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informationen zur deutschdidaktik
Zeitschrift für den Deutschunterricht
in Wissenschaft und Schule

Die Donau – Länder am Strome

Herausgegeben von
Helen Bito und Elisabeth Schabus-Kant

Heft 2-2017
41. Jahrgang

StudienVerlag Innsbruck

 

 

Editorial

Die Donau – Länder am Strome.
Länder verbindend und Fächer übergreifend
HELEN BITO,
ELISABETH SCHABUS-KANT:

Service

DOROTHEA SCHAFFERNICHT:
Weiterführende Auswahlbibliographie

Magazin

Gedicht im Unterricht
CHRISTIAN SCHACHERREITER:
Bertolt Brecht: Vom Schwimmen
in Seen und Flüssen

Kommentar
ADELHEID SCHREILECHNER:
Die VWA. Erfolgsgeschichte oder
Fallstrick?

GERHARD HAINSCHO:
Die VWA an den AHS

ide empfiehlt
LIOBA BAUER: Kinder- und
Jugendbücher zum Thema Donau

Neu im Regal

 

Die Donau und der Donauraum. Fakten und Konzepte

GERHARD KARL LIEB: Donau und Donauraum – ein statistisches Kurzportrait

GERHARD KARL LIEB, MARTIN MÖDERL, MARLIES PIETSCH: Die Donau und der »Donauraum«. Eine geographisch-wirtschaftskundliche Annäherung

Die Donau. Alles fließt

IRENE WONDRATSCH: Die Donau hinunter

Die Donau. Länder und Literatur

URSULA KLINGENBÖCK: »in kleinen wellen gegen den strich / gebürstet«. Donau-Konzepte in der Gegenwartsliteratur

SORIN GADEANU: Unterwegs auf der Unterdonau.
Eine pseudoliterarische Verortung der Terra incognita: Ungarn, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien, Ukraine

LIOBA BAUER: Die Donau als Quelle vieler Sagen in den Ländern
von ihrem Ursprung bis zur Mündung

Die Donau. Gesellschaft und Politik

ERNST GELEGS: Mein Budapest, die Donaumetropole

ELISABETH SCHABUS-KANT: Ida Pfeiffer. Von Wien auf der Donau nach Konstantinopel sind es tausenddreihundertzwanzig Seemeilen

JULIA MALLE: Politik lernen mit dem Fluss – die Hainburger Au

Die Donau. Namen und Sprache

PETER WIESINGER: Die Donau und ihre Namen

KARL HOHENSINNER: »Donaureisen«. Namen als Merkmal bei der Textrecherche

Die Donau. Unterrichtsprojekte mit allen Sinnen

HELEN BITO: Eine kulinarische Reise entlang der Donau. Unterrichtsprojekt an der Tourismusschule Modul

BARBARA GEIGER, FLORIAN HUJBER: Die Donau im Film Im Juli

EVANGELIA KARAGIANNAKIS: »Iller, Lech, Isar, Inn fließen rechts zur Donau hin ...«. Unterrichtsprojekte entlang der Donau

CORNELIA SAGBERGER: Die Donau in Oberösterreich im fächerübergreifenden Unterricht der Grundstufe II (4. Schulstufe)

 

 

 

»Kulturräume« in anderen ide-Heften

ide 1-2004

Europa

ide 3-2006

Aufwachsen in Europa

ide 2-2007

Mittelmeer

ide 1-2014

Berge

 

Das nächste ide-Heft

ide 3-2017

Kultur des Performativen
erscheint im September 2017

 

Vorschau

ide 4-2017

Lernen und Lehren im Deutschunterricht

ide 1-2018

Literaturvermittlung

 

 

 

 

 

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Editorial

Die Donau – Länder am Strome

Länder verbindend und Fächer übergreifend

Mit der Donau wird ein großes Kulturthema aufgegriffen. Ein Themenheft zur Donau ist im »Land am Strome« auf den ersten Blick genauso selbstverständlich, wie es das Themenheft »Berge« (1/2014) war. Die Unterschiede werden jedoch für alle sichtbar und erlebbar. Sie entspringen der physischen Gegebenheit der Fließbewegung des Stromes. Die Donau ist zwar immer am selben Ort, an allen Uferpunkten zu jeder Zeit, und fließt dabei doch immer weiter.

Schnell zeigt sich die Internationalität des Donaustromes, die Identifikation verschiedener Staaten mit diesem Strom, und so gehört auch die Attribuierung »die Donaustadt« nicht allein der österreichischen Hauptstadt Wien, sondern sie schmückt ganz selbstverständlich etliche Städte an der Donau, u. a. Linz und Novi Sad.

Daher haben wir zum Hefttitel den Zusatz Länder am Strome gewählt. Die Donau als zentraler europäischer Strom, von West nach Ost fließend, verbindet aktuell nicht weniger als zehn Staaten. Freilich sind manche Beziehungen intensiver als andere, so sind manche geprägt über ethnische und sprachliche Trennungen hinweg von besonderer historischer Gemeinsamkeit, wie etwa Österreich, Ungarn und die Slowakei. Andere Beziehungen sind angespannt geblieben oder brüchig geworden, und das Ringen um die Wahrnehmung durch die anderen ist mühsam.

Die Donau inspiriert zu Grenzüberschreitungen in vieler Hinsicht: Wir stellen länderverbindende und fächerübergreifende Aspekte ganz bewusst in den Vordergrund. Wir verlassen beim Einstieg in die Donauthematik die traditionelle Unterrichtsachse Deutsch – Geschichte und nehmen die Geographie als Ausgangspunkt. In diesem Heft setzen wir vom ersten Beitrag an auf fächerübergreifende Unterrichtsanregungen und konkrete Vorschläge und freuen uns, dass sich dieser Leitgedanke fast durch alle Beiträge zieht.

Der thematische Bogen ist so weit gespannt, wie es der Heftumfang zugelassen hat und wie die Beiträgerinnen und Beiträger in ihrer Akzentuierung gehen wollten. Vieles hätte den Umfang gesprengt und muss ausgespart bleiben.

Nicht überraschend drängt sich das Thema Reisen ein wenig in den Vordergrund, denn der Fluss, besonders wenn es stromabwärts in unbekanntere Gegenden geht, verlockt bis heute dazu. Als Transportweg war die Donau selbst stromaufwärts in der Vergangenheit besonders bedeutend, ja auch alltäglich, wie etwa für Marktfahrten vom südlichen Baja zum Markt in Budapest bis in die 1950er-Jahre. Diese Anmerkung ist eine der vielen Informationen, die wir zufällig bekommen haben, denn in Gesprächen begegneten wir überall großem Interesse am Donau-Thema. Das nehmen wir als Bestätigung dafür, dass wir »am richtigen Dampfer« sind.

Bei Durchsicht der Beiträge stellt sich heraus, dass es im Hintergrund kleine Vernetzungen gibt, auf die dort und da verwiesen wird. Die Chance ist groß, dass Sie als Leserinnen und Leser weiter an diesem Netz knüpfen können.

Wir wollten nicht nur die Thematik weit auffächern, sondern konnten auch viele verschiedene Bildungseinrichtungen von der Universität bis zur Volksschule einbeziehen, und zwar einerseits als Beiträgerinnen und Beiträger, andererseits als Zielgruppe. An den bereits durchgeführten Projekten waren Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen und unterschiedlicher sprachlicher Hintergründe beteiligt. Die Unterrichtsvorschläge wenden sich daher an Primarstufe, Sekundarstufe I und II und DaZ.

Die Fahrt auf der Donau beginnt mit einem statistischen Kurzportrait der Donau und des Donauraums von Gerhard Karl Lieb. Im Team richten Gerhard Karl Lieb, Martin Möderl und Marlies Pietsch in einer kompakten Darstellung den realistischen Donau-Blick auf die physische Geographie und auf sozioökonomische Aspekte, der konstruktivistische Blick erfasst Ästhetisierung und Mythifizierung, der politische Blick schließlich schaut auf Internationalisierung und Konflikte. Die Themenfelder Tourismus und Energie werden fachdidaktisch-unterrichtspraktisch umgesetzt und laden mit den mitgelieferten Materialien zum fächerverbindenden Arbeiten ein.

Irene Wondratsch danken wir für den literarischen Text Die Donau hinunter, den sie uns zur Verfügung gestellt hat.

Ursula Klingenböck bietet in einem dichten, höchst fundierten literaturwissenschaftlichen Beitrag Donau-Konzepte der Gegenwartsliteratur unter Einbeziehung der Slowakei und Ungarns mit einer Fülle an Anregungen und Anreizen für die eigene Lektüre. Den Artikel wird man immer wieder zu Rate ziehen und jedes Mal einen neuen »catch of the day« machen. Daran anschließend ist

Sorin Gadeanu auf der Unterdonau unterwegs in die Terra incognita und unterzieht Literatur, Geschichtliches, Städte und Schriftsteller aus Ungarn, Serbien, Rumänien, Bulgarien und der Ukraine seiner kritischen Betrachtung.

Lioba Bauer stellt die Donau als Quelle vieler Sagen dar und wirft dabei ihre Netze weit über die österreichischen Grenzen hinaus. Sie findet gemeinsame neben höchst unterschiedlichen Topoi und zeigt, wodurch antike Themen sogar zu einem Hype bei jungen Leserinnen und Lesern führen. Von ihr sind weiters vier Empfehlungen zu Kinder- und Jugendbüchern zum Donau-Thema an anderer Stelle in dieser ide-Ausgabe zu finden.

Der Journalist Ernst Gelegs betrachtet aktuelle Entwicklungen in »seinem« Budapest, einer der Donau-Metropolen, mit einer gewissen Skepsis und streift kurz Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Wien, der anderen Donaumetropole.

Elisabeth Schabus-Kant stellt die Wienerin Ida Pfeiffer am Beispiel ihrer Fahrten auf der Donau als ungewöhnliche bürgerliche Frau des 19. Jahrhunderts vor, behandelt ihre Schreibstrategien sowie die Rezeption und geht auf die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse ein. Der Beitrag schließt mit vielfältigen Themenvorschlägen für den fächerübergreifenden Unterricht und Ideen für ein VWA-Cluster.

Julia Malle zeigt anhand des Romans Grüne Zeiten von Walter Klier die Entwicklung wesentlicher demokratiepolitischer Errungenschaften im legendären Kampf um die »Hainburger Au« und macht daraus einen anschaulichen Unterrichtsvorschlag für Politische Bildung im Literaturunterricht.

Peter Wiesinger präsentiert auf knappem Raum die Namen der Donau in den Donauländern aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Er beschreibt frühere und aktuelle Namen und beleuchtet deren Etymologien.

Karl Hohensinner widmet sich in seinem Beitrag zur Reiseliteratur den sprachlichen Besonderheiten bei der Textrecherche und gibt Tipps für die vorwissenschaftliche Arbeit in diesem Bereich.

Helen Bito hat mit ihren Schülerinnen und Schülern, die aus acht verschiedenen Donauländern kommen, im Unterricht eine kulinarische Donaureise als Projekt erarbeitet und für die praktische Umsetzung an der Tourismusschule Modul vorbereitet. Neben den Kompetenzen, die erworben werden, steht der Theorie-Praxis-Transfer im Zentrum.

Barbara Geiger und Florian Hujber haben ein umfassendes fachkundiges Filmprojekt entwickelt. Einen wichtigen Teil nimmt der Film Im Juli von Fatih Akin mit Schlüsselszenen an der Donau ein. Mit Schwung geht es dann hinaus an die Donau und in die Linzer Kinosäle.

Evangelia Karagiannakis ist in Ulm und um Ulm herum und entlang der Donau mit Lernenden unterwegs, radelnd und zu Fuß. Sie entfaltet ein breites Spektrum an fächerübergreifenden Unterrichtsaktivitäten, die kreative und sachbezogene Sprachhandlungen enthalten, wie sich an den Arbeitsaufträgen und Produktionsbeispielen ablesen lässt.

Cornelia Sagberger gibt Einblick in den Alltag einer oberösterreichischen Volksschulklasse, in der lehrplankonform die Donau im Sachunterricht, in den kreativen Fächern und in allen Bereichen des Deutschunterrichts in einem Projekt erarbeitet wird.

Dorothea Schaffernicht hat eine Bibliographie zusammengestellt, die eine kleine Auswahl aus der reichhaltigen Literatur und einige Extras als Anregung umfasst. Von Christian Schacherreiter kommt diesmal das Gedicht im Unterricht. Mit Bertolt Brechts Schwimmen in Seen und Flüssen bleibt er nahe am Heftthema. Die Kommentare von Adelheid Schreilechner und Gerhard Hainscho beschäftigen sich mit aktuellen Debatten um die VWA. Die Rezensionen in diesem Heft stammen von Hedwig Kadletz und Ursula Esterl.

HELEN BITO
ELISABETH SCHABUS-KANT

 

HELEN BITO ist BHS-Lehrerin an den Tourismusschulen Modul der Wirtschaftskammer Wien in Wien und Deutschdidaktikerin der Universität Wien. E-Mail: helen.bito@univie.ac.at

ELISABETH SCHABUS-KANT, Studium der Germanistik und Anglistik; Unterricht an AHS. Lehraufträge in der Fachdidaktik am Germanistischen Institut der Universität Wien.
E-Mail: elisabeth.schabus-kant@univie.ac.at

Gerhard Karl Lieb

Donau und Donauraum – ein statistisches Kurzportrait

Kenndaten der Donau

Länge des Stromes: 2.860 km

Fläche des Einzugsgebietes: 817.000 km2

Mittlere Wasserführung an der Mündung: 6.430 m3/s

Nebenflüsse der Donau

Die der Wasserführung nach wichtigsten Nebenflüsse sind (Daten in Klammern wie oben):1

Save (940 km; 95.700 km2; 1.690 m3/s)

Inn (510 km; 26.000 km2; 733 m3/s)

Theiß (962 km; 157.200 km2; 945 m3/s)

Drau (707 km; 40.200 km2; 670 m3/s)

Donauanrainerstaaten

Dies sind jene zehn Staaten, deren Territorium von der Donau durchflossen wird:2

Rumänien (1075 km)

Österreich (351 km)

Deutschland (655 km)

Slowakei (172 km)

Serbien (587 km)

Kroatien (138 km)

Bulgarien (472 km)

Ukraine (54 km)

Ungarn (417 km)

Moldawien (0,6 km)

Donaustaaten

Dies sind jene 20 Staaten, deren Territorium Anteil am Einzugsgebiet der Donau hat:3

Rumänien (28,4 %)

Ukraine (4,0 %)

Ungarn (11,4 %)

Tschechien (3,0 %)

Österreich (9,9 %)

Slowenien (2,2 %)

Serbien (9,5 %)

Moldawien (1,5 %)

Deutschland (7,3 %)

Montenegro (0,9 %)

Bulgarien, Slowakei (je 5,9 %)

Kosovo (0,7 %)

Bosnien und Herzegowina (4,7 %)

Schweiz (0,2 %)

Kroatien (4,3 %)

Albanien, Italien, Mazedonien, Polen

Gerhard Karl Lieb, Martin Möderl, Marlies Pietsch

Die Donau und der »Donauraum«

Eine geographisch-wirtschaftskundliche Annäherung

Dieser Beitrag stellt die Donau und das mit ihr in unterschiedlicher Weise in Beziehung stehende Gebiet aus dem Blickwinkel des Schulfachs Geographie und Wirtschaftskunde (GW) vor. Hierzu wird zuerst die fachliche Perspektive eingenommen, wobei der Fluss sowie sein Einzugsgebiet physisch-geographisch, sozioökonomisch, historisch, ästhetisch und politisch dargestellt werden. Es folgen zwei exemplarische, fachdidaktisch begründete unterrichtspraktische Empfehlungen für die S I und die S II. Diese wurden mit Blick auf die im Schlussteil diskutierten Basiskonzepte in GW konzipiert, eignen sich aber auch für fächerübergreifenden Unterricht.

 

Flüsse sind Teil der Natur- und Kulturlandschaft, Spender von Trink-, Kühl- und Bewässerungswasser, Spender von Energie zur Umwandlung in elektrischen Strom, Transportstraßen für den Schiffsverkehr, aber auch Transportbänder für das Abwasser. Flüsse sind Lebensraum für Fische und andere Wasserlebewesen, Gestalter von Ufer- und Auenlandschaften, Geber und Nehmer von Grundwasser, aber mit ihren Hochwässern vielfach auch ein massives Bedrohungspotential für Mensch und Menschenwerk. (Wakonigg 2015, S. 73)

Da dem ersten Satz des Lehrplans für die Sekundarstufe I zufolge der Mensch im Mittelpunkt von Geographie und Wirtschaftskunde (GW) steht (vgl. BMB 2000), eignen sich Flüsse dank ihrer Gesellschaftsrelevanz als Thema für den GW-Unterricht, obwohl kein Lehrplan dies explizit fordert.

Abb. 1: Übersichtskarte des Einzugsgebiets der Donau
(verändert nach ICPDR 2017, Zeichnung: V Damm)

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Dieser Beitrag richtet nach dem exemplarischen Prinzip einerseits den Blick auf die Donau als Beispiel eines Flusses und andererseits auf den »Donauraum« als Beispiel eines Gebietes, das nach unterschiedlichen Kriterien definiert werden kann. Damit ist schon eine grundlegende Kategorie geographisch-wirtschaftskundlichen Denkens angesprochen, nämlich die Konstruktion von Räumen und Räumlichkeit, die sich auch im Katalog der GW zugrunde liegenden »Basiskonzepte« (BMB 2016) findet. Die Beschäftigung mit einem exemplarischen (supranationalen) Raum erlaubt aber auch Bezüge zu weiteren Basiskonzepten, was im fachdidaktischen Teil dieser Arbeit expliziert wird.

1. Donau und Donauraum

1.1 Der realistische Blick: Physische Geographie und sozioökonomische Aspekte

Sucht man Informationen über einen Fluss oder Strom (zu deren Unterscheidung existiert kein allgemein anerkannter Grenzwert), so findet man meist zuerst dessen Länge – für die Donau Werte zwischen 2800 und 2900 km, was die Frage nach der »wahren« Länge aufwirft. Im Merian (2014, S. 8) ist dazu einem »Zahlenspiel« (2780–2888 km) zu entnehmen, dass die Flusslänge unterschiedlich gemessen werden kann, also sozial konstruiert ist: Die 1856 international fixierte Kilometrierung reicht vom Donaudelta mit 0 bis Donaueschingen mit 2780 km. Dort vereinigen sich die beiden im Schwarzwald entspringenden Flüsse Brigach und Breg zur ab hier so bezeichneten Donau, die auch von einer als »Donauquelle« baulich inszenierten Quelle gespeist wird. Bei den höheren Längenangaben wird meist die Breg als Donau-Quellfluss aufgefasst und der Gesamtlänge hinzugerechnet.

In diesem Beitrag wird jedoch nicht nur die Donau an sich, sondern jenes Gebiet betrachtet, das von ihr beeinflusst wird. Es ist also ein Raum zu konstruieren, der bestimmte festzulegende Kriterien einer Beziehung zum Fluss erfüllt. Je nach Maßstab gibt es verschiedene Möglichkeiten hierfür, drei häufig verwendete sind:

   Überschwemmungsgebiet: Unmittelbar vom Fluss beeinflusst sind die oft von Hochwässern überfluteten Flächen, worin sich einst der Flusslauf häufig verlagerte (»Flusslandschaft« bei Winiwarter/Schmid 2010, S. 23). Traditionell nur extensiv genutzt, blieben diese Gebiete meist unbesiedelt, sodass sich vielfach Ökosysteme erhalten haben, die heute als naturschutzfachlich wertvoll gelten (z. B. Auwälder). Überschwemmungsgebiete können je nach Jährlichkeit der Hochwässer (z. B. HQ100 = durchschnittlich alle 100 Jahre wiederkehrend) verschieden abgegrenzt werden und veränderten sich seit dem 19. Jahrhundert stark durch technische Eingriffe (Schutzdämme, Flussregulierungen, Kraftwerke).

   Einzugsgebiet: Die wegen ihrer hydrologischen und wasserwirtschaftlichen Bedeutung meist verwendete Raumkonstruktion in Bezug auf Flüsse ist das (hydrologische) Einzugsgebiet, woraus dem jeweiligen Fluss Wasser zufließt. Dessen Außengrenze bilden Wasserscheiden. Diese folgen in wasserundurchlässigen Gesteinen Rücken oder Bergkämmen und sind daher einfach festzustellen. In wasserdurchlässigen Karbonat- oder Lockergesteinen stimmen die oberirdisch erkennbaren Wasserscheiden meist nicht mit den realen im Untergrund überein.

   »Donauländer«: Das Wassermanagement eines Stromes wie der Donau muss – da sich das Einzugsgebiet auf die Territorien von 20 Staaten verteilt (siehe »Kurzporträt« auf S. 8) – international koordiniert werden. Daher macht es Sinn, einen Raum durch die am Einzugsgebiet Anteil habenden Staaten zu definieren (Kapitel 1.3).

Auch die Größe des Einzugsgebiets der Donau (siehe »Kurzporträt« auf S. 8) wird unterschiedlich angegeben – meist mit 817.000 km2 (Abb. 1). Eine exaktere Angabe erscheint nicht zweckmäßig, weil – insbesondere in den aus Kalk aufgebauten Südalpen und dem Dinarischen Gebirge zwischen Slowenien und Montenegro – große Unsicherheiten in der Abgrenzung bestehen. Solche gibt es auch im Oberlauf, etwa an der in den Jurakalken der Schwäbischen Alb erfolgenden Donau-Versickerung (vgl. z. B. Merian 2014, S. 9). Sie hängt mit der erdgeschichtlich jungen und noch in Gang befindlichen Vergrößerung des Einzugsgebietes des Rheins auf Kosten der Donau zusammen (vgl. Blühberger 1996, S. 57 f.; Hantke 1993, S. 226 ff.) und erinnert daran, dass Fluss-Einzugsgebiete in langen Zeitskalen (Jahrzehntausende bis Jahrmillionen) veränderlich sind.

Abb: 2: Die Donau und ihre Zuflüsse nach Einzugsgebietsfläche (oben) und Wasserführung (unten) (verändert nach Lászlóffy 1965; Wasserführung nach Somogyi u.a. 1983)

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Die »Größe« eines Flusses ist aber nur über dessen Wasserführung fassbar (vgl. Wakonigg 2015, S. 76). Sie nimmt entlang der Fließrichtung sprunghaft durch die von Nebenflüssen herbeigebrachten Wassermassen zu (Abb. 2). Für die Wasserführung der Donau sind die orographisch rechten Zuflüsse ungleich bedeutender als die linken, weil jene die niederschlagsreichen Gebirgslagen der Alpen und des Dinarischen Gebirges entwässern. Die Gebiete links der Donau sind wegen der geringeren Höhe und größeren Meeresferne niederschlagsärmer und liefern somit insgesamt kaum ein Drittel der Wasserführung.

Sozioökonomisch war die Donau einst als Transportweg für Handelsgüter (nach Winiwarter/Schmid 2010, S. 138, vor allem Holz, Salz und Eisen) und lokal als Rohstofflieferant (z. B. Fisch, Schotter) von Bedeutung. Seit dem 19. Jahrhundert kam es zu markanten Veränderungen des Flusses und seiner Inwertsetzung (vgl. Winiwarter u. a. 2013), speziell seit ab 1830 Massengüter mit Dampfschiffen (vgl. Jülg 2001, S. 107) transportiert werden konnten. Heute steht die Donau als Schifffahrtsweg aber weit hinter anderen Strömen – besonders dem Rhein – zurück (Kapitel 1.3), jedoch sind touristische (Kapitel 2.1) und energetische Nutzung (Kapitel 2.2) bedeutend.

1.2 Der konstruktivistische Blick: Ästhetisierung und Mythifizierung der Donau

»Blau. Die Erfindung der Donau« hieß eine Ausstellung des Technischen Museums Wien im Jahr 2005. Darin wurden jene technischen Entwicklungen beleuchtet, die den Fluss so zu domestizieren erlaubten, dass man ihn auch als schön konnotieren und in eine »Sehnsuchtslandschaft« verwandeln konnte (vgl. Hochadel 2005, S. 49). Dies förderte die Ästhetisierung besonders jener Flussabschnitte, worin die Donau Durchbruchstäler in Gebirgsbarrieren gebildet hatte und die schon früh als Idealbilder romantischer Landschaften reproduziert worden waren. Dies gilt an der österreichischen Donau etwa für die Schlögener Schlinge (Abb. 3) und die Wachau, aber auch für Abschnitte des Oberlaufs in Deutschland, das Donauknie in Ungarn und das Eiserne Tor (Serbien/Rumänien), welches wegen seiner bis zum Kraftwerksbau schwierigen Passierbarkeit auch heroisch konnotiert war.

Abb. 3: Donau und Natur – die Schlögener Schlinge als Inbegriff schöner Donaulandschaft (Foto: Lieb)

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Abb. 4: Donau und Kultur – die Festung Petrovaradin (Peterwardein) in Novi Sad (Serbien) als historisch aufgeladener Platz (Foto: Lieb)

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Werke mit historischem Bezug (vgl. z. B. Weithmann 2012, S. 13 f.) weisen der Donau und dem von ihr durchflossenen Gebiet eine besondere historische Funktion zu, die sich im Spannungsfeld von Trennendem (z. B. Donau als römischer Limes, Donauraum als Ort der Konfrontation von Christentum und Islam in der Neuzeit) und Verbindendem (z. B. Donau als Leitlinie magyarischer Expansion, Donauraum als Kerngebiet der Habsburger Monarchie) bewegt (Abb. 4). Die Attributierung historischer Bedeutsamkeit an den Strom und seinen »Raum« (welcher auch immer darunter verstanden wird) hat zur Mythifizierung der Donau geführt. Diese spiegelt sich in der Benennung »Donaumonarchie« ebenso wie im identitätsstiftenden Charakter der österreichischen Bundeshymne (»Land am Strome«) wider. Über Österreich hinaus gilt die Donau als »ein tragender Mythos Europas« (Winiwarter/Schmid 2010, S. 21), was zahlreiche Texte (für einen guten Querschnitt vgl. Fridrich 2012) und belletristische Bücher über die Donau (vgl. z. B. Magris 2007) belegen.

1.3 Der politische Blick: Internationalisierung und Konflikte um die Donau

Wasserwirtschaftliche Fragen – Schifffahrt, Stromgewinnung, Hochwasserschutz, Wasserentnahme für Bewässerung – setzen bei Flüssen, deren Einzugsgebiet sich über mehrere Staaten erstreckt, internationale Koordination voraus. Deshalb sind Vereinbarungen in Bezug auf Flüsse vielfach sehr alte bi- oder multilaterale Vertragswerke. An der Donau wurden die Grundlagen der Internationalisierung des Stromes für die Schifffahrt bereits am Wiener Kongress 1814/15 geschaffen (vgl. Winiwarter/Schmid 2010, S. 27), weitere Vertragswerke folgten im 20. Jahrhundert aufgrund territorialer und/oder politischer Veränderungen. Heute wird die Schifffahrt durch die »Internationale Donaukommission« geregelt, die seit 1948 ihre Tätigkeit versieht und alle zehn Donau-Anrainerstaaten sowie Russland umfasst (vgl. Donaukommission 2017).

Eine weitere supranationale Organisation ist die »Internationale Kommission zum Schutz der Donau«, die eine nachhaltige Bewirtschaftung der Donau (vgl. Sommerwerk u. a. 2010) anstrebt und seit 1998 besteht (vgl. ICPDR 2017). Ihr gehören alle 14 Staaten mit großen Gebietsanteilen am Einzugsgebiet und die EU an, weil das Wassermanagement des Hauptstroms auch die obersten Abschnitte der Zubringer betrifft.

Lichtenberger (2005, S. 81) betont einen anderen Aspekt der Internationalität: »Die Donau ist immer in die ›verkehrte Richtung‹ geflossen, d. h. in wenig entwickelte Gebiete hinein.« Damit wird die weit unter den Kapazitäten liegende Nutzung der Donau als Wasserstraße begründet, die sich auch nach der Eröffnung des Rhein-Main-Donau-Kanals (1992) nicht wesentlich gesteigert hat (vgl. Jülg 2001, S. 108). So betrug das Gesamtvolumen aller auf der Donau transportierten Güter 2008 nur ca. fünf Prozent derer des Rheins (vgl. Hesse 2013, S. 429). Ursache hierfür ist die schwierige sozioökonomische Lage der Staaten an der mittleren und unteren Donau, der die EU-Kommission (2017) mit einer langfristigen makroregionalen Strategie entgegenzuwirken versucht.

In der Nachkriegszeit ist die Donau zum Schauplatz und Inhaltsaspekt politischer Konflikte geworden, besonders um den Ausbau der Wasserkraftnutzung. Das bekannteste Beispiel ist der Streit um die letztlich nicht realisierte Staustufe Hainburg an der österreichischen Donau. Diese wurde 1984 zur Ikone für zivilen Widerstand gegen technische Großprojekte, für erfolgreiche Durchsetzung von Naturschutzinteressen (die Auen östlich von Wien sind seit 1997 Nationalpark) und für die grüne Bewegung. Auch in den anderen Donauländern hat die seit den 1980er Jahren erstarkte Umweltpolitik zahlreiche Schutzgebiete entlang der Donau entstehen lassen, die ebenfalls in einem internationalen Netzwerk kooperieren (vgl. Danubeparks 2017).

2. Zwei ausgewählte Themenfelder – fachdidaktisch-unterrichtspraktisch umgesetzt

2.1 Die Donau als Tourismusattraktion

Im Lehrplan ist dieses Themenfeld der 7. und 8. sowie der 9. und 10. Schulstufe zuzuordnen, wobei die folgenden Hinweise für die S I gelten. Es bestehen viele Anknüpfungsmöglichkeiten an den GW-Lehrplan (vgl. BMB 2000), u. a. zu den Bereichen Mensch und Gesellschaft, Zentrum/Peripherie, regionale Disparitäten, kleinregionale, nationale, europäische und globale Fragestellungen, vertiefende Kenntnisse und Einsichten über menschliches Leben und Wirtschaften in Österreich, die Vielfalt Europas in Landschaft, Kultur, Bevölkerung und Wirtschaft oder den Aspekt, dass Gegenwarts- und Zukunftsprobleme nur überregional zu lösen sind.

Der fachdidaktische Zugang bietet mit einem Textblatt zum Tourismus (mit Ansatzpunkten für fächerverbindendes Arbeiten) einen Themeneinstieg und eine Strukturierungshilfe für Schüler/innen, was selbständiges, individuelles Arbeiten mit Blick auf Kompetenzerweiterung und Nachhaltigkeit des Lernprozesses ermöglicht. Das hierfür konzipierte Aufgabenblatt lösen Schüler/innen mittels eigenständig aus dem Internet und dem Atlas recherchierten Informationen. Im Vergleich zu herkömmlichen Arbeitsblättern berücksichtigen Aufgabenblätter stärker die Individualität der Schüler/innen (eigenes Tempo, Können ...), da sie verschiedene Aufgabenformate in allen drei Anforderungsbereichen enthalten. Das Aufgabenblatt ist für Einzelarbeit ausgelegt, es bietet sich aber auch Partnerarbeit an. Dadurch sollen folgende Lernziele erreicht werden: Schüler/innen

   erstellen eine individuelle Karte des Donauraumes,

   recherchieren zu gebietsspezifischen Fragen eigenständig im Internet und im Schulatlas,

   begründen die touristische Eignung von Gebieten und

   planen eine Reise.

Textblatt

Arten des Tourismus an der Donau

Der Donauraum hat eine reiche kulturgeschichtliche Vergangenheit, von der u. a. Ausgrabungen, Burgen, Schlösser und Kirchen zeugen. Der Kulturtourismus wird also mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten angelockt. So sind etwa Teile der Städte Regensburg, Wien und Budapest oder die Wachau UNESCO-Welterbe. Ein Beispiel für ein touristisches Projekt ist die »Straße der Kaiser und Könige«, die von Regensburg nach Budapest führt.

Zum Betrachten der Landschaft und zum Genießen der Orte entlang des Flusses eignen sich Formen des Wander- und Radtourismus. Ein Beispiel hierfür ist der Donausteig, ein grenzüberschreitender Weitwanderweg von Passau bis nahe Grein. Besonders beliebt ist der Donauradweg, dessen Länge von ca. 2850 km der der Donau entspricht.

An der Donau entstanden zahlreiche bedeutende Nationalparks und Naturreservate, die nicht nur dem Schutz der naturnahen Flusslandschaft mit ihren Auwäldern, Wasserarmen und Inseln dienen, sondern auch Anziehungspunkte für den Naturtourismus darstellen.

Flusskreuzfahrten zwischen Passau und dem Donaudelta erfreuen sich schon seit Jahrzehnten großer Beliebtheit. Hierbei handelt es sich um eine beschauliche Art des Landschaftserlebnisses, wobei die Tourist/inn/en auch Gelegenheit haben, die am Fluss gelegenen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.

Das Aufgabenblatt enthält eine stumme Karte der Donau, ihres Einzugsgebiets (= Gebiet, aus dem einem Fluss Wasser zufließt) und der Donaustaaten. Gestalte sie zu deiner individuellen Karte und lege eine passende Legende an! Hierfür ist rechts unten genügend Platz. Die einzelnen Arbeitsaufgaben findest du in den Kästen auf dem Arbeitsblatt.

Tipps: Die Reihenfolge, in der du die Aufgaben löst, steht dir frei. – Nutze für das Sammeln der Informationen deinen Schulatlas und das Internet! – Du benötigst Schreibzeug, Farbstifte und ein leeres Blatt Papier.

Aufgabenblatt:

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2.2 Die Donau als Energielieferant

Die Donau eignet sich wegen ihrer hohen und – unterhalb der Innmündung – relativ ausgeglichenen Wasserführung sehr gut für Laufkraftwerke. Ab dem Eintritt ins Pannonische Becken wird jedoch das Gefälle so gering, dass keine Staustufen errichtet wurden – ausgenommen im Donaudurchbruch durch das Karpaten-Balkan- Gebirgssystem im Eisernen Tor. Die Errichtung von Kraftwerken bedeutet jedoch stets große Eingriffe in die betroffenen Landschaften und Ökosysteme, was zu politischen Konflikten im Spannungsfeld ökologischer, sozialer und ökonomischer Interessen führt (Kapitel 1.3).

In Weiterführung der fachdidaktischen Überlegungen der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II braucht es Unterrichtskonzepte, die die Schüler/innen motivieren und befähigen, über reines Faktenwissen (Wissensreproduktion) hinaus Konzeptwissen und Handlungskompetenzen zu erwerben. So sind komplexe, aber lösungsorientierte Aufgabenstellungen vor allem mit Bezügen zur politischen Bildung in der Sekundarstufe II verstärkt einzusetzen.

Der vorliegende Entwurf versucht, diesen Grundsätzen mit der Methode »Fishbowl« (Mattes 2011, S. 114 ff.) um die zentrale Fragestellung: »Errichtung eines Laufkraftwerkes in Nagymaros?« zu folgen.

In der Vorbereitungsphase der Fishbowl-Diskussion werden sowohl Pro- als auch Contra-Argumente aus dem jeweiligen Blickwinkel erarbeitet und Zukunftsszenarien durchgespielt. Hintergrundinformationen finden Schüler/innen etwa in Wikipedia (2016b) oder in National Geographic (2008). Dazu müssen die verschiedenen Interessensgruppen als Beteiligte vertreten sein, insbesondere die Lobby der Energiekonzerne, Umweltschutzgruppen, lokale Politik, Infrastrukturministerium, ansässige Bevölkerung, Vertreter/innen von Nationalpark, Landwirtschaft, ICPDR, EU-Kommission, Journalismus u. a.

Die Schüler/innen erarbeiten die Positionen in Kleingruppen, sodass jedes Gruppenmitglied in der Diskussion das Wort ergreifen kann. Das Fishbowl-Konzept sieht vor, dass aus jeder Gruppe ein/e Vertreter/in in der Raummitte sitzt und dort die Diskussion (moderiert durch die Lehrperson) führt. Die restlichen Gruppenmitglieder können jederzeit die Person in der Mitte abklatschen und so die Rolle von Diskutierenden übernehmen. Die Außensitzenden beobachten die Diskussion und machen Notizen für die Feedbackrunde. Es erscheint sinnvoll, dass sich die Schüler/innen im Vorfeld der Diskussion auch mit der Verteilung der Kraftwerke entlang des gesamten Flusslaufs beschäftigen – genaue Informationen dazu liefert die Homepage der ICPDR (2017), die Anlagen sollten in eine Karte des Donauraums (Abb. 1) eingezeichnet werden.

In diesem freien Unterrichtssetting sind einige der Basiskonzepte (vgl. BMB 2016) implizit mitzudenken, garantieren diese doch eine ganzheitliche Sichtweise auf die Problemstellung (z. B. Interessen, Konflikte und Macht, Mensch-Umwelt-Beziehungen, Nachhaltigkeit und Lebensqualität ...).

3. Fazit

Die Ausführungen in Kapitel 1 haben zu erkennen gegeben, dass die Befassung mit der Donau und dem Donauraum auch mit vielen anderen als den in Kapitel 2 vorgestellten Themen und in fächerverbindender Weise möglich wäre – etwa Energiewirtschaft unter technisch-physikalischen Aspekten oder internationale Kooperationen in historischer Perspektive. Besonders gut aber scheint der Anspruch, der hinter den Basiskonzepten in GW steht, nämlich allgemeine Denkmodelle des Faches exemplarisch zu erlernen, durch den multiperspektivischen Blick auf einen durch einen Fluss geprägten Raum umsetzbar zu sein.

Im Folgenden wird dies für ausgewählte Basiskonzepte (vgl. BMB 2016, Fridrich 2016) konkretisiert.

   Vernetzung:
Orte entlang eines Flusses oder innerhalb eines Einzugsgebietes sind auf vielfache Weise verbunden, sodass Handlungen an einem Ort Auswirkungen in weit entfernten Gebieten nach sich ziehen (Kapitel 1.3).

   Wandel:
Veränderung ist in der geographischen und ökonomischen Bildung eine zentrale Dimension. Physischer, sozialer und ökonomischer Wandel findet sowohl am Fluss selbst als auch im Donauraum in unterschiedlicher Geschwindigkeit statt.

   Diversität und Disparität:
Der Donauraum gilt als das »internationalste« Flussgebiet der Erde (vgl. Sommerwerk u. a. 2010), und kaum eine Publikation verzichtet darauf, seine kulturelle Vielfalt hervorzuheben. Der untere Donauraum gehört zur europäischen Peripherie und die Überwindung dieser Disparitäten ist eine Herausforderung europäischer Politik.

   Nachhaltigkeit steht im engen Zusammenhang mit Lebensqualität und Solidarität:
Es geht um die Reflexion des eigenen Lebensstils und um die Sensibilisierung für mögliche individuelle Beiträge zu den drei Säulen der Nachhaltigkeit, Gesellschaft, Wirtschaft und Natur. Die internationalen Kooperativen an der Donau (Kapitel 1.3) zielen auf nachhaltige Entwicklungen, die EUSDR auch explizit auf Lebensqualität.

   Macht:
Lernende erwerben allgemeine Erkenntnisse zur Entstehung interessensgeleiteter Wirklichkeiten, Austragung von Konflikten und Durchsetzung von Macht, insbesondere am Beispiel der Debatte um Kraftwerksbau versus Naturschutz (Kapitel 2.2).

   Maßstab:
Am Beispiel von Flüssen können Problemstellungen auf verschiedenen räumlichen Ebenen thematisiert werden, zum Beispiel hat der lokale Bau eines Laufkraftwerkes regionale Folgen für die Unter- und Oberlieger (etwa für Grundwasser oder Sedimenthaushalt).

   Raum und Raumkonzepte:
Der »Donauraum« wurde in dieser Arbeit unterschiedlich konzipiert, Schüler/innen können beispielhaft lernen, dass und wie man Räume zweckgebunden konstruiert.

   Regionalisierung und Zonierung:
Flussgebiete können je nach Themenstellung unterschiedlich gegliedert werden, wie dies etwa Teileinzugsgebiete oder Überschwemmungsgebiete (Kapitel 1.1) zeigen.

   Mensch-Umwelt-Beziehungen:
Für alle angesprochenen Themen sind die Interaktionen zwischen Gesellschaften und ihren natürlichen Umwelten Hintergrundfolie. Deren vertiefte Aufarbeitung an der Donau in historischer Perspektive findet sich in Winiwarter/Schmid (2010).

Kapitel 1