Prof. Dr. Burkhard Helpap

Ehemaliger Ärztlicher Direktor

des Klinikums Singen

78224 Singen

burkhard.helpap@glkn.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

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© 2017 Prof. Dr. Burkhard Helpap

Zweite erweiterte Auflage

Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7448-2815-4

ÜBER DEN AUTOR

Prof. Dr. Burkhard Helpap, von 1982 bis 2003 Leiter des Institutes für Pathologie am Singener Klinikum und von 1985 bis 2003 Ärztlicher Direktor, kann auf ein bewegtes und erfolgreiches (Mediziner)Leben, das ihn rund um den Globus führte, zurückblicken. Schon als Student der Medizin büxte er regelmäßig zu Semesterende aus, um für große Reedereien als Steward auf große Reise zu gehen, zum Beispiel auf der Nordroute von Grönland über New York, Philadelphia und Baltimore bis nach Kanada. Selbst ein unfreiwilliger Gefängnisaufenthalt in der Dominikanischen Republik, den politischen Wirren vor Ort geschuldet, verhinderten nicht, dass er rechtzeitig an die Universität in Kiel zurück kehrte, wo er im Wintersemester 1956/57 sein Physikum und später sein Staatsexamen ablegte. Sein erstes Gehalt, das waren 168 Mark, verdiente Helpap als Medizinalassistent an der Universität Kiel. Dieses Gehalt nutzte er, um endlich das studieren zu können, was er immer wollte: Weltwirtschaft. Er führte einige Jahre ein Doppelleben als Mediziner und Wirtschaftsstudent. Die Wissenschaft fesselte ihn schließlich so, dass er zum Professor für Pathologie avancierte, an den Universitäten Erlangen, Marburg und Bonn lehrte und zahlreiche nationale und internationale wissenschaftliche Preise und Ehrungen erhielt. So war er unter anderem Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pathologie und des Berufsverbands der Deutschen Pathologen, dessen Ehrenmitglied er heute ist. Die renommierte Ernst-von-Bergmann-Plakette der Bundesärztekammer erhielt er für seine Aktivitäten in der anatomisch-pathologischen Fortbildung. Auch heute noch ist er täglich im Pathologischen Institut des Singener Klinikums konsiliarisch tätig.

Als Norddeutscher gewöhnte er sich zunehmend an Land und Leute im Süden der Republik, fand Freunde, engagierte sich im Kunst- und Kulturleben der Stadt. Und wenn der Frust einmal zu groß wurde, segelte er auf dem Bodensee den trüben Gedanken davon. Als Autor hat er neben hunderten von Fachartikeln, Lehrbuchbeiträgen und wissenschaftlichen Büchern auch Unterhaltungsliteratur mit autobiographischen Zügen geschrieben und veröffentlicht. Darunter die Bücher „Max und Moritz und die Hundejahre“ und „Alfi, ein Chihuahuarüde“. Alfi gab es auch im wirklichen Leben. Er galt im Institut als „der ärztliche Direktor auf vier Beinen“. Nach der Monographie „Blick in die Hölle“, erforscht und dokumentiert er seit einigen Jahren die Geschichte der Stadt Singen mit ihrem Hausberg, dem Hohentwiel, und dem Singener Krankenhaus.

INHALTSVERZEICHNIS

GELEITWORT

Ein Krankenhaus ist neben dem Rathaus immer auch das Herzstück einer Stadt. Das gilt vor allem für die Stadt Singen; waren es doch die damaligen Stadtväter und engagierte Bürger, die seinerzeit den weitsichtigen Entschluss fassten, auf der freien Fläche am Fuße des Hohentwiels ein neues, modernes und größeres Krankenhaus zu bauen – mit einem der renommiertesten Architekten der damaligen Zeit. Prof. Dr. Hermann Billing sorgte für eine herausragende Architektur, die Bezug zum Singener Hausberg mit seiner Festung nimmt. Dies ist am besten zu erkennen im runden Turm des Krankenhauses in der Sichtachse zum Rondell Augusta.

Das Singener Krankenhaus, gebaut von Bürgern für Bürger, wurde vor beinahe 90 Jahren am 15. September 1928 feierlich seiner Bestimmung übergeben. Es war ein bedeutender Kraftakt für die Stadt gewesen. Das blieb es auch all die Jahre hindurch.

Aus der Geschichte heraus erklärt sich die enge Verbundenheit der Stadt Singen mit ihrem Krankenhaus. Die Entwicklung Singens zur Industriemetropole des Landkreises und zum modernen Einkaufs- und Dienstleistungszentrum und die Entwicklung des Singener Krankenhauses verliefen fast parallel.

Diese Parallelen werden im Buch von Professor Burkhard Helpap, dem langjährigen früheren Ärztlichen Direktor unseres Krankenhauses, deutlich. Zwar gibt es auch Jubiläumsschriften über die Stadt und das Krankenhaus, diese weisen aber keinen ausführlichen Bezug zueinander auf. Es ist nun also der Verdienst von Professor Burkhard Helpap, diese Lücke zu schließen und die Verbindung zwischen Stadt und Krankenhaus schriftlich und in unterhaltsamer Weise zu dokumentieren.

Im vorliegenden Buch werden die städteplanerischen Aktivitäten der Bürger- und Oberbürgermeister seit Errichtung des „neuen Krankenhauses“ ausführlich dargestellt. Die 120-jährige Stadt- und Krankenhausgeschichte schließt zwei Weltkriege mit ihren katastrophalen Niedergängen der Wirtschaft, die Erholungs- und Sättigungsphasen in der Weimarer Zeit und am Ende des 20. Jahrhunderts ein und gipfelt in den Folgen einer globalisierten Wirtschafts- und Finanzwelt am Anfang des 21. Jahrhunderts. In diesem historischen Kontext wird die dynamische Stadtentwicklung in architektonischer, wirtschafts- und gesundheitspolitischer Hinsicht exemplarisch beleuchtet. Und die Geschichte zeigt: Trotz immer wieder schwieriger Zeiten konnte die medizinische Versorgung am Singener Krankenhaus, das seit dem 12.12.2012 Teil des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz ist, stets auf einem sehr hohen, fast universitären Stand gewährleistet werden.

Beim vorliegenden Buch handelt sich um ein reich bebildertes Sach- und Geschichtsbuch, das manche Erinnerung in dem einen oder anderen Bürger wachrufen wird und der jungen Generation die Lebendigkeit unserer Stadt in der Vergangenheit und in der Gegenwart vor Augen führt. Gerne schließe ich mich dem letzten Satz des Autors in diesem Buch an und hoffe, dass unser Hausberg Hohentwiel, der bislang so gut auf unsere Stadt Singen aufgepasst und sie beschützt hat, auch weiterhin so wohlwollend über uns wachen wird.

Bernd Häussler

Oberbürgermeister der Stadt Singen 2017

VORWORT

Seit 36 Jahren fühle ich mich der Stadt Singen und dem Krankenhaus verbunden, habe Höhen und Tiefen miterlebt und durfte als Städtischer Medizinaldirektor auch mitgestalten. In diesen knapp 30 Jahren hat sich die Medizin dramatisch verändert und weiterentwickelt. Das Städtische Krankenhaus wurde in eine GmbH umgewandelt. Eine intensive Neu- und Umbauphase wurde damit ausgelöst. Sie hatte eine für die Bevölkerung von Singen und Umgebung grundlegende Modernisierung vor allem der medizinischen Technik zur Folge. Das Krankenhaus war aber nur ein kleiner Teil der Modernisierungswelle in der Stadt Singen. Der Umbau zu einer Dienstleistungsgesellschaft wurde vorangetrieben. Mittelstand und Großindustrie florierten. Die kulturelle Architektur im weitesten Sinne mit Eröffnung der Stadthalle, eine rundum gelungene Landesgartenschau und schließlich ein Turmbau zu Singen, der Hegau Tower, und das imposante Museum of Art and Cars (MAC) sowie der Sparkassen-Umbau und das ECE-Center haben der Stadt ein fast großstädtisches Gesicht verliehen.

Von Zeit zu Zeit sollten solche Entwicklungen in einer aufstrebenden, aktiven und sich immer weiter entwickelnden Stadt und ihrer Gesellschaft schriftlich dokumentiert werden. Auch wenn kein großes Jubiläum der Anlass zu dieser Dokumentation ist, 130 Jahre Sparkasse Singen und herausgegriffene 120 Jahre Stadt- und Krankenhausgeschichte, davon 90 Jahre Krankenhaus unter dem Hohentwiel, geben eine spannende Zeit wieder.

Die wesentlichen Dokumente der Stadtentwicklung waren nur möglich darzulegen mit Unterstützung des Stadtarchivs. Für die mir gewährte Hilfe durch die frühere Stadtarchivarin Reinhild Kappes und die jetzige Stadtarchivarin Britta Panzer und ihre Mitarbeiterinnen möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Für die Überlassung von Bildmaterial aus dem Krankenhaus und Hilfe beim endgültigen Editoring darf ich mich sehr herzlich bei Andrea Jagode von der Pressestelle/ Unternehmenskommunikation des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz, Krankenhausbetriebsgesellschaft Hegau-Bodensee-Klinikum, bedanken. Sie hat mir viele Anregungen gegeben. Froh und dankbar bin ich für so manchen Hinweis aus meinem Bekannten- und Freundeskreis besonders bei Lesungen über die Stadtgeschichte von Singen gewesen.

Eine solche Dokumentation ist in der heutigen Zeit – großherzige Buchverleger sind eine große Seltenheit geworden – nur mit Hilfe von Sponsoren möglich. Für die mir gewährte Hilfe durch die Stadt Singen, die Krankenhausbetriebsgesellschaft Hegau-Bodensee-Kliniken-Singen, die Sparkasse Singen-Hegau-Bodensee, die Commerzbank Singen darf ich mich auf das Herzlichste bedanken.

Mein persönliches Motto „Sich nicht unterkriegen lassen“ wünsche ich der Stadt Singen und all ihren Einwohnern, vor allem auch allen Patienten, die auf das Krankenhaus in Singen angewiesen sind.

Burkhard Helpap

EINFÜHRUNG

Die Begriffe „Highlight“ und „Tatort“ sind im alltäglichen Sprachgebrauch fast zu einem geflügelten Wort geworden. Highlights und Tatorte schließen sowohl gute wie böse Ereignisse ein. Böse Highlights, besser Tatorte, sind fast immer mit kriminellen Handlungen verbunden. Glücklicherweise überwiegen in der Regel die positiven Highlights. Sie sind in Singen eng verknüpft mit der Entwicklung der Stadt im 20. Jahrhundert hinsichtlich des Einwohnerzuwachses, des Gesundheitswesens, der Stadtarchitektur, der Kultur und vor allem der Industrie. Es hat jedoch auch einige kriminelle Tatorte in Singen gegeben.

Der erste Mord in der Zeitspanne 1927 bis 2017 geschah 1927 noch im alten Krankenhaus. Es war der gewaltsame Tod von Sr. Oberin Hildebrand. Ein verwirrter Patient hatte sie mit einer Pistole im Refektorium während einer Dienstbesprechung mit ihren Mitschwestern niedergeschossen.

Der zweite kriminale Tatort im Terroristenjahr 1977 in der Stadt und im Krankenhaus, zum Glück ohne tödlichen Ausgang, ist augenblicklich wieder hochaktuell durch den Film über die Baader-Meinhof-Bande. Nach einer Verfolgungsjagd der RAF-Mitglieder Verena Becker und Günter Sonnenberg durch die Innenstadt vom Café Hanser über die Freiheitsstraße in die Nordstadt wurde der Polizist Anton Seeliger bei einer Schießerei schwer verletzt und im Singener Krankenhaus primär chirurgisch versorgt, was ihm das Leben rettete. Bei Anne Will hat er sich am 22.11.2009 in der ARD-Sendung „Anne Will“ am Sonntagabend erinnert.

Ein weiterer krimineller Tatort in der Stadt 1981 war der dreifache Mord in der Stadt vor einem Nachtlokal. Ein 30-jähriger Mann aus dem damaligen Jugoslawien erschoss aus nichtigem Grund drei junge deutsche Männer und verletzte einen vierten schwer.

Aus einem wiederum nichtigen Anlass geschah 1986 ein Tatortkrimi, wieder mit tödlichem Ausgang, an einem Sonntagmorgen. Ein in Frankreich gesuchter Schwerstverbrecher hatte sich zehn Jahre lang gut getarnt in der Südstadt versteckt. Ein banaler Anlass in einer Kneipe löste eine plötzliche Schießerei aus. Zwei Polizisten wurden schwer verletzt. Im Krankenhaus erfolgreich operiert, konnten sie später ihren Dienst wieder aufnehmen. Der französische Schütze wurde jedoch tödlich getroffen.

Fassungslosigkeit und Entsetzen löste die Entführung und Ermordung eines dreijährigen Kindes in der nächsten Umgebung von Singen 1988 aus, und auch die brutale Erdrosselung eines Paares in der Südstadt 1992. Dieser Fall konnte bislang nicht gelöst werden. Sehr rasch konnte jedoch der Täter in dem Mordfall 2009 an einer Busunternehmerin gefasst werden. Auch im jüngsten Überfall (Juni 2010) auf eine Taxifahrerin mit fast tödlichem Ausgang konnte der Täter im Brandenburgischen schnell gefasst werden.

Am 15. September 2010 wurden von der Polizei zwei mutmaßliche Einbrecher verhaftet, die im ganzen Kreis eine Serie (ca. 100) Einbrüche in Vereinsheimen, Schulen und anderen Einrichtungen begangen haben sollen. Das Auto der Täter sollte von einer Zivilstreife im Raum Singen überprüft werden. Die Täter flüchteten zunächst mit sehr hoher Geschwindigkeit, konnten dann in Friedingen von der Polizei gestellt werden. In den Wohnungen der 36 und 33 Jahre alten Männer wurde zahlreiches Diebesgut sowie Waffen, Rauschgift und Werkzeug gefunden.

Am 1. November 2010 wurde ein 65-jähriger Mann in der Nordstadt nahe des Ziegelei-Weihers brutal überfallen und krankenhausreif geschlagen. Er erlitt schwere Gesichtsverletzungen und musste in eine Spezialklinik eingeliefert werden. Deshalb führten am 5. November über hundert Polizeibeamte zahlreiche Hausdurchsuchungen in drei Landkreisen rund um den Bodensee bei Mitgliedern der Rockerbande „Black Jackets“ durch. Es wurden gefährliche Schlagwerkzeuge sowie geringe Mengen an Betäubungsmitteln sichergestellt. Die Gruppe hatte damals ihren Sitz im „Hotel Landerer“ in der Fichtestraße neben dem Weiher. Gegründet wurden die „Black Jackets“ 1985. Mittlerweile zählt die Gruppe im Südwesten rund 500 Mitglieder. Am 12. März 2011 löste ein Aufmarsch mit rund 60 Rockern der „Black Jackets“ einen Großeinsatz von Polizei, Zoll und Bundespolizei beim Herz-Jesu-Platz aus. Die Beamten stellten 13 Messer, einen Vorschlaghammer, ein Beil, vier Quarzhandschuhe, drei Teleskopschlagstöcke und eine 80 cm lange Eisenstange sicher. Polizeihubschrauber überwachten die Aktion aus der Luft.

Bei einer gemeinsamen Festnahmeaktion mit italienischen Ermittlungsbehörden aus Reggio di Calabria nahmen am 8. März 2011 Ermittler des Landeskriminalamtes im Landkreis (u. a. in Singen) insgesamt fünf italienische Staatsangehörige fest. Ihnen wird vorgeworfen, der kalabrischen Mafiaorganisation „’Ndrangheta“ anzugehören. Der Organisation werden u. a. Mord, Erpressung, Bestechung, Korruption, Geldwäsche, Waffenhandel und Drogengeschäfte zur Last gelegt.

Am 5. Januar 2013 wurde im Gewann „Martinsbühl“, in einem Waldstück der Südstadt, die Leiche einer 53-jährigen Frau gefunden. Die Frau wurde in der Nacht zum 29. Dezember 2012 getötet. Nachdem der 32-jährige Sohn des Opfers seine Mutter als vermisst gemeldet hatte, verstrickte er sich in Widersprüche und legte schließlich ein Geständnis ab. Gegen den Mann wurde Haftbefehl erlassen.

Am 15. Februar 2014 verübten drei Juwelenräuber mitten im Einkaufsgetümmel einen Überfall auf das Konstanzer Auktionshaus Bayer in der Scheffelstraße in Singen. Dabei erbeuteten sie Schmuck und Bargeld in unbekannter Höhe und machten sich anschließend mit einem auffälligen Porsche Panamera aus dem Staub. Trotz groß angelegter Fahndungsmaßnahmen gelang den Tätern die Flucht. Erst am 22. Februar gelang es der Kripo, einen der Flüchtigen in Büsingen zu verhaften. Seine beiden Komplizen blieben noch auf der Flucht. Nach vier Wochen der intensiven Suche gelang es der Polizei, einen weiteren Tatverdächtigen zu fassen. Ein 26-jähriger Berliner wurde in der Hauptstadt widerstandslos festgenommen.

Zehn Wochen nach dem spektakulären Raubüberfall auf ein Auktionshaus wurde am 29. April 2014 ein Juweliergeschäft in der Scheffelstraße ausgeraubt. Am Vormittag erbeutete ein bewaffneter Mann Schmuck in unbekanntem Gesamtwert und flüchtete zu Fuß Richtung Bahnhof. Einen Zusammenhang mit dem Raubüberfall auf ein Auktionshaus sah die Polizei nicht. Geprüft wurden aber Verknüpfungen mit einem Spielothek-Überfall am 25. April. Die Täterbeschreibung wies Parallelen auf, so die Polizei.

Der Freitod des Geschäftsführers der Wohnbau-Gesellschaft GVV vom Hegau Tower war ein suizidaler Tatort und ist ein weiteres GVV-Debakel. Bis zu 40 Millionen Euro hat der Bankrott die Stadt Singen gekostet. Die Finanzprobleme des Hegau Tower, die Vermietung des Gründerzentrums Sin Tec und der Um- und Ausbau des Kunsthallenareals sind finanzielle und planerische Kraftakte. Die Nacharbeitung dieser Umstände wird die Stadtpolitik weiterhin die nächsten Jahre beschäftigen.

Diese herausgegriffenen spektakulären Tatorte mit kriminellem Hintergrund in der Stadt Singen und im Krankenhaus sind schreckliche Ereignisse, die sich jedoch in der Häufigkeit nicht wesentlich von anderen Städten unterscheiden. Diese Form von Tatorten soll jedoch eine Art von Türöffnung zu den Tatorten mit positivem Hintergrund, d. h. den Highlights in Singen, sein, die typisch für die Entwicklung einer kleinen Stadtgemeinde und ihres Krankenhauses in gut 120 Jahren gewesen sind. Die unterschiedlichen Ereignisse in der Stadt und im Krankenhaus im Verlauf von mehr als zehn Jahrzehnten werden in ihrer ganzen Problematik exemplarisch geschildert. Denn während der bestandenen und zum Teil in der noch bestehenden Finanz- und Wirtschaftskrise, die die Stadt in all ihren Bereichen ohne Ausnahme schwer getroffen hat und hatte, kann sich kaum einer vorstellen, ohne fremde Hilfe spektakuläre Bauten wie eine Stadthalle, einen Hegau Tower oder ein Krankenhaus am Fuß eines Berges zu erstellen, geschweige denn, dieses auch zu unterhalten und weiter auszubauen. Dies trifft auch für die letzten Jahre zu, in denen sich die Wirtschaft und finanzielle Situation wieder gebessert haben.

GESCHICHTE UND GESCHICHTEN

Die Stadtgeschichte von Singen ist kurz, die der Siedlung an Aach und Hohentwiel aber alt, wie neueste Ausgrabungen um den Hohentwiel herum gezeigt haben (Abb. 1). Das Krankenhaus unten am Hohentwiel ist eng mit der jüngeren Stadtgeschichte verbunden, ja Stadt und Krankenhaus haben neben der Großindustrie die Bürger in Singen durch ihre Geschichte und Geschichten sehr geprägt.

Es geht nur um einen winzigen Zeitabschnitt, nämlich um die letzten 120 Jahre. Aber diese Jahre haben es in sich: die Zeit während und nach dem Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, das kurze „Tausendjährige Reich“ mit dem noch schrecklicheren Zweiten Weltkrieg, die Nachkriegszeit, d. h. die 1950er- und 1960er-Jahre, und die Jahre 1980 bis 2010. 75 Jahre Zeitgeschichte ohne die Gnade der späten Geburt habe ich miterlebt und 25 Jahre in Singen mitgestaltet. Meine Erinnerungen fangen jedoch erst an klar zu werden mit dem Bombenterror ab 1943 in meiner früheren Heimatstadt Bremerhaven. Singen hat zum Glück ein Flächenbombardement wie andere Städte in Deutschland nicht erlebt, das Krankenhaus blieb gänzlich verschont. Die Veränderungen am Baukörper sind daher natürlich gewachsen und nicht gewaltsam bedingt.

Der Anfang des Krankenhauses unter dem Hohentwiel, d. h. der Bau innen wie außen, ist exemplarisch im Buch „Das neue Krankenhaus der Stadt Singen-Hohentwiel“ von Dr. Edmund Kaufmann, Bürgermeister, mit einem Vorwort von Professor Dr. h. c. Hermann Billing, dem Architekten, und einem Beitrag von Chefarzt Privatdozent Dr. Rudolf Andler geschildert und nachzulesen in den wenigen Exemplaren, die es noch gibt.

Abb. 1a. Grundriss der Gerichtsbarkeit und Bann zum Flecken Singen (1709) von Johann Jakob Heber

Abb. 1b Hohentwiel Burgruine

Abb. 1c Burgruine mit Teil der Rotunde

In einer Ehrenurkunde als Schlussstein für alle Zeiten sind im Krankenhauseingang eingehauen in Marmor die Namen derjenigen, die sich um die Entstehung des Krankenhauses verdient gemacht haben:

„Dieses Haus wurde in den Jahren 1926 bis 1928 erbaut von der Stadtgemeinde Singen-Hohentwiel, gestützt auf den Opferwillen und den sozialen Geist der Bevölkerung, als Dr. Edmund Kaufmann, Bürgermeister und Julius Auer, Peter Ehinger, Joseph Frank, Ludwig Graf, Dr. Fritz Harzendorf, August Holzer, Jakob Kahn, Rudolf Kroll, August Maier, Franz Mattes, Vinzenz Menrad, Joseph Sanberger, Heinrich Schäfers, Adolf Schüele, Stefan Speck, Georg Tränkle, Otto Waibel Gemeinderäte und Jakob Spengler Stadtbaumeister waren. Der Architekt des Hauses war Prof. Dr. h. c. Hermann Billing. Möge Gottes Segen allzeit auf dem Hause ruhn“ (Abb. 2).

Abb. 2 Gedenktafel neues Krankenhaus

1895–1925

Wie und warum kam es zum ersten Neubau eines Krankenhauses in Singen?

Am 11. Juli 1895 wurde in Singen, das damals aus dem Ober-, Unter-, Neu- und Außendorf sowie der Bleiche und der Kosakenburg bestand und das 1899 vom Großherzog von Baden zur Stadtgemeinde erhoben wurde, mit einem Kostenaufwand von 83 300 Goldmark in der Erzbergerstraße (heutiges Amtsgericht) ein allgemeines Krankenhaus mit 25 Betten für 2 517 Singener Einwohner erstellt, d. h., auf 100 Bürger kam ein Krankenhausbett (Abb. 3). Das Krankenhaus wurde als Musterbau bezeichnet, man war ungemein stolz auf diese Errungenschaft und glaubte auf Jahre hinaus allen Anforderungen hinsichtlich der Krankenversorgung Genüge getan zu haben. Als erster Neubau in Singen hatte das Krankenhaus elektrisches Licht. Erst im Dezember des Jahres wurde ganz Singen elektrifiziert. Außerdem zog das Telefon in die Stadt ein. Der Friseur Helf am Hohgarten hatte als erster Singener eine Telefonverbindung zum Hohentwiel. Dazu eine kleine Anekdote, berichtet vom heutigen Friseur Werner Helf (2009): Damals stand fast die ganze Gemeinde Singen Schlange beim Friseur Helf, um das neue Telefon zu bewundern, darunter auch ein älterer Herr, der, nachdem er eine männliche Stimme vom Hohentwiel durch das Telefon gehört hatte, den Kopf schüttelte und meinte, das müsse ja eine lange Röhre vom Berg zum Tal sein, wie sollte es sonst angehen, dass er eine Stimme vom Hohentwiel höre?

Im damaligen Kaiserreich indessen explodierte die industrielle Entwicklung. In Singen wurden die Maggi- und die Fittingfabrik Georg Fischer gegründet. Zudem war Singen in den 1860er-Jahren ein Eisenbahnknotenpunkt. Der Finanzmarkt wurde durch die Gründung der Sparkasse 1895 gestützt. Die Bevölkerung nahm rasant zu. Das Krankenhaus reichte vorn und hinten nicht. Die sanitären und Kücheneinrichtungen waren mangelhaft, die Krankensäle waren überbelegt, auch zusätzliche Lazarett- und Barackenanbauten reichten nicht. Es gab nur eine Toilette für das gesamte Haus. 1910 verfügte das Krankenhaus über 50 Betten. Der Vorschlag an beide Großfirmen, ein eigenes Krankenhaus zu errichten, wurde abgelehnt. 1907 schlug der damalige leitende Arzt, Dr. Heinrich Wieland, Alarm und forderte eine Vergrößerung des Krankenhauses auf 78–84 Betten, das würde für die nächsten 15 bis 20 Jahre reichen. Singen hatte damals eine Bevölkerung von 6 000. Aber es waren keine Mittel vorhanden. Erst mussten mal die Kanalisation von Singen auf Vordermann gebracht und neue Straßen gebaut werden. Die Säle wurden noch stärker belegt, unter heute unvorstellbaren hygienischen Bedingungen. 1912 wurde erneut über eine Erweiterung des Krankenhauses, aber auch bereits über einen Neubau diskutiert. Zu teure Grundstücke, der ausbrechende Erste Weltkrieg und die katastrophalen Nachkriegsverhältnisse führten zu keiner Besserung. 1914 wurde im Krankenhaus ein Kriegslazarett eingerichtet. Es kamen jedoch so viele Kriegsverletzte nach Singen, dass zusätzlich ein Reservelazarett hinter dem heutigen Hegau-Gymnasium eingerichtet wurde, aber auch verletzte Soldaten privat versorgt wurden. Das Lazarett wurde später auf zwölf Baracken erweitert. Während dieser Zeit, das heißt in den Jahren 1917/1918, operierte zudem der bekannte Chirurg Professor Ferdinand Sauerbruch im Singener Krankenhaus und konstruierte mit dem orthopädischen Mechanikermeister Martin Schechtl aus der Erzbergerstraße seine berühmte Armprothese (künstlicher Arm), die vielen Kriegsversehrten angepasst wurde.

Abb. 3 Das alte (erste) Krankenhaus in Singen, späteres Amtsgericht

DIE BÜRGER- UND OBERBÜRGERMEISTER DER STADT SINGEN UNDDAS NEUE KRANKENHAUS

Abb. 4 Bürgermeister Thorbecke

Schon 1915 verfasste Bürgermeister Paul Thorbecke (1912–1919) (Abb. 4) eine Denkschrift über die katastrophalen Verhältnisse im Krankenhaus und schlug einen Neubau für insgesamt 100 Betten vor. Die Grundstückspreise am Krankenhausareal waren aber zu hoch. Der Plan scheiterte. 1922 – die Zahl der Einwohner hatte weiter auf ca. 10 000 zugenommen, die letzten Singener waren aus englischer und französischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt – wurde durch den Gemeinderat dem Bürgermeister der Auftrag erteilt, schnelle Verhandlungen zwecks Erwerb von Grundstücken zum Neubau eines Krankenhauses einzuleiten. Im Bereich Posthalterswäldle wurde mit dem württembergischen Fiskus verhandelt. Unüberwindliche Schwierigkeiten ließen den Deal platzen. Schon damals bestanden also ähnliche Schwierigkeiten wie bei der späteren Eingliederung des Hohentwiel in die Gemarkung Singen. Zur großen Überraschung wurde dann festgestellt, dass das Gelände am Fuße des Hohentwiel bestens geeignet sei, vom Klima, von der Bodenbeschaffung und vom geforderten Grundstückspreis der kooperierenden Bauern.

1925, als die Scheffelhalle geplant und gebaut wurde, war die Grundstücksfrage geklärt. Ein Wettbewerb wurde unter den in Baden ansässigen Architekten ausgeschrieben. Prof. Billing aus Karlsruhe gewann den 2. Preis. Sein Entwurf gefiel den verantwortlichen Gemeinderäten inklusive Bürgermeister am besten (Abb. 5). Beratend standen der Stadt Prof. Dr. Karl Schachner aus München und Prof. Dr. Ferdinand Sauerbruch, jetzt aus Berlin, zur Seite. Zunächst war ein Neubau für 124 Betten zuzüglich acht Betten für die Isolierabteilung mit der Erweiterungsmöglichkeit auf 215 Betten geplant. Folgende Abteilungen waren vorgesehen und wurden auch erstellt und eingerichtet (Abb. 6, 7, 8, 9):

Abb. 5 Bauskizze des Neuen Krankenhauses unter dem Hohentwiel Turm mit Beziehung zum Augusta Rondell der Burganlage

Abb. 6 Blick vom Hohentwiel auf das Neue Krankenhaus und auf die Industrieanlagen der aufstrebenden Stadt Singen

Abb. 7 Operationssaal im neuen Krankenhaus

Abb. 8 Zentralküche im Krankenhaus 1928

Abb. 9 Histologisches Labor im Institut für Pathologie 1980

Klinikbau

  1. Chirurgische Abteilung für Männer und Frauen
  2. Medizinische Abteilung für Männer und Frauen
  3. Wöchnerinnenheim
  4. Kinderabteilung
  5. Lungenkranken-Abteilung
  6. Isolierabteilung für Infektiöse (getrennter Bau)

Wirtschaftsbau

  1. Waschküche
  2. Kochküche
  3. Zentralheizung
  4. Wohnräume für Personal

Leichenhaus

Autogaragen

Desinfektionsanlage

Wohnhaus für den Direktor

1926–1933

Abb. 5