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Kilian Köppen

Einführung des Financial
Fairplay der UEFA

Auswirkung auf Rechnungslegungsvorschriften und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klubs im europäischen Lizenzfußball

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© 2018 Kilian Köppen

Schriftenreihe BWL-Hochschulschriften, Band 4

Herausgeber:

Prof. Dr. Ludwig Hierl

Prof. Dr. Simon Fauser

Prof. Dr. Sebastian Serfas

Titelgrafik: Kilian Köppen

Verlag und Druck: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

Paperback:978-3-7439-8661-9

e-Book:978-3-7439-8663-3

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar

Vorwort

Diese Arbeit wurde im Juni 2017 in ähnlicher Form als meine abschließende Masterarbeit am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Universität Bayreuth eingereicht. Prof. Dr. Sebastian Schanz StB danke ich in diesem Zusammenhang für die konstruktive Betreuung während der Anfertigung. Für die anschließende Unterstützung und Anregungen zur Veröffentlichung dieser Arbeit danke ich Herrn Prof. Dr. Ludwig Hierl.

Meiner Familie und meinen Freunden gewidmet. Danke für euren Zuspruch und Rückhalt!

München, im Januar 2018Kilian Köppen, M. Sc. Sportökonomie

Beschreibung zur Schriftenreihe

Die Reihe BWL-Hochschulschriften leistet Beiträge zu aktuellen betriebswirtschaftlichen Fragestellungen, insbesondere zu Innovations- und Exzellenz-Ansätzen. Aus der dynamischen Entwicklung der Wirtschaft ergeben sich kontinuierlich neue Herausforderungen und Lösungsansätze für die Unternehmensführung, die sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft diskutiert werden. Das maßgebliche Ziel dieser Schriftenreihe ist eine Verknüpfung von theoretischen Konzepten mit praktischen Anwendungen. Der Fokus liegt dabei auf einem wechselseitigen Transfer von Lösungsansätzen aus Theorie und Praxis. Die Reihe erhebt den Anspruch, zu einer wichtigen Diskussions-, Impulsund Informationsquelle für Studium, Lehre und Praxis zu werden.

Beschreibung zum vorliegenden Band

Der vorliegende Band 4 der Reihe BWL-Hochschulschriften thematisiert die Auswirkungen des sogenannten Financial Fairplay im europäischen Lizenzfußball. Zu seiner Einführung mit der Spielzeit 2010/2011 sah sich die UEFA als der kontinentale Fußballdachverband gezwungen, nachdem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von immer mehr Klubs seit der Jahrtausendwende in Gefahr geriet und Jahresfehlbeträge zunehmend von deren Eigentümern ausgeglichen werden mussten. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist jedoch Grundvoraussetzung für die Integrität und den reibungslosen Ablauf der sportlichen Wettbewerbe. Mithilfe von zusätzlichen Rechnungslegungsvorschriften und finanziellen Kriterien ergänzt das Financial Fairplay seither das bestehende Lizenzierungsverfahren für die UEFA-Champions und Europa League. Welche Veränderungen sich hierdurch bei den europäischen Erstliga-Klubs hinsichtlich deren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit messen und quantifizieren lassen, wird in der vorliegenden Arbeit auf Basis einer Bilanzanalyse von 34 Klubs der Top-Ligen über eine Periode von acht Geschäftsjahren analysiert.

Kilian Köppen studierte zunächst im Bachelorstudiengang Sportwissenschaften mit dem Profil Sportmanagement an der Eberhard Karls Universität Tübingen und anschließend im Masterstudiengang Sportökonomie an der Universität Bayreuth. Im Juni 2017 erwarb er dort erfolgreich den akademischen Grad Master of Science.

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen der Wirkungszusammenhänge

2.1 Organisationsstruktur des europäischen Lizenzfußballs

2.1.1 Auf internationaler Ebene

2.1.2 Auf nationaler Ebene

2.2 Wissenschaftliche Erklärungsansätze zur Notwendigkeit einer Regulierung des europäischen Lizenzfußballs

2.3 Historische Einführung des Financial Fairplay

2.4 Die Rolle der Rechnungslegung

3 Das Financial Fairplay im europäischen Lizenzfußball

3.1 Grundzüge des UEFA-Reglements zur Klublizenzierung und zum finanziellen Fairplay

3.2 Verbandsrechtliche Rechnungslegungsvorschriften

3.2.1 Geforderte Informationen und Unterlagen

3.2.2 Besondere Vorgaben der UEFA-Rechnungslegung

3.2.3 Zur wirtschaftlichen Einhaltung des Financial Fairplay

3.3 Rechtsstruktur der Klubs im europäischen Lizenzfußball

3.4 Gesetzliche Rechnungslegungsvorschriften

4 Empirische Befunde zur Wirkung des Financial Fairplay

4.1 Forschungsstand

4.2 Konzeption der Bilanzanalyse

4.2.1 Methodische Vorgehensweise

4.2.2 Untersuchungsgegenstand und Stichprobenwahl

4.2.3 Datenerhebung und -aufbereitung

4.3 Ergebnisse

4.3.1 Vermögens- und Kapitalanalyse

4.3.2 Finanz- und Liquiditätsanalyse

4.3.3 Ertragsanalyse

4.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse

4.4 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse

5 Fazit und Ausblick

Anhang

Anhang I – Organisationsstruktur auf nationaler Ebene

Anhang II – Überfällige Verbindlichkeiten

Anhang III – Rechtsgrundlagen der nationalen Rechnungslegungsvorschriften

Anhang IV – Unterschiede zwischen IFRS und HGB

Anhang V – Herangezogene relative Kennzahlen

Anhang VI – Besonderheiten der Datenerhebung

Anhang VII – Ergebnisse

t-Tests und Wachstumskoeffizienten

Zeitreihenanalysen

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Sonstige Quellen

Quellen der Jahresabschlüsse

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1Historische Einführung des Financial Fairplay und Zuordnung der Untersuchungszeiträume

Abb. 2Ausgewählte Kennzahlen der Kapitalanalyse im Zeitverlauf

Abb. 3Ausgewählte Kennzahlen der Vermögensanalyse im Zeitverlauf

Abb. 4Kennzahlen der Verschuldung im Zeitverlauf

Abb. 5Anlagendeckungs- und Liquiditätsgrade im Zeitverlauf

Abb. 6Ausgewählte Kennzahlen der Ertragsanalyse im Zeitverlauf (a)

Abb. 7Ausgewählte Kennzahlen der Ertragsanalyse im Zeitverlauf (b)

Abb. 8Weitere Kennzahlen der Vermögens- und Kapitalanalyse im Zeitverlauf

Abb. 9Weitere Kennzahlen der Finanz- und Liquiditätsanalyse im Zeitverlauf

Abb. 10Weitere Kennzahlen der Ertragsanalyse im Zeitverlauf (a)

Abb. 11Weitere Kennzahlen der Ertragsanalyse im Zeitverlauf (b)

Tabellenverzeichnis

Tab. 1Zulässige Überschreitung der annehmbaren Abweichung

Tab. 2Kapitalgesellschaften der Bundesligaspielzeit 2016/2017

Tab. 3Untersuchte Kennzahlen innerhalb der Teilbereiche der Bilanzanalyse

Tab. 4In die Untersuchung einbezogene Fußballklubs

Tab. 5Ausschnitt der Rohdatentabelle am Beispiel des GK von Borussia Dortmund

Tab. 6Zeitliche Zuordnung der untersuchten Geschäftsjahre

Tab. 7Rechtsgrundlagen der nationalen Rechnungslegungsvorschriften

Tab. 8t-Test-Ergebnisse und Wachstumskoeffizienten

Abkürzungsverzeichnis

AFC Asian Football Confederation
AG Aktiengesellschaft
aM arithmetisches Mittel
BFH Bundesfinanzhof
CA 2006 Companies Act 2006
CAF Confédération Africaine de Football
CAS Court of Arbitration for Sport
c.c. Codice Civile
CCom Code de Commerce
CF Cash Flow
CFROI Cashflow Return on Investment
Code du Sport Französisches Sportgesetz
CONCACAF Confederation of North, Central American and
Caribbean Association Football
CONI Comitato Olimpico Nazionale Italiano
CONMEBOL Confederación Sudamericana de Fútbol
DFB Deutscher Fußball-Bund
DFL DFL Deutsche Fußball Liga GmbH
EBIT Earnings before Interest and Taxes
EBITDA Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and
Amortisation
EBT Earnings before Taxes
EK Eigenkapital
EUSRL Entreprise unipersonnelle sportive à
responsabilité limitée
e. V. eingetragener Verein
FA Football Association
FFF Fédération Française de Football
FFP Financial Fairplay
FIFA Fédération Internationale de Football Association
FIGC Federazione Italiana Giuco Calcio
FK Fremdkapital
FKKK UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs
FRS Financial Reporting Standard
GAAP Generally Accepted Accounting Principles
GK Gesamtkapital
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GoB Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
GuV Gewinn- und Verlustrechnung
HGB Handelsgesetzbuch
h.M. herrschende Meinung
IAS International Accounting Standard
IFRS International Financial Reporting Standards
KG Kommanditgesellschaft
KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien
Lega Serie A Lega Nazionale Professionisti Serie A
Ley 10/1990 Ley del Deporte
LFP Ligue de Football Professionnel
Ligaverband Die Liga – Fußballverband e.V.
LLC Limited Liability Company
LNFP Liga Nacional de Fútbol Profesional
LSC Ley de Sociedades
Ltd. Limited
OFC Oceania Football Confederation
PLC Public limited company
Premier League The Football Association Premier League
RFEF Real Federación Española de Fútbol
SA Société anonyme
SAD Sociedad Anónima Deportiva
SAOS Société anonyme à objet sportif
SARL Société à responsabilité limitée
SAS Société par actions simplifiée
SASP Société anonyme sportive professionnelle
SBC Soft Budget Constraint
SPA Società per Azioni
SRL Società a Responsabilità Limitata
UEFA Union des associations européennes de football
UEFA-Reglement UEFA-Reglement zur Klublizenzierung und
zum finanziellen Fairplay
UV Umlaufvermögen

1 Einleitung

Als der ehemalige UEFA1-Präsident Michel Platini im Jahr 2010 den damals aktuellen Benchmarking-Bericht für das Finanzjahr 2009 vorstellte, musste er dem europäischen Lizenzfußball in finanzieller Hinsicht eine der turbulentesten Spielzeiten seit jeher diagnostizieren.2 Schwerwiegende finanzielle Probleme einiger auch bekannter Klubs3 und die daraus resultierende Verdopplung der aggregierten Nettoverluste aller Erstligaklubs in Europa auf 1,179 Mrd. Euro konnten selbst in der schillernden Welt des Lizenzfußballs nicht unter den Deckmantel des Schweigens gehüllt werden. Weitere veröffentlichte Schlaglichter lassen das Ausmaß der damaligen Situation erahnen. Darunter fallen bspw. Zweifel jedes achten wirtschaftlichen Abschlussprüfers an der Fortführungsfähigkeit, Kapitalzuschüsse durch Mäzene in Höhe von knapp 300 Mio. Euro oder der Anstieg des Personalaufwands im Verhältnis zu den gesamten Einnahmen auf 64%, ermittelt aus den Jahresabschlussdaten von 664 Klubs der Ersten Ligen in Europa.4 Die Verabschiedung einer neuen europaweiten Regulierung, des sog. Financial Fairplay (FFP), kam für Platini daher wohl gerade zur rechten Zeit, um Geschlossenheit innerhalb der europäischen Fußballfamilie zu demonstrieren und eine mögliche Problemlösung präsentieren zu können.

Im Jahr 2014 sprach die UEFA dann erstmals spürbare Sanktionen aufgrund von Verstößen gegenüber dem FFP in Form von hohen Geldstrafen und Kaderbegrenzungen für die Champions League aus. Betroffen waren auch große Klubs des europäischen Lizenzfußballs, wie Manchester City und Paris St. Germain.5 Weitere zwei Jahre danach präsentierte der heute noch immer aktuelle Benchmarking-Bericht der UEFA für das Finanzjahr 2015 eine scheinbar weitreichend verbesserte Finanzlage des europäischen Lizenzfußballs. Der neue UEFA-Präsident Aleksander Čeferin bescheinigte der UEFA damals eine Stabilisierung der europäischen Klub-Finanzen und die Schaffung von „Rahmenbedingungen für Wachstum, Investitionen und Rentabilität von nie gesehenem Ausmaß“ durch ihre regulatorische Tätigkeit im Rahmen des FFP.6 Tatsächlich beziffern sich die aggregierten Nettoverluste innerhalb des Berichts, ermittelt aus den Jahresabschlussdaten von 679 Klubs der höchsten Ligen in Europa, auf nunmehr nur noch 322 Mio. Euro. Auch auf der Basis weiterer Kennzahlen, wie z. B. dem in den letzten fünf Jahren gesunkenen Volumen an überfälligen Verbindlichkeiten von 57 auf 5 Mio. Euro, lässt sich der Gehalt Čeferins Aussage, relativ zum Ausgangsniveau gesehen, bestätigen. Das durch den Benchmarking-Bericht 2009 angemahnte Verhältnis zwischen Personalaufwand und den gesamten Einnahmen beträgt aber beispielsweise noch immer 63% und hat sich kaum geändert.

Die Vergleichszahlen zu den weiteren, oben aufgeführten Sachverhalten lassen sich indessen gar nicht mehr aus dem aktuellen Benchmarking-Bericht herauslesen. Für den durchschnittlich informierten Bürger und auch Fußballfan bleibt kaum nachvollziehbar, ob und in welchem Maße das FFP tatsächlich dazu beiträgt, eine Veränderung respektive Verbesserung der finanziellen Situation des europäischen Lizenzfußballs herbeizuführen. Auch für die wissenschaftliche Diskussion bleibt dies schwierig. Denn wie sich im Laufe der Arbeit zeigen wird, sind nicht alle Klubs in Europa gesetzlich zu einer Publizität und kostenlosen Freigabe ihrer Jahresabschlüsse verpflichtet und so hält die UEFA diesbezüglich den Zugang zur umfassendsten Datenbank unter Verschluss. Im Zuge dieser angedeuteten Problematik wird die vorliegende Arbeit daher ein grundlegendes Verständnis für die Zusammenhänge erarbeiten und schließlich folgende zentrale Fragestellung untersuchen: Welche Auswirkung hat die Einführung des Financial Fairplay der UEFA auf Rechnungslegungsvorschriften und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klubs im europäischen Lizenzfußball?

Aus Sicht eines Sportökonomens sind mit dieser zentralen Leitfrage folgende Teilfragestellungen eng verbunden:

a)Wie ist der europäische Lizenzfußball rechtsstrukturell organisiert und welche Besonderheiten ergeben sich dadurch für die Wirkung des FFP?

b)Woraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Einführung einer Regulierung wie dem FFP?

c)Welche Funktion übernimmt die Rechnungslegung im Allgemeinen und innerhalb des FFP im Speziellen?

d)Welche Rechnungslegungsvorschriften werden eingeführt und inwiefern wirkt das FFP auf bestimmte Posten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) der Klubs?

Analog zu diesen Fragestellungen werden im Anschluss zunächst die rechtsstrukturelle Organisation des europäischen Lizenzfußballs und die zentralen wissenschaftlichen Erklärungsansätze zur Notwendigkeit dessen Regulierung herausgearbeitet. Es folgt ein Überblick über die eingeführten Vorschriften durch das FFP und deren Wirkung auf die Rechnungslegung der betroffenen Klubs, stellvertretend in Deutschland, England, Spanien, Italien und Frankreich. Auf Grundlage dieser Überlegungen wird in Kapitel 4 eine empirische Untersuchung konzipiert, die die Wirkung des FFP auf ausgewählte Posten der Klub-Jahresabschlüsse befundet. Abschließend erfolgt eine zusammenfassende Interpretation der theoretischen und empirischen Ergebnisse und deren Einordnung in die anfangs aufgeworfene Problemstellung.

2 Grundlagen der Wirkungszusammenhänge

Der Lizenzfußball ist in vielen Ländern Europas grundsätzlich ein noch vergleichsweise junger Absatzmarkt für Konsumgüter. Trotzdem hat er sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem komplexen Geschäftsumfeld entwickelt und lässt sich in seiner Gesamtheit kaum mit Beispielen aus anderen Wirtschaftsbranchen vergleichen. Dass er dabei jedoch gesamtwirtschaftliche Relevanz besitzt, zeigen letztlich auch die eingangs genannten Zahlen auf. Ein Verständnis für die grundlegenden Strukturen und Wirkungszusammenhänge ist daher unverzichtbar. Das folgende Kapitel erarbeitet dieses Verständnis.

2.1 Organisationsstruktur des europäischen Lizenzfußballs

Aus dem Ziel heraus, einheitliche und gleiche Rahmenbedingungen für den Sport zu entwickeln, berufen sich nationale und internationale Dachsportverbände7 auf den Anspruch einer umfassenden Selbstverwaltung des organisierten Sportbetriebs.8 Rechtliche Anknüpfungspunkte der daraus resultierenden Verbands- und Vereinsautonomie lassen sich dabei aus Verfassungen und einfachen Gesetzen gewinnen.9 Für den organisierten Fußballsport in Europa ist zwischen einer Organisationsstruktur auf internationaler und nationaler Ebene zu differenzieren.

2.1.1 Auf internationaler Ebene

Der organisierte Fußballsport folgt in seiner globalen Verbandsstruktur einer pyramidalen monopolistischen Ordnung.10 An dessen Spitze steht die Fédération Internationale de Football Association (FIFA), die im schweizerischen Handelsregister des Kantons Zürich gem. Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches als nicht-wirtschaftlicher Verein eingetragen ist und als global übergreifender Fußball-Dachverband fungiert. Neben dem statuarisch festgelegten Zweck, den Fußballsport stetig zu verbessern und weltweit zu verbreiten, ist die FIFA u.a. auch für die Organisation eigener internationaler Wettbewerbe zuständig.11 Zu diesen gehören nicht nur die Fußballweltmeisterschaft der Damen- und Herren-Nationalmannschaften, sondern auch die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft, aus der sich eine Relevanz von FIFA-Regularien für den europäischen Klubfußball ableiten lässt.

Eine Mitgliedschaft der FIFA kann nach Art. 11 FIFA-Statuten jeder nationale Dachverband erlangen, „der in seinem Land für die Organisation und Kontrolle des Fußballs in all seinen Formen verantwortlich ist“. Es gilt dabei, wie innerhalb der gesamten globalen Verbandsstruktur, das sog. Ein-Platz-Prinzip12, nachdem im Sinne gleicher Wettbewerbsbedingungen jeweils nur ein Verband, hier jedes Landes, als Mitgliedsverband anerkannt wird.13 Daraus folgt eine Monopolstellung der Verbände auf der jeweiligen territorialen Ebene, die in Verbindung mit der Pyramidenstruktur des Sports dazu bestimmt ist, „den Bestand sowie die Funktionsfähigkeit sämtlicher sportlicher Interaktionen auf allen [institutionellen] Ebenen gewährleisten zu können“.14 Gleichzeitig verpflichten sich die FIFA-Mitgliedsverbände zur Einhaltung der „Statuten, Reglemente, Weisungen und Entscheide der Organe der FIFA sowie der Entscheide des Court of Arbitration for Sport (CAS)“.15 Darüber hinaus haben sie auch ihre eigenen Mitglieder „zur Einhaltung der Statuten, Reglemente, Weisungen und Beschlüsse von FIFA-Organen zu verpflichten“.16 Daraus ergibt sich eine Durchschlagswirkung von Regelungen der FIFA auf den Tätigkeitsbereich der nationalen Dachverbände und deren Mitglieder, der Klubs. Die FIFA schreibt zudem vor, dass jeder nationale Dachverband Mitglied eines der folgenden sechs anerkannten sog. Konföderationen sein muss:

a) Confederación Sudamericana de Fútbol (CONMEBOL)
b) Asian Football Confederation (AFC)
c) Union des associations européennes de football (UEFA)
d) Confédération Africaine de Football (CAF)
e) Confederation of North, Central American and Caribbean Association Football (CONCACAF)
f) Oceania Football Confederation (OFC)

Diese stehen innerhalb der pyramidalen Ordnung hierarchisch direkt unter der FIFA und sind die jeweiligen Zusammenschlüsse der nationalen Fußball-Dachverbände, die dem gleichen Kontinent angehören. Deren Rechte und Pflichten ergeben sich aus Art. 22 Abs. 3 FIFA-Statuten. Auch sie binden sich demnach zwingend an die Befolgung und Durchsetzung der Statuten, Reglemente und Entscheide der FIFA. Ihre darüberhinausgehenden Beziehungen zur FIFA regelt beispielsweise die UEFA laut Art. 3 Abs. 2 UEFA-Statuten mit Hilfe vertraglicher Vereinbarungen.

Wie der Name erschließen lässt, ist die UEFA die maßgebliche Konföderation für alle nationalen Fußball-Dachverbände in Europa, die ihren Sitz in einem Land haben, das von der UNO als unabhängiger Staat anerkannt ist, und die im Gebiet dieses Landes verantwortlich für die Organisation und Durchführung des Fußballsports sind.17 Analog zur FIFA, ist auch die UEFA als nicht-wirtschaftlicher Verein im Sinne von Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Handelsregisters eingetragen, deren Sitz sich in Nyon befindet. Ihre statuarisch festgelegte Zielsetzung beinhaltet u.a. die „Organisation und Durchführung von internationalen Wettbewerben und Turnieren des europäischen Fussballs in all seinen Formen und unter Beachtung der Gesundheit der Spieler“.18 Zu diesen Wettbewerben gehören, neben der Europameisterschaft der Damen- und Herren-Nationalmannschaften, vor allem auch die Champions League, die Europa League und der Superpokal, für deren Teilnahme das FFP einschlägig ist.

Aktuell weist die UEFA 55 Mitgliedsverbände auf. All diese verpflichten sich wiederum laut Art. 7bis Abs. 1 Buchstabe b) UEFA-Statuten zur „Befolgung der Statuten, Reglemente und Beschlüsse der UEFA sowie der Entscheidungen des Schiedsgerichts des Sports (TAS) in Lausanne (Schweiz)“. Außerdem müssen sie die aus ihrer Mitgliedschaft sich ergebenden Pflichten innerhalb ihrer eigenen Statuten aufnehmen und deren Einhaltung durch ihre Ligen, Vereine, Spieler und Offiziellen sicherstellen. Auf dieser Grundlage ist die Durchschlagswirkung von Regelungen der UEFA, wie dem FFP, auf die Nationalverbände sowie auf deren Ligen und Klubs zu erklären.

2.1.2 Auf nationaler Ebene

Die nationalen Fußball-Dachverbände in Europa bilden nach der FIFA und der UEFA die darunterliegende Hierarchieebene innerhalb der pyramidalen Ordnung der Fußball-Verbandsstruktur. Sie sind, wie in Kapitel 2.1.1 dargelegt, sowohl als unmittelbare als auch als mittelbare Mitglieder der FIFA sowie als unmittelbare Mitglieder der UEFA zur Einhaltung deren Vorschriften verpflichtet. Bezüglich der Organisation und Durchführung der Klubwettbewerbe des europäischen Lizenzfußballs ergeben sich auf nationaler Ebene strukturelle, hier aber nicht entscheidende Besonderheiten. Ergänzend werden diese für Deutschland, England, Spanien, Italien und Frankreich in Anhang I dargestellt. Woraus ergibt sich nun aber die Notwendigkeit zur Einführung einer Regulierung des europäischen Lizenzfußballs?

2.2 Wissenschaftliche Erklärungsansätze zur Notwendigkeit einer Regulierung des europäischen Lizenzfußballs

Die meisten Beiträge aus der Wissenschaft, die sich mit der Einführung des sog. Financial Fairplay der UEFA auseinandersetzen, führen zu Beginn jede Menge Kennzahlen auf, die eine besorgniserregende finanzielle Situation der europäischen Fußballklubs um das Jahr 2010 belegen sollen. 19 Selbst die verbandseigenen Benchmarking-Berichte der UEFA weisen, wie eingangs zitiert, solche Kennzahlen auf. Franck legt dementsprechend dar, dass die später aufgeführten Zielstellungen des FFP vor allem unter Berücksichtigung dieses Hintergrundes zu verstehen seien.20 Oft wird in den Beiträgen im Anschluss nachvollziehbar erläutert, dass die Schieflage des europäischen Lizenzfußballs aus den originären Eigenschaften eines Ligawettbewerbs resultiert.21 So bestünden für Vereinsvorstände oder Klubmanager von Grund auf starke Anreize, Spitzenspieler oder vielversprechende Talente zu verpflichten, um die Spielstärke ihres Teams zu erhöhen. Diese Verpflichtungen seien mit der Hoffnung verbunden, eine verbesserte Platzierung in der Abschlusstabelle zu erreichen, die selbst bei einer Verbesserung um nur einen Platz wiederum mit deutlichen Mehreinnahmen einhergehen.22 Begründet wird das Streben nach einer verbesserten Platzierung vor allem aber mit der Zielstellung spitzensportlicher Spielbetriebe. Diese erwachse traditionell aus der Siegeslogik des Spitzensports und bestehe demnach in aller erster Priorität in der möglichst erfolgreichen Teilnahme an sportlichen Wettbewerben. Die Liquidität von Vereinen oder Kapitalgesellschaften des Spitzensports bleibt dabei eine offenkundig notwendige Bedingung, um den für einen sportlichen Erfolg erforderlichen Ressourceneinsatz realisieren zu können und die Existenz der Klubs sicherzustellen. Das Management von Spitzensportorganisationen ist somit einem Spannungsfeld aus sportlichen und ökonomischen Erfolgserwartungen ausgesetzt. Letztlich werden hier aber typischerweise Investitionen, die den Spielbetrieb oder spielbetriebsnahe Aufgabenbereiche betreffen, wirtschaftlichen Überlegungen vorgezogen.23 Denn „in die Bewertung sportlicher Leistungen als Siege bzw. Niederlagen gehen keinerlei außersportliche Kriterien ein“.24

Insgesamt führe der oben beschriebene sportliche und wirtschaftliche Belohnungs-Mechanismus einer Liga zu dem Anreiz bzw. Resultat, dass die Klubs mehr Geld in Form von Ablöseentschädigungen und Gehältern ausgeben, als sich, unter Beachtung eines sich wechselseitig ausschließenden Erfolgs, durch die kollektiv generierten Einnahmen der Liga decken lassen.25 Charakteristisch für einen Ligawettbewerb ist, dass Tabellenpositionen nicht teilbar sind. Rangverbesserungen eines Klubs sind daher mit negativen externen Effekten für dessen unterlegene Konkurrenten verbunden.26 Obwohl ein Mehreinsatz innerhalb von individuellen Optimierungsüberlegungen sorgfältig abgewogen sein kann, wird er in einer Gesamtbetrachtung nicht belohnt.27 Selbst wenn die individuelle Rendite der Investitionen im Erfolgsfall positiv ausfallen kann, ist sie im Durchschnitt über alle Klubs in der Regel negativ. Droht den Klubs außerdem die Gefahr, die eigenen sportlichen Ziele und die damit verbundenen finanziellen Einnahmen zu verpassen, tätigen sie oftmals weitere Investitionen. Diese stellen jedoch nicht zwingend unmittelbar sportliche Erfolge sicher.28 Dieses Phänomen eines sich so steigernden Ressourceneinsatzes bei gleichzeitiger Unterdeckung der Klubaufwendungen innerhalb von sportlichen Ligen wird als Hyperaktivität29 oder Überinvestition/Einnahmen-Verschwendung30 bezeichnet. Ihr Ausmaß wird dabei empirisch nachweisbar durch folgende Faktoren verstärkt:31

a)Eine stärkere Korrelation zwischen Investitionen in Spieltalent und sportlichem Erfolg in der Liga;

b)Einen zusätzlich ausgeschriebenen Preis (z. B. Teilnahme an internationalen Wettbewerben);

c)Ein Auf- und Abstiegssystem;

d)Eine ansteigende Einnahmen-Differenz zwischen erster und zweiter Liga;

e)Gleichzeitige statt aufeinanderfolgende Investitionen.

Als Folge entstehe ein sog. Rattenrennen32, da gleichzeitig die Ausschüttung der Wettbewerbsprämien im Wesentlichen an den Tabellenrang gekoppelt und damit fixiert bzw. unabhängig vom Ressourceneinsatz ist. Ein gesteigerter Input kann durch einen gleichbleibenden Output also durchschnittlich nicht zurückverdient werden. Die Suche nach zusätzlichen finanziellen Mitteln, um in diesem Rennen einen Vorteil zu generieren, erscheint wie eine logische Konsequenz. Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass die eingangs genannten Verluste trotz anhaltendem Einnahmenwachstums im europäischen Fußballgeschäft entstanden sind, die Klubs insgesamt eine hohe Schuldenlast vorweisen und deren Existenz in vielen Fällen von der Injektion zusätzlicher Finanzierungsmittel durch Investoren und Wohltäter abhängt, die mit ihrem Ressourceneinsatz auf einen Einfluss bei Managementangelegenheiten und insbesondere bei der Gestaltung des sportlichen Kaders abzielen.3334353637