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Markus Michel

Endstation
Alpenparadies

Roman

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Impressum

© 2019 Münster Verlag GmbH, Basel

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlag und Satz:

Stephan Cuber, diaphan gestaltung, Liebefeld

Umschlagsbild:

Huguette Chauveau

Autorenfoto:

Sebastian Michel

Lektorat:

Manu Gehriger

Druck und Einband:

CPI books GmbH, Ulm

Verwendete Schriften:

Adobe Garamond Pro, Artegra Sans

Papier:

Umschlag, 135g/m2, Bilderdruck glänzend, holzfrei; Inhalt, 90g/m2, Werkdruck bläulichweiss, 1,75-fach, holzfrei

www.muensterverlag.ch

Inhalt

– Kapitel 1 –

– Kapitel 2 –

– Kapitel 3 –

– Kapitel 4 –

– Kapitel 5 –

– Kapitel 6 –

– Kapitel 7 –

– Kapitel 8 –

– Kapitel 9 –

– Kapitel 10 –

– Kapitel 11 –

– Kapitel 12 –

– Kapitel 13 –

– Kapitel 14 –

– Kapitel 15 –

– Kapitel 16 –

– Kapitel 17 –

– Kapitel 18 –

– Kapitel 19 –

– Kapitel 20 –

– Kapitel 21 –

– Kapitel 22 –

– Kapitel 23 –

– Kapitel 24 –

– Kapitel 25 –

– Kapitel 26 –

– Kapitel 27 –

– Kapitel 28 –

– Kapitel 29 –

– Kapitel 30 –

– Kapitel 31 –

– Kapitel 32 –

– Kapitel 33 –

– Kapitel 34 –

– Kapitel 35 –

– Kapitel 36 –

– Kapitel 37 –

– Kapitel 38 –

– Kapitel 39 –

– Kapitel 40 –

– Kapitel 41 –

– Kapitel 42 –

– Kapitel 43 –

– Kapitel 44 –

– Kapitel 45 –

– Kapitel 46 –

– Kapitel 47 –

– Kapitel 48 –

– Kapitel 49 –

– Kapitel 50 –

– Kapitel 51 –

– Kapitel 52 –

– Kapitel 53 –

– Kapitel 54 –

– Kapitel 55 –

– Kapitel 56 –

– Kapitel 57 –

– Kapitel 58 –

– Kapitel 59 –

– Kapitel 60 –

– Kapitel 61 –

– Kapitel 62 –

– Kapitel 63 –

– Kapitel 64 –

– Kapitel 65 –

– Kapitel 66 –

– Kapitel 67 –

– Kapitel 68 –

– Kapitel 69 –

– Kapitel 70 –

– Kapitel 71 –

– Kapitel 72 –

– Kapitel 73 –

– Kapitel 74 –

– Kapitel 75 –

– Kapitel 76 –

– Kapitel 77 –

– Kapitel 78 –

– Kapitel 79 –

– Kapitel 80 –

– Kapitel 81 –

– Kapitel 82 –

– Kapitel 83 –

– Kapitel 84 –

– Kapitel 85 –

Über den Autor

– 1 –

Wieder starrt er in den Hof zum Haus gegenüber. Im Fenster auf gleicher Höhe seines Büros drei Köpfe. Vollständig kahl, grau, jeder Mund eine Grimasse, die Wangen eingefallen, drei Köpfe, Greisenköpfe, jeder auf einen dünnen Stab gespießt. Eine Gänsehaut läuft Max Berger über den Rücken. Hässliche Puppenköpfe. Es sind bloß Puppenköpfe. Dennoch starrt er wie gebannt.

Kurz nach achtzehn Uhr verlässt er das Büro.

Max schaut bestürzt seine Schuhe an, wischt so gut als möglich die Sohle an der Bordkante ab, hinterlässt eine stinkende, braune Fußspur. Er verschwindet im Eingang zur Metro.

Die Frau im Abteil gegenüber spricht auf ihre Sitznachbarin ein. Max stutzt, spitzt die Ohren. Alpenparadies Dolce Vita.

Plötzlich merkt er, dass er in der falschen Metro sitzt. Das ist ihm seit über dreißig Jahren noch nie passiert! Und alles nur wegen eines Hundedrecks!

Max steht schnell auf. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als zurückzufahren. Er zwängt sich durch die Menge zur Tür. Eine Treppe hoch, durch einen Korridor, kleine Treppe hinunter, Korridor, Treppe hoch, Korridor … Klänge eines Akkordeons … Korridor, ein paar Stufen hinunter, Korridor, ein Blinder mit Akkordeon, Treppe hoch, Korridor, Treppe hoch …

Straßenlärm, Benzinschwaden. Max hebt verwundert den Blick. Er steht tatsächlich auf der Straße, hat, anstatt umzusteigen, den Ausgang erwischt!

Das Gespräch der zwei Frauen. Unsinn! Was ginge es ihn an!

Grübelnd geht er vorwärts, an der Blumenverkäuferin vorbei, stößt beinahe einen Kübel mit Rosen um. Gut, die Bevölkerung Europas wird immer älter, das ist nicht zu leugnen. Trotzdem. Es lohnt sich nicht, weitere Gedanken daran … Alpenparadies! Jetzt erst merkt er, dass er vor der Comédie-Française steht. Er ist schon eine Ewigkeit nicht mehr hier gewesen. Als Stagiaire hatte er sich manchmal in die lange Schlange vor der Kasse eingereiht. Eigentlich hatte er nur ein Jahr in Paris bleiben wollen, um seine Französischkenntnisse zu verbessern. Seither nennt er sich «Bersche». Ein Jahr; und wie’s so geht … Später besuchte er mit seiner Frau ein paar Vorstellungen im «Français», natürlich auf besseren Plätzen. Das ist schon so weit weg.

Er biegt in die Avenue de l’Opéra. Straßenlärm, Benzinschwaden. Max muss sich an einer der Straßenlaternen festhalten. Nichts anmerken lassen. Es kommt nur darauf an, einen Schritt vor den andern zu setzen, nur weitergehen, weitergehen. Und es geht. Das leichte Schwindelgefühl ist verschwunden. Die nächste Straßenlaterne taucht auf. Dazu da, den Glanz der Lichterstadt im Kutschenzeitalter vorzugaukeln. Und plötzlich packt ihn eine wilde Lust, der Laterne einen Tritt zu versetzen, dieser Laterne! Von der gegenüberliegenden Straßenseite schaut ein Polizist zu ihm herüber. Der Polizist wendet seinen Blick nicht ab! Max dreht sich langsam um, geht zurück, wird immer schneller, muss sich zurückhalten, um nicht zu rennen.

Eine wohltuende Stille. Nur ein fernes Rauschen unter dem Gurren der Tauben. Max bleibt stehen, atmet tief durch. Der Garten des Palais Royal ist menschenleer. Die Mütter sind mit ihren Kindern, die in den Sandkasten spielten, nach Hause gegangen. Nur eine alte Frau sitzt auf einem wackeligen Stuhl, eine Serviette auf den Knien, und isst ihr Abendbrot. Um sie herum flattern und trippeln unzählige Tauben und Spatzen.

Diese Alte … Das ist doch der beste Beweis, dass es nur dummes Geschwätz ist, was die beiden Frauen in der Metro erzählten.

Max wirft einen Blick auf die Armbanduhr. O je! Claire wartet sicher schon mit dem Essen auf ihn.

– 2 –

Max Berger trinkt schnell einen kleinen Schluck vom roten Tischwein. Jedenfalls würde er Claire nicht erzählen, was er in der Metro gehört hat. Keinen Zweck. Die Bergers schweigen sich an, wie immer beim Essen.

Max schneidet wie immer einen Streifen von seinem Steak, schneidet den Streifen entzwei, steckt eine Hälfte in den Mund, kaut, schiebt ein paar Pommes frites nach, kaut. Immer wieder Pommes frites. Richtig fantasielos. Er trinkt einen kleinen Schluck vom roten Tischwein. Er hat beinahe die Hälfte des Steaks und der Pommes frites gegessen, als seine Frau unvermittelt das Schweigen bricht. Im ersten Stock würden neue Mieter einziehen. Zuerst habe man den alten Herrn nicht mehr gesehen, dann sei auch die alte Dame verschwunden, und jetzt würden bereits neue Mieter einziehen.

Was ginge sie das an! Muss man deshalb mitten im Essen …?!

Seine Frau schaut ihn an. Das merkt er, ohne den Blick zu heben. Er lässt die Hälfte des Steaks und der Pommes frites stehen.

Er liegt mit offenen Augen im Bett. Eine Polizeisirene schrillt durch die Nacht. Dreißig Jahre Buchhalter, erledigt gewissenhaft seine Arbeit, oft geht er sogar samstags hin, manchmal auch sonntags für ein paar Stunden.

Schritte im Treppenhaus. Die Schritte steigen hoch.

Und wenn es stimmen würde, was er in der Metro gehört hat?

Die Schritte steigen höher. Nichts mehr zu hören.

Sie kommen wieder herunter.

Die Schritte verstummen vor seiner Wohnungstür. Max starrt ins Dunkel des Schlafzimmers.

Unsinn! Alles Unsinn! Und alles nur wegen eines Hundedrecks! Sonst hätte er nie diese Metro genommen.

Die Schritte tappen weiter die Treppe hinunter. Dann ist es still.

Seine Frau neben ihm atmet ruhig und tief. Die hat natürlich ihre Wachskugeln in den Ohren! Soll er sie wecken! Er hat ja gar keinen plausiblen Grund.

Er ist hellwach. Wenn das, was die beiden Frauen erzählt haben, zutreffen würde, wie könnten sie in der Metro davon sprechen, als wäre es das Normalste der Welt!

Alpenparadies … Man ist doch kein Tier! Gut, irgendwie muss man die Überalterung in den Griff … Eine europäische Lösung drängt sich auf. Alpenparadies Dolce Vita … Irgendwo in der Schweiz. In den Bergen. Und erst dieser Test … Er ist noch nicht alt. Das leichte Schwindelgefühl heute Abend auf der Straße hat weiter nichts zu bedeuten, übrigens das erste Mal, ganz abgesehen davon leiden darunter Jüngere als er.

– 3 –

Max steht auf, zieht sich leise an, schleicht mit angehaltenem Atem aus der Wohnung. Erst auf der Straße wagt er normal zu gehen, normal zu atmen. Ein kühler Wind streicht durch die Äste der Bäume, treibt die Blätter über den Gehsteig. Etwas später steigt er die Treppen der Metrostation Villiers hinunter. Der Bahnsteig wie ausgestorben. Mitternacht ja schon vorbei. Ein Summen. Das Summen wird lauter. Gegenüber fährt eine Metro ein, fährt gleich darauf weiter. Ein paar Menschen verlassen den Bahnsteig. Max kratzt mit dem Nagel des Zeigefingers über die Kuppe des Daumens.

Er bemerkt ihn erst, als er direkt auf ihn zukommt. Der Mann mit Dreitagebart, brauner Lederjacke, auf dem Kopf eine Schiebermütze, hinter der die Haare leicht gelockt hervor wuchern, der Mann hat ihn ins Auge gefasst. Zu spät! Max kann nicht mehr ausweichen.

Dicht vor ihm bleibt der Mann stehen, fragt leise nach der Uhrzeit. Max versteht nicht, schaut nur verstört. Der Mann verneigt sich leicht und verschwindet im Korridor mit der Tafel «Ausgang».

«Reiß dich zusammen», befiehlt sich Max selbst. «Ein Mann in deinem Alter kann sich doch nicht einfach wegen eines Hirngespinsts aus der Bahn werfen lassen.»

Er steigt wie immer in «Sentier» aus. Er hat ganz zwangsläufig seinen Arbeitsweg gewählt. Kein Mensch zu sehen. Aus Pappschachteln am Straßenrand quellen bunte Stoffreste. Vor dem Hofeingang zu seiner Firma bleibt er kurz stehen, hastet weiter.

Beim Seitenausgang des Grand Rex bleibt er wieder stehen, ohne zu wissen, wer der Held ist, der überdimensional von der gemalten Kinoreklame auf ihn herunterschaut, er nimmt ihn gar nicht richtig wahr. Max geht zurück, biegt ab, erreicht nach ein paar Schritten den Place du Caire. Kairo … Vom Morgenland ist selbst in der Nacht nicht viel zu sehen. Trotz Sphinx, Hieroglyphen und Lotosblumen im Schein der Straßenlampen. An der Fassade von Nummer 2. Und reiner Zufall, dass sein Blick darauf fällt. Bereits vorbei, besinnt er sich. Wieder umkehren? Nein. Bereits vorbei. Leise lächelt er in sich hinein.

Hier war im Mittelalter ein Cour des Miracles, ein Hof der Wunder gewesen, hier ereignete sich jeden Tag neu das Wunder. Max erinnert sich, dies in seinem Reiseführer gelesen zu haben, der damals, während seines Praktikantenjahrs, sein treuer Kompagnon in den Straßen von Paris gewesen war. Jeden Morgen verließen Scharen von Krüppeln, von Blinden, Versehrten jeglicher Art den Hof, um in der Stadt zu betteln. Jeden Abend strömten sie zurück, warfen ihre Krücken, warfen ihre Binden, warfen ihre Holzbeine weg, soffen, schlemmten, feierten Orgien die ganze Nacht. Und das war das große Wunder! Da lohnte es sich, einer Heiligen eine Kerze anzuzünden. Ganze Schafe, Schweine und Rinder wurden am offenen Feuer gebraten, der Wein wurde fassweise angerollt und einmal angestochen, der Hahn nicht mehr zugedreht. Tausende von gut organisierten Landstreichern, Bettlern und kleinen Ganoven hatten hier ihren Unterschlupf, ihr Reservat, ihr Paradies. Sie wählten sogar ihren eigenen König. Die Polizei wagte sich nicht in das Gewirr der Gässchen, Passagen, Sackgassen, ein Labyrinth, das sehr leicht zu verteidigen und dessen Zentrum der stinkende, schlammige Hof war.

Träum nicht von der guten alten Zeit; einem Generalleutnant der Polizei gelang es schließlich, sie aus ihrem Bau zu verjagen, sie zu massakrieren, und wer noch nicht tot war, wurde gefoltert, bis er krepierte und die Zuschauer vor Freude und Grauen jauchzten.

Das Gewirr der Gässchen, Passagen, Sackgassen ist längst verschwunden, einfach abgerissen, wegrasiert, es entstanden andere Straßen, Passagen, mit Glasdach überdeckte Galerien, in denen sich, wie im ganzen Viertel von «Sentier», der Stoffgroßhandel niedergelassen hat.

Krüppel, Blinde, Versehrte jeglicher Art sind geblieben, geht Max durch den Kopf. Nur das große Wunder bleibt aus.

Er tritt durch das halboffene Gittertor in die um diese Zeit düstere Galerie du Caire, hat bereits die Hälfte der Passage hinter sich, als er erstaunt feststellt, in welch dunklen Gang er geraten ist. Glas. Auf beiden Seiten und über ihm. Glasscheiben. Er schaut zurück, späht vorwärts in die unbeleuchtete Galerie. Als er endlich den Ausgang, eine helle Scheibe am Ende des Tunnels, wahrnimmt, beschleunigt er seine Schritte. Das Gittertor ist geschlossen. Das Gefühl beschleicht ihn, in eine Falle geraten zu sein. Trotzdem nähert er sich, wenn auch langsamer. Das Tor lässt sich ohne Mühe aufstoßen. Max stolpert erleichtert hinaus auf einen kleinen Platz mit Bäumen. Zwischen den Schornsteinen ein zerbeulter Mond.

Die Gegend um Strasbourg St-Denis gilt nicht umsonst als verrufen, besonders in der Nacht. Das ist kein Hirngespinst. Selbst all die heiligen Straßennamen könnten nicht helfen.

Er geht weiter durch die enge Rue St-Foy mit ihren schiefen Häusern.

Plötzlich steht Max in einer Straße, in der für diese frühe Stunde noch außergewöhnlich viel Betrieb herrscht. Eine Autoschlange schleicht vorwärts, auf beiden Seiten strömen Menschen über den Gehsteig, hauptsächlich Männer. Die Damen lehnen sich an die Hauswände, stehen in schmalen Hoteleingängen Spalier, sitzen auf geparkten Autos und lassen lange Beine pendeln, tragen bis zu den Hüften aufgeschlitzte Röcke, hüllen sich nur in einen Pelz.

Und wie sie ihn locken, ihm zuflüstern! Er wechselt rasch die Straßenseite. An der nächsten Ecke streicht er um eine große Bar Tabac, linst so unauffällig wie möglich hinein. An der Theke drängt sich ein Volk von Nachtbummlern, Zuhältern, Huren.

Max biegt in die stille Rue St-Sauveur ein. Ein Mann stiefelt auf und ab. Als dieser Max erblickt, gibt er ein Zeichen. Was hat dies zu bedeuten? Max beschleicht erneut ein ungutes Gefühl.

Hinter einem geparkten Auto taucht eine Frau auf, zieht etwas unter dem Rock hoch. Max schaut erst in einiger Entfernung zurück. Das Paar ist verschwunden. Die Straße wird enger, eine düstere, mittelalterliche Dorfgasse. Hier liegt alles in tiefstem Schlaf! Nur eine einzige Heilige steht in der Ecke, eine Echte, aus Gips, in der Nische auf Höhe des ersten Stocks über einem geschlossenen Restaurant. «Plat du jour: Fricassée de poulet». Mit Kreide auf die Frontscheibe geschrieben.

Der traurige Gefährte, der alte Kumpel der Melancholie, der gute Gesell, eben noch mit einer Beule im Himmel oben, ist nicht mehr zu sehen.

Und was hat er, Max Berger, hier mitten in der Nacht verloren? Er kommt sich vor wie ein richtiger alter Knacker mit einem richtigen Knall, wie sie zu Tausenden durch Paris wandeln.

Es fing damit an, dass er in der falschen Metro saß. Aber er ist noch jung, jünger als viele andere! Da haben die paar weißen und die grauen Haare nichts zu bedeuten.

Am Straßenrand ein Peugeot, die rechte Vordertür weit offen. Niemand darin. Max schaut verwundert. Er hört ein sich näherndes Motorengeräusch. In seinen Augenwinkeln sieht er einen Kastenwagen der Polizei heranfahren. Es ist besser, wenn er von hier verschwindet. Zu spät! Zwei Polizisten springen auf die Straße.

– 4 –

Ein fernes Rauschen. Wie konnte ihm das nur passieren! Seit über dreißig Jahren erledigt er gewissenhaft …

Max steht am Fenster in seinem Büro. Er trägt ein hellblaues Hemd, wer hätte sagen können, ob ein anderes Kleidungsstück während einer Wäsche nicht leicht abgefärbt hat, ein Hauch von hellblau, ferne Ahnung von Himmel, am Kragen ein dunkler Tupfen.

Ja, er wurde gestern in der Nacht von der Polizei angehalten. Die benahmen sich ganz korrekt, schließlich war nicht auszuschließen, dass er das Auto … Und so spät durch die Straßen! Strasbourg St-Denis. Das Viertel bekannt. Zwar sein Arbeitsort in der Nähe. Am Tag ist das etwas anderes. Eine andere Welt. Er hat sich bisher nicht umsonst gehütet, nachts hierher zu kommen.

Vielleicht hätte er die Autotür schnell schließen sollen. Wenn sie es gesehen hätten, wäre der Verdacht erst recht auf ihn …

Die Polizisten befahlen ihm, die Hände hochzunehmen. Einer kam näher, Max wurde abgetastet, musste mit in den Kastenwagen der Polizei, das war ihm noch nie passiert, zum Glück kein Mensch weit und breit, er hätte gleich alles zugegeben, alles, was von ihm verlangt worden wäre, ein kalter Schweiß unter seinem Hemd. Nein, vielleicht hätte er sie sogar hinters Licht geführt. Gab ja leider nichts. Er wurde aufgefordert, die Taschen zu leeren. Sie prüften wortlos seinen Ausweis. Ließen ihn laufen, ohne ein Wort der Entschuldigung. Zum Glück kein Mensch weit und breit.

Er starrt in den Hof zum Haus gegenüber. Im Fenster immer noch die aufgespießten Puppenköpfe. Erneut muss er an das Gespräch der beiden Frauen in der Metro denken. Oder hat er das letzte Nacht nur geträumt?

Max öffnet missmutig die Schreibtischschublade, zieht unter einem Stapel Rechnungen ein schmales Buch hervor: «Die Alpenwelt», blättert kurz darin. «Alpenglöckchen, Bärtige Glockenblume …» Er lässt das Büchlein gleich wieder verschwinden.

Punkt zwölf steht er auf, schiebt den Drehstuhl ans Pult, knipst das Licht aus, das trotz strahlenden Herbsthimmels den ganzen Tag in seinem Büro brennt. Die hohen Mauern der umliegenden Häuser lassen zu wenig Tageslicht herein. Max schließt hinter sich die Tür. Er steigt die Treppen hinunter, durchquert den Hof, tritt auf die Straße. Beim Grand Rex vorbei, dem Größten, an der Ampel warten, bevor er den Boulevard kreuzen kann. Das Theater Gymnase kündet wie immer irgendein Boulevardstück an. Etwas weiter vorne würfeln vier, fünf Araber und drei Schwarze auf zwei aufeinander gestellten Pappschachteln um Geld. Ein Straßenfotograf versperrt ihm den Weg, gibt Zeichen, Max solle stehenbleiben, hantiert mit großen Gesten an einer Polaroid Kamera herum. Hält man ihn jetzt für einen Touristen! Nom de bleu! Aber bei denen ist bestimmt nicht mehr so viel zu verdienen. Die mit ihren Selfies. Um trotzdem Kunden anzulocken, hat der Fotograf eine Holztafel, worauf die Sehenswürdigkeiten von Paris in kitschigsten Farben gemalt sind. Und mitten darin ein rundes Loch, durch das der Tourist seinen Kopf strecken kann.

Ein Vogelschwarm fliegt in hoher Geschwindigkeit über die Hausdächer.

Beim Self Service Bonne Nouvelle steht die Schlange bis hinaus auf den Gehsteig, wie immer um diese Zeit. Er stellt sich wie immer seufzend hinten an. Die Schlange rückt ein paar Schritte vor, stockt, rückt ein paar Schritte vor, stockt, rückt vor, jetzt ist er bereits bei der Eingangstür, jetzt kann er bereits ein Tablett, Messer, Gabel, Papierserviette nehmen, sich einen Teller mit panierten Fischstäbchen und Pommes frites auf das Tablett stellen, daneben eine kleine Schale mit Kopfsalat, eine kleine Flasche mit rotem Tischwein, da fällt ihm ein, dass zu Fisch eigentlich Weißwein angebracht wäre, zu spät, der Hintermann stößt ihn in den Rücken, er muss vorrücken. Das Tablett mit beiden Händen verkrampft festhaltend, schlängelt er sich zwischen Tischen und Stühlen hindurch, bis er einen freien Platz entdeckt. Die Pommes frites sind nur lauwarm und triefen, als wären sie im Fahrwasser eines lecken Öltankers geschwommen.

Wieder im Büro, klingelt das Telefon. Der Direktor verlangt ihn unter vier Augen zu sprechen.

Max schluckt leer.

Alpenglöckchen, Bärtige Glockenblume, Gefleckte Taubnessel, Stengellose Kratzdistel, Berg-Goldnessel, Silberdistel, Bitteres Schaumkraut.

In lichten Bergwäldern. Gebüschen. Auf mageren Wiesen und Weiden. Grasigen Berghängen.

– 5 –

Max bleibt vor einem Geschäft stehen. In Holzgestellen sind Hemden, Socken, weiße Herrenunterhosen und -unterhemden gestapelt, türmen sich auch mitten im düsteren Raum, umschließen ein Männchen, das auf einem hohen Hocker sitzt, Zahlen in ein Buch schreibt und mit dem Kopf kaum über die Hemden, Socken, weißen Herrenunterhosen und -unterhemden hinaussieht. Über dem Schaufenster eine verwitterte Schrift: «Achat – Vente – Import – Export».

Das Geschäft ist nur ein paar hundert Schritte vom Hofeingang zu seiner Firma entfernt, er ist über dreißig Jahre zweimal im Tag daran vorbeigegangen, aber nie hätte er die Schrift gelesen, nie wäre er hier stehen geblieben. Ein schrilles Hupkonzert lässt ihn zusammenschrecken. Die Straße ist vollständig verstopft. In der seitlichen Rue Beauregard steht ein Lastwagen mitten auf der Fahrbahn, Arbeiter sind dabei, ihn auszuladen, schleppen Stoffballen um Stoffballen weg: das kann Stunden dauern. Die Autos stauen sich über die Kreuzung hinunter bis über die Grands Boulevards.

Er hebt den Blick. Vor ihm ein Baum mit hängenden, blätterlosen Ästen, auf denen unzählige zerzauste Tauben sitzen.

Wieder die Stimme des Direktors in den Ohren: «Würden Sie bitte zu mir kommen.»

Bitte! Aber gerne.

Vor einiger Zeit bekam er einen Mitarbeiter – so einen Schnösel. Und dann kam der neue Computer. Für den Schnösel kein Problem. Der ist darauf spezialisiert. Ist doch schon selbst ein Computer. Hatte für Max, der sich mit Händen und Füßen dagegen stemmte, gegen den neuen Computer und den Mitarbeiter, nur ein müdes Lächeln übrig.

«Würden Sie bitte zu mir kommen.»

Der Direktor forderte ihn mit einer Handbewegung auf, sich zu setzen.

«Monsieur Berger, wir schätzen Sie sehr als immer pflichtbewussten Mitarbeiter. Wirklich! Aber heutzutage kann selbstverständlich niemand mehr ein Leben lang auf dem gleichen Posten kleben bleiben. Das ist auch gut so. Es heißt flexibel sein, wandern, wie es so schön in einem alten deutschen Lied besungen wird. Sie als Schweizer kennen es bestimmt. ‹Das Wandern ist des Müllers Lust›.»

«Ich habe schon seit langem die französische Staatsbürgerschaft. Seit meiner Heirat.»

«Ich weiß. Aber was ich sagen wollte, unsere Wirtschaft braucht junge, frische Talente, mehr denn je. Davon können auch wir uns nicht ausschließen, profitieren tun sowohl die Firma wie die Mitarbeitenden.»

Der Direktor hüstelt, blättert in einem Dossier vor sich auf dem Tisch.

«Wie ich Ihren Personalakten entnehme, äh, haben Sie noch nie um eine Gehaltsaufbesserung ersucht. Gibt es dafür eine Erklärung?»

Max schaut verwirrt.

«Verstehen Sie mich nicht falsch, aber dies zeugt doch eher von mangelndem Ehrgeiz, äh, selbst wenn wir einem diesbezüglichen Gesuch höchstwahrscheinlich nicht hätten entsprechen können. Und wie mir zu Ohren gekommen ist, verstehen Sie sich leider nicht sehr gut mit ihrem neuen Kollegen. Wie gesagt, äh, wir schätzen Sie sehr, aber …»

Max lässt den Direktor nicht weiter zu Wort kommen. Nicht mit ihm, wenn er auspacke, dann … jahrelang wurde doppelte Buchhaltung geführt, doppelt in dem Sinn, dass gewisse Kontoblätter verschwanden, sobald die Rechnungsrevisoren am Firmenhorizont auftauchten, das heißt, sich brav anmeldeten, das Buschtelefon war nicht nötig. Es folgte eine kurze Phase hektischer Arbeit. Den Revisoren wurden falsche Kontoblätter vorgelegt, jawohl.

Der Direktor ist erst sprachlos, fängt sich aber schnell wieder, er wisse von nichts, seine Stimme wird energischer, und er droht Max mit Gericht und Gefängnis.

«Alpenparadies Dolce Vita», entgegnet Max mit einem grimmigen Lächeln.

– 6 –

Max Berger kommt an Marktständen vorbei. Die Straße führt in den ehemaligen Bauch von Paris. Äpfel, Birnen, Apfelsinen, sorgfältig aufeinandergeschichtet. Ein Händler preist seinen Blumenkohl an. Kopfsalat, Zwiebeln, Knoblauch … Auf Ständen und Karren. Stimmenknäuel der Händler, kehlig, nasal und schrill, mit Schlenkern und Bogen lobpreisend, fruchtige Koloraturen, Gemüsekonzert. Flache und dicke, große und kleine Fische liegen mit runden Augen auf Eis, Max kennt ihre Namen nicht, und die Schildchen zum Teil umgedreht, auf der Miniaturgletscherzunge ausgerutscht oder von einem Fische grapschenden Gummihandschuh umgeworfen. Lebende Krebse bewegen ihre Scheren, schneidern ahnungslos ihr unsichtbares Totenhemd. Und Max denkt, dass die sich tagaus tagein unaufhörlich bewegenden Münder der lieben Menschen ahnungslos ihren Sarg raspeln. Quatsch, die Krebse schneiden sich ihre Luftschlösser zurecht. Die Ahnung beschleicht ihn, dass es einerlei sei, letzten Endes dasselbe, und er wedelt mit der Hand, den Gedanken zu verscheuchen.

Eine Dame wühlt in Holzkisten, die neben einem Marktstand auf dem Boden liegen, schnappt sich zerquetschte Tomaten, angegilbte Petersilie. Sie trägt einen Pelzmantel. Max schüttelt den Kopf. Er bleibt vor einem Käsehändler stehen. Max läuft das Wasser im Mund zusammen. Doch wie er die Trauerränder, die schwarzen Fingernägel der jungen Verkäuferin sieht, fährt ihm ein Schauder über den Rücken, und er geht schleunigst weiter. Zwischen zwei Marktständen sitzt eine alte Frau stumm auf einem Stuhl. Sie trägt einen schwarzen Mantel, ein rotes Kopftuch, hält in der Hand eine kleine, blaue Plastiktüte, in die von Zeit zu Zeit jemand ein Geldstück wirft. Neben ihr liegt in einer Holzkiste ein Dackel, mit einem Klovorleger zugedeckt, nur die Schnauze schaut hervor.

Vielleicht würde er bald ebenfalls hier sitzen. Nein, er hat Beine. Er würde laufen. Zwar hat diese alte Bettlerin auch Beine. Wozu sie sie wohl bisher gebraucht hat, früher? Oder eben nicht, sich geweigert, sie zu gebrauchen. Wieso sitzt die noch hier? Oder hat man es gerade auf diejenigen abgesehen, die ein geregeltes Leben führten? Das ist doch nicht logisch. Freilich, wer nicht dazugehört, nie dazugehört hat und schon längst durch die Maschen gefallen ist, der bleibt auch jetzt nicht hängen. Aber zu wem hat er gehört?

Die Schnauze des Dackels zittert leicht.

Da ist er wieder! Dieser Mann, der gestern Nacht auf dem Bahnsteig der Metrostation auf ihn zukam. Kein Zweifel. Der Dreitagebart, die braune Lederjacke, die Schiebermütze, hinter der die Haare leicht gelockt hervor wuchern.

Max biegt schnell um die nächste Ecke.

– 7 –

Max kommt vorsichtig um die Ecke zurück zu den Marktständen. Er schaut sich nach allen Seiten um. Der Mann mit der Lederjacke ist nicht mehr zu sehen.

Der Duft von frischem Brot strömt aus einer Bäckerei. Max gerät ins Träumen. Der Duft erinnert ihn an seine Jugend, obwohl er den Zusammenhang nicht hätte erklären können.

Wozu sich unnötig Sorgen machen. Alpenparadies Dolce Vita … und was bitte noch alles! Der Direktor kann ihm den Buckel runter rutschen! Was gibt es herrlicheres als frisches Brot! Doch nach einem Tag ist es bereits alt. Es gibt zwar Menschen, die so etwas mögen. Er nicht. Er schrickt zusammen. Ein Feuerwehrleiterwagen fährt heulend vorüber, hält etwas weiter vorne an. Die Leute bleiben stehen, gaffen. Auch Max bleibt stehen. Die Leiter wird ausgefahren, gegen ein Dachfenster gestellt, ein Feuerwehrmann klettert hinauf. Die Leute fotografieren und filmen mit ihren Handys, reden erregt durcheinander, lange Hälse, kleine Kinder werden auf die Schultern gehoben.

Das ist es, was die Menschen interessiert, die wirklichen Probleme lassen sie kalt, werden ignoriert, ärgert sich Max und schnäuzt seine Nase. Ein Leben lang Gaffende. Bei denen ist es ein Leichtes, sie … Die merken nicht mal, dass es sie selbst betrifft, merken es erst, wenn es zu spät ist.

Eine Händlerin erzählt, man habe die Feuerwehr benachrichtigen müssen, weil die da oben unter dem Dach gedroht habe, aus dem Fenster hinunter auf die Marktstraße zu springen. Stellen Sie sich vor! Zut alors! Aber am Dachfenster ist keine Frau zu sehen, und Max ist sich nicht sicher, ob er richtig gehört hat. Inzwischen ist ein Kastenwagen der Polizei angerückt. Ein kleines Mädchen, das neben Max steht, fordert seine Maman mit quengelnder Stimme auf, endlich ein Foto zu schießen. Da diese nicht sofort reagiert, tritt das kleine Mädchen sie heftig gegen das Bein. Die Maman verzieht vor Schmerz das Gesicht, schimpft jedoch nicht etwa mit der Kleinen, sondern gehorcht und knipst jetzt mehrere Bilder.

Der Feuerwehrmann auf der Leiter schaut noch immer ins Zimmer. Nebenan öffnet sich das Fenster, ein Frauenkopf, eine Hand werden sichtbar, die Hand streut Erde auf die Menge, die mit entrüstetem Ausruf zur Seite weicht, worauf Hand und Kopf gleich wieder verschwinden, das Fenster geschlossen wird. Unten schwenken sie die Leiter hinüber, der Feuerwehrmann oben schlägt mit dem Beil die Scheibe ein, greift hinein, öffnet das Fenster und klettert ins Zimmer. Mehrere Polizisten stürmen in den Hauseingang.

Etwas später kommen sie mit einer jungen Frau aus dem Haus, steigen mit ihr in den Kastenwagen, der sofort von der Menge umringt wird. Zwei Flics treiben die Gaffer auf Distanz. Eine Frau klammert sich richtiggehend an die Gitterstäbe am Rückfenster des Kastenwagens, um besser hineinschauen zu können.

«Na also», sagt ein Mann mit einem beachtlichen Wanst zu Max und strahlt gemütlich, «es sind doch immer die Jungen, die Probleme bereiten.»

Dies tönt wie eine Aufmunterung an die Adresse von Max. Er tut, als habe er nichts gehört.

«Das ist doch kein übertriebener Tierschutz!»

Max dreht sich um. Mit wem spricht die junge Frau, die auf hohen Absätzen vorbei stöckelt?

«Wir fordern ja nur die gleichen Grundrechte für Primaten wie für Kleinkinder und Behinderte.»

Ach so, sie hat ein Handy ans Ohr geklemmt.

Polizei und Feuerwehr sind weggefahren, die Menge hat sich wieder auf dem Markt verteilt. Das normale Treiben, als wäre nichts geschehen. Und wäre er ein paar Augenblicke später gekommen, wüsste er von nichts, wäre nichts geschehen, wie bei tausenden von anderen Begebenheiten, mögen sie für den Einzelnen noch so bedeutsam sein.

«Also das wird mir langsam unheimlich», sagt ein Gemüsehändler und reicht einer Kundin eine Tüte mit Tomaten. «Vor gar nicht langer Zeit hat hier in dieser Straße eine Frau ihre zwei kleinen Kinder aus dem Fenster geworfen. Aber ich sag ja. Das hat man jetzt davon. Die Mutter dieser Frau … Und erst der Vater! Das ist doch eine Marktstraße! Macht zwei Euros. Die Petersilie schenke ich Ihnen, meine hübsche, kleine Dame.»

Max weiß nicht, ist es zum Lachen, ist es zum Weinen?

Hübsche, kleine Dame. Die Kundin überragt ihn um mindestens einen Kopf. Aber was der Gemüsehändler vorher erzählt hat, ist nun wirklich nicht zum Lachen. Max geht schnell weiter.

Eine ältere Frau, die blonden Haare mit roten Seidenschleifen zu zwei Schwänzchen gebunden, die seitlich neckisch abstehen, trippelt vorbei. Die Backen rot geschminkt. Ein Röckchen, weiße Socken. Krampfadern. Sie sieht Max mit Augenaufschlag an. Die glaubt wohl, er sei blind!

Falls das mit dem Alpenparadies Dolce Vita nicht nur ein Gerücht ist, dann … Ein bisschen leid tut sie ihm schon. Dann würde sie über kurz oder lang … So auffällig wie sie sich benimmt. Oder eben gerade nicht. Zu auffällig, um aufzufallen. Das ist es. Aber so etwas liegt ihm nicht. Und wer weiß, ob sie nicht trotzdem … wie sagt man dem wohl? Ausgewählt? Dennoch hat er das Gefühl, als hätten sie es darauf angelegt, ihn zu verhöhnen. Erst die Bettlerin und jetzt diese schrullige Alte als Lolita.

«Nero! – Nero!»

Und was biegt um die Ecke? Ein Rehpinscher, eine etwas vergrößerte Ausgabe einer Kellerassel, trabt jetzt hinter Frauchen her. Im Vorbeigehen mustert ihn die Dame mit dem Hündchen. In ihren Augen liegt ein Ausdruck, als wüsste sie Bescheid.

Bestimmt verdankt er es so einem Liebling, dass er gestern Abend kurz vor dem Metroeingang eine braune Fußspur hinterließ.

Er weicht zur Seite. Ein Scherenschleifer schiebt sein farbiges Wägelchen mit einem mit Tretpedalen angetriebenen Schleifstein aus einem Durchgang. Max hat gar nicht gewusst, dass es das überhaupt noch gibt.

– 8 –