und Geschlechterforschung. Schwerpunkte: kritische Männlichkeitsforschung, Geschlechterforschung, Diversitäts- und Intersektionalitätsforschung zu den Themen Geschlechtergerechtigkeit‚ ‚Caring Masculinities‘, Burschen und Bildung, sexueller Missbrauch, intersektionale Gewaltprävention, Gewaltresilienz und residenzielle Segregation. Wissenschaftlichen Koordinatorin der Studie The Role of Men in Gender Equality (20112012). Lehrbeauftragte im Masterstudium Gender Studies (Men & Gender Equality, Maskulismus & Antifeminismus, Gender Analyse) an der Universität Graz, Lehrbeauftragte für Soziologie an der Medizinischen Universität Graz und für Soziologische Grundlagen der Jugendsozialarbeit an der FH Kärnten. Mitglied der GenderWerkstätte. Mitglied der ÖGGF und der ÖGS. Managing Diversity Expertin.

Univ.-Professorin Dr.in Virginie Vinel, Universitätsprofessur für Soziologie und Anthropologie an der Université de Franche-Comté (im Rahmen des „Laboratoire de Sociologie et d‘Anthropologie“). Schwerpunkt: Soziologie des Alters (Kindheit und Altern) und Gender.


1 Ich nehme hier eine Argumentation auf, die ich rudimentär in „Border Thinking“ – Intersektionalität als kosmopolitische Intervention? entwickelt habe (vgl. Forster, 2015).

2 Zur Definition des Begriffs „Migrationshintergrund“ siehe „Recommendations for the 2010 Censuses of Population and Housing“, Seite 90, der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE; siehe www.unece.org/stats/documents/2010.00.census.htm). Bei Personen mit Migrationshintergrund wurden beide Elternteile im Ausland geboren, wobei Angehörige der ersten Generation selbst im Ausland geboren wurden und Personen der zweiten Generation in Österreich zur Welt gekommen sind. – „Österreich“ bedeutet, mindestens ein Elternteil wurde im Inland geboren; sind beide Elternteile in einem unterschiedlichen Staat des Auslandes zur Welt gekommen, wird das Geburtsland der Mutter herangezogen.

3 Die Ergänzung des Fachs „Geschichte und Sozialkunde“ um die „Politische Bildung“ wurde mit einer Adaptierung des Lehrplans in der Sekundarstufe I 2008 realisiert. – Vgl. Kühberger, 2009.

4 SB 1 steht für die Schulbuchreihe: Lemberger, 2004a; Lemberger, 2004b; Lemberger, 2004c; SB 2 steht für die Schulbuchreihe: Huber, 2001; Huber, 2002; Huber/ Gusenbauer/Huber, 2003; SB 3 steht für die Schulbuchreihe: Wald/ Scheucher/ Scheipl, 2004; Scheucher/ Wald/ Ebenhoch, 2004; Ebenhoch/ Scheucher/ Wald 2003.

5 www.genderforschung.at

6 www.burschenarbeit.at

7 http://www.peerthink.eu

8 http://www.igiv.dissens.de

9 In diesem Text wird das Wort „Schwarz“ mit einem großen S geschrieben. Damit wird unterstrichen, dass sich der Begriff sowohl auf eine politische Kategorie und soziale Realität bezieht als auch auf eine Widerstandspraxis. Es ist außerdem ein Begriff, den Schwarze Menschen als Selbstbezeichnung gewählt haben.

10 Translation from French to English by Philippa Norriss.

11 Research Program CORAGE, Experiencing Bodily Changes and Crossing Age: the case of 9 to 13 year-old Children (France – Italy), funded by the French National Agency of Research (ANR), directed by Nicoletta Diasio and Virginie Vinel.

12 For example the conférences Race, classe, genre comme catégories de la différence et de l’inégalité. Comment profiter des approches de l’intersection: Colloque junior du Ciera (Histoire), September 2009; À l’intersection des situations de domination: Perspectives transnationales et transdisciplinaires, Eleni Varikas (GTM/CRESPPA-CNRS, PARIS 8) and Patricia Paperman (LABTOP, PARIS 8) (Etudes politiques, Sociologie), 7–8th June 2011.

13 Cahiers du Cedref, (Ré)articulation des rapports sociaux de sexe, classe et “race”. Repères historiques et contemporains. 14 |2006; Genre et perspectives postcoloniales 17 |2010; Hamel Christelle and Siméant Johanna, “Genre et classes populaires”, Genèses, 2006/3 no. 64, p. 2–4.

14 For example: Comment le genre trouble la classe, Agone 43, June 2010.

15 Conference Age, genre, corps: approches empiriques et entrecroisements des rapports sociaux [Age, gender, body: field work and intersectionality], University of Franche-Comté, Laboratory of Sociology and Anthropology, University of Strasbourg, Centre conflit, corps, créativité, and University of Lorraine, Laboratory of Social Sciences Lorraine, 2nd of June 2015.

16 Ingrid Voléry, Caroline Hérasse, Benoît Dejaiffe and Simona Tersigni.

17 Donatella Cozzi, Nicoletta Diasio and myself.

18 Nicoletta Diasio, Marie-Pierre Julien, Simona Tersigni, Louis Mathiot and myself.

19 Cf. Cozzi & Vinel (2014).

20 Persons with the darkest skin found themselves at the bottom of the social hierarchy and were relegated to the hardest work up until the middle of the 20th century. Only Anglo-Saxons were considered as Whites (Pap, 2006; Bosa, 2012). Categorization by colour of the skin continues to stratify American society but American racial groupings are presented as social entities not as biological or genetic types.

21 It reminds a former French minister in 1999 talked of boys from the suburbs as “sauvageonsid. est “savages”.

22 An observational study carried out by Marie-Pierre Julien and myself.

23 Im Zusammenhang mit Intersektionalität zu erwähnen ist z.B. das Konzept des „komplexen Denkens“ des französischen Soziologen Morin (1980).

24 Eine gleichermaßen durchgeführte Anwendung von Intersektionalitat ist aus transkultureller Sicht in Bezug auf jeweils konkrete Gesellschaftsphänomene zu analysieren bzw. problematisieren. So kann Krankheit beispielsweise in Bezug auf das Intersektionalitäts-Differenzfeld Gesundheit ein soziales Ausprägungsmerkmal sein, die aber (fast) keine(r) in einer westlichen Leistungsgesellschaft normativ für sich einfordert. Auch hat (und hier abweichend von Prengel (1993)) nicht jede Differenzlinie das gleiche Recht auf Eigenart bzw. sollte diese nicht automatisch sozial, rechtlich oder politisch anerkannt sein, da alle Differenzlinien in einem permanenten sozialen demokratischen Kampf um soziale Anerkennung stehen. Honneth (2012, S. 211) unterscheidet hierbei in Anlehnung an Hegel und Mead beispielsweise drei Formen von Anerkennung: die der emotionalen Zuwendung, die des Rechts und diejenige der solidarischen Wertschätzung.

Eine umfassendst gedachte Diversität mit Blick auf die gesamte Mannigfaltigkeit der Welt entzieht sich freilich einer Bestimmung durch endlich zu definierende Differenzlinien. Erst wenn Gleichheit und Verschiedenheit aufeinander bezogen sind, lassen sich Kategorien bilden (Prengel, 1993, S. 31). Die Unmöglichkeit, das Ganze, die gesamte Verschiedenheit, soziologisch zu denken, ist damit evident. Wenn Prengel (1993, S. 49) jedoch schreibt: „Radikale Pluralität bildet sich aus der unhintergehbaren Eigenart differenter Lebensweisen und Wissens- und Denkformen, [sic] diese genießen jede in ihrer Eigenart hohe Wertschätzung“, kann dieses Statement nur normativ-apellativ begriffen werden, nicht aber aus einer soziologisch-analytischen Perspektive. Hinterfragbar ist dann ihre Aussage: „Die aus der Entfaltung des Verschiedenen auf der Basis gleicher Rechte, also aus egalitärer Differenz sich bildende Pluralität realisiert auf radikale Weise Demokratie“ (Prengel, 1993, S. 49). – Wenn undemokratische oder demokratiefeindliche oder demokratiezerstörende Einzelteile von Pluralität im demokratischen Prozess zu Macht und Herrschaft kommen, ist Demokratie vielmehr radikal gefährdet.

25 Lutz & Wenning (2001) sehen beispielsweise 14 Kategorien der Differenz: Gender, Sexualität, Race/Hautfarbe, Ethnizität, Nationalität/Staat, Kultur, Klasse, Gesundheit, Alter, Sesshaftigkeit/Herkunft, Besitz, geographische Lokalität (West/Rest), Religion (religiös/säkular), gesellschaftlicher Entwicklungsstand (modern/traditionell).

26 A Black Feminist Statement abgerufen am 17.08.2015 von http://portal-intersektionalitaet.de/theoriebildung/schluesseltexte/

27 Ausführlich Gottburgsen & Gross (2012).

28 Hierfür reinterpretiert sie juristische Fallanalysen, in denen Mehrfachdiskriminierungen von Afroamerikanerinnen simultan und kumuliert realiter auftreten, die US-amerikanische Judikatur jedoch keine adäquaten Rechtsmittel dagegen bereitstellt. Sie nimmt an, dass die Benachteiligung schwarzer Frauen (die Kursivschreibung deutet im Text darauf hin, Schwarzsein als sozial konstruierte Differenzlinie zu verstehen) über die bloße Summe von Rassismus und Sexismus hinausgeht. Entsprechend läßt sich Diskriminierung auch nicht durch die einfache Addition von Gruppenzugehörigkeiten erklären, sondern durch deren gegenseitigen Verwobenheiten (Winker & Degele, 2009). Das Aufeinandertreffen diskriminierender Differenzlinien assoziiert Crenshaw (2013, S. 40) entsprechend mit dem Bild einer schwarzen Frau, die an einer Straßenkreuzung verletzt wird (intersection, siehe oben), wobei diese metaphorisch gedachten „Personenschäden“ sexistisch und rassistisch verursacht sind. Diese Argumentation ist zu erweitern, wenn die dabei auftretende gleichzeitige Verschränkung, Überlagerung oder Verdopplung bzw. Vervielfachung von Differenzlinien begriffen werden soll, weil die Benachteiligung schwarzer Frauen über diese bloße Summe aus Rassismus und Sexismus hinausgeht.

29 Auch innerhalb schwarzer Frauen lassen sich große Statusunterschiede ausmachen, die sich auf den Grad einer möglichen Diskriminierung bzw. deren Abwendung auswirken (Davis, 1982).

30 Ursprünglich im Black Feminism und in der Critical Race Theory (Crenshaw, 2013; Chebout, 2011; Walgenbach, 2012) beheimatet, hat Intersektionalität mittlerweile in viele Forschungsbereiche Einzug gehalten. Intersektionalität versteht sich vor allem als eine bestimmte Art zu denken und zu handeln, als Alternative zu eindimensionalen Erklärungsmustern. Die Kreuzungspunkte zwischen unterschiedlichen Differenzlinien wie zum Beispiel sozialer Status, ethnische Herkunft, Behinderung und/oder Geschlecht definieren unterschiedliche Bedingungen sozialen Handelns, der „intersektionelle Blick“ begreift dabei auftretende Diskriminierungen nie eindimensional, sondern immer als Verwobenheit mehrerer sozialer Kategorien. Zu historisch wegbereitenden Interventionen schwarzer Autorinnen, Women of Color und postkolonialen Feministinnen siehe insbesondere Walgenbach (2012).

31 Letztere sieht Ravenstein im subjektiven Wunsch von Menschen begründet, die eigenen materiellen Lebensbedingungen durch geographische Positionsveränderungen zu optimieren. Hierfür interpretiert er demographische Migrationsbewegungen gesetzesförmig von „unterentwickelten Überbevölkerungen“ hin zu florierenden Marktplätzen ablaufend, wobei ihm die Raumdistanz als signifikante Variable innerhalb seiner Laws of Migration fungiert.

32 Wie Davis (2008) in ihrem komparativen Ländervergleich intersektionalitätstheoretischer Konzepte darstellt, wird die Differenzlinie „Rasse“ im europäischen Kontext (im Unterschied zu den USA) meist durch Ethnizität ersetzt, da sich diese in europäischen Ländern (mit Ausnahme von Großbritannien und Frankreich, Anm.d.Verf.) nicht vorrangig durch eine andere Hautfarbe kon­struiert. Gleichzeitig läuft die auf dem Weg zum Beispiel deutscher Übersetzung bzw. vor dem Hintergrund nationalsozialistischer Vergangenheit anzutreffende Substitution von „Rasse“ durch Ethnie oder Ethnizität Gefahr, die Verknüpfung zur rassialisierten Biologisierung bzw. zu Rassismus auszublenden (siehe ausführlich Lutz, Herrera Vivar & Supik, 2013, S. 21).

33 Dagegen, dass NordeuropäerInnen sich nach Gordon im melting pot assimilieren, ItalienerInnen jedoch in einem Little Sicily unter sich bleiben würden, spricht z.B. die lange Tradition deutscher Geschlossenheit etwa in Pennsylvania oder Minnesota (Emmerich, 1974).

34 Das nationalistische Normierungsprogramm (d.h. ein Volk, ein Territorium, eine Sprache) wird von TransmigrantInnen permeabilisiert, wenn diese in permanent sich vollziehenden transkulturellen Identitätskonstruktionsprozessen plurilokal aufeinander Bezug nehmende, sich entlehnende und assimilierende Personen sind; und gleichzeitig sich umgekehrt immer wieder plurilokal separieren und individualisieren (Oberlechner, 2014, S. 123).

35 Ihr plurilokales „sich-Einrichten“ als permanente Hin- und Herbewegungen in einem transnationalen Raum wird als charakteristisches Phanomen von Transmigrationen bzw. transnationalen Migrationen beschrieben; das Transmigrationsparadigma selbst geht von zirkulierenden MigrantInnen aus, die sich mehr oder minder kontinuierlich zwischen Residenz- und Herkunftsgesellschaften hin und her bewegen, jedoch weder temporare noch permanente Einwanderer sind. Glick Schiller, Basch und Szanton Blanc gelten als Gründerinnen dieses Paradigmas. Sie setzen sich darin kritisch mit den bis in die 1980er Jahre die Migrationsforschung dominierenden Push- und Pull-Faktoren auseinander, mit der einseitigen Betrachtung von MigrantInnenbewegungen als eine von einem Herkunfts- zu einem Aufnahmeland und mit verschiedenen Assimilationsmodellen. Empirische Belege von Transmigrationen von der Karibik und den Philippinen stammenden MigrantInnen in die USA sollen ihren Begriff von Transmigration veranschaulichen. Sie haben mit diesem Forschungsparadigma folgerichtig versucht, die in den klassischen soziologischen Migrationstheorien vorherrschenden dualistischen Modelle, die nur von Ein- und Auswanderungen sprechen, zu überwinden.

36 Betont wird im Kontext von Intersektionalität die Notwendigkeit, den Rechtsstatus als „Achse der Benachteiligung“ in die empirische Forschung mit einzubeziehen (Herzog-Punzenberger, 2001, S. 59).

37 Nach Definition der Vereinten Nationen sind MigrantInnen Personen, die ihren ublichen Wohnort fur einen Aufenthalt von mehr als einem Jahr verlassen (Treibel, 2008, S. 295).

38 Das Bild von MigrantInnen als „verpflanzte Bäume“ bzw. die Redewendung, „einen alten Baum (d.h. älteren Menschen) verpflanzt man nicht“ (ältere Menschen sollen also nicht mehr umziehen müssen; ältere Menschen sollen nicht aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden), spiegelt das Bild dieses unilinearen Migrationsvorgangs wider. Der Entwurzelung folgt die Wiederverwurzelung im Rahmen eines einmaligen Transplantationsvorganges. Ein „ständiges Umtopfen“ (wie es dem Bild von zirkulierenden MigrantInnen eher entsprechen würde, wenn man in diesem Gärtner­Innenjargon bleiben möchte) ist in diesem Bild nicht aufgenommen.

39 Der Migrationsvorgang selbst besteht für Eisenstadt aus drei Phasen: Die erste Phase bildet die Phase der Motivbildung zur Migration. Dies ist ein allmählicher psychischer Prozess, wobei Risiken und mögliche Gewinne gegeneinander abgewogen werden. Die zweite Phase ist die Migrationsbewegung selbst – nach einer Phase der Desozialisierung müssen sich MigrantInnen sozusagen wieder im Ankunftsland sozialisieren. Die dritte Phase besteht im Prozess der Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft: Hierfür verwendet Eisenstadt die Metapher einer „Absorption“ (Han, 2005, S. 49).

40 Mit dem Begriff einer „dritten Individuation“ bezeichnet Akhtar (2014, S. 180) die Neudefinition von Identität nach einem „Trauer-Befreiungsprozess“ der Migration als Extrapolation von Margaret S. Mahlers Konzept der Trennung-Individuation in der Kindheit bzw. von Peter Blos‘ Begriff eines „zweiten Individuationsprozesses“ der Adoleszenz.

41 Als Inhalte sind entsprechend zu benennen: Differenzierung des Unterrichts aufgrund der Heterogenität der SchülerInnenpopulationen; Sprachenvielfalt, Sprachenerwerb; inter-/transkulturelles Lernen; soziale Konstruktion von Kultur, Nation; Diversity Management; Gender und soziales Rollendenken; individuelle Leistungspotentiale; Rassismus- und Vorurteilsforschung; Segregation, Differenz; fachdidaktische Reflexionsfähigkeit; empirische Unterrichtsforschung; Medien und öffentliche Diskurse; politische Bildung, soziales Lernen uvm. Zur Frage, wie eine diesbezüglich konkrete Ausformung bzw. inhaltliche Gestaltung des Unterrichts aussehen könnte, siehe beispielgebend das Curriculum des Bachelor- und Masterstudiums der Primarstufe in Version 2015 der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig, Informationen abgerufen am 8.1.2016 von http://www.phsalzburg.at/fileadmin/PH_Dateien/Curr_Primar/Curriculum_Primarstufe_PHS_30-10-2015.pdf

42 Laut Empfehlungspapier der ExpertInnengruppe „Inklusive Pädagogik“ im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (2012, S. 7) und in Kooperation zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten umfasst „(…) Inklusive Bildung (…) alle Bemühungen zur Umsetzung eines inklusiven Schulsystems ohne systematischen Ausschluss einzelner Gruppen. Grundlage dafür ist z.B. eine Pädagogik der Vielfalt (Prengel) bzw. eine Allgemeine Pädagogik (Feuser) auf der Basis von innerer Differenzierung, die in allen Studiengängen, Professionswissenschaften, Fachwissenschaften und Fachdidaktiken Grundlage des pädagogischen Handelns sein sollten. Inklusive Pädagogik als zu entwickelndes Lehr- und Forschungsgebiet vereint, transferiert und entwickelt Erkenntnisse der bisher getrennten Fachgebiete Sonderpädagogik, Integrationspädagogik, Interkulturelle Pädagogik, gendergerechte Pädagogik und Hochbegabtenförderung zur Absicherung der Heterogenität in einem inklusiven Bildungssystem.“

43 Seit den 1980er Jahren verästelt sich die soziologische Forschung folgerichtig über Migration und Geschlecht, zunächst insbesondere mit Blick auf die Lebenslagen und Motive von Migrantinnen oder das mediale Bild von Migrantinnen, später mit Fokus auf konkrete Geschlechterverhältnisse. In den 1990er Jahren wird von einer Feminisierung der Migration gesprochen und erfasst, dass nicht nur mehr Frauen migrieren, sondern Migrationsprozesse zunehmend feminisiert sind (etwa Bereswill, Rieker & Schnitzer, 2012).Sabine Hess (2009) hat für ihr Buch Globalisierte Hausarbeit. Au-pair als Migrationsstrategie von Frauen aus Osteuropa beispielsweise sechs Au-pair-Frauen aus der Slowakei zwei Jahre lang begleitet und zu ihrer Herkunft in der Slowakei bzw. ihrer Migrationszeit in Deutschland interviewt. Sie besuchte Au-pair-Treffs in Deutschland, unternahm Busreisen in die Slowakei, suchte slowakische Dörfer und Städte auf und sprach dort mit den Frauen; sie setzte dabei das Instrument der „teilnehmenden Beobachtung“ ein. Ihr Resultat: Diese Frauen entwickelten eine „Lebenspraxis der zwei Standbeine“, die es ihnen gestattete, den transnationalen Raum (Hess, 2009, S. 209), der sich durch ihr migrantisches Zirkulieren aufspannte, taktisch zu nutzen, um abzuwägen, wo ihre Chancen gerade am günstigsten waren.

44 Diese Information erhielt ich dankenswerter Weise von Christine Schweinöster laut Überlieferung von Verwandten aus Lofer.

45 Ein individuelles „Nicht-in-der-Realität-Ankommen“ kann neurotische oder psychotische Dimensionen annehmen, wenn mit dem Ein-Tritt in die Realität der eigene Selbst- bzw. Identitätsverlust existenzbedrohend phantasiert wird: Um ihr zu entrinnen, wird das „Nicht-Ankommen“ aufrechterhalten, anders ausgedrückt: Es ist ein Zustand temporärer individueller Desintegration eingetreten.

46 Die hier verwendeten Begriffe wie ExilantIn oder Flüchtling sind nicht deckungsgleich mit rechtlichen Flüchtlingsbegriffen.

47 Nach Florey (1967) befinden sich unter den ExulantInnen auch Kinder.

48 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die ohne Eltern oder andere erwachsene Begleitpersonen auf der Flucht sind, werden als „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ (UMF) bezeichnet. Im Jahr 2014 haben 2.260 UMF, darunter 129 Kinder unter 14 Jahren, einen Asylantrag in Österreich gestellt. Als AsylwerberInnen im schulpflichtigen Alter besuchen sie aufgrund des Rechts auf Schulbildung Schulen in Österreich. Am stärksten vertreten sind UMF aus Afghanistan, Syrien und Somalia (BMBF, 2015, S. 4).

49 Guzzoni (1981, S. 21) schreibt: „Die Herstellung von Identität stiftet keinen kommunikativen Bezug, weil das identifizierende Ich im Anderen nur die entfremdete Gestalt seiner selbst und die abstrakte Äquivalenz mit Anderem, nicht aber dessen eigene Jeweiligkeit und Andersheit gelten lassen kann. (…) ‚Nicht-Identität‘ steht vielmehr für das wesentliche Anderssein, das jedes Einzelne als ein unverwechselbares Dieses in all seinen qualitativen Bestimmtheiten, in seinem Hier und Jetzt, in seinen mannigfachen Bezügen und Verhältnissen von jedem Anderen unterscheidet und es allem Anderen gegenüber ein Fremdes sein läßt.“

50 Heterogenität und Homogenität sind immer aufeinander bezogen bzw. stehen in einem (zuweilen dilemmatischen) Spannungsverhältnis. Es kommt eben darauf an, wann und in welcher Lernsituation bzw. in Bezug auf welchen Lerninhalt homogenisierendes Handeln adäquat ist: Beim gemeinsamen Wanderausflug einer sozial heterogenen Schulklasse macht es für die gesamte Gruppe Sinn, wenn alle mit wetterfester Kleidung ausgerüstet sind.

51 Diversity4Kids nutzt beispielsweise Spiele für Kinder zwischen 8 und 14 Jahren, um Vorurteile und Ansätze zu Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung erkennen und überwinden zu lernen. Die Spielebox Diversity4Kids umfasst eine Theaterwerkstatt sowie verschiedene Spiele zur transkulturellen Biographiearbeit und zum kreativen Schreiben (mit einer Audio-CD). Informationen abgerufen am 2.11.2015 von http://www.diversity4kids.eu/de/angebote/downloads; unter http://portal-intersektionalitaet.de/forum-praxis/portraet-praxisprojekte/walk-of-fame/ (abgerufen am 2.11.2015) finden sich außerdem intersektionale Fallbeispiele für die pädagogische Praxis.

52 Siehe beispielsweise Waldenfels‘ Studien zu einer Phänomenologie des Fremden (Waldenfels 1991; 1987).

53 Eine Klärung des Begriffs „ethnische Identität“ setzt die Klärung des Begriffs „Ethnie“ voraus. Die wohl bekannteste Definition geht auf Max Weber (1972, S. 237) zurück: „Wir wollen solche Menschengruppen, welche auf Grund von Aehnlichkeiten (sic!) des äußeren Habitus oder der Sitten oder beider oder von Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinsamkeit hegen, derart, dass dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftungen wichtig wird, dann, wenn sie nicht ‚Sippen‘ darstellen, ‚ethnische‘ Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinsamkeit objektiv vorliegt oder nicht.“

54 Die „idiosynkratische Identität“ lässt sich primär vor dem Hintergrund der individuellen Biographie des Einzelnen in seiner gegebenen Kultur verstehen. Diese ist bei transkulturellen Biogra­phien von TransmigrantInnen simultan plurilokal verortet.

55 Wobei egalitäre Differenz mehr einem In-Erinnerung-Rufen einer utopischen Wunschvorstellung gleichkommt. Dass jegliche Differenz nach Prengel (1993, S. 180) nicht zur Legitimation von Hierarchie herangezogen werde dürfe, widerspricht vor allem dem Prinzip funktionaler Differenz und der sich daraus ergebenden Hierarchisierung moderner Demokratien – samt ihren funktionalen Eliten.

56 Intersektional betrachtet steht im Mittelpunkt der Französischen Revolution primär der männliche bourgeois und seine politischen Rechte – und nicht die universelle Gleichberechtigung aller Menschen. Man sollte sich daher nicht täuschen lassen: In der „aufgeklärten“ Terminologie des 18. Jahrhunderts muss der Terminus „Nation“ soziologisch und ideologisch verstanden werden. Dieser wird mit der antimonarchischen und protodemokratischen Bourgeoisie und nicht mit dem „Volk“ assoziiert.

Cover

Andrea Bramberger/Silvia Kronberger/

Manfred Oberlechner (Hrsg.)


Bildung –
Intersektionalität –
Geschlecht





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Inhaltsverzeichnis

Andrea Bramberger, Silvia Kronberger, Manfred Oberlechner

Intersektionalität als Herausforderung für Erziehung und Bildung

Edgar Forster

Intersektionalität und koloniale Differenz

Lalenja Harrington

Studying the Intersection

Christoph Kühberger

Intersektionalität als Chance für einen geschlechtersensiblen Geschichtsunterricht – Eine österreichische Perspektive

Elli Scambor und Michael M. Kurzmann

Intersektionale Zugänge in der Burschenarbeit

Virginie Vinel

Intersectionality: Reception in France and Findings from a Study of the Transition from Childhood to Adolescence

Manfred Oberlechner

Aspekte einer soziologischen Migrationspädagogik: multikausal, plurifaktoriell, intersektional

Ludwig Laher

Wie man sich ein Bild macht: Von der Zuschreibung über das ­
Aha-Erlebnis zur differenzierten Wahrnehmung

Autorinnen und Autoren