Das Buch

Stell dir vor, du bist plötzlich in einer gefährlichen Welt voller Dämonen gelandet. Du musst so schnell wie möglich aus diesem Labyrinth herausfinden, bevor du als Nachmittagssnack endest – denn Dämonen haben einen unbezähmbaren Hunger.

Die Zwillinge Henna und Gregor sind in dieser Dämonenwelt gefangen und nur du kannst sie befreien. Findest du alle kniffligen Rätsel und versteckten Hinweise, um die beiden zu retten? Aber Vorsicht! Eine falsche Abzweigung, eine falsche Entscheidung und für die Zwillinge kann es übel enden. Das Schicksal der beiden liegt ab jetzt in deinen Händen …

Ein interaktiver Lesespaß. Nichts für Angsthasen!

Die Autorin

© privat

„Schreiben Sie doch einfach einen Bestseller“, sagte ein Jobberater zu Corinna Rindlisbacher nach einem kurzen Blick auf ihren Lebenslauf. Sie hatte Germanistik und Philosophie studiert und kam gerade aus dem Ausland zurück, wo sie u. a. australische Hostelwände gegen freie Unterkunft bemalt und Kinder in indischen Slums unterrichtet hatte. Bis dahin hatte sie nur Kurzgeschichten geschrieben, Comics gezeichnet und halb fertige Romane in die Schublade gestopft. Von einem Bestseller war sie weit entfernt – aber die Herausforderung nahm sie an. Mit ihrem Rätsel-Spielbuch „Die Monstertrickserin“ gewann sie 2018 den Kindle Storyteller X Award.

Der Verlag

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Viel Spaß beim Lesen!

Für die Zwillinge, mit denen ich 2008 in Singapur gestrandet bin.

Auf ihre Frage »Und, was machst du so?« habe ich zum ersten Mal mutig behauptet, dass ich Autorin sei. »So ein Quatsch«, meldete sich prompt eine zweifelnde Stimme in meinem Kopf und ich spürte, wie meine Wangen ganz warm wurden. Ich wollte gerade zurückrudern – doch die Zwillinge nickten anerkennend und sagten: »Cool!«

»Ihr beiden bleibt ganz still stehen und sagt kein Wort, verstanden?«, raunte ihnen Anthro P. Phagus, der Magus, mit einem Zwinkern zu. Dann drehte er sich zum Publikum und kündigte mit getragener Stimme an: »In wenigen Augenblicken werden Sie Zeuge, wie ich diese beiden Kinder …«, er machte eine Pause, »… verschwinden lasse.«

Ein Murmeln ging durch die Menge, die gebannt auf die Bühne starrte.

Henna griff nach der Hand ihres Bruders, der genauso groß wie sie und auch genauso alt war. Abgesehen von ihrer Kleidung und ihren Frisuren sahen sich die beiden zum Verwechseln ähnlich. Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und verzog einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen.

»Hast du etwa SCHISS?«, flüsterte er.

»Quatsch nicht rum, Gregor«, antwortete sie ebenso leise, ließ seine Hand aber trotzdem nicht los. »Ich will dir nur Mut machen.«

Sie standen auf der Bühne eines großen Jahrmarktzeltes.

Etwa fünfhundert Augenpaare mussten auf sie gerichtet sein, die sie aber nur erahnen konnten, weil das warme Licht der Scheinwerfer die beiden blendete. Seit Monaten hatten sie der weltberühmten Magiershow des Großen Phagus entgegengefiebert. Als der Jahrmarkt endlich in ihrer Stadt seine Zelte aufgeschlagen hatte, hatten sie sich gleich für die erste Vorstellung Tickets von ihrem Taschengeld besorgt. Natürlich in der ersten Reihe, denn sie wollten genau beobachten, wie die Tricks funktionieren.

Als die Show begann und Phagus nach den ersten leicht zu durchschauenden Zaubertricks gefragt hatte, ob es Freiwillige im Publikum gebe, hatten sie sich sofort gemeldet. Der Magier hatte sie mit den Worten »ZWILLINGE, wie wunderbar!« ausgewählt und mit einem breiten Grinsen auf die Bühne gewunken.

Nun standen sie hier in einer großen schwarzen Holzkiste, die nur zur Publikumsseite hin offen war. »Schau genau hin, was er macht«, erinnerte Gregor seine Schwester. Sie hatten eine Mission: Unbedingt wollten sie hinter das Geheimnis des Zaubertricks kommen.

»Bin dabei«, antwortete sie.

Am Bühnenrand setzte ein Musiker zu einem Trommelwirbel an. Mit einer ausladenden Geste schritt der Magier um die Holzkiste herum. Als er auf der rechten Seite wieder auftauchte, gesellte sich auf der linken seine Assistentin hinzu, eine ältere Dame in einem eleganten Kleid.

»Gut festhalten«, flüsterte sie, dann klappte sie die Kiste zu und es war stockdunkel.

»Mist!«, fluchte Gregor. »So kriegen wir ja gar nichts mit …«

Henna tastete die Tür ab. »Moment, hier ist ein Griff.«

Sie zog kräftig daran und mit einem Ruck hatte sie ihn in der Hand. Durch das kleine Loch in der Tür fiel das Scheinwerferlicht. Henna steckte den Holzgriff in ihre Hosentasche und ging in die Hocke, um durch das Loch zu spähen.

»Ganz schön clever, Schwesterlein«, sagte Gregor anerkennend.

»Noch ist nichts passiert«, erwiderte Henna. »Er wedelt nur mit seinem Zauberstab herum, wahrscheinlich um Spannung aufzubauen.«

Der Trommelwirbel wurde lauter, als die Kiste sich plötzlich in Bewegung setzte. Der Magier und die Assistentin schienen sie schwungvoll um ihre Achse zu drehen. Henna und Gregor stützten sich mit den Händen an den Holzwänden ab, um nicht den Halt zu verlieren.

Plötzlich hörten sie ein lautes POFF! und eine dicke, beißende Rauchwolke drang zu ihnen in die Kiste. Sie kniffen die Augen zu und versuchten hustend, die Wolke wegzuwedeln.

Als die Zwillinge wieder Luft bekamen und die Augen öffneten, war der Rauch spurlos verschwunden. Die enge Holzkiste war zu einem Käfig mit dicken Eisenstangen geworden, der verloren und einsam inmitten einer fremden Landschaft stand. Überrascht sahen sie sich um: Nichts als felsige Hügel, verdorrte Sträucher und gelegentliche Dampfwolken, die aus dem Boden zischten. Der Himmel war bedeckt mit einem rötlichen Nebelschleier und es roch nach Schwefel.

»Das ist aber nicht der Bereich hinter der Bühne«, stellte Henna trocken fest.

»Das ist nicht mal mehr der Jahrmarktplatz«, fügte Gregor hinzu. »Ich weiß nicht, was mich mehr umhaut: dass ich keine Ahnung habe, wie Phagus, der Magus, das gemacht hat, oder dass der Trick anscheinend so richtig schiefgegangen ist.« Er fischte sein Handy aus der Hosentasche. »Mist, kein Empfang.«

Henna betrachtete das VORHÄNGESCHLOSS, das die Käfigtür mit einer schweren Kette verschlossen hielt, und zog eine Spange aus ihrem Haar, mit der sie sich sonst ihren Pony aus der Stirn klemmte. Die vielen Stunden, die sie zu Hause Schlösserknacken geübt hatte, zahlten sich nun aus: Mit wenigen Handgriffen hatte sie das Schloss geöffnet. Sie steckte es in die Hosentasche und fädelte die Kette heraus, um die Tür öffnen zu können.

»Wenn er uns gleich wieder zurück auf die Bühne zaubert, bin ich sehr beeindruckt«, gab sie zu. Mit der Haarspange steckte sie sich ihren Pony wieder zurecht.

»Meinst du etwa, das gehört alles zum Trick? Dann sollten wir vielleicht besser hier warten.«

Henna hielt inne und stutzte. »Du landest in einem Käfig und willst freiwillig drinbleiben?«

Gregor zuckte mit den Schultern. »Es könnte ja sein, dass er zu unserer Sicherheit da ist. Wer weiß, wer oder was sich da draußen herumtreibt?«

Sie ließ ihren Blick über die unbekannte Umgebung schweifen, eine Hand immer noch an der Tür. »Okay, was machen wir? Abwarten, in der Hoffnung, dass uns jemand zurückholt – oder die Gegend erkunden?«

Was sollen Henna und Gregor machen?

Abwarten.

Die Gegend erkunden.

»Ich bin für abwarten«, sagte Gregor.

Henna warf ihm einen verwunderten Blick zu. »Ernsthaft?«

»Natürlich können wir uns ein wenig die Füße vertreten.« Er stellte sich neben Henna, drückte die Käfigtür auf, die ein lautes Quietschen von sich gab, und machte einen Schritt in die Freiheit. »Aber wir können ja ganz in der Nähe bleiben, falls der Große Phagus einen Plan hat, wie er seinen Zaubertrick noch retten kann.« Er besah sich einen Strauch, der neben ihnen aus dem dunklen, steinigen Boden wuchs und schwarze, zackige Blätter trug.

Henna folgte ihm und warf einen prüfenden Blick in alle Richtungen: Zu ihrer rechten Seite lag eine hügelige Wüste, aus der zwischen schwarzen Felsbrocken ständig diese stinkenden Dampfwolken zischten, dahinter zeichnete sich eine Bergkette ab. Links wucherten noch mehr merkwürdige Gewächse und wurden in der Ferne zu hohen, dichten Büschen; geradeaus ging es steinig bergauf bis zur Spitze eines Vulkans, der sich dunkel am Horizont abzeichnete und über dem der Himmel rot flimmerte.

»Von dort oben hätten wir eine gute Sicht«, überlegte Henna laut.

»Du glaubst nicht, dass noch jemand kommt? – Au!« Gregor zog seine Hand zurück und betrachtete den Zeigefinger, auf dem sich ein kleiner Blutstropfen bildete. »Die Blätter sind messerscharf!«

»Du sollst mit den Augen gucken, nicht mit den Händen!«, schimpfte Henna ihn.

»Was macht ihr da?«, grollte plötzlich eine tiefe Stimme.

Die Zwillinge zuckten zusammen. Auf dem Käfig hockte ein Wesen mit großen Augen, kräftigen Armen, lederner Haut und riesigen, FLEDERMAUSARTIGEN FLÜGELN. Sie hatten es nicht kommen gehört.

»Ist das ein –«, flüsterte Gregor.

»Warum seid ihr nicht im Käfig?«, unterbrach das Wesen ihn und zeigte seine spitzen Zähne.

Reflexartig log Henna: »Der war schon offen.«

Das Wesen blickte nach unten und sah, dass die Kette auf dem Boden lag und das Vorhängeschloss fehlte. »Dieser verdammte Phagus!«, knurrte es. »Wenn ich so meinen Job machen würde …«

»Phagus, der Magus?«, fragte Gregor.

Das Wesen stieß ein grunzendes Lachen aus. »Phagus, der Magus … Du meinst Phagus, der Dämon! Der sich eines kleinen, armen Taschenspielers angenommen hat und ihn zum Großen Magus machte. Ihr wisst schon, dass ihr Menschen keine echte Magie beherrscht, oder?« Es kletterte flink die Käfigstangen hinab und hielt den Kindern die Tür auf. »Und jetzt rein mit euch.«

»Was heißt denn, er habe sich ihm ›angenommen‹?«, fragte Henna und Gregor sagte: »Phagus, der Magus, ist kein Mensch?«

»Phagus ist einer von uns.« Das Wesen fügte mit einer angedeuteten Verbeugung hinzu: »Wie gesagt, ein Dämon. Phagus ist vor langer Zeit in diesen Menschen geschlüpft. Und jetzt genug gequatscht – rein da!« Der Dämon deutete mit seinen langen Krallen wieder auf den Käfig.

Henna und Gregor tauschten einen Blick und nickten sich zu. Dann gingen sie zurück in den Käfig. Gregor hob die Eisenkette auf und hielt sie dem DÄMON, der ihnen nur bis zum Bauchnabel reichte, hin. »Du solltest uns fesseln, wenn du willst, dass wir hier drinbleiben.«

»Gib das her«, schnaubte der Dämon, betrat den Käfig und riss Gregor die Kette aus der Hand. Etwas unbeholfen hielt er sie hoch. »Wie soll das jetzt ohne Schloss gehen?«

»Hier, ich zeig’s dir«, sagte Henna und nahm ihm die Kette ab. »Du legst sie über das Armgelenk, dann eine Schlaufe, über das andere Gelenk, hier durch und da rum … und schwupps!« Sie zog mit einem Mal ihre Konstruktion straff, sodass der Dämon ein überraschtes Quieken von sich gab. Es war noch ein langes Stück Kette übrig, das sie um eine der Käfigstangen legte und geschickt feststeckte.

»Hey, ich kann mich nicht bewegen!«, rief der Dämon entrüstet.

»Dann hab ich alles richtig gemacht!«, strahlte Henna und besah sich ihr Werk. »Ganz ohne ›echte Magie‹!«

»Du wirst immer besser, Schwesterlein. Lass uns hier verschwinden.«

Sie gingen einige Schritte und als sie weit genug entfernt waren, dass die fluchenden Rufe des Dämons nicht mehr in ihren Ohren schrillten, fragte Gregor: »Warum hast du eigentlich nicht das Vorhängeschloss benutzt, um den Dämon richtig festzuketten?«

Henna befühlte ihre Hosentasche, in der sie es verstaut hatte, und zuckte mit den Schultern. »Wer weiß, ob wir es später noch mal brauchen. Aber lass uns keine Zeit vertrödeln. Irgendwann wird er dahinterkommen, dass die Kette lose ist und er nur doll genug zu rütteln braucht.«

»Okay«, sagte Gregor. »Wir müssen einen Weg hier herausfinden. Irgendwo müssen wir doch wieder in unsere Welt gelangen … Und wer weiß, vielleicht gibt es einen Weg, den echten Magus zu retten und den Dämon auszutreiben.« Er blickte sich um. »Wie es aussieht, haben wir drei Möglichkeiten.« Er zeigte in entgegengesetzte Richtungen. »Rechts durch die Geröllwüste und Dampfwolken, links durch die Büsche …«

»Oder geradeaus zum VULKAN«, schlug Henna vor. »Gregor!«, rief sie plötzlich und deutete mit großen Augen auf seine rechte Hand. Um seinen Zeigefinger schwirrte ein großer, dicker Käfer. Es war der Finger, den er sich gerade am Strauch geschnitten hatte.

»Wow«, entfuhr es Gregor, aber er wagte es nicht, seine Hand wegzuziehen. Nach einem Moment gesellten sich weitere Käfer hinzu.

»Bist du verrückt?«, wisperte Henna aus sicherer Entfernung. »Vielleicht sind die giftig!«

Gregor konnte den Blick nicht abwenden und grinste nur. Zwei weitere Käfer ließen sich auf seiner Hand nieder. Die Käferbeine kitzelten auf seiner Haut, doch er krempelte vorsichtig mit der Linken seinen Ärmel hoch.

»Schau dir mal die FLÜGEL an!« Mit der freien Hand winkte er seine Schwester heran.

»Nein danke. Wir sollten langsam –«

»Die sind ganz schwarz, aber wenn man genau hinschaut, leuchten da immer wieder kleine gelbe Punkte auf.«

»Das ist ja toll, aber –«

»Witzig! Ich glaube, die können uns verstehen. Jetzt zeigen sie gelb gepunktete Muster. Komm her, Henna!«

»Lass uns zum Vulkan gehen, Gregor! Wir können hier nicht ewig rumstehen und von dort aus haben wir –«

»Moment, das sind Buchstaben!«, rief Gregor aufgeregt. »Sieh her!« Er drehte sich seiner Schwester zu und hielt ihr den Arm hin. Erschrocken und angeekelt wich Henna ein Stück zurück.

Auf Gregors Arm wuselten vier der Käfer umeinander herum und die leuchtenden Muster auf ihren zusammengefalteten Flügeln sahen tatsächlich so aus wie gelb gepunktete Buchstaben: ein E, ein I und zwei Käfer zeigten je ein N. Im nächsten Moment erloschen die Punkte und die vier gesellten sich zurück in den Schwarm.

»Das ist … verrückt. Und total eklig.« Henna schüttelte sich leicht. »Jetzt sag deinen neuen Freunden Lebewohl und lass uns zum Vulkan gehen.«

Sofort ließen sich vier weitere KÄFER vor Hennas Füßen nieder, wuselten aufgeregt durcheinander und zeigten wieder die Buchstaben: E, I, N und N.

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»Hey, Käferlein«, Gregor hockte sich neben sie, »was soll das heißen?«

Schon hoben die Käfer wieder ab und die Buchstaben waren verschwunden.

»Ich glaube, die haben was gegen den Vulkan«, sagte Gregor nachdenklich.

Henna erwiderte genervt: »Dann sag du halt, wo lang.«

Wenn die beiden den Weg zur Geröllwüste einschlagen, lies hier weiter.

Die beiden erkunden den Vulkan.

Die beiden untersuchen die Büsche.

»Wir schauen uns natürlich um«, sagte Gregor.

»Das denke ich auch«, stimmte Henna ihrem Bruder zu. Sie zeigte auf einen spitzen Berg, der sich dunkel am Horizont abzeichnete und über dem der Himmel rot flimmerte. »Lass uns da hoch gehen. Von dem Vulkan aus haben wir bestimmt einen guten Überblick.«

Sie marschierten los, ihre Schritte knirschten auf dem steinigen Boden. Nach ein paar Metern rief Henna spitz »Igitt!« und fuchtelte mit den Armen in der Luft. »Da war gerade ein riesiger Käfer!«

»Echt? Was für einer?«, fragte Gregor neugierig.

»Keine Ahnung, ein ekliger!«, antwortete sie.

Gregor lachte. »Du stellst dich vielleicht an. Was meinst du: Wie lange brauchen wir bis zum Vulkan?«

In dem Moment flogen zwei weitere Käfer haarscharf an seinem Kopf vorbei.

»Wow, die sind ja echt riesig!«, rief Gregor staunend.

»Weg hier!« Henna griff seine Hand und rannte los.

Doch im Nu holte sie eine ganze Käferschar ein und umschwirrte surrend ihre Köpfe. Prustend blieben die beiden stehen und versuchten, ihre Gesichter, vor allem Mund und Nase, mit den Händen zu schützen.

Zum Glück ließen die Käfer von ihnen ab, aber der Schwarm schwirrte nun auf Augenhöhe und wuselte aufgeregt durcheinander.

»Was wollen die von uns?«, fragte Henna empört.

Gregor zuckte mit den Schultern. »Uns kennenlernen? Schau mal …« Er machte einen Schritt vor und ging in die Hocke. Ein paar der Käfer waren auf einem schwarzen Felsbrocken gelandet und krabbelten nun wirr und ohne erkennbares System umeinander herum. »Die haben gelb leuchtende Pünktchen auf den Flügeln.«

»Das ist ja toll«, sagte Henna, ohne es so zu meinen.

»Die sehen aus wie Buchstaben: Einer hat ein A, der hier ein H, hier ist ein L und ein O. Moment, noch ein zweites L.«

»Tja, leider haben wir keine Zeit. Wir müssen weiter zum Vulkan.«

Gregor blickte über seine Schulter zu Henna. »Vielleicht ist das eine Botschaft!« Er wandte sich den Käfern zu. »Oh, sie können die Punkte ändern! Jetzt sieht es aus wie … wenn sie doch mal stillhalten würden … ein O, zwei P, ein S und … O hatte ich schon … ein T. Also: O, P, P, S, T.«

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»Ja, ja, ganz wunderbar, Gregor. Wir müssen los.«

Gregor kaute auf seiner Unterlippe, wie immer, wenn er nachdachte. »Sicher, dass wir zum Vulkan gehen sollten? Wir könnten ja auch immer noch Richtung Büsche gehen oder zu den Dampfwolken.«

Henna stemmte die Hände in die Seiten und betrachtete skeptisch die Käfer, die sich wieder dem Schwarm angeschlossen hatten. Er schwebte zwischen ihnen und dem Vulkan und schien sie tatsächlich nicht durchlassen zu wollen.

»Ähm, Henna?«, fragte Gregor und tippte ihr auf die Schulter.

»Ich weiß es doch auch nicht«, seufzte sie.

»Da kommt jemand … oder etwas?«

Sie schnellte herum. Aus der Richtung, aus der sie gekommen waren, flog ein WESEN mit riesigen, fledermausartigen Flügeln direkt auf sie zu. Schon aus der Ferne sahen sie, wie es sie mit großen Augen wütend anfunkelte und gefährlich spitze Zähne zeigte.

»Ist das etwa so was wie ein … Dämon?« Gregor stockte.

»Es bedeutet zumindest nichts Gutes«, sagte Henna und griff nach Gregors Hand.

Schützend stellte er sich vor sie.

»Hey, hat euch Phagus nicht im Käfig eingeschlossen?«, grunzte das Wesen, als es vor den Kindern landete. Sein Kopf reichte ihnen nur bis zum Bauchnabel, dennoch wichen sie einen Schritt zurück. »Dieser verdammte Phagus!«, knurrte es. »Wenn ich so meinen Job machen würde …«

»Phagus, der Magus?«, fragte Gregor.

Das Wesen stieß ein grunzendes Lachen aus. »Phagus, der Magus … Du meinst Phagus, der Dämon! Der sich eines kleinen, armen Taschenspielers angenommen hat und ihn zum Großen Magus machte. Ihr wisst schon, dass ihr Menschen keine echte Magie beherrscht, oder?«

»Was heißt denn, er habe sich ihm ›angenommen‹?«, fragte Henna und Gregor fügte hinzu: »Phagus, der Magus, ist kein Mensch?«

»Phagus ist einer von uns.« Das Wesen legte eine Hand auf seine Brust und fügte mit einer angedeuteten Verbeugung hinzu: »Wie gesagt, ein DÄMON. Phagus ist vor langer Zeit in diesen Menschen geschlüpft. Und jetzt genug gequatscht!«

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Der Dämon machte einen Satz auf die Kinder zu, doch bevor er sie erreichte, wurde er von dem surrenden Käferschwarm umhüllt. Er begann fluchend, mit den Flügeln und zwei kräftigen Armen nach den Insekten zu schlagen.

Fünf der Krabbeltiere landeten vor den Kindern. Sie zeigten einen kurzen Moment die Buchstaben A, F, L, T und U, dann stürzten sie sich wieder auf das Wesen, um es gemeinsam mit den anderen aufzuhalten.

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»Los, weg hier!«, rief Henna.

»Geröllwüste oder Büsche?«, fragte Gregor.

Geröllwüste.

Büsche.

»Geröllwüste.«

»Einverstanden.«

Ohne zu zögern liefen die Geschwister in die Geröllwüste. Gregor warf einen Blick über seine Schulter, aber niemand schien ihnen zu folgen – auch die Käfer mit den Buchstaben auf dem Rücken waren nicht zu sehen. Der Boden glitzerte sandig und nahm eine rote Färbung an, je weiter sie kamen. Aus versteckten Bodenritzen zischten immer wieder stinkende Schwefelwolken, die die Kinder zusammenzucken ließen. Als sie den ersten Hügel erklommen hatten, sahen sie, dass der rote Sand zwischen den Steinen einen Pfad andeutete, der sich über die Hügel schlängelte und am Horizont in eine Felsspalte zu münden schien.

»Da lang«, bestimmte Henna, und Gregor folgte ihr mit langen Schritten den Hang hinab.

»Pass auf, hier liegen überall Glasscherben im Sand«, bemerkte Gregor.

»Deswegen glitzert das auch so«, stellte Henna fest.

Als sie eine weitere Hügelkuppe erreicht hatten, entdeckten sie einen aufgewühlten Sandhaufen im Tal vor ihnen.

»Sieht aus wie von einem Maulwurf.«

»Einem Riesen-Maulwurf«, ergänzte Henna.

»Lass uns schnell dran vorbei.«

Sie machten einen großen Bogen um den Sandhaufen, aber ohne vom Pfad abzuweichen. Gerade als sie den nächsten Hügel erreichten, hörten sie ein rumpelndes Geräusch hinter sich, das sich erst auf sie zubewegte und dann unter ihren Füßen hinweggrollte. Die Sandkörner um sie herum vibrierten und rieselten den Hügel hinunter. Mit einem Mal stob vor ihnen der rote Sand auseinander und ein großer, dicker Wurm mit unzähligen kleinen Pfoten und zwei prankenbesetzten Vorderbeinen schoss an die Oberfläche. Er stieß einen schrillen Schrei aus, sodass sich die Kinder die Ohren zuhielten. Dann lachte der WURM.

»Was ist das? O-O-O-b sie sich davongeschlichen haben?«, stotterte er und legte den Kopf schief. »Die beiden sind ja zum An-B-B-B-eißen.« Er schlängelte langsam um die Kinder herum, ohne sie aus den Augen zu lassen.

Henna stupste Gregor an und deutete auf den Boden hinter dem Wurm. Er hinterließ im Sand eine Spur aus Glasscherben.

»Wir sind nur auf der Durchreise«, sagte Gregor und kreuzte die Finger hinterm Rücken. »Phagus schickt uns.«

Wieder lachte der Wurm. »Phagus schickt viele Menschenkinder hierher. Aber nicht zum Durchrei-S-S-S-en.« Er streichelte mit einer Pranke über einen der schwarz glänzenden Felsbrocken. »Soll I-I-I-ch sie gleich fressen? Nicht D-D-D-ass ich Ärger bekomme«, dachte er laut nach und seine Augen blitzten hungrig.

»Siehst du das?«, raunte Henna ihrem Bruder zu. »Immer wenn er stottert, fallen diese Scherben von ihm ab. Als würde sich seine Haut in GLASSCHUPPEN verwandeln.«

»Merkwürdig«, murmelte Gregor. Zum Wurm sagte er laut: »Lass uns durch, dann tun wir dir nichts!«

Der Wurm hielt inne und fixierte ihn mit einem verwunderten Blick. »Mir nichts tun? Dazu müssten sie das Zauberwort kennen. Aber I-I-I-ch denke nicht, dass sie es kennen. Wer sollte es ihnen verr-A-A-A-ten haben?«

»Natürlich kennen wir das Zauberwort!«, rief Gregor.

»Tun wir?«, flüsterte Henna.

Der Wurm ließ sich auf seine zwei Vorderbeine fallen, sodass er mit den Kindern auf Augenhöhe war. »N-N-N-iemals!«, spie er aus.

»Schnell, sag irgendein ZAUBERWORT!«, rief Henna.

Gregor blickte dem Wurm in die Augen, straffte seine Schultern und rief:

»Obsidian!«

»Bitte!«

»Simsalabim!«

»Na ja, ein Überblick vom Vulkan aus kann nicht schaden …«, überlegte Gregor.