Noch mehr Freude … 

… mit Kinderbüchern für pures Vergnügen!

www.arsedition.de

Das Neuste von arsEdition im Newsletter:

abonnieren unter www.arsedition.de/​newsletter

Vollständige eBook-Ausgabe der Hardcoverausgabe

München 2019

© Text-Copyright © 2017 Kaye Umansky

Originaltitel: Witch for a week

Die Originalausgabe ist 2017 im Verlag Simon and Schuster UK Ltd, Großbritannien, erschienen.

© 2019 arsEdition GmbH, Friedrichstraße 9, 80801 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Text: Kaye Umansky

Cover- und Innenillustrationen: Ashley King

Umschlaggestaltung: Grafisches Atelier arsEdition, unter Verwendung einer Illustration von Ashley King

Übersetzung: Doris Attwood

ISBN eBook 978-3-8458-3246-3

ISBN Printausgabe 978-3-8458-2756-8

www.arsedition.de

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

DIE ZEHN WICHTIGSTEN REGELN …

Kapitel eins

DIE HEXE WEHT HEREIN

Kapitel zwei

DAS KÖNNTE DOCH JEDER

Kapitel drei

DER KRUMMFINGER-WALD

Kapitel vier

ALLES, WAS DU WISSEN MUSST

Kapitel fünf

HEULER

Kapitel sechs

SYLPHINE

Kapitel sieben

DIE ERKUNDUNG DES TURMS

Kapitel acht

NOCH MEHR BESUCH

Kapitel neun

DER LIEBESTRANK

Kapitel zehn

DREI WUNDERVOLLE TAGE

Kapitel elf

KUCHEN

Kapitel zwölf

DAS HOLZFÄLLER-LAGER

Kapitel dreizehn

DREI KLEINE ZAUBER

Kapitel vierzehn

ZU HAUSE

Danksagungen

Über die Autorin

Weitere Titel

Leseprobe zu "Das Hotel der verzauberten Träume"

Kapitel eins

DIE HEXE WEHT HEREIN

Elsa Sonnenblum hielt gerade die Stellung im Laden ihrer Familie, als die Hexe in die Stadt wehte.

Die Stadt hieß Kleinbrück an der Dümpel, weil sie klein war und eine Brücke hatte. Die Brücke spannte sich über einen trägen Fluss namens Dümpel. Genau wie der Fluss dümpelte das Leben in Kleinbrück in stiller Eintönigkeit dahin. Es war eine verschlafene kleine Stadt, in der die Menschen früh ins Bett gingen, weil es sonst nichts zu tun gab.

Der Laden befand sich gleich abseits der Hauptstraße in einer schmalen Gasse. Er trug den ziemlich prunkvollen Namen Galeria Sonnenblum. In Wahrheit war er jedoch alles andere als prunkvoll. Er war dunkel und schmuddelig und verkaufte billiges, alltägliches Zeug: Teesiebe, Eimer, Kerzen, Schuhcreme, Büroklammern. Die Kasse klingelte nicht besonders häufig. Ehrlich gesagt kamen die meisten Leute nur vorbei, um ein bisschen zu plaudern, und gaben keinen müden Pfennig aus. Manchmal nahmen die Sonnenblums in einer Woche kaum genug ein, um sich etwas zu essen leisten zu können.

Es war ein sonniger Samstag. In der Hauptstraße wimmelte es von Leuten beim Einkaufsbummel, entspannten Spaziergängern, Kindern, Hühnern und dem einen oder anderen umherwandernden Schwein. Kleinbrücks streunender Hund lag inmitten des Getümmels, alle viere von sich gestreckt, ließ Passanten stolpern und genoss den morgendlichen Sonnenschein.

In der Galeria Sonnenblum liefen die Geschäfte genauso famos wie immer. Elsa hatte bislang einen Schnürsenkel verkauft. Ihr Papa hatte einen Mopp verkauft. Sie beide hatten sich eine Menge Gejammer über Rückenbeschwerden und nervige Nachbarn angehört. Alles in allem war es ein ganz normaler Tag mit miesen Verkaufszahlen und Ohrenschmerzen. Es war überhaupt nichts Außergewöhnliches passiert.

Aber dann …

Die Rathausuhr schlug zwölf. Mittagszeit.

Das letzte Läuten verhallte …

Und alles veränderte sich!

Ein starker Wind heulte urplötzlich aus dem Nichts auf, schickte Hüte Salto schlagend durch die Luft und verteilte tänzelnden Abfall über das ganze Kopfsteinpflaster. Dieser Wind war keine frische sommerliche Brise. Dieser Wind war wild. Ein Wind, der Bäume entwurzeln und Kamine zum Einstürzen bringen konnte.

Die Hauptstraße leerte sich im Nullkommanichts. Sämtliche Passanten suchten Unterschlupf, hielten ihre flatternden Röcke fest oder schnappten nach davonfliegenden Sonnenschirmen. Die Ladenbesitzer hatten alle Mühe, die Fensterläden zu schließen. Kinder wurden von ihren Eltern nach drinnen gerufen. Türen knallten. Auch der städtische streunende Hund verzog sich. Es war genau wie in alten Wildwestfilmen, wenn der Revolverheld in die Stadt kam und alle um ihr Leben rannten.

»Schau dir das an«, sagte Elsas Papa. »Das Wetter ist umgeschlagen. Ich bezweifle, dass jetzt noch viele Kunden vorbeischauen werden. Ich glaube, ich lege mal für fünf Minuten die Füße hoch.«

»Soll ich das GESCHLOSSEN-Schild raushängen?«, fragte Elsa.

»Nein. Vergiss nicht Regel Nummer acht für den perfekten Kundenservice: Den Laden öffnen, wann immer es möglich ist. Aber du kommst doch sicher eine Weile allein zurecht, oder? Bestimmt verdienst du für uns ein Vermögen, mein Schatz.«

Schön wär’s, dachte Elsa, während ihr Vater die Treppe hinauftrottete.

Alles, was sie brauchten, war ein reicher Kunde, der ganz verrückt nach billigem, langweiligem Zeug war. Wenn sie allerdings so darüber nachdachte, glaubte Elsa nicht, dass die Sachen in der Galerie besonders viel wert waren. Nicht mal, wenn man das komplette Sortiment zusammennahm.

Draußen tobte der Wind weiter durch die verlassenen Straßen und suchte nach Dingen, die er umwerfen konnte. Ob reich oder arm – bei diesem stürmischen, eigenartigen Wetter wagten sich sicher keine Kunden aus ihren Häusern.

Elsa stieß ein leises Seufzen aus. Sie liebte ihre Mama und ihren Papa und ihre drei kleinen Brüder Arthy, Toby und Baby Todd. Es machte ihr auch nichts aus, dass sie so oft im Laden arbeiten musste. Aber manchmal wünschte sie sich einfach, ihr Leben wäre ein kleines bisschen aufregender. So wie in ihren Büchern.

Elsa liebte Bücher. Sie hatte schon fast alle Bücher in Kleinbrücks winziger Stadtbücherei gelesen. Leider konnte sie die Bücher nie mit nach Hause nehmen, weil die Jungs sie sonst zerfleddert hätten. Aber die besten Geschichten kannte sie ohnehin längst auswendig.

Allerdings war es in Büchern fast immer der jüngste Sohn, der die Abenteuer erlebte und das Vermögen machte. Die Mädchen in den Geschichten tanzten oder schliefen meistens nur. Sie vertrieben sich die Zeit, bis ein Prinz auftauchte und sie rettete. Dann heirateten sie in bauschigen weißen Kleidern und wunderschönen Schuhen. Keins dieser Mädchen arbeitete in einem Laden.

Elsa hüpfte auf die Theke und blickte auf ihre abgeschabten alten Stiefel hinunter.

Sie stellte sich vor, ihre Füße würden in wunderschönen Schuhen stecken. Blau, mit Schleifen dran. Im Schaufenster des Schusters hatte sie das perfekte Paar gesehen. Der erste Mai stand vor der Tür und Kleinbrück feierte diesen Festtag immer mit einer großen Parade, Musik und Tanz. Oh, wie sehr sie sich doch diese blauen Schuhe wünschte! Leider würde sich dieser Wunsch jedoch nicht erfüllen. Im Gegensatz zu den Märchenprinzessinnen konnte Elsa sich diese Schuhe nicht leisten.

Aber sich etwas zu wünschen, hat noch nie jemandem geschadet, dachte Elsa.

Plötzlich klopfte es laut am Fenster. Elsa hob den Blick.

Da stand sie. Die Hexe. Und starrte durch die Glasscheibe. Grüne Augen in einem blassen Gesicht. Ungebändigte rotbraune Haarsträhnen, die wild um ihren Kopf peitschten.

Für einen langen Moment starrte sie direkt in Elsas verdattertes Gesicht …

Dann war sie wieder verschwunden.

Krach! Die Tür flog auf. Die rostige alte Türklingel fiel klirrend zu Boden und zerbrach. Der Wind wirbelte herein und fegte durch den Raum. Anscheinend sah er nichts, was er gebrauchen konnte, und toste heulend wieder hinaus.

Und dann stand mit einem Mal die Hexe im Laden.

Elsa hatte bereits sämtliche Gerüchte über ihre seltsame neue Kundin gehört. Sie hieß Magenta Zack, aber die Dorfbewohner nannten sie die Rote Hexe. Dafür gab es drei gute Gründe:

Aber selbst wenn sie keine Hexe gewesen wäre, hätten die Leute trotzdem über Magenta Zack getuschelt. Sie war nämlich weder in Kleinbrück geboren noch dort aufgewachsen und allein schon deshalb ziemlich suspekt. Sie kam nur sehr selten in die Stadt – höchstens, um einen Stiefel neu besohlen zu lassen, Socken zu kaufen oder eine andere langweilige Besorgung zu erledigen, die man so lange wie möglich vor sich herschiebt. Und wenn sie doch einmal in die Stadt kam, gab sie sich keine allzu große Mühe, sich beliebt zu machen. Sie fegte einfach herein und wieder hinaus, ignorierte alle und tippte ungeduldig mit dem Fuß, wenn man sie warten ließ.

Außerdem schlug jedes Mal, wenn sie auftauchte, das schöne Wetter um: plötzlicher Schneefall, Hagel, dichter Nebel. Lästiges Wetter, für das nie jemand richtig angezogen war. Darüber hinaus waren die altmodischeren unter den Dorfbewohnern aufgebracht, weil sie immer diese schrecklich grelle, rote Kleidung trug! Sie spazierte nicht in schwarzen Lumpen und dem traditionellen spitzen Hut durch die Gegend, wie es sich für eine anständige Hexe gehörte. Nie gab sie ein böses Hexenlachen von sich. In ihrem Gesicht war nirgends eine Warze zu sehen und von einem Besenstiel weit und breit keine Spur. Magenta Zack war anders. Eigenartig. Nicht willkommen.

Die Leute erzählten sich, dass sie in einem Turm lebte, tief im Krummfinger-Wald. Allerdings hatte den Turm noch nie jemand gesehen. Alle mieden den Wald. Er erstreckte sich bis an den Rand der Stadt und war riesig, uralt und ein bisschen unheimlich. Einer dieser Orte, die höchstwahrscheinlich düstere Geheimnisse verbargen.

Zahlreiche Gerüchte rankten sich um den Turm. Manche behaupteten, er sei aus Glas gebaut. Andere meinten, aus Eis. Wieder andere sagten, aus Marmor. Es hieß, er sei unmöglich zu finden – was natürlich bedeutet hätte, dass niemand auch nur den Hauch einer Ahnung haben konnte, wie er tatsächlich aussah. Als Elsa jedoch darauf hingewiesen hatte, hatten alle nur mit den Schultern gezuckt und mit bedeutungsvollem Tonfall erwidert: »Ja, schon, aber …«

Doch all das interessierte Elsa nicht. Das Einzige, was sie interessierte, war, dass eine Kundin in ihrem Laden stand, die vielleicht ein bisschen Geld ausgeben würde.

Elsa sprang von der Theke, stellte sich hinter die Kasse, setzte ein freundliches Lächeln auf und fragte fröhlich: »Was kann ich für Sie tun?«

Kapitel zwei

DAS KÖNNTE DOCH JEDER

Die Hexe schubste die zerbrochene Klingel mit der Stiefelspitze beiseite.

»Ihr braucht eine neue Klingel.«

Sie sagte es so beiläufig, als hätte sie nicht das Geringste damit zu tun. Kein: »Tut mir leid, war ich das?« Kein: »Oh nein. Bitte, lass mich für den Schaden aufkommen.« Nichts.

»Sieht ganz so aus«, stimmte Elsa ihr zu. »Aber was soll’s? Unfälle passieren. Haben Sie schon etwas entdeckt, das Ihnen gefällt?«

»Offen gesagt«, antwortete die Hexe und blickte sich in dem winzigen Laden um, »nein.«

»Na dann, lassen Sie sich ruhig Zeit. Korkenzieher sind heute im Angebot. Und Scharniere gibt’s zum Sonderpreis. Ziemlich übler Wind draußen, was?«

Solche Sachen sagt man ganz automatisch, wenn man in einem Laden arbeitet. Elsas Papa hatte ihr alle wichtigen Regeln für den Umgang mit Kunden beigebracht. Dinge wie:

Und das waren nur die vier wichtigsten Regeln. Ihr Papa hatte Hunderte von Regeln! Elsa kannte sich mit Kundenservice wirklich sehr gut aus.

»Den Wind habe ich mitgebracht«, erklärte die Hexe. »Ich dachte, es könnte nicht schaden, alles mal ein bisschen durchzuschütteln. Hier ist es immer stinkend langweilig, findest du nicht auch?«

»Ja, allerdings«, stimmte Elsa ihr zu und wandte dabei lehrbuchmäßig die Kundenservice-Regeln eins, drei und vier an. »Es geht doch nichts über ein bisschen stürmisches Wetter, um die Leute aufzurütteln. Sie werden sich noch wochenlang darüber beklagen.«

»Gut. Dann waren meine Mühen nicht vergebens. Wo ist euer Schwarzes Brett?«

»Hinter Ihnen.« Elsa zeigte darauf.

»Wie viel kostet es, das hier auszuhängen?« Ein großes Blatt Papier tauchte urplötzlich in der rot behandschuhten Hand der Hexe auf.

»Einen Pfennig pro Woche«, antwortete Elsa.

»Ich habe keine Woche. Ich brauche schnell eine Lösung.«

»Es kostet trotzdem einen Pfennig, fürchte ich. Aber ich werde unsere Kunden natürlich darauf hinweisen.« Kundenservice-Regel Nummer sieben: Allzeit hilfsbereit sein. »Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht für einen Küchenteppich zum halben Preis begeistern kann?« Kundenservice-Regel Nummer elf: Weise stets auf Schnäppchen hin.

»Ja.« Die Hexe schnipste mit den Fingern. »Pinnnadeln.«

Elsa reichte ihr vier Reißnägel. Die Hexe heftete das Blatt Papier genau in die Mitte des Schwarzen Bretts und riss dabei gleich mehrere alte Mitteilungen ab.

»›HAUSHÜTER(IN) AUF ZEIT GESUCHT‹«, las Elsa. »›BEWERBUNGEN AN MAGENTA ZACK. TURM IM WALD.‹  Hmmm …«

»Was soll das heißen, ›hmmm‹?« Die Hexe runzelte die Stirn. »Stimmt etwas nicht?«

»Na ja, ein paar mehr Informationen wären schon ganz gut.«

»Zum Beispiel?«

»Zum Beispiel, wie lange Sie jemanden brauchen.«