Frank Denecke

Fertig habe ich noch
lange nicht

Eine Therapiebegleitung bei HNO-Tumoren

Vorwort

Die Begegnung mit der Diagnose Krebs ist immer ein schwerer Einschnitt ins Leben und stellt einen vor scheinbar unlösbare Aufgaben.

Dabei ist es unerheblich, ob Sie selbst betroffen oder als Angehöriger in die Situation involviert sind. Daher werde ich auf den folgenden Seiten das Krankheitsbild der Kopf-Hals-Tumore aus den verschiedensten Sichtweisen betrachten und alles daransetzen, Ihnen nützliche Tipps an die Hand zu geben, die Sie durch die kommende Zeit begleiten.

Neben der Erfahrung der eigenen Betroffenheit wird auch die Selbsthilfe einen großen Teil in diesem Buch einnehmen, denn leider ist diese wichtige Arbeit noch immer von vielen Vorurteilen behaftet und wird belächelt.

Lassen Sie sich zeigen, dass das Leben trotz einer solchen Diagnose weiterhin lebenswert und schön sein kann.

Inhaltsverzeichnis

Diagnose Krebs, Diagnose Kopf-Hals-Tumor

Selbsthilfe in der Medizin

Ursachen/Risikofaktoren

Symptome/Beschwerden/Vorsorge

Staging – Oder was wird gemacht, um die Diagnose zu sichern?

Tumor-Stadien

Die Tumorkonferenz

Behandlungsmöglichkeiten

Das Diagnosegespräch

Das Gespräch mit dem Patientenbetreuer der Selbsthilfegruppe

Die Operation

Stimmrehabilitation

Wechsel des Shunt-Ventils (Stimmprothese)

Zwischenfazit

Anschlussheilbehandlung

Anschlusstherapie

Nachsorge-Konzepte

Praktische Tipps

Der/Die Angehörige(n)

Palliative Situation

Sexualität

Psychosoziale Begleitungen

Eigenes Erleben

Selbsthilfearbeit in Bremen

Ziele/Träume/Fazit

Nützliche Adressen

Liebe Leserinnen und Leser,

auf der nun ersten Seite möchte ich mich als Verfasser dieses Buches erst einmal vorstellen. Mein Name ist Frank Denecke, ich bin am 24. Januar 1964 geboren und im Jahre 2013, im Alter von 49 Jahren, mit der Diagnose Krebs konfrontiert worden. Meine Diagnose hieß Kehlkopfkrebs mit der Option, den Kehlkopf zu entfernen. Eine andere Möglichkeit wäre die Bestrahlung mit einer Chemotherapie gewesen.

Hier ist schon die erste Aufgabe oder Hürde, die man nehmen muss und wo man sich schon das erste Mal in die Hände der Mediziner begibt und darauf vertrauen muss, dass alles zu seinem eigenen Wohl getan wird. Jedoch weiß jeder, der in irgendeiner Weise schon mal mit unterschiedlichen Ärzten zu tun hatte, dass man drei Mediziner fragen kann und vier Meinungen erhält. Sie sehen, dass frühzeitig Entscheidungen von einem verlangt werden, die man selbst gar nicht zu treffen vermag, dass einem neben den fachlichen Kenntnissen auch die Erfahrung fehlt. Also was tun?

Nun sollen die folgenden Zeilen sich nicht in erster Linie um meine Person drehen, auch wenn meine eigene Geschichte der Hintergrund dieses Buches ist und ich auch meine eigenen Erfahrungen hier durchaus weitergeben möchte. Zur Vervollständigung meiner Diagnose ist noch zu erwähnen, dass mir am 28.07.2013 der Kehlkopf entfernt und anschließend die Therapie mit einer Bestrahlung abgeschlossen wurde. Im März 2014 habe ich dann die Gruppenleitung der Selbsthilfegruppe der Kehlkopfoperierten in Bremen übernommen und begleite seitdem viele Patienten und Angehörige, die mit der Diagnose eines Kopf-Hals-Tumors konfrontiert werden. Im Verlauf dieses Buches werde ich auch noch ein Kapitel der Selbsthilfegruppe und der Selbsthilfearbeit widmen und so näher auf das Thema der Hilfestellungen eingehen.

Auch möchte ich, bevor wir viele Dinge der Diagnose und der Heilungsbewährung beleuchten werden, um Verzeihung bitten, sollte ich nicht immer die richtigen Worte finden oder provokative Thesen aufstellen. Ich möchte hier keinen persönlich auf die Füße treten, sondern nur Denkanstöße setzen, die dazu führen sollen, die Situation der Patienten zu verbessern.

Damit meine ich nicht nur Mediziner, Fachleute wie Pflegepersonal oder Logopäden, sondern auch Sie als Betroffene bzw. Angehörige. Auch Sie können Ihren Teil dazu beitragen, die Situation für Patienten und Angehörige zu verbessern.

Ich werde versuchen, einen strukturierten Verlauf zu schildern, um alle Punkte zu betrachten, bitte aber um Verzeihung, wenn ich nicht alle Dinge berücksichtige.

Diagnose Krebs

Diagnose Kopf-Hals-Tumor

Beginnen möchte ich dieses Buch mit der Zeit, in der ich mit der Diagnose konfrontiert wurde. Hier möchte ich schon mal eines vorwegnehmen und dazu ermutigen, es mal aus Ihrer Sicht zu hinterfragen. Ich persönlich kann Ihnen aus meiner eigenen Erfahrung sowie auch aus meiner beruflichen Erfahrung sagen:

Wenn Sie die Diagnose Krebs erhalten, haben Sie das Schlimmste überstanden. Machen wir uns alle nichts vor, jeder oder zumindest die meisten haben immer gesagt, dass sie selbst nicht an Krebs erkranken werden. Auch wenn die meisten von uns schon mal irgendwie eine Berührung mit dem Thema hatten, egal ob in der eigenen Familie oder im Bekanntenkreis die Diagnose Krebs gestellt wurde, äußerte so ziemlich jeder, dass er selbst davon verschont bleiben wird. Einige tabuisieren das, sprechen da nicht mal darüber oder verdrängen das Thema, andere sagen scherzhaft: Dafür habe ich keine Zeit. Umso heftiger ist oft der Schlag, wenn die Diagnose im Raum steht.

Nehmen Sie sich einmal zwei, drei oder fünf Minuten Zeit und lassen Sie das folgende Bild auf sich wirken:

Was fragt der Mann sich hier?

• Warum ich?

• Was habe ich verbrochen, dass es mich trifft?

• Muss ich jetzt sterben?

• Wie geht es weiter, was kommt auf mich zu?

Und gerade bei der Diagnose eines Kopf-Hals-Tumors:

• Was ist mit essen, trinken, sprechen?

Und?

Sind es die gleichen Fragen, die auch Sie sich gestellt haben?

Nein, okay, dann sind Sie entweder einer der wenigen Menschen, die psychisch wirklich stabil und abgeklärt sind, oder Sie machen sich was vor.

Die meisten von uns, die diese Diagnose ereilt, sowie auch die Angehörigen stellen sich diese Fragen und kommen hier in eine Situation, die schier unüberwindbar ist. Sie ist meistens davon begleitet, dass man sich wie in einem Tunnel fühlt, den dann folgenden Gesprächen nur sehr bedingt folgen bzw. die Informationen, die jetzt kommen, gar nicht aufnehmen kann. Der Kopf ist zu, man schaltet ab.

Natürlich ist jetzt auch der Punkt, wo man seine eigene Persönlichkeit betrachten muss. Wie ist man gestrickt, wie steht man zum Leben. Und auch, wenn es sich für viele wie eine Floskel anhören mag, aber nun haben Sie den schlimmsten Moment der ganzen Situation hinter sich gebracht. Auf das, was folgt, die Therapie, die Umstände, kann man sich irgendwie vorbereiten. Es ist dieser Moment, der so unsagbar schwer ist, nämlich dann, wenn man vor eine Situation gestellt wird, die man immer verleugnet hat, oder mit der man sich nie wirklich beschäftigen wollte.

Aber nun ist eine Situation gekommen, der wir uns stellen müssen. Sicher könnte man wie so mancher den Kopf in den Sand stecken und der Dinge harren, die da kommen. Doch das macht nun mal überhaupt keinen Sinn.

Und auch wenn für viele der Moment unüberwindbar scheint, möchte ich Ihnen hier klar und deutlich sagen:

Stellen Sie sich der Diagnose, denn Sie selbst sind 50 % der Heilungsbewährung.

Die Medizin hat heute extrem gut ausgebildete Ärzte, wirksame Therapien, die es ermöglichen, trotz einer solch schweren Diagnose weiter ein lebenswertes und schönes Leben zu führen. Nur bedenken Sie, Sie selbst sind ein wesentlicher Teil, der zur Heilung beiträgt.

Trotz alledem muss es jetzt weitergehen.

In dem Gespräch, welches Sie mit dem Arzt führen, wird dann sicher auch über verschiedene Therapieoptionen gesprochen, also die verschiedenen Möglichkeiten, den Tumor zu bekämpfen, werden hier erörtert. Auch hierzu werden weitere Gespräche ermöglicht, zum Beispiel mit der Strahlentherapie. In der Regel haben allerdings vor dem Gespräch, das Sie führen werden, die verschiedenen Fachdisziplinen zusammengesessen und in einer sogenannten Tumorkonferenz Ihren Fall besprochen. Hier sitzen Experten der HNO, Hämatoonkologie, Strahlentherapie, MKG etc. und diskutieren die Möglichkeiten, die sich bei Ihrer Diagnose ergeben. Ich bin auch davon überzeugt, dass hier darauf geachtet wird, dass man für Sie die beste Möglichkeit sucht und Ihnen die passende Therapie empfiehlt. Sicher gibt es auch hier Skeptiker, die behaupten, dass es in erster Linie nicht mehr um den Patienten geht, sondern der wirtschaftliche Aspekt einen Großteil der Entscheidungen bestimmt. Da ich in den letzten Jahren durch die Selbsthilfe und durch meine berufliche Tätigkeit viel mit Ärzten zu tun hatte, möchte ich behaupten, dass das nicht der Fall ist. Sicher ist unser Gesundheitssystem in einigen Teilen zu hinterfragen und auch eine Klinik ist ein Wirtschaftsunternehmen, jedoch sind die Mediziner, die ich kennengelernt habe und mit denen ich arbeite, weit davon entfernt, die Therapieempfehlung aus Sicht der Wirtschaftlichkeit zu geben. Da steht doch immer noch der Patient im Vordergrund und die damit verbundene Lebensqualität, die heute eine große Rolle spielt. Wenn akute Lebensgefahr besteht, wird man Sie nach dem Gespräch sicher nicht nach Hause gehen lassen, in allen anderen Fällen kann ich vielleicht raten, auch noch mal eine Nacht darüber zu schlafen und dann zu entscheiden, in welche Therapie man sich begibt. Sicher nicht wegen des Hintergrunds, dass die Therapieempfehlung nicht richtig ist, verstehen Sie das bitte nicht falsch, sondern aus dem Hintergrund heraus, das alles eine Nacht sacken zu lassen.

Vereinbaren Sie ruhig in dem Gespräch einen Termin für ein weiteres Gespräch. Auch gerne gleich am nächsten oder übernächsten Tag. Schämen Sie sich nicht zu sagen, dass Sie mit der Diagnose überfordert sind und es sacken lassen müssen. Oft ergeben sich in den ersten Stunden nach einem solchen Gespräch Fragen, die einem wichtig sind, die aber in dem Gespräch noch gar keine Rolle gespielt haben. So hat man die Möglichkeit, sich noch Fragen zu notieren und diese in einem weiteren Gespräch gezielt zu besprechen. Das kann Unsicherheiten beheben und Unklarheiten ausräumen. Und auch wenn im Rahmen einer solchen Diagnose Eile geboten ist und man es nicht auf die lange Bank schieben sollte, wird der eine oder zweite Tag keine großen Veränderungen hervorrufen.

Es kann nur in Ihrem Sinne sein, wenn Sie alles mit Bedacht angehen und nicht das Gefühl haben, überrumpelt worden zu sein.

Bevor wir nun die weiteren Schritte angehen, die so eine Diagnose mit sich bringt, möchte ich im nächsten Kapitel schon auf das Thema der Selbsthilfe kommen.

Selbsthilfe in der Medizin

Der nächste Schritt eines jeden verantwortungsvollen Mediziners sollte jetzt, unmittelbar nach der Diagnose, folgender sein:

Der Griff zum Telefon und den Kontakt zwischen der Selbsthilfegruppe und dem Patienten herstellen. Doch leider kommen wir hier an einen Punkt, der oft mit Vorurteilen behaftet ist und von einigen immer noch belächelt wird. Gerne möchte ich Ihnen in diesem Kapitel zeigen, wie wichtig die Selbsthilfearbeit ist, und welchen Vorteil der Patient davon hat. Dazu muss man sagen, dass die Selbsthilfearbeit, wie sie der Bundesverband der Kehlkopfoperierten e. V. in den zurückliegenden mehr als 40 Jahren entwickelt hat, einen enormen Benefit für den Patienten darstellt.

Erinnern Sie sich noch an das Bild auf einer der vorherigen Seiten zu dem Thema „Diagnose Krebs“, wo der Patient sich fragt, wie es weitergeht?

Wenn nicht, blättern Sie ruhig noch einmal zurück und schauen Sie auf das Bild, um sich noch einmal in diese Situation zurückzuversetzen. Bei der Erinnerung an das Diagnosegespräch erinnern sich einige von Ihnen sicher noch an den Satz des Arztes oder der Ärztin: „Machen Sie sich keine Sorgen, das kriegen wir schon hin. Wir haben den Ansatz, dass wir Sie heilen wollen.“

Ich persönlich kenne sehr viele, die dann sofort mit einem eigenen Gedanken reagiert haben, welcher lautete: „Rede du mal, du willst mich doch eh nur beruhigen“!

Ich denke, es liegt der Ärztin/dem Arzt fern, Sie nur zu beruhigen, und wir alle wissen, dass er uns auch hier Mut machen will, die Therapie anzugehen und nicht aufzugeben. Doch was er sagt und das, was bei uns ankommt, sind immer noch zwei verschiedene Dinge.

Um diese These zu unterstreichen, hat der Bundesverband der Kehlkopfoperierten e. V. vor Jahren ein System mit der HNO entwickelt, das sich „Patientenbetreuung durch einen Betroffenen“ nennt.

Nach dem Erstgespräch ruft der Mediziner den Patientenbetreuer der Selbsthilfegruppe an und stellt den Kontakt zu dem Patienten her. Jetzt gibt es verschiedene Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Eine Möglichkeit ist, dass wenn der Patient noch stationär behandelt wird, diesen auf der Station zu besuchen. Sollte der Patient das Diagnosegespräch ambulant erfahren, werden die Kontaktdaten ausgetauscht und Patient und Patientenbetreuer telefonieren miteinander. So kann der Patientenbetreuer einen Gesprächstermin vereinbaren, welches auch bei dem Patienten zu Hause stattfinden kann. Dieses hat vielleicht auch den Vorteil, dass der Patient den sogenannten Heimvorteil hat, sich also in Räumlichkeiten befindet, wo er sich sicher und gut aufgehoben fühlt. In dieser Atmosphäre kann der Patientenbetreuer in Ruhe die Sichtweise eines Betroffenen weitergeben. Es geht in diesem Gespräch nicht darum, Ihnen irgendwelche medizinischen Diagnosen zu stellen, sondern Ihnen ganz einfach die Sichtweise eines Betroffenen näherzubringen.

Der Arzt oder die Ärztin können Ihnen die Diagnose, die Therapie und Nebenwirkungen erklären, aber Gefühle, die auf einen zukommen, Situationen, wie man sie als Betroffener erlebt, kann er oder sie nicht leisten. Hierzu ist es maßgeblich, selbst betroffen zu sein. Die Betreuer der Selbsthilfe haben die meisten Therapieschritte, die Sie noch vor sich haben, bereits hinter sich gebracht. Und auch, wenn der Patientenbetreuer einen Schritt nicht erlebt hat, zum Beispiel eine Chemotherapie, dann hat er durch seine Betreuung und Begleitung anderer Patienten sehr viel Erfahrung damit, wie Patienten diese Schritte und Situationen erleben.

Und bitte erwarten Sie nicht, dass man Ihnen die Entscheidung abnimmt, welche Therapieform Sie wählen, insofern mehrere Möglichkeiten bestehen. Diese Entscheidung muss jeder für sich selbst entscheiden.

Es nachgewiesen, dass ein vertrauensvolles Gespräch mit einem Patientenbetreuer sehr hilfreich ist und es zeigt auf, dass trotz der schweren Diagnose weiterhin ein lebenswertes, facettenreiches und schönes Leben möglich ist.

Im Rahmen der Bildung von Tumorzentren und der damit verbundenen Zertifizierung verlangt die Deutsche Krebsgesellschaft die Zusammenarbeit zwischen Klinik und der örtlichen Selbsthilfegruppe.

Auch in den kommenden, neu verfassten S3 Richtlinien zur Patientenversorgung ist diese Art der Patientenbetreuung verankert und gefordert.

Dies zeigt, welchen Stellenwert die Selbsthilfe mittlerweile eingenommen hat und welche positiven Auswirkungen sie auf den Heilungsprozess des Patienten hat.

Allerdings ist es auch hier wichtig, dass in dem Gespräch zwischen Patient und Patientenbetreuer eine Vertrauensbasis geschaffen wird, die auch dazu führen wird, dass der Patient sich öffnet und auch für ihn scheinbar „dumme“ Fragen stellt. Bitte bedenken Sie, dass es keinerlei dumme Fragen im Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung gibt, und Sie alle Fragen stellen sollten, die Sie beschäftigen und die einer Antwort bedürfen.

Sollten Sie beim Kennenlernen des Patientenbetreuers oder während des Gespräches feststellen, dass Sie keine Vertrauensbasis aufbauen können, dann seien Sie auch mutig genug, dieses zu äußern und nach einem anderen Betreuer zu fragen. Es macht für keinen der beiden Parteien einen Sinn, wenn das Gespräch in eine Richtung läuft, die keine Ergebnisse bringt.

Ein weiterer Aspekt, der zu beachten ist, ist der, dass Sie, wenn möglich, Ihre Angehörigen zum Erstgespräch mit dazuholen.

Diese wird häufig nicht so gehandhabt. Sicher geht es in erster Linie um den Patienten, der die Diagnose erhält, doch mit der Diagnose verändert sich auch die Situation der Angehörigen.

Meinen eigenen Erfahrungen und Einschätzungen zufolge ist oft die Situation gegeben, dass der Patient selbst oft sehr gefasst ist und sich die Sorgen, die er sich macht, mehr um seine/n Partner/in, Kinder und weiteren Angehörigen dreht als um sich selbst.

Ob dieses Gefasst-sein, diese Gelassenheit, der Wahrheit entspricht, steht auf einem anderen Blatt, da natürlich viele Menschen dazu neigen, den Moment von sich wegzuschieben. Das bedeutet nicht, dass die Sorgen um die nahen Angehörigen falsch sind, das sind sie sicher nicht, aber mit diesen Sorgen kann man die Situation erst einmal von sich selber wegschieben. Auch das ist ein Grund, warum die Angehörigen bei einem Gespräch anwesend sein sollten. Denn wenn man die Angehörigen beruhigen kann, bewirkt es oft, dass der Patient sich selbst öffnen und somit sich auch seinen eigenen Sorgen stellen kann.

Voraussetzungen für ein gelungenes Gespräch:

• Schaffen Sie ein angenehmes Gesprächsumfeld, in dem Sie sich wohl fühlen.

• Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre, in der Sie sich entspannen können.

• Schreiben Sie sich vorher alle Fragen auf, sodass Sie nichts vergessen, was Sie und Ihre Angehörigen bewegt.

• Stellen Sie alle Fragen, egal wie unvernünftig Sie Ihnen vorkommen.

• Ihre nahen Vertrauten sollten anwesend sein.

Ursachen/Risikofaktoren

Natürlich muss ich auch, selbst wenn ich dieses Buch aus Sicht des Patienten erklären möcht, auch die wissenschaftlichen Aspekte mit einbeziehen. Erst einmal kann man ganz deutlich sagen, dass jeder Mensch von Geburt an dasselbe Risiko hat, an Krebs zu erkranken, in welcher Form auch immer. Dazu ist es vielleicht auch interessant, kurz mit einfachen Worten zu erläutern, wie Krebs entsteht.

Der menschliche Körper besteht aus unendlich vielen verschiedenen Zellen, die unterschiedliche Aufgaben haben, um das System menschlicher Körper am Leben zu halten.

Ganz einfach gesagt drücken wir es mal so aus, dass jede einzelne Zelle im Körper ein Lebewesen ist, wie es auf der Welt Menschen gibt. Wie jeder Mensch hat jede Zelle ein eigenes Leben, von der Geburt (Entstehung der Zelle) bis hin zum Tod (Absterben der Zelle). Während dieses Lebens kommt eine Zelle wie ein Mensch in die Schule, wird unterrichtet und auf das Leben im Körper vorbereitet. Die Zelle wächst. Dann wird die Zelle ausgebildet und mit ihrer Aufgabe, welche sie im Körper hat, vertraut gemacht.

Unter diesen Zellen gibt es, wie im wahren Leben auch, die Polizei. Die sogenannten Killerzellen. Diese sind in der Lage, andere Zellen zu erkennen, die nicht der Norm entsprechen, verändert sind. Sie sind mit ihrer Struktur weiter in der Lage, die nicht der Norm entsprechenden, bösen Zellen zu neutralisieren bzw. zu vernichten. Wenn das geschehen ist, werden diese mit Zellen, die einer Spedition ähneln, zur Deponie transportiert und hier vernichtet (ausgeschieden).

Bei dieser Polizei gibt es neben den ausgebildeten Zellen auch diese, die sich stetig weiterentwickeln und mit den Jahren den Gegebenheiten angleichen. Man kann das so sagen, dass sich die Polizei immer weiterbildet, um sich auf die bösen Zellen einzustellen und entsprechend reagieren zu können.

Aber auch hier ist es so wie im wahren Leben – es gibt immer wieder Situationen, die die Polizei nicht lösen kann.

Und leider gibt es auch immer Situationen, dass Verbrechen nicht gelöst werden, oder die Lösung erst nach 20 Jahren gefunden wird, weil neue Beweise und Ermittlungsstrukturen dazu führen, Dinge zu erfassen.

Dieses ist sehr einfach und primitiv ausgedrückt, aber mir geht es hier in erster Linie darum, dass man die Situation einmal auf das Einfachste herunterbricht, um vielleicht ein bisschen zu verstehen, wie dieses Krankheitsbild entsteht. Natürlich ist das wesentlich komplexer, als hier dargestellt, doch haben wir alle keine Medizin studiert, wollen das auch nicht, möchten aber vielleicht trotzdem einen kleinen Bezug dazu finden.

Risikofaktoren und Entstehung

Weiter möchte ich in diesem Kapitel auch die Risikofaktoren ansprechen, die ein Grund dafür sein können, dass sich ein Tumor entwickelt, dass Krebs entsteht.

Natürlich sind die Hauptfaktoren Gifte (Noxen) die unserem Körper bewusst schaden. In erster Linie steht da natürlich der Tabak- sowie der übertriebene Alkoholkonsum.

Jeder, der mal geraucht hat, ist schwer davon zu überzeugen, dass dieses der Grund sein soll, dass er Krebs bekommen hat. Allerdings machen wir uns nichts vor, dass sicher ein großer Teil der Kopf-Hals-Tumor-Patienten (geschätzt mindestens 90 %) geraucht oder getrunken hat.

Heute weiß man sicher, dass es noch viele weitere Ursachen gibt, die dafür verantwortlich sind oder sein können, dass sich ein Tumor, also Krebs entwickelt. Dazu gehören beispielsweise Giftstoffe, mit denen wir im Berufsleben zu tun haben, wie Asbeststaub, Holzstaub, Lösungsmittel etc.

Weiter sind genetische Ursachen ein Grund und derzeit, ganz aktuell, auch die sogenannten HPV-Viren, die wir aus dem Gebärmutterhals kennen und die dort Krebs verursachen.

Ferner sind sicher noch viele Dinge dafür verantwortlich, warum unser Immunsystem geschwächt wird und so sich Tumore entwickeln können (z. B. UV-Strahlen, schlechte Mundhygiene, chronische Entzündungen etc.).

Das alles ist sicher sehr vielschichtig und wohl nie ganz deutlich nachzuvollziehen, doch sind wir auch oft selbst dafür verantwortlich.

Wer raucht, wer übermäßig und regelmäßig trinkt, der schadet seinem Körper und nimmt bewusst in Kauf, dass er sein Risiko deutlich erhöht, an einer Krankheit wie Krebs zu erkranken.

Ein weiteres Manko ist auch und das finde ich als Patient schade, dass der Arzt im Erstgespräch natürlich nach dem Alkohol- und Zigarettenkonsum fragt. Gibt man in dem Gespräch an, dass man geraucht oder getrunken hat, kommt das nach meiner Ansicht nach Schubladendenken gleich, man ist als Selbstverursacher abgestempelt und fühlt sich entsprechend miserabel. Manchmal hört man sogar: „Sie haben geraucht, Sie haben getrunken, dann haben Sie doch selbst Schuld.“ (Vielleicht nicht ganz so wörtlich, aber die Botschaft ist schon deutlich zu verstehen.) Man könnte dem Patienten auch sagen: „Es gibt viele

Gründe, die dazu geführt haben, dass Sie an diesem Krankheitsbild erkrankt sind, und sicher haben Sie durch die Gifte Ihren eigenen Beitrag dazu geleistet. Aber was im Endeffekt dazu geführt hat, wird man wahrscheinlich nie genau herausfinden. Es sei denn, es ist zum Beispiel wie bei Asbest nachweisbar, wie viel aufgenommen wurde. Denn in diesem Zusammenhang ist es dann ja auch als Berufskrankheit anerkannt.

Ein Tipp ist immer, bei einer solchen Diagnose noch mal das eigene Berufsleben Revue passieren zu lassen, um festzustellen, ob man eventuell über Jahre mit Stoffen zu tun hatte, die dazu geführt haben können.

Sollte man den Eindruck haben, dass dem so sei, empfiehlt es sich, sich mit einem Antrag an die Berufsgenossenschaft zu wenden, und einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit zu stellen.

In diesem Zusammenhang machen Sie sich auf einen sehr langen Kampf gefasst, unabhängig davon, ob Sie am Ende die Anerkennung haben oder nicht. Der Prozess ist ermüdend und schwer, zeitaufwendig und eventuell auch kräftezehrend. Aber wenn Sie eine Aussicht auf Erfolg haben, dann sollten Sie den Kampf auch führen. Denn die finanzielle Versorgung mit einer anerkannten Berufskrankheit ist deutlich besser, als wenn man diese Anerkennung nicht besitzt.

Wir könnten jetzt auch noch einige Bilder hier veröffentlichen, wie die auf den Zigarettenschachteln, was in der Belehrung mit Sicherheit keinen Sinn macht und die im Übrigen auch gar nicht notwendig ist.

Also möchte ich hier noch einmal an Sie als Mensch appellieren, sich um Ihre eigene Gesundheit etwas mehr Gedanken zu machen.

Als betroffener Patient ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, doch als vielleicht lesender und erlebender Angehöriger, Bekannter kann man noch den Schalter umlegen. Ob es früh genug ist, wird Ihnen auch keiner beantworten können. Ob der Kelch trotzdem an Ihnen vorbei geht, auch nicht.

Eines aber ist sicher, nämlich, dass Sie Ihrem Körper etwas Gutes tun, was einen gesundenden Einfluss auf Sie haben wird. Und Ihre Geldbörse wird es Ihnen auch danken

Handeln Sie eigenverantwortlich!