Cover_ePub_groe_er_atempo_03_2020.jpg

1 – über a tempo

a tempo - Das Lebensmagazin

a tempo Das Lebensmagazin ist ein Magazin für das Leben mit der Zeit. Es weckt Aufmerksamkeit für die Momente und feinen Unterschiede, die unsere Zeit erlebenswert machen.

a tempo bringt neben Artikels rund um Bücher und Kultur Essays, Reportagen und Interviews über und mit Menschen, die ihre Lebenszeit nicht nur verbringen, sondern gestalten möchten. Die Zusammenarbeit mit guten Fotografen unterstützt hierbei den Stil des Magazins. Daher werden für die Schwerpunktstrecken Reportage und Interview auch stets individuelle Fotostrecken gemacht.

Der Name a tempo hat nicht nur einen musikalischen Bezug («a tempo», ital. für «zum Tempo zurück», ist eine Spielanweisung in der Musik, die besagt, dass ein vorher erfolgter Tempowechsel wieder aufgehoben und zum vorherigen Tempo zurückgekehrt wird), sondern deutet auch darauf hin, dass jeder Mensch sein eigenes Tempo, seine eigene Geschwindigkeit, seinen eigenen Rhythmus besitzt – und immer wieder finden muss.

2 – inhalt

1 – über a tempo

2 – inhalt

3 – editorial Wasser des Lebens von Jean-Claude Lin

4 – im gespräch Leben in vergänglicher Zeit. Heiter melancholisch Thomas Verbogt im Gespräch mit Jean-Claude Lin

5 – augenblicke Unser täglich Wasser … von Doris Kleinau-Metzler

6 – verweile doch ... Verstand verloren von Brigitte Werner

7 – erlesen Einladung zum «Erschreiben» des Lebens von Ulrich Meier

8 – thema 100 Jahre Anthroposophische Medizin von Markus Sommer

9 – mensch & kosmos Die ganze Seele am Frühlingsmorgen von Wolfgang Held

10 – das gedicht Hölderlin 3 / 12

11 – kalendarium März 2020 von Jean-Claude Lin

12 – der himmel auf erden Blitzblau von Christa Ludwig

13 – erfinder & visionäre Josephine Cochrane Damit nichts zu Bruch geht von Daniel Seex und Wolfgang Held

14 – kindersprechstunde Äußere Anwendungen von Dr. med. Karin Michael

15 – warum ich ohne kafka nicht leben kann Gefahr und Rettung von Elisabeth Weller

16 – sehenswert Funkstille in den USA von Christian Hillengaß

17 – aufgeschlagen Der Outlaw von Nancy Vo

18 – wundersame zusammenhänge Nie wieder «Hölterlein» von Albert Vinzens

19 – literaratur für junge leser Das Wunderreich von Nirgendwo von Ross MacKenzie, gelesen von Simone Lambert

20 – mein buntes atelier Schneckenträume von Daniela Drescher

21 – kulturtipp Gerne auf dem Holzweg vom Claus-Peter Lieckfeld

22 – weiterkommen Mit der Wirksamkeit einer kleinen Gedankenübung von Ruth Ewertowski

23 – soduku & preisrätsel

24 –tierisch gut Gender wirkt! Mehr als der kleine Unterschied von Renée Herrnkind

25 –suchen & finden

26 –ad hoc Von Beethoven über Mozart zu Kirchner von Jean-Claude Lin

27 –bücher des monats & werbeanzeigen

28 – impressum

3 – editorial

wasser des lebens

Liebe Leserin, lieber Leser!

Wenn wir jemandem etwas Wichtiges mitteilen möchten, wünschen wir uns die volle Aufmerksamkeit. Derjenige, dem die Mitteilung gilt, möge nichts anderes tun, als uns zuzuhören. Alles andere ist Ablenkung oder gar Geringschätzung uns und dem Mitgeteilten gegenüber. Aber – wie so oft im wirklichen Leben – es gibt Ausnahmen von dieser Regel zwischenmenschlichen Verhaltens: wenn das Mitzuteilende so tief und existenziell ist, dass wir es kaum zu fassen bekommen, weil es so viel größer ist, als wir selbst es in diesem Moment sind. Dann ist uns eine gewisse Ablenkung gerade recht. Ziemlich am Anfang des Romans Wenn der Winter vorbei ist von Thomas Verbogt gibt es eine solche wunderbar keusch beschriebene Szene. Da macht sich der etwa neunjährige, nachdenkliche Thomas Gedanken darüber, wie es möglich ist, mit jemandem befreundet zu sein, den man nur selten sehen kann. Aber auf das gegenseitige Sich-Sehen, kommt es gar nicht an, stellt er fest, sondern darauf, «dass jemand in uns steckt». Der Erzähler im Roman versetzt sich in die Zeit seiner Kindheit zurück und erzählt uns weiter: «Mein Vater hat neulich gesagt, dass Gott in uns steckt, dass es Gott gibt, wenn wir daran glauben, ja dass Gott vielleicht nur eine Geschichte ist, die wir uns ausgedacht haben, aber dass auch Geschichten wahr sind. Ich verstehe ansatzweise, was er damit meint, ohne es erklären zu können.

Ich habe zurückgefragt, ob auch ein Mensch in einem stecken kann.

‹Ja›, meinte er. ‹Wenn man jemanden sehr liebt.›

Er sah mich an und merkte, dass ich mich wegen der großen Worte etwas hilflos umschaute.

‹Und das beginnt damit, dass man an jemanden glaubt.›

‹So wie an Gott?›

‹So wie an Gott.›

Als ich später mit Becky den Abwasch machte – sie spülte und ich trocknete ab –, sagte ich zu ihr: ‹Ich glaube an dich.›»

Hier spüren wir mit dem jungen Thomas, wie er ohne die gegebene Ablenkung des Spülens und Abtrocknens dieses Liebesbekenntnis nicht über seine Lippen hätte bringen können. Unser täglich Wasser brauchen wir zum Trinken und Spülen, zum Leben. Aber auch solche Geschichten braucht die Seele zu ihrem ganz eigenen Leben, ohne die sie verdorren und eingehen würde. Unsere Geschichtenerzähler, wie eben Thomas Verbogt einer ist, sind wunderbare Wasserträger. Sie reichen uns auch vom Wasser des Lebens.

Mögen wir dieses existenzielle Glück erleben, von diesem Wasser, wann immer uns danach dürstet, empfangen zu können!

Von Herzen grüßt Sie

Ihr

Jean-Claude Lin

4 – im gespräch