Michael Titze

Stefan Stutz (Illustrationen)

Wer zuletzt lacht …

Die Kunst humorvoller Selbstbehauptung

Dr. rer. soc. Michael Titze

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78532 Tuttlingen

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Stefan Stutz

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Lektorat: Maren Klingelhöfer, Heidelberg

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ISBN 978-3-7945-9128-2

Für Miriam Hemmer


Humor – ein Elixier der Lebenskunst, der Konfliktlösung und Heiterkeit

Vorwort von Prof. Dr. Dr. Alfred Kirchmayr

»Es ist leicht, das Leben schwer zu nehmen. Und es ist schwer, das Leben leicht zu nehmen.«

(Erich Kästner)

»Ein bisschen gesunder Menschenverstand, ein bisschen Toleranz, ein bisschen Humor – wie behaglich es sich dann auf unserem Planeten leben ließe!«

(Sommerset Maugham)

Witz und Humor –
Problemanzeiger und Problemlöser

Es ist schon eigenartig: Wir Menschen haben in vielen Bereichen enorme Fortschritte gemacht: in der Medizin, in den Naturwissenschaften, in der technischen Entwicklung. Aber im Umgang mit zwischenmenschlichen Konflikten leben wir immer noch mehr oder weniger in der Steinzeit! Das gilt für die Gestaltung vielfältiger Beziehungen im Kleinen und im Großen.

Auch dies ist eigenartig: Wenn es keine Probleme und Konflikte gäbe, dann gäbe es auch keine Witze und keinen Humor. Der geniale Schriftsteller Mark Twain hat das so gesagt: »Im Himmel gibt es definitionsgemäß keine Probleme. Also gibt es dort auch keinen Witz und keinen Humor.« Aber wir geplagten Erdkrustenbewohner haben viele Probleme zu bewältigen. Und dazu bedürfen wir des Witzes und vor allem des Humors – und seines befreienden, ja erlösenden Lächelns oder Lachens.

Der große Humor ist nämlich der Gegenspieler jeglicher Art tierischen Ernstes. Er fördert die »Heitere Dreifaltigkeit: Leichtigkeit, Lockerheit und Lachen«. Während tierischer Ernst ein extrem starkes Klebemittel ist, kann Humor als hoch wirksames Lösungsmittel bezeichnet werden. Bierernst fixiert, macht blind und starr. Humor belebt, bewegt und entspannt.

Humor entsteht durch die Mischung von drei Elementen (Humorformel): Erstens, es gibt ein Problem. Zweitens, dieses Problem wird ernst genommen. Und drittens, es kommt ein Schuss Heiterkeit dazu. Sie kennen den weisen Spruch: »Kitzliche Sachen löst man am besten mit Lachen.« Denn wenn man verbissen ist, findet man keine kreative Lösung für ein Problem. Das Lachen bewirkt Lockerung, Entspannung und fördert gute Lösungen.

Ein Beispiel: Ein Fahrgast stürmt auf ein Taxi zu, reißt die Türe auf und schreit: »So fahren Sie endlich los mit Ihrer Dreckskarre!« Freundlich erwidert der Taxler: »Gerne, wenn Sie mir sagen, wo ich den Dreck abladen soll!«

Dieser Taxifahrer hat offensichtlich Humor. Er lässt sich nicht beleidigen. Dadurch hat er Spielraum für seine Phantasie, eine gute Antwort zu finden. Dreckskarren sind dazu da, Dreck wegzuführen. So kann er aus der Beschimpfung eine schlagfertige Antwort machen. Das ist ein humorvoller Witz mit Pfeffer.

Damit Sie, liebe Leserin, lieber Leser, einen kleinen Einblick in die vielfältige Landschaft des Humors und seiner Verwandten gewinnen können, werde ich Sie zu einer kleinen Wanderung durch die Humorlandschaft animieren.

Die vier komischen Gesellen – Witz, Spaß, Spott und Humor

Im landläufigen Sinn versteht man unter Humor alles, was zum Lachen führt. Dafür gibt es aber das treffendere Wort Komik, das sich vom griechischen komos herleitet und das Lachen des Volkes bezeichnet. Komisch ist alles, was zum Lachen reizt. Ein Komiker oder Humorist löst Lachen aus.

Die Familie des Komischen ist vielfältig und vielschichtig. Die komischen Gesellen, nämlich Witz, Spaß, Spott und Humor im engeren Sinn, reizen in unterschiedlicher Weise zum Lachen oder Lächeln. Und sie haben jeweils ein Naheverhältnis zu bestimmten psychischen Kräften. Natürlich gibt es auch alle möglichen Mischungen, etwa humorvolle, geistreiche, derbe und zynische Witze.

Der Witz steht dem Intellekt nahe. Er äußert sich vor allem in Wortspielen, Gedankenspielen und Mehrdeutigkeit. Der Witz entlarvt kurz und bündig, was Ideologien verhüllen oder er nimmt sonst etwas oder jemanden auf die Schaufel. »Witz gibt Freiheit und Freiheit gibt Witz« (Jean Paul). Ein Beispiel: »Was sind Beamte?« – »Beamte sind die Träger des Staates – einer träger als der andere.«

Der Spaß hat einen starken Bezug zur Vitalsphäre. Bei Kindern ist er oft Ausdruck purer Lebensfreude. Spaß kann auch sehr derb werden – etwa am Biertisch. Ein aktuelles Beispiel: Zwei Börsenspekulanten gehen in die Börse. Nach einiger Zeit fragt der Neuling: »Sag, wo ist denn die Toilette?« – Antwortet der andere: Toiletten gibt es hier nicht! Da bescheißt einer den anderen!«

Der Spott steht den Kräften der Aggression, der moralischen Kritik und dem Hass nahe. Er äußert sich besonders beißend in Sarkasmus und Zynismus. Spott dient aber auch als Überlebensmittel in Diktaturen und für die Entlarvung von Verlogenheit.

Ein Beispiel aus der Hitlerzeit: »Alle Stände sind jetzt aufgehoben: der Verstand, der Anstand, der Wohlstand. Es gibt nur noch den Notstand!«

Dagegen nährt sich der Humor im engeren Sinn, der »große Humor«, aus den Kräften der Liebesfähigkeit, des Gemüts, des Wohlwollens und der Sympathie. Humor ist ein Kind der Lebensfreude. Er ist nicht verletzend und versöhnt mit den Widrigkeiten des Lebens und mit den eigenen Schwächen.

Entsprechend unterschiedlich sind bei diesen vier komischen Gesellen auch die Arten des Lachens, die sie auslösen: mildes, wohlwollendes, versöhnliches und heiteres Lachen, oder aber verletzendes, entwertendes, vernichtendes, ja tödliches Lachen. Lachen ist grundsätzlich gesund, soll aber nicht nur auf Kosten anderer gehen.

Kultivierte Kindlichkeit – Basis für Humor, Witz und Kreativität

Wir purzeln unfertig in die Welt und dann werden wir mehr oder weniger oft fertiggemacht. Zum Glück – im doppelten Sinn – hat jeder Mensch ein Wesen in sich, das sich gegen dieses Fertigmachen sträubt. Das ist unsere Kindlichkeit, der Clown in uns, der sich die Freude am Spielen und die Lebenslust nicht nehmen lässt.

Eine Studie ergab, dass Kinder durchschnittlich 400 Mal pro Tag lachen, Erwachsene nur noch etwa 20 Mal. Schon Freud fragte sich, was da geschehen muss, damit aus lebhaften, lustigen und phantasievollen Kindern phantasielose, fade und frustrierte Erwachsene werden. Wir alle wünschen uns, dass das Leben glückt. Auch dies erkannte Freud: »Glück ist ein Wort aus der Kinderwelt. Geld macht nicht glücklich.« Nur durch das Zusammenspiel von kultivierter Kindlichkeit und Erwachsensein können wir uns des Lebens freuen – trotz allen Zores. Oder mit den Worten von Erich Kästner: »Lasst euch die Kindheit nicht austreiben! Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.«

Freud hat in seinen genialen Studien über Witz und Humor das Kindliche als Quelle des Kreativen und Spielerischen bezeichnet. Das »Kindesalter der Vernunft«, das Spiel mit Worten und Gedanken, mit Klängen und Anklängen, mit Rollen und Selbstverständlichkeiten und das Leben im Hier und Jetzt, bilden den Nährboden für Witz, Humor und Kreativität.

Ein Beispiel: Der siebenjährige David ist im Unterricht eingeschlafen. Der Lehrer sieht das, gibt ihm einen kräftigen Stoß und fragt zornig: »Was bist du?!« – Da sagt der Kleine: »Ich bin ein aufgeweckter Schüler!«

Auch Friedrich Nietzsche weist auf die Bedeutung des kindlichen Spiels hin: »Reife des Mannes (und der Frau, A.K.): das heißt den Ernst wiedergefunden zu haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.« Und sein älterer Vornamenskollege Schiller brachte die gleiche Einsicht so zur Sprache: »Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.« Das Gegenteil von Spiel ist tierischer Ernst.

Wir sind Gespräch (Martin Heidegger)

Unsere Sprache ist ein faszinierendes Phänomen. Mit weniger als dreißig Buchstaben können wir uns selbst und die Welt zum Ausdruck bringen – und wie vielfältig! Sprache ist das wichtigste Medium für das Erleben und Gestalten aller unserer Beziehungen. Witz und Humor spielen auch besonders gerne mit der Sprache.

Der Philosoph Martin Heidegger sagte treffend: »Wir sind Gespräch.« Die Art und Weise, wie wir uns selbst und andere zur Sprache bringen, prägt unser Weltbild, unser Erleben, Verhalten und Gestalten. Unbewusst führen wir mit uns selbst dauernd Gespräche, Selbstgespräche. Diese werden von allen wichtigen Bezugspersonen unseres Lebens beeinflusst, ebenso von allen unseren Bedürfnissen, Gefühlen, Gedanken und Erfahrungen. Zu Recht bezeichnete Freud den Prozess der Psychoanalyse als »Gesprächskur«. Die Sprache ist das wichtigste Medium für die Kommunikation mit uns selbst und mit anderen Menschen, für den Umgang mit Konflikten und auch für die Gestaltung von Witz und Humor.

Und sie birgt sehr viel Lebensweisheit in sich. Wissen, Witz und Weisheit stammen aus derselben Sprachwurzel. Im Mittelhochdeutschen bedeutet den Verstand verlieren »uz den wizzen kommen«! Man bezeichnet auch heute noch unbrauchbares Wissen als »witzlos«.

Lena beschwert sich: Die Eltern sind komische Wesen! Erst bringen sie einem mühsam das Reden bei. Und wenn man es gut kann, sagen sie dauernd: Halt den Mund!

Der große Humor – die Kunst des Drüberstehens

In der humorvollen Einstellung können wir die schmerzlichen Dinge des Lebens wie durch ein umgedrehtes Fernrohr betrachten (Jean Paul) – und gewinnen heilsame Distanz. Der Clown als Symbolfigur des Humors bringt diese beiden Seiten durch ein lachendes und ein weinendes Auge zum Ausdruck. Man kann lächeln oder lachen, obwohl einem zum Weinen ist.

Humor wird von Bewusstseinserweiterung und Bewusstseinserheiterung begleitet. »Humor ist keine Stimmung, sondern eine Weltanschauung« (Ludwig Wittgenstein). Diese Art, die Welt anzuschauen, fördert Spielraum, Heiterkeit, Kreativität und Konfliktfähigkeit. »Humor ist überwundenes Leiden an der Welt« (Jean Paul).

Denn Lust und Frust bestimmen in allen möglichen Mischungsverhältnissen unser Leben – selten als Prachtmischung. Deshalb versuchen wir, Unlust möglichst zu vermeiden und darauf zu achten, dass das Leben auch lustig ist, denn: »Wir sind unermüdliche Lustsucher« (Sigmund Freud). Die Lebenskunst besteht darin, das eigene Leben möglichst gut zu gestalten. Fast alles im Leben können wir humorvoll oder humorlos auffassen, erleben und gestalten.

Kennen Sie den? Sagt der eine: »Humor ist ein echter Schlankmacher!« – »Wie meinst du das?« – »Man muss kilometerweit laufen, bis man ihn trifft!« Das stimmt, denn echter Humor, Humor als heitere Lebenseinstellung, als »Ernstheiterkeit« (Hugo Rahner) und als geistvolle, witz- und listreiche »Trotzmacht« gegen tierischen Ernst, ist selten anzutreffen.

Dagegen gilt, was Eugen Roth sagt: »Hanswursten trifft man weit und breit. Humor ist mehr als Heiterkeit.« Comedy, Schmalspursketches und Witzbücher sind beliebt. Die populäre Witzkultur ist platt und häufig humorlos. Meistens wird jemand ausgelacht und dumm hingestellt. In unseren Witzlandschaften dominiert Schadenfreude. Esprit, Selbstironie und Humor sind selten zu finden.

Dagegen blühen im jüdischen Humor die listigsten und tiefsinnigsten Witze und ein befreiendes, wohlwollendes Lachen. Ein Volk, das jahrhundertelang die grauenhaftesten Verfolgungen und Demütigungen bewältigen musste, hat den besten Witz, den tiefsinnigsten Humor und ein heiteres Lachen entwickelt. Das gibt zu denken!

Und im jüdischen Witz wird besonders herzhaft über eigene Schwächen gelacht, oder über widerliche soziale und politische Verhältnisse. Es ist der mit Witz gewürzte Humor, der uns hilft, mit den Widrigkeiten des Lebens besser umgehen zu lernen. Humor kann ein Überlebensmittel sein: Wem das Wasser bis zum Hals steht, der soll den Kopf nicht hängenlassen!

Durch seine relativierende Kraft schafft es der Humor, die kleinen und großen Konflikte und Krisen des Lebens zu entschärfen. Er macht es möglich, Verbissenheit, Fixierungen und Elend zu überwinden, zu transzendieren. »Es gibt kaum etwas im menschlichen Dasein, das dem Menschen so sehr und in einem solchen Ausmaß ermöglichte, Distanz zu gewinnen, wie der Humor«, sagt Viktor Frankl. Und was Pablo Picasso der Kunst zuschrieb, möchte ich auf den Humor als Elixier der Lebenskunst ummünzen: »Humor wischt den Staub des Alltags von den Augen!« Er verändert den Blick auf die Dinge des Lebens. Viktor Frankl sagt dazu treffend: »Man muss sich auch von sich selber nicht alles gefallen lassen!«

Eine köstliche jüdische Weisheit:

»Moses gab uns das Gesetz.

Rabbi Jehoschua von Nazareth gab uns die Liebe.

Karl Marx gab uns das soziale Gewissen.

Sigmund Freud brachte uns die Selbsterkenntnis.

Und Albert Einstein sagte: Alles ist relativ!«

Die »Heitere Dreifaltigkeit: Leichtigkeit, Lockerheit, Lachen« pflegen!

Das befreiende Lachen des Humors und der Heiterkeit ist Musik für die Seele. Es wirkt wie eine erfrischende Großhirndusche, begleitet von einer Eingeweidemassage, vielleicht sogar von einem Lachmuskelkater! Wenn man Tränen lacht, wird das Großhirn feucht durchgewischt. Die verstaubten Gedanken werden raus-gelacht. Unser Großhirn besteht aus verschiedenen Lappen: Sehlappen, Hörlappen, Riechlappen usw. Aber manche Zeitgenossen haben einen viel zu stark genährten »Jammerlappen«. Der »Freude- und Heiterkeitslappen« ist oft unterernährt!

Ein Elixier der Lebenskunst besteht darin, das Kopf-kino mit Heiterkeit und Humor zu füttern. Die moderne Hirnforschung hat bestätigt, was Marc Aurel vor 2000 Jahren erkannt hat: »Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farben der Gedanken an.« Depressionen und Angststörungen kommen nicht aus heiterem Himmel, sondern aus trüben Gedanken und tiefen Kränkungen. Tierischer Ernst produziert finstere Gesichter. Er verfinstert auch die Seele.

Humor und Heiterkeit, Freude und Dankbarkeit für die vielen schönen Dinge des Lebens – trotz allen Elends, aller Konflikte, Kränkungen und Enttäuschungen – sind Grundelemente der höchsten Kunst, der Lebenskunst. Deshalb möchte ich mit dem weisen Rat von Friedrich Nietzsche schließen: »Seit es Menschen gibt, hat der Mensch sich zu wenig gefreut: Das allein, meine Brüder (und Schwestern, A.K.), ist unsere Erbsünde! Und lernen wir besser uns freuen, so verlernen wir am besten, anderen wehe zu tun und Wehes auszudenken.«

Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre dieses heiteren, anregungsreichen und kreativen Buches von Michael Titze. Stefan Stutz hat köstliche Karikaturen eingefügt. Dieses Buch beleuchtet eine große Vielfalt von insgesamt humorvollen und witzigen Strategien im Umgang mit Kränkungen, Entwertungen und Beleidigungen. Es wird Ihre kreative Streitkultur, Ihr inneres Selbstgespräch und Ihr durch Humor gestärktes Selbstwertgefühl bereichern. Zum Glück gibt es das Lachen!

Inhalt

1 So bekommen Sie die Lacher auf Ihre Seite

1.1 Mit Boxhandschuhen ins Büro?

1.2 »Das ist mal wieder typisch!«

1.3 Es kommt auf die Persönlichkeitsanteile an

2 Der Boss (als aktiv-aggressiver Typ):
»Ich muss mich immer durchsetzen!«

2.1 Der Napoleon-Komplex

2.2 Hoher Status

2.3 Ein lautstarkes Echo geben

2.4 Unerschütterliche Schlagfertigkeit

2.5 Vor der Kamera bin ich der Boss!

2.6 Aggressiv in der Politik – defensiv im Straßenverkehr

3 Der Star (als passiv-aggressiver Typ):
»Ich lächle dich schwach!«

3.1 Skurril wie Diogenes

3.2 Der närrische Eigensinn

3.3 Paradoxe Argumentation

3.4 Kontra-Assoziationen üben

3.5 Schlitzohrig wie Schwejk

3.6 Verschleierte Aggressivität

3.7 Schwejk’sche Geschichten erfinden

4 Der Eremit (als aktiv-regressiver Typ):
»Tritt mir nicht zu nahe!«

4.1 Der ironische Kunstgriff des Sokrates

4.2 Ironische Selbstkritik

4.3 Die sokratische Fragetechnik

4.4 Gewinnen durch Nachgeben: die Judomethode

4.5 Columbos Tiefstaplermethode

4.6 Eine körpersprachliche Einladung zum Abwärtsvergleich

4.7 Die Wirkung von Komplimenten

4.8 Die Bellac-Methode

5 Der arme Lazarus (als passiv-regressiver Typ):
»Meine Schwäche macht mich stark!«

5.1 Mitteilsame Wehwehchen

5.2 Das Ecce-homo-Prinzip

5.3 Die Masche des Andrea Stavros

5.4 Die perfekte Jammergestalt improvisieren

6 Abschließende Bemerkung

Literatur

Anhang

Fragebogen zur Feststellung von Handlungsspielraum und Aktivitätsgrad

Personen- und Sachverzeichnis

1 So bekommen Sie die Lacher auf Ihre Seite

Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.

(Mark Twain)

Was hat Diogenes mit Schwejk zu tun oder Konrad Adenauer mit Inspektor Columbo? Die Antwort: Sie alle sind – jeder auf seine Art – rhetorische Leitfiguren.

Rhetorik1 ist die Kunst der Sprachgewandtheit. Im antiken Griechenland konzipiert, wurde sie ursprünglich in Form einer Verteidigungsrede bei Gerichtsprozessen genutzt: Der Ankläger stellte in seiner Rede eine bestimmte »These«2 auf, welcher der Beschuldigte eine »Antithese« entgegenhalten musste – seine Widerrede. Es ging vor allem darum, das Auditorium auf die eigene Seite zu bringen, sowohl in logischer als auch in emotionaler Hinsicht (40; 41; 42).

Eristik: den Kontrahenten verbal niederboxen

Eine eigene Form der Rhetorik bildet die Eristik,3 womit die Technik des reinen Streitgesprächs gemeint ist. Hier läuft die Widerrede darauf hinaus, den Kontrahenten unbedingt herabzusetzen und lächerlich zu machen. Der Gegner soll also verbal niedergeboxt werden, bis er schließlich am Boden liegt. Ganz nach der Devise: Nur wer »schlagfertig« ist, kann sich behaupten!

Es geht auch sanfter

Eine derartige Strategie ist auch heute, in Zeiten globalen Wettbewerbs und schikanöser Machtkämpfe im Arbeitsleben, durchaus gefragt. Doch nicht jeder ist fähig oder auch nur willens, in verbalen Auseinandersetzungen aggressiv zu kontern. Nicht wenige tun sich – entsprechend ihrem Persönlichkeitstyp – mit sanfteren, regressiven Methoden der Widerrede leichter. Auf den folgenden Seiten finden Sie viele konkrete Beispiele für die verschiedenen Formen einer aggressiven oder regressiven Widerrede.

Die sokratische Leitidee: sich bewusst kleiner geben

Eine regressive Form der Widerrede ist z. B. die (selbst-)ironische Verstellung. Diese Strategie folgt der sokratischen Leitidee, sich bewusst kleiner zu geben, als man tatsächlich ist. Dabei wird der rechthaberische Kontrahent von vornherein zum Sieger erklärt, und es wird ihm so lange Beifall geklatscht, bis sein Machtanspruch ins Leere gelaufen ist.

Wie das im Einzelnen geht, sehen wir im Weiteren am Beispiel des legendären TV-Inspektors Columbo, der jede konfrontative Auseinandersetzung durch seine vorgebliche Unterwürfigkeit aushebelt. Dadurch stimmt er den Gegenspieler milde und bringt ihn allmählich in die Position eines Mitspielers, der schlussendlich sogar beim Aufdecken der eigenen kriminellen Taten mitwirkt.

Geerbte Verhaltensmuster: Flucht und Schreckstarre

Eine weitere Strategie sanfter Widerrede basiert auf den defensiven Verhaltensmustern von Flucht und Schreckstarre, die zum entwicklungsgeschichtlichen Erbe des Menschen gehören. Dabei werden bestimmte persönliche Schwächen – oft virtuos – zum eigenen Vorteil genutzt. So können selbst hartgesottene Widersacher milder gestimmt werden.

Lachen als Qualitätskriterium

Vielleicht werden Sie sich fragen, was eine gelungene Widerrede mit Humor zu tun hat? Wir können das Lachen als eine Humorreaktion verstehen (vgl. 56, S. 11 ff.), an der sich ablesen lässt, ob die Widerrede stimmig ist. In diesem Fall hat der Rhetoriker die Lacher zuverlässig auf seiner Seite. Doch wenn er mit seiner Widerrede scheitert, läuft er Gefahr, dass über ihn selbst gelacht wird (56, S. 41 ff.). Ein solches (Hohn-)Gelächter entspricht einer »sozialen Feuertaufe«, wie der berühmte Lachforscher Henri Bergson es ausdrückt (6, S. 131). Der oder die Verlachte erhält nämlich die Botschaft: Wenn du deinen Redestil nicht änderst, wirst du dich weiterhin lächerlich machen!

Humor ist die beste Medizin

Dieses Buch wurde von Michael Titze geschrieben und von Stefan Stutz illustriert. Inhaltlich besteht ein Bezug zu zwei Seminaren, die im Rahmen der Weiterbildung zum Humorberater (HCDA) in der HCDA-Akademie von HumorCare e.V. angeboten werden. Das eine behandelt die philosophischen Grundlagen der Humorforschung, das andere die humorzentrierte Rhetorik. Ich – Michael Titze – habe diesen Weiterbildungskurs zusammen mit Torsten Fuchs angeleitet, einem Theaterpädagogen und Clown, der in die Stiftung »Humor Hilft Heilen« eingebunden ist. Dr. Eckart von Hirschhausen hat diese Institution im Jahre 2008 mit der erklärten Absicht ins Leben gerufen, die Stimmung in Krankenhäusern und Ambulanzen froher zu machen. Wir unterstützen diese Arbeit ausdrücklich – auch mit Mitteln, die sich aus dem Erlös dieses Buches ergeben.

Wie Sie dieses Buch bestmöglich nutzen können

Unser Buch ist in erster Linie an der Praxis orientiert. Es geht auf spezische Fähigkeiten ein, die den individuellen Lebensstil eines Menschen prägen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von »Ressourcen«. Sie sind es, auf die wir – auch bei verbalen Auseinandersetzungen – zurückgreifen sollten, wenn wir tatsächlich authentisch argumentieren wollen. Das gelingt aber nur, wenn wir unseren Lebensstil als unverkennbare Ausdrucksform einer für uns typischen Form der Lebensbewältigung erkennen und anerkennen. Erst unter dieser Voraussetzung lässt sich ein eigener Rede- und Argumentationsstil entwickeln und erproben, der Ausdruck der persönlichen Veranlagung ist.

Diese typologischen Eigenheiten eines Menschen werden im Hinblick auf die entsprechenden Formen einer erfolgreichen Widerrede konkret erläutert. Dabei dienen nicht zuletzt auch rhetorische Beispiele von bekannten Persönlichkeiten der Veranschaulichung.