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Fiona Cole

VOYEUR: VERBOTENE BLICKE

Erotischer Roman

 

© 2018 by Fiona Cole

© 2019 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

info@plaisirdamourbooks.com

Übersetzung aus dem Amerikanischen: Joy Fraser

Covergestaltung: © Mia Schulte

Coverfoto: © Shutterstock.com

ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-401-6

ISBN eBook: 978-3-86495-402-3

 

Dieses Werk wurde im Auftrag der Hershman Rights Management, LLC vermittelt.

 

Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Dieses eBook darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches andere Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlages oder der Autorin weitergegeben werden.

 

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Epilog

Autorin

 

 

 

Für Rachel und Georgeanna.

Ride or die, bitches.

 

Kapitel 1

 

Oaklyn

 

„Wie meinst du das, das Geld ist weg?“

„Es tut mir leid, Liebes. Der Wasserboiler ging kaputt und wir dachten, wir schaffen das schon. Aber dann blieb das Auto stehen. Unsere Ersparnisse sind aufgebraucht, und das Auto ist ein Totalschaden, sodass wir uns ein neues kaufen mussten, oder Dad wäre nicht mehr zur Arbeit gekommen. Dann wurde die Miete fällig und der Scheck … war nun mal da.“

Meine Hand zerdrückte fast das Handy, das ich mir jetzt nicht mehr leisten konnte, als ich versuchte, meine Wut und die Panik zu beherrschen. „Mom, das war mein Studiengeld, von dem ich eigentlich leben wollte.“

Unfassbar, dass der Scheck an die falsche Adresse geschickt worden war. Ich hatte meine Adresse doch sofort geändert, als ich in das kleine Studio-Apartment gezogen war. Trotzdem war er zu meinen Eltern nach Florida gegangen. Mein Verstand raste und ich verfluchte mein Pech. Erst letzte Woche war ich zu Thanksgiving dort gewesen. Warum war er dann nicht angekommen? Und wieso hatten sie den Umschlag nicht an mich geschickt, ohne ihn zu öffnen?

Was zum Teufel sollte ich jetzt tun?

„Es tut mir so leid, Liebes. Wir sind in Panik geraten und haben eine falsche Entscheidung getroffen. Wir könnten das Auto wieder verkaufen. Uns fällt schon was ein.“

In mir schrie alles Ja! Aber das konnte ich nicht von ihnen verlangen. Wovon sollten sie leben, wenn Dad nicht zur Arbeit fahren konnte? Zwar war die Uni mein großer Traum, aber ich konnte auch ohne existieren. Ich sollte wütend sein, und das war ich auch, doch ich konnte es nicht an ihnen auslassen. Schon immer hangelten sich meine Eltern von einem Gehaltsscheck zum nächsten, und mir war klar, dass sie das Auto verkaufen würden, wenn ich sie darum bat. Aber Gott allein wusste, was dann aus ihnen werden würde, und dieses Risiko wollte ich nicht eingehen.

„Nein, Mom. Tu das nicht.“

„Was willst du denn jetzt machen?“

„Ich weiß es noch nicht.“ Ich sank gegen die Wand des Studentenwohnheims, in dem meine Freundin lebte. Ich war zum Telefonieren rausgegangen, doch mit den Tränen in den Augen wünschte ich, ich wäre im Zimmer geblieben, wo niemand sehen konnte, wie ich zusammenbrach.

„Kannst du noch einen Kredit bekommen?“, fragte Mom hoffnungsvoll.

Nichts konnte mein kehliges Auflachen stoppen. Noch einen Kredit? Ich hatte bereits sämtliche Stipendien und Kredite ausgenutzt, um studieren zu können. In der Highschool hatte ich mir den Arsch aufgerissen, in der Hoffnung, Stipendien würden mein Bankkonto überfluten. Das war auch geschehen, aber es reichte nicht. Zusätzlich hatte ich noch alle Kredite beantragt, die ich durch die staatliche Studentenhilfe ergattern konnte.

Du hättest ja nicht außerhalb des Bundesstaates studieren müssen, wisperte meine innere Stimme. Nun, dafür war es jetzt zu spät. Ich hatte dort weggewollt, den alten Trott verlassen wollen, in dem ich steckte, und hatte auch die Mittel dazu gehabt. Leider hatten sich diese Mittel nun in Luft aufgelöst. Die ganzen zehntausend Dollar. Achttausend, um das letzte Semester zu bezahlen und die verdammten Gebühren dafür, außerhalb des Staates zu studieren, und von zweitausend Dollar hatte ich bis zum Ende des Sommers leben wollen.

„Nein, Mom.“

„Es tut mir so leid, Liebes.“

Sie meinte es ernst, ich hörte es an ihrer bebenden Stimme, doch momentan konnte ich ihr einfach nicht vergeben. Mein Traum zerbröckelte vor meinen Augen und ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren. Tränen schmerzten in meiner Kehle, als ich das Gespräch beendete und zurück in Olivias Zimmer ging.

„Wie geht’s Mami und Papi?“, scherzte sie. Sobald sie jedoch die Niedergeschlagenheit in meinem Gesicht sah, veränderte sich ihr Ausdruck. Sie sprang auf und eilte auf mich zu. „Was ist los? Ist jemand gestorben? Sind alle okay?“

Sie legte die Arme um mich und ich ließ den Kopf auf ihre Schulter sinken, während ich den Tränen freien Lauf ließ. „Sie …“ Ich schniefte und versuchte, trotzdem zu sprechen. „Sie haben mein Studiengeld ausgegeben.“

„Was?“

Ich konnte es nicht auch noch wiederholen, also nickte ich nur.

„Fuck, Oak. „Das ist … fuck.“

„Allerdings.“

Sie sagte nichts mehr, sondern schob mich zu ihrem Bett und hielt mich fest, als ich mich ausheulte. Ich hasste es, so emotional zu sein. Immer versuchte ich, meine Gefühle effizient einzusetzen, und hier heulend herumzusitzen brachte mich nicht weiter. Ich richtete mich auf, wischte mir die Wangen ab und atmete tief durch.

Olivia brachte mir ein Wasser aus ihrem Mini-Kühlschrank und lehnte sich an die Wand. „Du könntest bei mir schlafen. Ich bin sicher, das würde kein Schwein merken.“

Ich überlegte ernsthaft, Ja zu sagen. Mit den Fingern fuhr ich über die rosa Bettwäsche, betrachtete den kleinen Raum und dachte an ihre andere Mitbewohnerin. Sie würde sicherlich die Vorstellung von noch jemandem, der Platz beanspruchte, nicht gut finden.

„Oh, Mann, Olivia“, sagte ich und ließ mich auf ihre Kissen fallen. „Wieso hast du das Penthouse nicht genommen, als du mit dem Studium angefangen hast?“

Ihr Lachen war so entspannt und fröhlich wie ihre Natur. „Ja, nicht wahr? Ich bin so eine Zicke.“

Olivia stammte aus einer reichen Familie, die sie in einem Penthouse außerhalb des Campus unterbringen wollte. Aber sie wollte unbedingt ins Wohnheim, um das echte Collegeleben mitzubekommen. Widerwillig stimmte ihr Vater zu, solange er ihr einen Chauffeur zur Verfügung stellen durfte.

Alles, was ich immer wollte, war ein Zimmer im Wohnheim, aber ich konnte mir die zusätzlichen Kosten nicht leisten. Also musste ich mit einem Apartment außerhalb des Campus vorliebnehmen. Es war auf jeden Fall kein Penthouse. Man konnte es kaum als Apartment bezeichnen. Eher als einen Schuhkarton. Ich besaß ein halbwegs anständiges Auto, um von A nach B zu kommen, und es gab eine Bushaltestelle in der Nähe, falls es sich von halbwegs anständig zu Schrott verwandeln würde. Ich kam zurecht. Vielleicht konnte ich die Karre verkaufen, um an Bargeld zu gelangen.

„Also, was willst du jetzt machen?“

„Das ist eine gute Frage. Ich fange damit an, mir einen Job suchen, obwohl die meisten bestimmt schon von Ferienjobbern besetzt sind.“

„Aber du arbeitest doch bereits nebenbei im Fachbereich Biologie. Woher willst du die Zeit für noch einen Job, plus das Studium, nehmen?“

„Schlaf wird überbewertet.“ Damit brachte ich sie zum Schnauben, denn wir beide liebten es, zu schlafen. „Ich könnte mein Blutplasma verkaufen. Oder meine Eier.“

„Ich kidnappe dich, bevor du deine potenziellen, kostbaren Babys verkaufst.“

„Ach, danke, Liv. Du bist eine wahre Freundin.“

Sie warf mir einen Handkuss zu und schaltete zur Ablenkung einen Film ein. Zumindest startete sie den Versuch. Doch selbst während wir lachten und Popcorn aßen, drehten sich meine Gedanken um mögliche Arbeitsstellen. Sobald ich das Gebäude verlassen würde, wollte ich nach einem Job suchen. Zwar hatte ich über den Schlafmangel gescherzt, doch ich würde sogar noch eine Menge mehr opfern, um weiterstudieren zu können.

 

Nach einer Woche hatte ich immer noch keinen Job gefunden. Jede nur denkbare Stelle war von einer saisonalen Hilfskraft belegt. Es war drei Wochen vor Weihnachten, und sollte mir noch eine Person sagen, dass ich mich vor Thanksgiving hätte bewerben sollen, würde ich schreien.

„Ich habe morgen einen Termin im Büro des Finanzverwalters der Uni, um dort über eine mögliche Lösung meines Problems zu sprechen“, erzählte ich Olivia beim Mittagessen. „Und dann gehe ich zur Bank und frage, ob sie mir noch einen Kredit geben.“

„Du weißt, dass ich mit meinem Dad reden könnte …“, begann Olivia, doch ich unterbrach sie.

„Nein. Ich möchte kein Geld von dir annehmen.“

„Es wäre ein Kredit. Und du müsstest keine Zinsen zahlen.“

Ich schüttelte bereits den Kopf, ehe sie zu Ende gesprochen hatte. Wir hatten schon darüber geredet und ich war fest entschlossen, keine finanzielle Beziehung mit ihr einzugehen. Ich hatte erlebt, wie sich meine Eltern Geld von Freunden geborgt hatten und die Beziehung daran zerbrochen war. Die Leute zogen ihren Vorteil daraus, ihnen Geld geliehen zu haben. Als der Kredit schließlich abbezahlt war, war die Freundschaft zu kaputt, um sie noch flicken zu können. Es kam nie etwas Gutes dabei heraus, wenn in Beziehungen Geld involviert war.

Ich wollte nicht, dass das zwischen mir und Olivia passierte. Sie war mir zu wichtig, um sie zu verlieren. „Schlimm genug, dass du mich gerade zum Essen einlädst.“

Wir saßen an einem Ecktisch im größten Speisesaal der Uni. Ich wäre damit zufrieden gewesen, wieder nur Nudelsuppe zu essen, doch sie hatte mich hergeschleppt und mir ein Essen bestellt, ehe ich widersprechen konnte.

„Iss einfach das verdammte Essen. Du weißt, dass es gut ist“, grummelte sie.

Ich nahm einen Bissen und sah sie an, doch sie sah nach unten, ihr langes blondes Haar umrahmte sie wie ein Vorhang und versteckte ihr Gesicht vor mir. Als sie schließlich hochsah, wirkte sie nervös. Sie presste die Lippen zusammen und ihre Augen weiteten sich.

In mir begannen sämtliche Alarmglocken zu läuten. „Was ist?“

Sie legte das Besteck ab und setzte sich aufrechter hin, als ob sie sich auf eine Schlacht vorbereitete. „Hör zu“, begann sie. „Ich habe eine Idee. Es geht um richtig gutes Geld, aber du musst dafür wirklich sehr offen sein.“

„Okay.“ Ich zog das Wort in die Länge und wappnete mich innerlich. „Du weißt, dass ich verzweifelt bin und fast alles tun würde.“

Sie leckte sich kurz über die rosa glänzenden Lippen und schluckte schwer. Worum zum Geier ging es?

„Mein Onkel – sozusagen das schwarze Schaf unserer Familie – besitzt einen Club.“

Ich ließ die Gabel sinken und setzte mich ebenfalls auf. Mir fiel nichts anderes ein als ein Strip-Club. „Was für eine Art Club?“

Sie hob den Kopf und sah sich um, als ob sie nach den richtigen Worten suchte. „Es ist kein richtiger Sex…“

„Ich werde mich nicht an eine Straßenecke stellen, um Geld zu verdienen. Ich bin zwar verzweifelt, aber nicht so sehr, um eine Prostituierte zu werden.“

„Nein, nein, nein.“ Sie hob die Hände, um diese Gedankenrichtung zu stoppen. „Es ist mehr … wie eine Performance.“ Sie machte eine kurze Pause. „Manchmal auch nackt.“

Ich blinzelte ein paar Mal und wartete darauf, dass sie mir sagte, sie mache nur Spaß. Oder irgendwas. Etwas, das erklärte, wovon genau sie sprach. Schweigend saß ich da, unfähig, Worte zu finden oder Fragen zu stellen. Oder irgendwie zu reagieren.

„Er heißt Voyeur.“ Unter der Schwere unseres Schweigens nahm sie ihre Gabel und schob das Essen auf ihrem Teller hin und her. Dann spuckte sie schnell den Rest ihrer Erklärung aus. „Leute gehen dorthin und sehen anderen dabei zu, wie sie … Sachen machen. Es könnte duschen sein, oder mit einem anderen zu agieren.“

Olivia sah mich vorsichtig durch ihre Wimpern an und gab mir Zeit, die Informationen zu verdauen. Sprachlos saß ich da. Worte schwammen durch meinen Verstand, verbanden sich jedoch nicht zu kompletten Sätzen. Dennoch stach eins hervor: Möglicherweise.

„Er sagte, an Thanksgiving musste er ein Mädchen entlassen, weil sie während der Arbeitszeit mit einem Kunden geschlafen hatte, was ein großes No-Go ist. Der Job wird gut bezahlt. Es ist außerdem eine Bar. Vielleicht könntest du auch als Bedienung arbeiten, aber das wird nicht so gut bezahlt.“

Voyeur. Das Wort war mir bekannt. Von einer Pornoseite vielleicht. Oder aus einem Buch. Es bedeutete, dass jemand gern anderen zuschaut. Meist bei sexuellen Aktivitäten.

Könnte ich mich von jemandem beobachten lassen?

Als ich das nicht sofort mit Nein beantworten konnte, dachte ich darüber nach. Möglicherweise wurde zu höchstwahrscheinlich.

Ich war weder eine Jungfrau noch prüde. In der Highschool hatte ich mit einem Freund alles Mögliche ausprobiert, und danach mit anderen Jungs aus meinem Senior Jahr. Zwar behauptete ich nicht, mich in allem gut auszukennen, denn ich war erst neunzehn, doch ich war nicht mehr so naiv und unerfahren, dass mich der Gedanke schockierte.

„Bei deiner Figur und deinem Aussehen hättest du den Job wahrscheinlich sofort.“

Ich lachte. „Danke, Liv.“

„Was denn? Du entsprichst voll dem Mädchen-von-Nebenan-Schema. Falls dieses Mädchen ein heißer Feger ist.“ Sie formte mit den Händen Krallen und knurrte, was mich zum Lachen brachte. „Du bist fit und zierlich. Das kommt an.“

„Fit und zierlich ist eine nette Art zu sagen, dass ich keine Möpse habe.“

„Hey, du hast doch eine gute Handvoll.“ Ich lachte, als sie die Hände hob, als ob sie mich vermessen wollte. „Außerdem ist es kein Strip-Club. Ich hab gehört, je natürlicher und normaler man aussieht, desto besser ist es.“

„Gehört?“

„Nun, mein Onkel spricht nicht so direkt und offen darüber, wenn ich dabei bin, aber er wird recht laut, wenn er getrunken hat.“

Ich kaute auf meiner Unterlippe herum und wog meine Optionen ab. Alles war vage und unsicher. Das hier auch, doch falls ich es nicht ins nächste Semester schaffte, konnte ich wenigstens sagen, dass ich alles versucht hatte.

„Okay, ich werde es mir mal ansehen.“

 

Am Abend saß ich einem großen, blonden Mann mit Krähenfüßen um die Augen gegenüber. Sonst verriet fast nichts sein Alter. Nur seine schlanke Figur deutete auf eine Jugend hin, die er nicht mehr besaß. Seine blauen Augen ähnelten Olivias und man konnte die Verwandtschaft erahnen. Er sah überhaupt nicht wie jemand aus der Pornobranche aus. Bei seinem lässigen Aussehen und dem ungezwungenen Lächeln entspannte ich mich.

Seit einer halben Stunde beantwortete ich seine Fragen und erzählte ihm etwas über mich. Als er aufhörte, sich Dinge aufzuschreiben oder sich seinem Computer zuzuwenden, faltete ich meine schweißnassen Hände und sah mich verstohlen um. Ich war nicht sicher, was ich erwartet hatte. Dildos auf den Regalen? Bilder von nackten Frauen an den Wänden? Bücher wie das Kama Sutra im Schrank?

Okay,  das Kama Sutra stand wirklich auf einem Bücherregal, gleich neben Moby Dick und Betty und ihre Schwestern. Verrückte Zusammenstellung.

„Es gibt keinen Sex für Geld“, sagte er bestimmt, und meine Aufmerksamkeit galt nun wieder den Regeln, die er mir erklärte. „Ich unterhalte hier keinen Prostituierten-Ring.“

„Gut zu wissen.“ Ich grinste ungeschickt, was sicherlich zeigte, wie unwohl ich mich fühlte.

Doch er lachte und fuhr fort. „Jeden Monat werden die Themen in den Räumen geändert. Ein Schlafzimmer gibt es immer, aber manchmal haben wir ein Büro eingerichtet, ein Badezimmer, einen Klassenraum, eine Bar. Alles, was man sich vorstellen kann. Es gibt auch verschiedene Räume basierend darauf, was man zu tun bereit ist. Für einige Räume, wie das BDSM-Zimmer, benötigt man ein Training, ehe man darin arbeiten darf. Ich sichere meine Angestellten ab. Alle unterschreiben eine Verschwiegenheitsklausel. Und die Kunden ebenfalls. Sie zahlen eine Menge Geld, um hier sein zu dürfen, und es ist wichtig, ihnen eine vertrauensvolle Umgebung zuzusichern.“

Je mehr er erklärte, desto wohler fühlte ich mich dabei. Es handelte sich nicht um einen heruntergekommenen Strip-Club, wo alles frei für alle war.

„Die Kunden können in Nebenräumen durch eine Scheibe sehen, die nur in eine Richtung durchsichtig ist. Oder auf einem Stuhl im Raum selbst. Aber niemand darf die Darsteller anfassen. Niemals. Und die fassen auch niemals die Kunden an.“ Seine blauen Augen fixierten mich und ich nickte. „Es gibt einen Panik-Knopf in Reichweite und es steht ein Wachmann vor der Tür, falls Sie einen brauchen sollten.“ Seine langen Finger blätterten eine Seite um. „Noch irgendwelche Fragen?“

„Nein, Sir.“ Meine Stimme war nur ein Flüstern. Mit jeder seiner Regeln, die er vorlas, fühlte ich mich besser, doch mein Herzschlag beschleunigte sich bei der Vorstellung, dass dies wirklich geschah. War ich aufgeregt? Verängstigt? Nervös? Definitiv alles davon.

„Sie können mich Daniel nennen. Oder Mr. Wit.“

„Okay.“

Er betrachtete wieder seine Regelliste. „Es gibt keine Kameras und nichts wird aufgezeichnet. Handys bleiben im Umkleideraum oder vor der Tür. Sie dürfen in einer Schicht bis zu drei Mal performen, ansonsten arbeiten Sie an der Bar oder im Gemeinschaftsraum. Wenn Sie ankommen, füllen Sie ein Formular aus. Die Kunden können dann am Computer durch die Angebote blättern. Sie werden vielleicht nicht immer gebucht.“

Er reichte mir das Formular, damit ich es mir ansehen sollte, und bat mich, es zu unterschreiben. Es enthielt die Vereinbarung über fünfzehn Dollar die Stunde bei regulärem Dienst, und die Vergütung für die Vorstellungen. Basierend auf den vereinbarten Stunden, die ich leisten konnte, hatte ich die Möglichkeit, fast tausend Dollar die Woche zu verdienen.

Ich nahm den Stift in die Hand und unterzeichnete das Regelwerk.

Jetzt war ich eine Angestellte im Voyeur.

In einem Sexclub.

Ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut.

Das Kratzen des Stiftes auf dem Papier kam mir im stillen Raum unnatürlich laut vor. Aber es fühlte sich so an, als ob ich die Tür zu meinem Studium wieder geöffnet hatte, und ich spürte ein kleines Lächeln auf meinen Lippen.

„Okay, Miss Derringer. Als Letztes fehlt noch ein Gesundheitstest, denn Sie arbeiten mit anderen Angestellten zusammen, und wir wollen jeden schützen. Dann muss noch eine Angestellte für mich einen Blick auf Sie werfen.“

Einen Blick auf mich werfen? Er musste den alarmierten Ausdruck auf meinem Gesicht gesehen haben, denn er lachte leise und erklärte es mir sofort.

„Sie heißt Agnes und muss diesen Teil für mich erledigen, damit ich nicht wegen sexueller Belästigung verklagt werden kann. Aber ohne ihr Okay kann ich Sie nicht gehen lassen. Ich mag es zwar nicht gern sagen, aber der Job basiert auf dem Aussehen. Obwohl Sie in Kleidung gut aussehen, muss ich sichergehen, dass sie nicht vielleicht ein Hakenkreuz-Tattoo oder so auf dem Hintern haben, denn Sie werden oft nackt sein.“

Bei der Erinnerung an meine Nacktheit in diesem Job musste ich schwer schlucken. Zwar fühlte ich mich wohl in meiner Haut und hatte auch nichts gegen FKK, aber jeder wäre nervös, wenn er sich vor einem Fremden ausziehen und eine Vorstellung liefern müsste.

„Die persönliche Pflege wird ebenfalls regelmäßig überprüft. Unsere Angestellten müssen sauber und gesund sein.“ Er reichte mir ein weiteres Blatt Papier über den Schreibtisch. „Hier ist eine Liste der Vorstellungen, für die Sie sich einschreiben können. Sehen Sie es sich ruhig an.“

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf.

„Diese Liste kreuzen Sie bitte vor jeder Schicht an, damit wir wissen, worauf Sie heute Lust haben.“

Anal.

Züchtigung.

Einzel-Masturbation.

Gemeinsame Masturbation.

Vaginale Penetration.

Nicht einvernehmliches Spiel.

Daddy-Spiel.

Atemkontrolle.

Trockensex.

Mehrere Partner.

Oralsex (Männer).

Oralsex (Frauen).

Ich erinnerte mich an den Gedanken von vorhin, dass ich mich nicht für prüde hielt. Oder dass ich Erfahrung hatte. Allerdings hatte ich anscheinend das Züchtigungs-Experiment übersprungen und konnte nicht sagen, dass ich traurig darüber war.

Zweifel schlichen sich ein.

„Lassen Sie sich nicht von der Liste aus der Fassung bringen. Über diese Punkte entscheiden Sie selbst. Ich versuche, für jeden etwas anzubieten. Wir haben eine breitgefächerte Kundschaft und es soll keine Be- oder Verurteilung über die unterschiedlichen Vorlieben geben. Falls Ihnen das nicht möglich ist, sollten wir genau hier abbrechen.“

„Nein, nein.“ Ein nervöses Lachen blubberte an die Oberfläche. „Ich urteile nicht. Jedem das Seine. Ich weiß nur nicht, ob ich für Gruppensex bereit bin.“

Daniel sah wirklich gut aus, wenn er lächelte. „Okay.“ Er lehnte sich auf dem Bürosessel zurück und faltete die Hände über seinem flachen Bauch. „Wir wollen, dass sich unsere Angestellten so wohl wie möglich fühlen, und versuchen, den Kunden so realistische Szenen wie möglich zu bieten. Deswegen stellen wir üblicherweise immer wieder dieselben Paare zusammen. Wenn Sie das nächste Mal kommen, wird ihr Partner auch hier sein, damit Sie ihn kennenlernen. Jackson hat heute frei.“

Er erhob sich und ich ebenfalls.

„Jetzt zeige ich Ihnen den Schrank im Umkleideraum und stelle Ihnen Agnes vor.“

Ich betrachtete seinen breiten Rücken, als er zur Tür ging und ein Gedanke raste durch meinen Verstand.

Ich bin drin.

 

Kapitel 2

 

Callum

 

„Du musst unbedingt flachgelegt werden, Mann.“

Mein bester Freund Reed sprach dieses Machtwort gelassen aus. Ich schluckte meine eigentliche Antwort, nämlich dass ich wünschte, dass ich das könnte, runter und gab stattdessen einen Grunzlaut von mir. Ich hatte keine Lust, ihn auch noch anzustacheln. Dummerweise funktionierte das nicht.

„Du bist viel zu sehr auf deinen Job fixiert.“

„Ich mag meinen Job.“

Reed nahm einen großen Schluck aus seiner Bierflasche und sah mich skeptisch an. Ich tat dasselbe und hielt seinem Blick stand.

„Keine Ahnung, wieso du diesen Riesenjob in Kalifornien nicht angenommen hast, als wir graduiert haben. Ich meine, ich weiß, dass ich hübsch bin, aber wegen mir hättest du nicht hierbleiben müssen.“

Nichts würde mich je wieder nach Kalifornien bringen. So schnell ich konnte, war ich von dort weggezogen. Zwar lebten meine Eltern noch da, aber sie kannten meine Gründe und kamen mich stattdessen besuchen. Sie wussten, dass mich meine Dämonen nie in Ruhe lassen würden, wenn ich jemals wieder zurückkommen würde.

„Mir gefällt es hier“, sagte ich, meine Entscheidung verteidigend. „In Kalifornien ist es mir zu heiß und es gibt keinen Schnee. Zumindest nicht in Sacramento. Cincinnati passt besser zu mir.“

„Und ich bin sicherlich das Sahnehäubchen“, scherzte er.

„Nee, in Wahrheit bin ich nur wegen deiner Frau und ihrer leckeren Kochkünste hier.“

Er rollte mit den Augen. „Apropos Karen. Sie hat mir erzählt, du hast dich an ihre Freundin rangemacht und nach dem Date den Schwanz eingezogen.“ Er klang, als hätte ich sie aus dem fahrenden Auto geworfen. „Hör zu, Cal. Bei aller Liebe, aber Lucy ist Karens unanständige Freundin. Die Frau liebt Sex und ich war sicher gewesen, dass du sie mit nach Hause nimmst.“

Ich richtete mein Besteck mittig auf der Serviette aus und dachte über eine Antwort nach. Reed war zwar seit dem College mein bester Freund, aber er wusste nicht alles über mich. Er kannte mein Geheimnis nicht, und daran sollte sich auch nichts ändern.

„Sie war nett. Aber bloß weil wir zusammen ausgegangen sind, heißt das ja nicht, dass wir auch Sex haben müssen.“

„Wie lange ist es schon her, Cal? Ein Jahr? Länger?“

„Reed“, sagte ich warnend. Ich wollte nicht antworten, denn es war sehr viel länger her.

„Vor mehr als einem Jahr hast du mit Wie-hieß-sie-noch-gleich Schluss gemacht. Ich weiß, dass du ausgegangen bist, aber wurdest du auch flachgelegt?“

Ich trank noch einen Schluck Bier, betrachtete die anderen Stammgäste des Restaurants und mied Reeds Blick.

„Du. Brauchst. Einen. Fick“, sagte er entschlossen.

„Bei mir geht jede Menge Action ab.“ Ich musste ihm nicht erst erklären, worauf ich mich bezog.

„Nein, du siehst jede Menge Action.“

„Wir haben alle so unsere Vorlieben“, wich ich aus. „Ich bin sicher, du lässt dich von Karen ständig fesseln.“

Er ging nicht darauf ein, seufzte und bohrte weiter. „Du frustrierst mich, Mann. Sieh dich doch an.“ Er deutete über den Tisch hinweg auf mich. „Die Weiber fliegen auf dich. Sie stehen auf deine Muskeln, die du dir extra antrainierst. Karen schwärmt mir von deinen Augen vor.“ Er klimperte mit den Wimpern und ahmte eine weibliche Stimme nach. „Callums Augen sind so blau und so strahlend!“

Ich lachte. „Eifersüchtig?“

„Von wegen. Ich befriedige meine Frau mehr als genug. Du bist nur so rätselhaft.“ Er blickte kurz nach links. „Ich wette, dir ist nicht einmal aufgefallen, dass die Frau, die gerade auf unseren Tisch zukommt, dich die ganze Zeit beobachtet hat. Wahrscheinlich wird sie sich eh nur eine Enttäuschung abholen, wenn du Nein zu ihr sagst.“

Zwar war ich nicht allzu scharf darauf, mit einer Frau intim zu werden, aber das bedeutete nicht, dass ich nicht gern in weiblicher Gesellschaft war, oder dass sie mich nicht anzogen. Ich hatte die Blonde bereits bemerkt, als wir das Restaurant betreten hatten. Bei dem Gedanken, wie ich Reed das Gegenteil beweisen würde, hätte ich fast gegrinst.

Ich trank noch einen Schluck Bier und stellte es exakt auf den nassen Ring zurück, den es auf der Serviette hinterlassen hatte. Zufrieden damit lehnte ich mich auf dem Stuhl zurück.

„Hi“, sagte die Frau, als sie bei uns ankam. „Entschuldigen Sie bitte, ich habe Sie gesehen und kann einfach nicht gehen, ohne mich vorgestellt zu haben.“

Ihre Stimme war leise und weiblich, und ich konnte mir denken, dass man sich mit ihr gut unterhalten konnte. Ich wandte mich ihr direkt zu, um sie besser ansehen zu können. Sie war schön. Groß und schlank in ihrer schwarzen Hose und einer weiten, cremefarbenen Bluse. Sie wirkte business-mäßig und gut organisiert.

Ich legte mein charmantestes Lächeln auf und streckte ihr meine Hand entgegen. „Hallo. Ich bin Callum.“

„Shannon.“ Sie legte ihre schmalen Finger in meine Handfläche, in der sie sich weich und zerbrechlich anfühlten.

„Schön, Sie kennenzulernen. Callum.“ Sie strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und räusperte sich. „Nun, ich möchte nicht weiter stören, wollte Sie aber fragen, ob sie mal einen Kaffee mit mir trinken möchten?“

Ich sah kurz zu Reed, um sicherzugehen, dass er alles mitbekam, und freute mich darüber, wie das Grinsen auf seinem Gesicht erstarrte. „Ich würde gern einen Kaffee mit Ihnen trinken gehen. Geben Sie mir Ihre Handynummer?“

„Ja, natürlich. Ich habe mein Handy an meinem Platz liegenlassen. Ich schreibe Ihnen die Nummer auf und dann können Sie mir eine Textnachricht schicken.“

Während sie ihre Nummer auf eine Serviette kritzelte und dafür einen Stift benutzte, den die Kellnerin liegengelassen hatte, grinste ich Reed an. Ich musste ein Lachen unterdrücken, als er lautlos Fick dich mit den Lippen formte.

Ich hob eine Braue und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Shannon. Vielleicht war sie anders als die anderen. Vielleicht war sie diejenige, die mir über meine Albträume hinweghelfen konnte.

 

Kapitel 3

 

Oaklyn

 

Nachdem ich mich bis auf die winzigste Unterwäsche, die ich je gesehen hatte, ausgezogen hatte, bekam ich Agnes’ Segen. Danach war ich bei einer Frauenärztin, um den Gesundheitscheck durchführen zu lassen. Während ich mit der jungen Ärztin zwischen den Beinen auf dem Untersuchungsstuhl lag, überlegte ich, ob sie wusste, warum ich hier war und dass ich den Test für meine zukünftigen Auftritte brauchte. Ob es ihr egal war oder ob sie meine neue Arbeit verurteilte. Sie ließ sich nichts anmerken und ich ging wieder. Ein paar Tage später rief ich an und fragte nach den Ergebnissen. Es war alles in Ordnung, was mich nicht wunderte, denn ich hatte nie Sex ohne Kondom.

Anschließend ging ich in der Uni ins Büro, um meinen neuen Plan vorzustellen, der mich durch das Semester bringen sollte. Zu sagen, dass ich Glück hatte, war eine Untertreibung. Der Mann, der meiner Geschichte lauschte, war fast in Tränen ausgebrochen und hatte mir sofort geholfen.

Wir erstellten einen Ratenplan, mit dem ich noch vor dem Spring-Break das Semester bezahlen konnte, und er fand im Fachbereich Physik noch eine offene Stelle für mich. Das war praktisch, da ich bereits für meinen Biologie-Job im selben Gebäude war.

Zum ersten Mal seit Wochen konnte ich wieder durchatmen und eine schwere Last fiel mir von den Schultern.

Das Semester würde schwer werden, doch ich fürchtete mich nicht vor harter Arbeit. Mein Wille würde mich antreiben. Und nächstes Jahr würde ich vorsichtiger sein und es würde leichter werden. Ich musste mich nur die nächsten paar Monate darauf konzentrieren.

Trotzdem hielt ich die Augen nach einem anderen Job offen. Einem, der etwas weniger wie das Voyeur war. Einem, in dem ich nicht wie momentan schwarze Pumps und ein Weihnachtsfraukostüm tragen musste, das meine Brüste perfekt zur Schau stellte.

„Derringer!“, rief Daniel und kam mit einem großen Kerl rein, der oben ohne war.

Ihn als attraktiv zu bezeichnen, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Er sah aus wie ein moderner James Dean. Beim Anblick seines nackten Oberkörpers und seiner engen schwarzen Jeans, klappte mein Mund auf.

„Meine Augen sind hier oben“, sagte er neckend.

„Sei brav, Jackson“, mahnte Daniel und wandte sich an mich. „Das ist Ihr Partner, Jackson.“

Jackson streckte seine große Hand aus und ich legte meine etwas lahm hinein. Meine Finger verschwanden komplett in seiner Hand. „Hi, ich bin Oaklyn.“

„Hallo, Oaklyn. Kann es kaum abwarten, mit dir rumzumachen.“

„Hör auf, sie zu erschrecken, Jackson.“ Daniel warf ihm einen strengen Blick zu und wandte sich erneut an mich. „Wir bleiben hier immer schön professionell. Ja, es wird wahrscheinlich zu Sex zwischen euch kommen, aber betrachtet es wie Schauspieler. Es gibt sowas wie eine Probezeit für euch beide, um sicherzugehen, dass ihr harmoniert. Und falls nicht, bekommt ihr andere Partner. Keine Angst vor Jackson. Er ist einer der nettesten Typen, die ich kenne.“ Er wandte sich wieder an Jackson. „Leg es nicht auf eine Klage wegen sexueller Belästigung an. Ich würde dich nur ungern verlieren.“

Jackson hob entschuldigend die Hände. „Schon gut, ich bin brav.“ Er drehte sich mir zu. Sein Blick war ernst und er lächelte warm, von dem anzüglichen Grinsen war nichts mehr zu sehen. „Schön, dich kennenzulernen, Oaklyn. Wenn irgendwas ist, kannst du dich immer an mich wenden.“

„Danke.“

„Aber ihr solltet euch besser bald treffen und ein bisschen reden. Euch daran gewöhnen, euch zu küssen und so, damit alles natürlich rüberkommt.“

„Okay.“ Nervosität hatte von mir Besitz ergriffen und ich konnte keine langen Sätze mehr hervorbringen.

„Der Papierkram ruft nach mir“, sagte Daniel. „Ich lasse euch jetzt allein. Oaklyn, kommen Sie zu mir, wenn was ist oder Sie Fragen haben.“

Und dann war ich mit Jackson allein im Raum.

„Nettes Outfit, Derringer“, unterbrach Jackson das Schweigen.

Outfit war zu viel gesagt. Es waren mehr kaum existierende Dessous im Weihnachtsfraustil. „Danke“, sagte ich trocken.

Jackson ließ sein perfektes Lächeln erstrahlen, sodass ich mitlächeln musste. Irgendwie hatte er es geschafft, dass ich mich mit ihm bereits wohlfühlte.

„Bist du nervös wegen deinem ersten Auftritt?“

„Ein bisschen. Aber auch gespannt.“

„Das ist gut. Man muss es wirklich wie ein Theaterstück betrachten, und das Gefühl, dass es Porno ist, ausblenden.“ Er schloss seinen Spind, lehnte sich dagegen und sah mich an. „Suchst du dir für heute einen Partner aus?“

„Äh …“ Ich senkte den Blick und spielte mit dem weißen künstlichen Fell am Saum meines Röckchens. „Eher nicht.“

„Dann vielleicht nächstes Mal.“

Er richtete sich zu voller Größe auf, betrachtete mich von oben bis unten und kam auf mich zu. Mit jedem seiner Schritte weiteten sich meine Augen mehr und mehr, bis er direkt vor mir stand. Wie erstarrt stand ich da, als er eine Hand auf meine Wange legte, sich vorbeugte und seine Lippen auf meine legte. Sie waren weich und voll und er war kein bisschen fordernd. Als seine Zunge meine Lippen umspielte, öffnete ich leicht den Mund, kam seiner auf halbem Weg entgegen und schmeckte Pfefferminz.

Ich hatte gedacht, dass er den Kuss ausdehnen und ich heiße Blitze bis in mein Innerstes spüren würde, doch stattdessen fühlte es sich angenehm an. Freundschaftlich. Als er sich zurückzog, schien er genau zu wissen, wie durcheinander ich war, und studierte mein Gesicht.

„Es fühlt sich gut an, Oaklyn. Wir sind bessere Partner, wenn unsere Gefühle füreinander eher sanft sind.“

Ich nickte und brummte mein Einverständnis. Bevor er ging, gab er mir einen leichten Klaps auf den Po.

„Bis später, Derringer.“

Ich ging zum Eingang des Mitarbeiterbereichs und schnappte mir ein iPad, um einzugeben, wozu ich heute bereit war. Als ich anfing, Häkchen zu setzen, musste ich kurz kichern. Die Tatsache, dass ich hier in einem nuttigen Santa-Kostüm saß und eingab, welche sexuellen Handlungen ich heute vor völlig Fremden ausführen würde, empfand ich momentan als amüsant.

Ich wählte so viele Solo-Vorstellungen wie möglich. Außer allem, was mit analer Masturbation zu tun hatte. Dafür war ich jetzt noch nicht bereit.

Ich legte das iPad an die Ladestation und nahm mir ein Armband, das wie eine Fitnessuhr aussah. Es würde vibrieren, wenn mich jemand auswählte.

Wenn man in die Lounge ging, wusste man nie, was hinter den geschlossenen Türen vor sich ging. An einer Seite befand sich eine moderne schwarze Bar mit Glasregalen. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich Separees. Bartische umsäumten die Tanzfläche. Gedämpftes Licht hüllte alles in eine diskrete Atmosphäre. Eingespielte Hintergrundmusik wechselte zwischen den Musikarten, war aber stets von schnellem Rhythmus, füllte die Stille und überdeckte alle stattfindenden Gespräche.

Der einzige Unterschied zu anderen Clubs bestand darin, dass die Angestellten in Dessous und anderen verführerischen Outfits herumliefen. Ich ging zur Bar und fragte Charlotte, die ein nuttiges Elfenkostüm trug, ob ich ihr helfen könnte.

„Schnapp dir einen Block, lauf herum und nimm Bestellungen auf. Irgendwann wirst du dir alles merken können, ohne es aufzuschreiben. Und wenn du das hier schnell zu Tisch zwanzig bringen könntest, wäre es klasse.“

Die nächsten paar Stunden vergingen wie im Flug, zwischen Bestellungen aufnehmen und Drinks servieren. Jackson trug auch dazu bei, indem er mir jedes Mal, wenn wir uns begegneten, Quizfragen stellte. Ich wusste jetzt, dass er zweiundzwanzig war und seit zwei Jahren hier arbeitete. Er war bisexuell und unterwarf sich nicht, übernahm aber gern selbst die dominante Rolle. Grün war seine Lieblingsfarbe und er mochte Tic Tacs, aber nur die orangefarbenen.

Überraschenderweise bekam ich keine anzüglichen Bemerkungen und niemand versuchte, mich anzugrabschen. Klar, Männer und Frauen betrachteten mich und flirteten mit mir, aber niemand überschritt die Grenze oder sorgte für Unbehagen.

Auf meine Nachfrage hin erklärte mir Charlotte: „Die Leute bezahlen eine Menge Geld, um hier sein zu dürfen. Wenn sie jemanden betatschen wollten, würden sie in einen kostenlosen Strip-Club gehen, wie den ein paar Straßen weiter. Man benimmt sich respektvoller, wenn man monatlich über einen Tausender für seine speziellen Neigungen bezahlt.“

Sie lachte, als mir fast die Augen aus dem Kopf fielen. „Himmel, ich wusste nicht, wie teuer die Mitgliedschaft ist.“

Mein Armband vibrierte.

Das Gefühl kroch meinen Arm hoch und schickte einen Impuls zu meinem Herz, das sofort zu klopfen anfing. Ich starrte auf das Armband, als wäre es eine Bombe, die gleich hochgeht. Ich fühlte mich leer, unsicher, was ich als nächstes tun sollte. Wir waren das durchgegangen. Zum iPad gehen, nachsehen, was angefragt wurde, und annehmen oder ablehnen.

Charlotte tätschelte meine Schulter. „Hey, du hast einen.“

„Ja“, sagte ich leise.

„Keine Angst. Es ist wie mit der Jungfräulichkeit. Das erste Mal ist das schlimmste, aber trotzdem toll, und von da an wird es immer besser. Und du musst nichts tun, was du nicht tun willst.“

Ich nickte und sie drehte mich an den Schultern in die Richtung, in die ich gehen sollte. „Geh, und schnapp ihn dir, Wildkatze.“

Ich ging zum iPad und betrachtete die Anfrage. Erleichtert wäre ich fast zusammengesunken.

 

Paarsitzung

Mann: 58

Frau: 55

Anfrage: Solo-Vorstellung

Kommentare/Wünsche: Tu so, als ob du zu Hause ins Bett gehst, dich hinlegst und ein Buch liest. Dann masturbiere, zeige es aber nicht direkt. Beweg nur deine Hand im Höschen, mit gespreizten Beinen. Mach Geräusche, aber nicht zu übertrieben.

Gast im Zimmer oder im Nebenzimmer: Im Zimmer.

 

Soweit es meine erste Vorstellung betraf, war es wie ein Segen. Ich musste mich nicht zu sehr entblößen und konnte mir gut vorstellen, dabei zu Hause zu sein. Wie oft hatte ich schon ein Buch gelesen und dabei mit mir selbst gespielt, bevor ich einschlief? Sehr oft.

Das hier war dasselbe. Beinahe.

Ich ging in den hinteren Flur mit allen Zimmern und sah das Schild an der Tür, das anzeigte, dass das Paar bereits anwesend war.

Vor der Tür stand der Sicherheitsmann Tim. „Vergiss nicht, dass es den Panik-Knopf gibt, falls etwas sein sollte“, erklärte er. „Ich hab ihn auf den Nachttisch gelegt, damit du ihn schnell erreichen kannst. Ich werde die ganze Zeit über hier draußen stehen.“

„Vielen Dank.“

Ich atmete tief durch, griff nach dem Türknauf und versuchte, meinen Kopf freizubekommen.

Ignoriere das Pärchen in der Ecke. Konzentriere dich auf dich selbst und die Spielszene.

Ich ging in das Zimmer, das ein gewöhnliches Schlafzimmer darstellte. Neben der Tür stand eine Kommode mit einem Spiegel darüber, und auf dem Möbelstück lagen ein paar Gegenstände, die man in einem Schlafzimmer findet. Eine Bürste, Bücher, Make-up und Parfüm. Ein Bett im klassischen Hotelstil mit Nachttischen an beiden Seiten. Jedes Zimmer verfügte über eine gedimmte Nische, in der der Voyeur saß, und obwohl ich nicht hinsah, wusste ich, dass mein Pärchen in der Nische links von mir saß.

Ich ging zur Kommode, zog meinen Schmuck aus, vermied es, in den Spiegel zu schauen, denn ich wollte nicht unbedingt wissen, wer mich beobachtete. Ich kämmte mein Haar, ging den Bücherstapel durch, suchte eins aus und ging zum Bett.

Ich schlug die Bettdecke zurück, schüttelte ein Kopfkissen auf und legte mich hin. Meine Augen überflogen die Sätze im Buch, doch ich verinnerlichte kein Wort, sondern konzentrierte mich darauf, eine realistische Weile zu warten, ehe ich begann, mich selbst zu berühren.

Ein nervöses Kichern blubberte bei der Vorstellung hoch und wäre mir fast entkommen. Ich biss mir leicht in die Innenseite der Wange, um mich zu beherrschen, rollte mit den Hüften und rieb die Schenkel aneinander. Ich nahm das Buch in eine Hand, während ich die andere meinen Körper hinunter wandern ließ. Wieder rollte ich mit den Hüften, zog die Beine an und spreizte sie weit. Meine Finger spielten mit dem Spitzenhöschen. Jedes Darüberkratzen schickte eine Lustwelle in meine Mitte.

Klebten die Blicke des Pärchens an meinen Bewegungen und warteten sie schon verzweifelt auf mehr? Berührten sie sich gegenseitig? Ahmte er meine Bewegungen nach? Neckte er mit sanften Berührungen ihre Mitte? Ich traute mich nicht, hinzusehen.

Meine Finger glitten unter das Höschen und ich stöhnte. Überrascht stellte ich fest, wie geil und nass ich war. Ich bewegte meine Finger übertriebener als nötig, damit das Paar gut sehen konnte, was ich tat.

Als ich die beiden zum ersten Mal hörte, brachte es mich fast aus dem Konzept. Kleidung raschelte, die Frau seufzte leise und er knurrte tief. Ich bewegte weiter die Finger, stieß mit den Hüften nach oben, aber meine Gedanken waren woanders.

Was sie wohl taten? Wer waren sie? Gefiel ihnen die Vorstellung?

Ihr Atem beschleunigte sich und das Rascheln der Kleidung deutete darauf hin, dass sie Sex hatten.

Sahen sie mir überhaupt noch zu? Was bekäme ich wohl zu sehen, wenn ich leicht den Kopf heben und in die Schatten spähen würde?

Bei dem Gedanken zog sich mein Innerstes zusammen. Ich schloss die Augen und stellte mir vor, wie sie über seinem Schoß saß und sich an ihm rieb, während er über ihre Schulter zusah, wie meine Schenkel vor Lust zitterten.

Mithilfe meiner Nässe schob ich die Finger in meine Pussy und stöhnte. Ich zog sie wieder heraus und umkreiste meine Klit. Ob das Paar mir dabei zusah? Ich stöhnte erneut.

Das Rascheln von Kleidung wurde schneller und ich passte meinen Rhythmus ihrem an. Ihre Schreie wurden lauter und meine kamen ihren gleich. Nicht, dass ich normalerweise so laut wäre, doch ich musste ihrem Wunsch nach erotischen Lauten nachkommen. Schnell waren diese jedoch echt geworden und ich kam. Meine inneren Wände zogen sich um meine Finger zusammen und mein Daumen drückte gegen meinen Hintern. Kaum war ich gekommen, es klingelte noch in meinen Ohren, hörte ich die beiden kommen, und bei seinem lauten Stöhnen überrollte mich eine neue Welle der Lust.

Ich war nicht sicher, wie ich die Vorstellung beenden sollte, riss mich aber schnell zusammen. Sie hatten dazu keine Wünsche geäußert, und einfach nur so mit der Hand in der Unterwäsche dazuliegen, kam mir seltsam vor, doch ich wusste, dass die Gäste als erste gehen sollten.

Mit einem letzten gehauchten Ausatmen, zog ich meine Hand heraus und rollte mich mit dem Buch auf die Seite. Ich schlüpfte unter die Decke und tat so, als ob ich las. Während das Paar sich zum Gehen bereitmachte, starrte ich auf das Buch und in mir tobten die Gedanken.

Ich war gekommen.

Es hatte mir gefallen.

Es machte mir Spaß, beobachtet zu werden. Die Vorstellung, dass sie mich sahen und wegen dem, was ich tat, zum Höhepunkt kamen, machte mich mehr an, als ich gewusst hatte.

Als ich vorher darüber nachgedacht hatte, war es mir immer nur darum gegangen, etwas gegen die Nervosität zu tun. Nie hätte ich damit gerechnet, dass es mir gefallen könnte. Wie würde es mir wohl mit Jackson gefallen? Würde ich ihn begehren? Wie weit wäre ich bereit, zu gehen?

Als ich das Klicken der Tür hörte, setzte ich mich auf und wartete, bis die Tür ganz geschlossen war, ehe ich ging.

Sofort eilte ich zum iPad und löschte alle anderen Optionen für heute. Ich war von meiner ersten Szene viel zu überwältigt, um weiterzumachen. Stattdessen blieb ich an Charlottes Seite und lenkte mich mit kellnern ab. Früher oder später würde ich meine überraschende Reaktion auf die Spielszene verarbeiten müssen. Doch das konnte warten.

 

 

 

Callum

 

„Das war ein schöner Abend, Cal. Möchtest du noch auf einen Drink mit zu mir kommen?“

Ich dachte über Shannons Angebot nach und mir war klar, dass es ihr um mehr als einen Drink ging, aber bei der Vorstellung kam ich ins Schwitzen. „Ich muss morgen früh raus, vielleicht ein andermal.“ Ich fügte meinen Worten ein Lächeln hinzu, um die Zurückweisung abzumildern.

„Okay, nächstes Mal.“ Ihre Hand glitt über meine Brust, als sie vor ihrer Autotür stand.

Ich legte eine Hand auf ihre Taille, was sie wahrscheinlich auch erwartet hatte, beugte mich vor, um ihr für einen Kuss entgegen zu kommen. Sie schloss die Augen und ich fragte mich, was sie wohl sah, während meine Lippen ihre berührten. Sie drückte sich an mich und ich genoss die Verbindung zwischen uns, in der ich mich aber nicht verlieren konnte. Ehe sie noch heftiger rangehen konnte, zog ich mich zurück und sorgte so dafür, dass der Kuss flüchtig blieb. Verträumt öffnete sie die Augen und ein kleines Lächeln erschien auf den weichen Lippen, die ich soeben geschmeckt hatte.

Mit einem flirtenden Blick und einem erhitzten Ausdruck öffnete sie ihre Autotür. „Ruf mich an“, sagte sie und stieg ein.

Ich nickte und wartete, bis sie vom Parkplatz gefahren war, doch ich war nicht sicher, ob ich sie anrufen würde. Ich stieg in mein Auto und fuhr nach Hause.

Der Schlüsselbund klirrte zu laut in dem leeren Haus und erinnerte mich daran, dass ich allein war. Nachdem ich die Schlüssel in eine Schale gelegt hatte, legte ich die Brieftasche ordentlich daneben auf den Flurtisch und ließ das Licht ausgeschaltet. Das Mondlicht beleuchtete den Parkettboden durch die offenen Jalousien und leitete mich ins Wohnzimmer an meine Bar. Ich goss mir einen teuren Bourbon ein und trank ihn. Nachdem ich als Jugendlicher mit Alkohol Probleme hatte, hortete ich nicht sehr viel davon zu Hause. Doch der heutige Tag hatte seine Spuren hinterlassen. Ich goss mir einen zweiten ein und setzte mich auf die Couch.

Dieses Haus war viel zu groß. Ich hatte gedacht, ein Haus mit so vielen Zimmern, das praktisch nach einer Familie schrie, würde mich dazu drängen, eine zu gründen. Doch hier saß ich nun im Dunkeln auf meiner kaum genutzten Couch, in meinem kaum genutzten Wohnzimmer und nippte an einem Whiskey.

Meine Gedanken wanderten zu Shannon und was sie wohl denken würde, hätte ich ihr Angebot angenommen, irgendwo etwas zu trinken, vorzugsweise in einem unserer Häuser. Sie war eine schöne Frau. Schlank und mittelgroß. Ihre Brüste waren voll und ihr Dekolletee verführerisch. Sie erweckte den Eindruck eines netten Mädchens, das im Bett schmutzige Dinge tun wollte. Würde sie meine Neigung, zusehen zu wollen, verstehen? Würde es ihr gefallen?

Ich schob meinen härter werdenden Schwanz zurecht und dachte daran, eine Frau zum Zusehen mit ins Voyeur zu nehmen. Hin- und hergerissen zwischen der Vorstellung jemandem zuzusehen und Shannons sich vor Erregung hebenden und senkenden Brüsten.

Dennoch hatte ich Shannon nicht mitgenommen, denn es war nur eine Fantasie. Genug, um mich heißzumachen, aber ich war realistisch genug, sie nicht in die Tat umzusetzen.

Die Stille setzte mir zu, lenkte meine Gedanken in dunkle Bereiche, die ich mir nicht ansehen wollte. Ich musste hier raus. Ich trank das Glas leer, wusch es in der Küche aus, trocknete es ab und stellte es in den Schrank, griff meine Schlüssel und ging. Nächste Woche würden meine Eltern in der Stadt sein, und dann hätte ich keine Gelegenheit mehr, meine Gelüste zu befriedigen.

 

Selbstsicherheit umgab mich, als ich durch die Tür des Voyeurs trat. Ich tippte meine ID in das Programm ein, obwohl das unnötig war, da mich jeder kannte. Ich winkte ein paar Sicherheitsleuten und Stammgästen zu, die schon länger hier waren als ich. An der Bar bestellte ich ein Bier, denn ich hatte ja schon zwei stärkere Drinks zu Hause getrunken. Charlotte stellte mir eine Flasche hin und bediente dann weiter. Ich nahm das Bier in die Hand, ließ den Blick über die Leute schwenken, in der Hoffnung, jemanden zu finden, dem ich heute zusehen wollte.

Als ich das Bier an die Lippen hob, sah ich sie aus dem Flur kommen. Ihr hellbraunes Haar wirkte unordentlich und wehte hinter ihr her, als wäre sie soeben aus dem Bett gekommen. Ihre Wangen waren bis auf die Brust gerötet, sodass ich den Blick über ihre straffen Brüste schweifen ließ, die kaum eine Handvoll groß waren. Meine Gedanken rasten bei der Vorstellung, was sie wohl gerade gemacht hatte und wie sie dabei aussah.

Sofort wurde ich hart, während ich zusah, wie sich ihr schlanker Körper zwischen den Stammgästen hindurch schlängelte. Sie trug ein winziges Santa-Kostüm und schwarze Strümpfe, die ihre Beine länger wirken ließen als ihr kleiner Körper verkraften konnte. Sie hielt den Blick gesenkt, aber als sie mit einer Frau zusammenstieß, die plötzlich einen Schritt zurück machte, sah sie mit einem Lächeln auf, das mir den Atem verschlug. Ihre Lippen waren voll und das Lächeln fast zu breit für ihr schmales Gesicht.

Eine Schönheit.

Fasziniert betrachtete ich sie und bewunderte jeden Zentimeter von ihr. Irgendetwas an ihr zog mich in den Bann und ließ mich nicht mehr los. Ich konnte es nicht genau deuten. Vielleicht reine körperliche Anziehung? Es fühlte sich allerdings viel stärker an, so als ob mich ein Planet in seine Umlaufbahn ziehen würde.

Viel zu schnell verschwand sie hinter der Wand zum Mitarbeiterbereich. Eilig nahm ich noch einen Schluck Bier und ließ es halb voll an der Bar stehen. Ich eilte zum iPad, wo ich meine Wahl treffen konnte. Ich scrollte durch die Personen, die heute Nacht arbeiteten, und suchte nach ihrem Gesicht. Dabei packte mich eine unerklärliche Dringlichkeit und ein neues Gefühl der Aufregung flammte in mir auf. Ich musste ihr unbedingt zusehen, während ich meinen Schwanz in der Hand hielt und mir vorstellte, dass es ihre wäre, bis ich kommen würde.

Als ich ihr Foto fand und das Sternchen daneben sah, sackte ich innerlich zusammen. Das bedeutete, dass sie heute nicht mehr verfügbar war. Fuck! Hatte ich soeben ihre letzte Szene verpasst und damit meine Gelegenheit für heute?

Ich ballte die schwitzigen Hände zu Fäusten, schloss die Augen und atmete tief durch. Das sah mir gar nicht ähnlich. Normalerweise ließ ich meinen Emotionen keinen derartig freien Lauf, sodass sie keine solchen Auswirkungen auf meinen Körper hatten. Ich wischte mir die Hände an der Hose ab und atmete erneut tief durch. Dann sah ich mir ein letztes Mal das Foto mit diesen verführerischen Augen an.

Ich blätterte weiter und entschied mich dafür, einer anderen zuzusehen. Ich brauchte etwas Krasses und Kraftvolles, um den Frust loszuwerden, der sich plötzlich in mir aufgebaut hatte. Dabei suchte ich nicht nach dem Langwierigen und Spielerischen von BDSM, sondern lediglich das Grobe daran. Ich fand ein Pärchen, gab meine Wünsche ein und dass ich vom Nebenraum hinter dem Einwegspiegel zusehen wollte.

Die getroffene Entscheidung fühlte sich erleichternd an und machte meinen Schwanz noch härter. Reed konnte sich über mein Sexleben beschweren so viel er wollte, doch ich hatte Möglichkeiten im Überfluss zur Verfügung.

War doch egal, dass ich keine davon je ausnutzte, oder?

 

Kapitel 4

 

Oaklyn