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© 2014 Kawohl Verlag, 46485 Wesel

Titelfoto: Getty Images / R. McVay

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Reinhold Ruthe

Was meine Seele
stark macht

Mit Resilienz
das Leben meistern

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Inhaltsverzeichnis

Was ist Resilienz? Ein Vorwort

Strategie Nr. 1: Vorsätze realisieren – Prävention praktizieren

• Vorbeugen ist besser als Heilen

• Unser Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes

• Warum werden gute Vorsätze oft nicht realisiert?

• Hinweis Nr. 1: Die Erwartungen sind zu hoch

• Hinweis Nr. 2: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg

• Hinweis Nr. 3: Die Begriffe „müssen“ und „sollen“ sind problematisch

• Weitere Hindernisse

• Tägliche Vorsätze

Strategie Nr. 2: Gelassenheit einüben

• Von der Wiege bis zur Bahre geht es ums Loslassen

• Gelassenheit können wir uns nicht abzwingen

• Wozu sind wir hektisch und angespannt?

• Die Kunst der Passivität

Strategie Nr. 3: Zufriedenheit praktizieren

• Zufriedenheit umfasst drei Bereiche

• Wie entsteht Unzufriedenheit?

Gesichtspunkt Nr. 1: Durch hohe Anforderungen

Gesichtspunkt Nr. 2: Durch überdurchschnittlichen Ehrgeiz

Gesichtspunkt Nr. 3: Durch Überkompensation

Gesichtspunkt Nr. 4: Durch Versagen

Gesichtspunkt Nr. 5: Durch Vergleichen

Gesichtspunkt Nr. 6: Durch Multitasking

• Zufriedenheit und Hormone

Unsere Urteile über Dinge

Die „Salutogenese“

Strategie Nr. 4: Bitterkeit ablegen

• Was ist Bitterkeit?

• Was sind die Folgen der Bitterkeit?

• Ein Beratungsbeispiel

• Depression und Bitterkeit

• Saul versinkt in Bitterkeit – ein biblisches Beispiel

• Bitterkeit darf nicht zugedeckt werden

• Bitterkeit überwinden durch Vergebung

1. Schritt: Bitterkeit rauslassen

2. Schritt: Verbitterung und Schuld bekennen

3. Schritt: Die Verletzer loslassen

Strategie Nr. 5: Geduld trainieren

• Was bedeutet Geduld?

• Festigkeit braucht Zeit und Geduld

• Geduld hat nichts mit Resignation zu tun

• Geduld ist eine Lebensstilfrage

1. Anlagen und Vererbung

2. Erziehung, Umwelt und Sozialisation

3. Schlüsse, die ich aus Anlage, Erziehung und Sozialisation gezogen habe

• In der Arbeit liegt die Belohnung – nicht im Erfolg

• Welche Einstellungs- und Verhaltensmuster machen uns ungeduldig?

• Hinweis Nr. 1: Erkennen Sie, welche Motive hinter Ungeduld, Unruhe und Nervosität stecken

• Hinweis Nr. 2: Der wirklich Geduldige kann Nein sagen

• Hinweis Nr. 3: Beginnen Sie mit einem Punkt

• Hinweis Nr. 4: Geduld ist eine Frucht des Heiligen Geistes

Strategie Nr. 6: Krisen bewältigen – Leid überstehen

• Die Polarität kennzeichnet unser Leben

• Wie können Krisen im Leben entstehen?

• Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Lebensprobleme

• Die optimistische und die pessimistische Persönlichkeit

• Leiden führt zur Standhaftigkeit

• Was bleibt, wenn nichts mehr bleibt

• Hinweis Nr. 1: Nehmen Sie sich selbst an

• Hinweis Nr. 2: Immer wieder den positiven Blick trainieren

• Hinweis Nr. 3: Haben Sie den Mut zur Unvollkommenheit

• Hinweis Nr. 4: Belastungen machen belastbar

• Hinweis Nr. 5: Wir benötigen Rückgrat

• Hinweis Nr. 6: Meinem Gott ist nichts unmöglich

• Hinweis Nr. 7: „Alles vermag ich durch Christus, der mich stark macht“ (Philipper 4,13)

Strategie Nr. 7: Lebenslügen aufgeben

• Nicht die bewussten Lügen sind die schlimmsten

• Ein Psychiater erklärt die Entstehung von Lügen

• Das autobiographische Gedächtnis

„Im Garten haben doch Bäume gestanden!“

• Die „selbstdefinierenden Erinnerungen“

• „Das Gedächtnis ist ein unzuverlässiger Geselle“

• Das Bewusstsein, der „Pressesprecher des Gehirns“

• Sind wir Menschen „Marionetten unter der Fuchtel des Gehirns?“

• Lebensstil und Lügen

Ein Beratungsbeispiel

• Denkanstoß Nr. 1: Lebenslügen ablegen bedeutet, ehrlich zu werden

• Denkanstoß Nr. 2: Wir entschuldigen unsere Mängel

• Denkanstoß Nr. 3: Jeder von uns trägt eine Brille

Strategie Nr. 8: Das krank machende Prinzip „Ganz oder gar nicht“

• Der Mensch und sein Gottähnlichkeitsstreben

• Wie kann sich ein Alles-oder-nichts-Syndrom entwickeln?

• Welche anderen Einstellungsmuster können das Ganz-oder-gar-nicht-Denken beeinflussen?

Muster Nr. 1: Ich bin ein ganz besonderes Kind

Muster Nr. 2: Ich bin ein diktatorisches Kind

Muster Nr. 3: Ich bin ein unzuverlässiges Kind

Muster Nr. 4: Ich bin ein Kind, das die Wünsche und Erwartungen der anderen erfüllen muss

• Das verstiegene Ideal

• Das Überforderungssymptom

• Entweder schwarz oder weiß

• Petrus und das Alles-oder-nichts-Prinzip

• Hilfe Nr. 1: Einsicht ist der erste Schritt zur Veränderung

• Hilfe Nr. 2: Reif werden heißt, kindliche Verhaltensweisen abzulegen

• Hilfe Nr. 3: Wir korrigieren unsere überhöhten Ansprüche

• Hilfe Nr. 4: So, wie du bist, bist du gut genug

Strategie Nr. 9: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“

• Welche Probleme rauben uns die Kraft?

• Was verleiht uns Kraft?

• Paulus steht zu seinen Schwächen

• Was sind die Schwächen bei uns Christen?

• Wir wollen vollkommen sein

Was die Seele wirklich stark macht Ein Schlusswort

• In ihm und aus ihm gewinnen wir Kraft

Literaturhinweise

Was ist Resilienz? Ein Vorwort

Enttäuschungen, Misserfolge und Krisen gehören zu unserem Leben. Nicht alles kann glatt laufen. Misserfolge, Pleiten und Enttäuschungen können uns umwerfen, bedrohen oder entmutigen. Entscheidend aber sind unsere Bewertungen, Wahrnehmungen und Reaktionen.

Erleben wir Enttäuschungen und Konflikte als Katastrophen? Überfallen uns unüberwindliche Ängste und Befürchtungen? Verlieren wir unser emotionales Gleichgewicht? Peinigen uns Ohnmachtsgefühle? Fühlen wir uns ausgeliefert und in einer Sackgasse?

Zweifellos gibt es Menschen, die anlagebedingt pessimistischer und befürchtender reagieren, die es schwerer haben, mit neuem Mut, mit neuen Ideen und mit innerer Stärke daran zu gehen, so genannte „Schicksalsschläge“ und Misserfolge erfolgreich zu überwinden.

Wer aber die Krisen als Herausforderungen oder als Prüfungen Gottes versteht, wird ganz sicher mit neuem Mut, mit neuem Vertrauen und mit gewonnener Zuversicht daran gehen, die Widrigkeiten zu meistern.

In Psychologie, Therapie und Seelsorge werden die Fähigkeiten, erfolgreich Stolpersteine zu überwinden, mutig soziale Fertigkeiten zu entwickeln und mit neuer Energie Rückschläge zu verarbeiten, mit Resilienz bezeichnet.

Das Wort kommt aus dem Lateinischen resiliare = abprallen, ablenken. Der Pionier der Resilienzforschung ist der amerikanische Psychologe Norman Garmezy. Er wollte wissen, wie stark sich bestimmte Risikofaktoren auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auswirkten, die in den Slums der Großstadt Minneapolis aufwuchsen. Viele Kinder gediehen, obwohl sie in extrem ärmlichen Verhältnissen aufwuchsen. Garmezy fand ein Phänomen, das er als „Unverwundbarkeit“ charakterisierte.

Der Chefredakteur von „Psychologie heute“, Heiko Ernst, kommentiert die Resilienzforschung folgendermaßen:

„Die betroffenen Kinder sehen ihre Probleme als Herausforderung. Schwierigkeiten spornen sie zu besonderen Anstrengungen an, sie können das Negative teilweise ausblenden und positive Gegengewichte finden, indem sie die Unterstützung wenigstens eines bewunderten oder geliebten Menschen suchen und finden. (…) Die Formel muss im Lichte der neueren Ergebnisse lauten: Resiliente können sehr wohl verwundet werden, aber nicht besiegt.“ 1

Resiliente, also innerlich starke Kinder und Erwachsene sind dann besonders „unverwundbar“, wenn sie einen bewunderten und geliebten Menschen kennen, der sie als Vorbild begleitet. Wie viel besser sind Menschen dran, die Christus nicht nur bewundern, sondern ihn lieben, sich von ihm anspornen und das Rückgrat stärken lassen. Forschungen in vielen Ländern der Welt belegen, dass der Glaube ihnen hilft, besser und effektiver mit Krisen, Konflikten, Rückschlägen und Enttäuschungen fertigzuwerden.

Wer

-sich von emotionalen Belastungen trennen kann,

-realistische Ziele ansteuern möchte,

-die Opferrolle verlassen will,

-das Positive sieht und wachsen lässt,

der verfügt über typische Fähigkeiten, die mit Resilienz umschrieben werden.

Menschen mit Resilienz verstehen Krisen als Barrieren, die übersprungen werden wollen, die mit Gottes Hilfe Erfolg versprechende Lösungsmöglichkeiten entwickeln, die Verantwortung übernehmen und mutig neue Wege suchen.

Diese Resilienz, diese innere Stärke, haben wir weitgehend nicht geerbt. Wir können sie aufbauen, wir können sie pflegen, wir können sie von Gott erbitten und trainieren. Diese Seelenstärke ist ein positiver Gestaltungsfaktor.

Der Glaube an Christus spielt dabei eine besondere Rolle. Glauben wir, dass Gott führt, dass alles an ihm vorbei muss, dann gehen wir zuversichtlich an die Arbeit, vertrauen seiner Führung und seinem Beistand. Dann ist der Glaube ein unentbehrliches Lebensmittel und eine notwendige Vertrauenszufuhr.

Resilienz oder seelische innere Stärke beinhaltet,

-selbstverantwortlich Probleme und Konflikte in die Hand zu nehmen,

-nicht die Schuld bei anderen Menschen oder Einrichtungen zu suchen,

-nicht zu resignieren, zu verzweifeln und aufzugeben,

-mit Mut, mit Selbst- und Gottvertrauen an die Analyse der Konflikte und ihre Bewältigung heranzugehen.

In der Psychologie hat es einen Blickpunktwechsel gegeben. Die Frage war plötzlich nicht mehr: „Was macht einen Menschen krank?“ oder „Was führt dazu, dass ein Mensch scheitert?“, sondern: „Was erhält einen Menschen auch unter sonst ungünstigen Bedingungen gesund?“

Wichtig: Die Blickrichtung hat sich geändert. Weg von der Pathologie, von der Lehre der Krankheiten, hin zur Prävention, zum vorbeugenden Verhalten.

Ich wünsche allen Lesern, dass sie ein paar Anregungen aufgreifen und im Leben umsetzen. Sie können innere Aufbaukräfte mobilisieren, wenn Sie wirklich wollen, wenn Sie mit Gottes Kraft neue Wege und Lösungsmöglichkeiten wagen.

Strategie Nr. 1:
Vorsätze realisieren – Prävention praktizieren

Im Vorwort wurde es deutlich: Die Blickrichtung in der Psychologie, in der Therapie, auch in der Seelsorge hat sich geändert. Wir wollen nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, bis sich seelische Krankheiten und seelische Störungen ausbreiten, bis der Arzt oder Therapeut dringend gerufen werden muss.

Vorbeugen ist besser als Heilen

Es geht mehr denn je um Vorsorge. Prävention hat heute Vorfahrt, auch in Form gesundheitlicher Vorsorge in Betrieben.

Der Vorbeugegedanke gehört zum uralten Weltwissen der Menschen. Darum schrieb der Arzt und Therapeut Dr. Till Bastian:

„Zu keiner Zeit der Menschheitsgeschichte wurde dieses ‚Prinzip Prävention‘ derart gröblich – und zum langfristigen Schaden aller! – vernachlässigt wie in der Gegenwart der technokratischen Industriegesellschaften, die in einer globalisierten Weltwirtschaft rücksichtslos miteinander konkurrieren. Prävention, also vorbeugende Verhinderung, findet kaum Aufmerksamkeit in der Politik und ebenso wenig – allen Lippenbekenntnissen zum Trotz – im Umweltschutz.“ 1

Unser Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes,

kein Zubehörteil, das wir verkümmern und vernachlässigen dürfen, kein Gegenstand, der lediglich die ewige Seele beherbergt. Paulus hat es uns Christen ins Herz geschrieben:

„Wisst ihr denn nicht, dass euer Körper der Tempel des Heiligen Geistes ist? Gott hat euch seinen Geist gegeben, der jetzt in euch wohnt.“

1. Korinther 6,19

Der Heilige Geist will nicht in einer Bruchbude wohnen oder in einer Rumpelkammer. Unser Körper, unser Leib soll ein Tempel sein. Halten wir diesen Tempel sauber?

Junge und alte, gläubige und nicht gläubige Menschen haben gute Vorsätze. Besonders zu Silvester, aber auch zu anderen Gelegenheiten werden hehre Vorsätze und wohlklingende Absichten geäußert. Die meisten Menschen gehen skeptisch mit diesen „guten Vorsätzen“ um. Warum ist das so?

Gute Vorsätze sind Beruhigungspillen für die Seele. „Eigentlich müsste ich das Rauchen aufgeben.“ „Eigentlich sollte ich mindestens 20 Kilo abnehmen.“ „Eigentlich sollte ich jeden Tag meine stille Zeit halten.“

Gute Vorsätze sind Weichspüler für unser Gewissen. Ich befriedige meine Ansprüche mit Absichten, die leicht und locker vor mir her geschoben werden. Das Wort „eigentlich“ drückt eine Absicht aus, die mehr als fragwürdig ist.

Der irische Schriftsteller und Lyriker Oscar Wilde, der vieles frech und gekonnt formuliert hat, schrieb boshaft: „Gute Vorsätze sind Schecks, auf eine Bank gezogen, bei der man kein Konto hat.“ Mit anderen Worten: Gute Vorsätze sind nur dann etwas wert, wenn ich sie auch umsetzen kann.

Warum werden gute Vorsätze oft nicht realisiert?