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Yvette Manessis Corporon

DAS
WUNDER
VON
ERIKOUSA

Eine wahre Geschichte
über Mut, Widerstand
und Hoffnung

Aus dem amerikanischen Englisch
von Silvia Lutz

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SCM Hänssler ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-7751-7506-7 (E-Book)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

© der deutschen Ausgabe 2020

Originally published in English under the title:

Die Bibelverse sind, folgender Ausgabe entnommen:

Umschlaggestaltung: Erik Pabst, www.erikpabst.de

Für meine Kinder, Christiana und Nico.
Für die Kinder meines Herzens, Reat und Lukas.
Und für die Kinder, die mein Herz höher schlagen ließen, als wir sie fanden, Inbar, Sapir, Maayan, Tal und Maiyan.

Lebe das Leben in seiner ganzen Fülle und gib niemals auf.

Reat Griffin Underwood

Das Licht scheint in der Dunkelheit, und die Dunkelheit konnte es nicht auslöschen.

Johannes 1,5

Inhalt

Das unauslöschliche Böse

Teil 1

Wie Schwestern

Die Juden von Korfu

Gefahr für Errikousa

Nicht der Rede wert

Savvas, der jüdische Schneider

Nächtlicher Besuch

Yiayias Geheimnis

Teil 2

Die Suche beginnt

Gerechte unter den Völkern

Eine unlösbare Aufgabe

Näher als erwartet

Teil 3

Reat und Bill

Wenn Worte keinen Sinn ergeben

Tragische Ironie des Schicksals

Das Gute siegt

Unerkannt, schon immer da

Teil 4

Licht in der Dunkelheit

Aus der Geschichte lernen

Teil 5

Es war nichts? Es war alles!

Das Puzzle ist komplett

Rosas Familie

Wunder von heute

Das große Wiedersehen

Am Schauplatz der Geschichte

Savvas wird gefunden

Der Kreis schließt sich

Epilog

Nachwort: Was ich von meinen neuen Freunden lernte

Dank

Anmerkungen

Das unauslöschliche Böse

New York
13. April 2014

Es war ein Uhr nachts, als ich in Nicos Zimmer trat. Er lag mit dem Rücken zu mir, aber er war noch wach. Das wusste ich. Wir waren alle noch wach.

An diesem Tag hatten wir einen Anruf bekommen, der völlig irreal anmutete. Wir konnten es immer noch nicht ganz fassen. Wahrscheinlich würden wir das nie können. Mein 14-jähriger Neffe, Reat, und sein Großvater, Bill, waren tot.

Bill und Reat waren zum jüdischen Gemeindezentrum in Overland Park, Kansas, gefahren, wo Reat an einem Vorsingen teilnehmen wollte. Als sie aus dem Auto stiegen, wurden sie von einem weißen rassistischen Neonazi erschossen. Der Mann, der sie tötete, schrie bei seiner Verhaftung: »Heil Hitler!« Bevor er starb, sagte er, er habe wissen wollen, wie es sich anfühlte, Juden zu töten. Er ermordete an jenem Tag drei wunderbare Menschen, von denen kein Einziger ein Jude war.

Ich saß auf Nicos Bettkante und strich ihm über die Haare. Mein neunjähriger Sohn drehte sich zu mir herum. In seinen großen, braunen Augen glänzten Tränen. Seine Worte brachen mir an diesem Tag zum zweiten Mal das Herz.

»Ich bin so traurig, Mama«, sagte Nico. »Ich verstehe das nicht. Als du mir erzählt hast, was unsere Familie getan hat, hast du gesagt, dass es die Nazis nicht mehr gibt und dass die Menschen gerettet wurden. Wie konnte dann so etwas passieren?«

Nico hatte recht: Ich hatte ihm gesagt, dass es die Nazis nicht mehr gebe. Und ich hatte ihm versichert, dass die Familie in Sicherheit sei. Ich hatte das wirklich geglaubt. Aber heute hatte sich herausgestellt, dass das ein Irrtum gewesen war. Unsere Familiengeschichte war von einem hasserfüllten Mann, der sich zum Ziel gesetzt hatte, Juden zu töten, umgeschrieben worden.

Nico kannte die Geschichte genauso gut wie ich. Ich hatte ihm oft erzählt, wie meine griechische Großmutter, meine Yiayia, zusammen mit anderen auf der Insel geholfen hatte, einen jüdischen Schneider namens Savvas und seine Familie vor den Nazis zu verstecken. Trotz des Risikos, trotz der Gefahr und obwohl sie gewusst hatten, dass jeder, der dabei erwischt wurde, wie er Juden half, zusammen mit seiner ganzen Familie getötet würde, hatte kein Einziger auf unserer winzigen griechischen Insel Savvas’ Geheimnis verraten. Kein Einziger. Savvas und seine Töchter waren gerettet worden und hatten überlebt.

In den letzten Jahren hatte Nico meine persönliche Reise miterlebt, meine Suche nach Savvas’ Familie, nach den Mädchen, für die meine Yiayia so viel riskiert hatte. Nach zahllosen Sackgassen und Enttäuschungen hatte ich sie endlich gefunden. Sie waren eine wunderbare Familie. Zu ihr gehörten fünf Menschen, die dank dem, was vor 70 Jahren auf unserer winzigen Insel geschehen war, heute noch leben. Wir hatten mit den Nachkommen von Savvas’ Familie gefeiert. Wir hatten gefeiert und geweint, weil sie überlebt hatten; das Gute hatte gesiegt und die Nazis gab es nicht mehr. Das war am Donnerstag, dem 10. April 2014, gewesen.

Drei Tage später, am Sonntag, dem 13. April 2014, weinten wir, weil Bill und Reat tot waren und wir begreifen mussten, dass es trotzdem noch Nazis gab.

»Ich verstehe das nicht«, sagte Nico. »Wie konnte das passieren?«

Wie akzeptiert man, dass die tragische Ironie des Schicksals eine Grausamkeit ist, die nicht nur Shakespearestücken vorbehalten ist?

Wie erklärt man seinem Sohn, dass es nicht nur in Märchen Monster gibt?

Wie erklärt man einem Kind etwas, das man selbst nicht verstehen kann?

imageTeil 1

WIE SCHWESTERN

New Rochelle, New York
Frühling 1981

»Du musst ihn ganz dünn ausrollen. Sonst meint man, man würde in Brot beißen. Es ist aber kein Brot. Es ist Filo. Mit dünnem Filo bekommt man die beste Pita.«

Yiayia streute noch mehr fein gemahlenes, weißes Mehl auf den Küchentisch und rollte dann den Teig mit einem alten Besenstiel aus, den sie vor vielen Jahren aus Griechenland mitgebracht hatte. Trotz der ganzen Geräte und Hilfsmittel, die modernen Köchinnen in Amerika zur Verfügung standen, beharrte Yiayia steif und fest darauf, dass ihr altgedienter Besenstiel das Geheimnis einer perfekten Pita sei. Dieses Mal handelte es sich um Patatopita, Kartoffelpastete, ein typisches Gericht aus Errikousa, der winzigen Insel, auf der meine Yiayia und mein Vater zur Welt gekommen und aufgewachsen waren.

»Er muss dünn sein. So dünn, dass das Licht durchscheint, aber ohne Löcher.« Ihr schwarzes Kleid war mit einer dünnen Mehlschicht bestäubt. Selbst das schwarze Kopftuch, das sie unter ihrem Kinn zusammengeknotet hatte, wies weiße Flecken auf. Aber ihr Aussehen war Yiayia unwichtig. Ihr Filo war perfekt. Und das war alles, was zählte.

»Siehst du?« Um ihre braunen Augen erschienen Fältchen, als sie den Filo lächelnd vor meiner Mutter Kiki hochhielt. Die Nachmittagssonne schien durch den hellbeigen Teig. Kein einziges Loch. Perfekt.

Während meine Mutter und Yiayia den Teig betrachteten und bewunderten, schaute ich durch das Fenster zu den Bäumen im Garten, die sich im Sommerwind wiegten. Ich konnte das Kreischen und Planschen der Nachbarskinder hören, die nebenan schwammen, das Lachen von Freundinnen, die Fahrrad fuhren, und das unverkennbare Quietschen der Kettcars, die die Straße unsicher machten. Ich wäre so gern auch draußen gewesen. Oder wenigstens im Wohnzimmer, um mich auf den verfilzten Flauschteppich zu legen und eine meiner Lieblingsserien anzusehen. Oder sogar in meinem Zimmer, um Bist du da, Gott? Ich bin’s, Margaret zum hundertsten Mal zu lesen. Das ist die Geschichte über ein Mädchen, das auf der Suche nach Gott und ihrer wahren Identität ist. Überall wäre ich lieber gewesen als hier, an diesem Küchentisch, wo meine Mutter und meine Großmutter Speisen zubereiteten, deren Namen meine Freundinnen nicht einmal aussprechen konnten.

Anscheinend hatte meine Mutter meine Gedanken gelesen.

»Yvette, kümmerst du dich um die Kartoffeln?« Sie schob mir eine Schüssel mit abgekühlten gekochten Kartoffeln hin, bevor sie den Filo in einer großen Auflaufform ausbreitete.

Ich folgte ihrer Aufforderung und bröselte die Kartoffeln in die mit Filo ausgelegte Auflaufform, während Yiayia eine Mischung aus Feta, Milch, Dill und Reis dazugab. Statt einen Löffel zu benutzen, tauchte Yiayia den Rand eines kleinen Tellers in die Auflaufform, bewegte ihn hin und her und vermischte damit die Füllung.

»Dein Vater liebt PatatopitaYiayia lächelte mich an, während sie den überstehenden Filo am Rand der Auflaufform faltete und den Teig mit einem aufgeschlagenen Ei bestrich. »Selbst während des Krieges, als es manchmal nicht viel zu essen gab, wussten wir, dass wir jederzeit Pita machen konnten. Wenn ich es ihm erlaubt hätte, hätte er problemlos allein eine ganze Pfanne leer gegessen«, lachte sie, während sie ein wenig Zucker daraufstreute, ein wenig Süße zum Salz, bevor sie meiner Mutter signalisierte, dass die Auflaufform in den Ofen geschoben werden konnte. »Damals haben wir natürlich im Freien gekocht. Über einem offenen Feuer mit Holz, das wir im Wald gesammelt hatten.« Sie schloss die Augen und atmete tief ein, als könne sie den Geruch der brennenden Zweige und des Rauchs in der Abendluft riechen.

»Die Zeit während des Kriegs muss schwer für dich gewesen sein, als dein Mann fort war und die Nazis die Insel besetzt hatten«, bemerkte meine Mutter, während sie die Pita in den Ofen schob.

»Oh, ja!« Yiayia nickte heftig mit dem Kopf und gestikulierte mit den Händen, um ihre Worte zu unterstreichen. »Es war schwer, aber Gott sei Dank, wir haben überlebt. Wir hatten unseren Garten und das Meer und hatten genug zu essen. Wir haben nie Hunger gelitten. Wir lernten, uns, so gut wir konnten, von den Nazis fernzuhalten. Und von meiner Freundin Nini habe ich Nähen gelernt. Dank ihr konnten wir unsere Kleider selbst nähen.«

»Nini?«, fragte meine Mutter.

Mein Blick wanderte wieder aus dem Fenster.

»Ich dachte, ich würde alle aus Errikousa kennen. Aber Nini kenne ich nicht. Ihren Namen hast du bis jetzt nie erwähnt«, sagte meine Mutter.

»Ja, Nini«, wiederholte Yiayia mit einem Lächeln. »Wir sagten Nini zu ihr, aber eigentlich hieß sie Nina. Sie stammte nicht aus Errikousa. Sie war aus Korfu. Nini war ein schönes Mädchen, nett und großzügig, und sie konnte gut nähen. Sie war meine Freundin und ich liebte sie wie eine Schwester.« Jetzt wanderte Yiayias Blick aus dem Fenster. »Sie war Jüdin.«

»Jüdin?«, fragte meine Mutter.

Yiayia hatte jetzt meine Aufmerksamkeit, wenigstens für einen Moment. In der überwiegend jüdischen Stadt New Rochelle im Bundesstaat New York, in der wir wohnten, war ich eines von nur zwei griechischen Mädchen an der ganzen Schule. Fast alle meine Freundinnen waren Jüdinnen. Jede Woche gingen sie alle zusammen zum Hebräisch-Unterricht und ich saß einsam und allein im Griechisch-Unterricht und wünschte, ich könnte bei ihnen sein. Ich wollte auch Jüdin sein.

»Ja, Nini war Jüdin«, sprach Yiayia weiter, während sie mit den Händen das Mehl von ihrem Kleid wischte. »Ihr Vater, Savvas, war Schneider. Er hat alle seine Töchter Nähen gelehrt. Und sie haben es mir beigebracht. Sie waren meine Freundinnen«, wiederholte sie.

»Wow«, sagte meine Mutter und warf ihre blondierte Dauerwelle zurück. Das war schließlich Anfang der 80er-Jahre. Meine Mutter war seit fünfzehn Jahren mit meinem Vater verheiratet und ihr Leben war eng mit dem Leben seiner Familie verknüpft. Trotzdem hatte sie nie von Nini oder Savvas oder der jüdischen Familie gehört, die sich auf Errikousa versteckt hatte. »Ich wusste nicht, dass es auf Korfu Juden gab. Oder in Errikousa.«

»Oh, ja«, erwiderte Yiayia, fuchtelte erneut zur Betonung mit der Hand durch die Luft und nickte eifrig. »Auf Korfu gab es viele Juden.« Sie schwieg einen Moment. Ihr Blick wanderte wieder aus dem Fenster. Sie schaute an uns vorbei, an den Bäumen vorbei, in die Ferne, wo das Lachen meiner Freundinnen immer noch schwach zu hören war.

Schließlich sprach sie weiter. »Aber das war vor dem Krieg.«

DIE JUDEN VON KORFU

Verfolgt, verraten, gerettet

Die Juden lebten seit 800 Jahren auf Korfu und waren genauso griechisch wie meine eigene Familie, aber natürlich sahen die Nazis das anders. Die Nazis sahen, dass auf der malerischen Ionischen Insel noch 2000 Juden lebten und dass die Alliierten näher rückten. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit.

Die Insel Korfu, die auf Griechisch Kerkyra heißt, ist wie eine lange, schmale Sichel geformt und liegt zwischen Italien und Albanien an Griechenlands Nordwestspitze im Ionischen Meer. Im Gegensatz zu anderen griechischen Inseln, deren trockene Erde und weiß getünchte kykladische Architektur eine kontrastreiche, aber faszinierende Kulisse bilden, wachsen auf Korfu Blumen und Obstbäume. Farbenprächtige Blumen bestimmen das Landschaftsbild. Olivenwälder überziehen die Insel und majestätische Zypressen stehen auf zerklüfteten Meeresklippen über dem unvorstellbar blauen Wasser Wache.

Durch die ganzen Jahrhunderte hindurch haben sich sterbliche Menschen und Helden der Mythologie in diese unbeschreiblich schöne Insel verliebt. Korfu galt allgemein als die Heimat der Phaiaken in Homers Odyssee, wo Odysseus ans Ufer gespült wird und ihn das Lachen von Prinzessin Nausikaa und ihren Freundinnen weckt.

Trotz ihrer friedlichen natürlichen Schönheit ist Korfus Geschichte alles andere als friedlich. Die Insel, die 1864 von Griechenland annektiert wurde, litt jahrhundertelang unter verschiedenen Fremdmächten, die die Insel für sich beanspruchten. Jedes Regime brachte den Bewohnern von Korfu neue Probleme. Jede Besatzungsmacht, von den Venezianern über die Franzosen bis zu den Briten, hinterließ ihre eigenen, unverwechselbaren Spuren. Davon zeugt ein reiches, vielfältiges Vermächtnis an Architektur, Kultur und Kunst.

Als Nazitruppen 1943 Korfu eroberten, hinterließen sie ein Vermächtnis aus Vernichtung, Verwüstung und Tod.

Auf dem Land und in den Dörfern überwiegen auf Korfu die intensiven Grün- und Blautöne der Pflanzen und des Meeres, aber im Zentrum von Korfu-Stadt scheint die ganze Stadt in einem goldenen, rostroten Licht zu strahlen. Korfus enge, verwinkelte Kopfsteinpflasterstraßen, Gassen und Höfe sind von einem bunt gemischten Sammelsurium aus Häusern, Geschäften und Kirchen gesäumt. Zahlreiche Glockentürme überragen die Ziegeldächer. Die roten, beigebraunen und rotbraunen Stuckfassaden sind durch die jahrelangen Witterungseinflüsse ausgebleicht und der Putz blättert ab. Das Licht auf Korfu fängt jede dieser Unvollkommenheiten ein und verwandelt sie in etwas Lyrisches und Schönes.

Hinter den breiten Kopfsteinpflasterstraßen und Torbögen auf Korfus großer Liston-Promenade mit langen Reihen von Toren, die an die Rue de Rivoli in Paris erinnern, und hinter dem großen Platz Spianada mit Blick über die Garitsa-Bucht befindet sich ein Labyrinth aus engen, verwinkelten Gassen. Dieses Labyrinth aus winzigen Straßen, Höfen und Gebäuden ist auch heute noch als Evraiki bekannt, das jüdische Viertel beziehungsweise Getto. Hier, in diesem unscheinbaren, verwinkelten Teil der Stadt, lebte und arbeitete jahrhundertelang Korfus jüdische Bevölkerung. Die Männer waren hauptsächlich Handwerker, Künstler und Ladenbesitzer, die mit dem Verkauf ihrer Waren den Lebensunterhalt ihrer Familien bestritten, während sich ihre Frauen um die Kinder kümmerten und jüdische Traditionen pflegten.

Als die Italiener im April 1941 Korfu eroberten, ging das Leben im jüdischen Viertel wie auch auf der übrigen Insel anfangs fast normal weiter. Als die Bedrohung durch die Wehrmacht immer näher rückte, warnten italienische Soldaten die Juden vor der bevorstehenden Gefahr. Aber die Juden auf Korfu konnten sich nicht vorstellen, dass die Geschichten von Massentötungen und Gräueltaten wahr sein konnten. Dieses gottesfürchtige Volk konnte nicht glauben, dass das Böse tatsächlich solche Formen annehmen konnte. Trotz aller Warnungen blieben die meisten Juden auf Korfu in ihrem Wohnviertel und in ihren Häusern, als die Deutschen anrückten. Diese Entscheidung sollte verheerende Folgen haben.

Als die Nazis die Insel besetzten, verhängten sie sofort strenge Ausgangssperren, und alle Juden wurden gezwungen, sich regelmäßig bei der deutschen Besatzungsmacht zu melden. Von April bis Juni mussten sie sich zweimal in der Woche zählen lassen. Nach dem Zwangszensus kehrten sie in ihr Leben im Getto zurück, wo sie unter sich blieben, ihren Glauben praktizierten und sich von den deutschen Truppen fernhielten.

Doch im Juni 1944 änderte sich alles.

Am Morgen tauchten die ersten Plakate auf, und bis zum Abend waren sie auf der ganzen Insel verteilt.

ALLE JUDEN HABEN AM MORGEN DES 9. JUNI AUF DER UNTEREN PLATIA ZU ERSCHEINEN.

Während an diesem warmen Freitagmorgen die Sonne über dem kobaltblauen Wasser der Garitsa-Bucht aufging, begannen sie, sich auf dem Platz zu versammeln. Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge, Alte, Kranke, alle begaben sich aus dem jüdischen Viertel zur unteren Platia, dem weiten, offenen Platz zwischen den Cafés und der alten Festung. Wer nicht freiwillig antrat, wurde mit Waffengewalt aus seinem Geschäft oder seiner Wohnung gezerrt. Wer sich weigerte oder auch nur zögerte, wurde gnadenlos erschossen.

Die Nazis trieben alle Juden zusammen, die sie finden konnten, und machten auch vor Gefängnissen, Psychiatrien und Krankenhäusern nicht halt. Selbst schwangere Frauen, die kurz vor der Entbindung standen, wurden auf den Platz geschleppt. Während Bomben der Alliierten auf die Insel niedergingen, stand die jüdische Gemeinde von Korfu den ganzen Tag ohne Wasser oder etwas zu essen in der heißen Sonne und wurde von deutschen Truppen und griechischen Polizisten mit angelegten Waffen bewacht. Die meisten hatten keine Ahnung, was hier passierte, und versicherten ihren Kindern, dass sie am Abend wieder zu Hause sein würden. Aber die Nazis hatten andere Pläne. Die Warnungen der italienischen Soldaten, die man für albtraumartige Übertreibungen gehalten hatte, erwiesen sich bald als prophetisch und auf tragische Weise wahr.

Langsam wurde den Menschen der Ernst der Situation bewusst, als die Grausamkeit und die Motive der Nazisoldaten mit jeder Minute deutlicher wurden.

Das griechische Rote Kreuz verteilte Brot und Wasser, aber die meisten Griechen hielten sich fern. Selbst diejenigen, die ihren jüdischen Freunden helfen wollten, erkannten schnell, dass sie nur wenig oder überhaupt nichts tun konnten. Die Nazis machten keinen Unterschied, ob man selbst Jude war oder ob man einem Juden half. Juden in irgendeiner Weise zu helfen, war ein genauso schwerwiegender Verstoß, wie jüdisches Blut in den Adern zu haben. In den Augen der Nazis war beides ein Grund, um eliminiert zu werden.

Der 9. Juni war ein Freitag, an dessen Abend der Sabbat begann. Aber als die Sonne über den Hügeln im Westen von Korfu unterging, konnte niemand nach Hause gehen, um den Tisch für den Sabbat zu decken, Kerzen anzuzünden, zu beten oder jahrhundertealte Traditionen zu pflegen. Vielmehr standen die Juden der Insel zusammengepfercht auf der Platia und wurden mit entsicherten Schusswaffen bedroht, während die Sonne am Vorabend des Sabbats unterging – ein schmerzliches Bild für das, was dieser jahrhundertealten Gemeinde auf der schönen Insel Korfu bevorstand.

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»Du heißt ab sofort Nikos.«

»Aber ich bin Daniel.«

Errikos kniete sich vor dem Jungen hin, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Seine Stimme war sanft, aber bestimmt. Er musste Ruhe bewahren und seine Gefühle beherrschen. Er durfte dem kleinen Daniel nicht noch mehr Angst einjagen, als der Junge ohnehin schon hatte. Sie alle hatten Angst.

»Hör zu.« Errikos nahm Daniels Hände und zog ihn an sich heran. »Ab jetzt heißt du Nikos. Verstehst du? Wenn die Soldaten den Namen Daniel hören, wissen sie, dass du Jude bist, und nehmen dich uns weg. Und sie nehmen dich deiner Familie weg. Das ist sehr wichtig. Verstehst du?« Er musste sichergehen, dass der Junge begriff, wie ernst die Lage war.

Daniel war erst drei Jahre alt. Aber auch in diesem zarten Alter verstand er ganz genau, worum es ging. Daniel wusste, dass das kein Spiel war. Errikos war der Freund seines Vaters, ein griechisch-orthodoxer Christ. Errikos hatte die Gerüchte von jüdischen Massendeportationen gehört und wusste, dass er nicht tatenlos dabei zusehen konnte. Im Laufe mehrerer Tage hatte Errikos immer wieder das jüdische Viertel aufgesucht und Freunden und ihren Familien geholfen zu entkommen. Diese Besuche hatte er so gelegt, dass er keine Aufmerksamkeit erregte. Errikos hatte Daniel und seine Schwester Roza zu seiner eigenen Familie geholt, in ihren schönen Küstenort, nur fünf Kilometer entfernt von Korfu-Stadt.

Der Plan war, dass Errikos und seine Familie die Kinder vor aller Augen versteckten. Sie würden Nachbarn und Freunden erzählen, dass die Kinder Verwandte waren, orthodoxe Christen wie sie selbst, die aus einem Nachbardorf zu Besuch bei ihnen waren. Einige Tage später wollte Errikos in die Stadt zurückkehren, um Daniels Mutter und seine kleine Schwester zu holen und sie ebenfalls in der Villa zu verstecken. Der Tag und die Uhrzeit waren im Voraus vereinbart worden. Sie brauchten nur noch einige Tage zu warten.

Nur noch ein paar Tage.

Die Villa war der ideale Ort, um ihre jüdischen Freunde zu verstecken. Sie war groß, hatte viele Zimmer, in denen kleine Kinder ungehindert spielen oder sich, wenn nötig, verstecken konnten. In der Mitte befand sich ein großes Zimmer mit einem großen Tisch aus einem Eisengestell und einer schönen, glatten Marmorplatte, die selbst an den heißen Sommernachmittagen auf Korfu kühl war. Die Küche, in der Errikos’ Mutter die Mahlzeiten zubereitete und es immer irgendwie schaffte, für Daniel besondere Leckereien wie süße Kumquat-Marmelade aus dem Ärmel zu zaubern, befand sich auf der einen Seite des Hauses. Auf der anderen Seite waren mehrere Schlafzimmer, ein Abstellraum und ein großes, schönes Esszimmer. Die Villa war rundherum von üppigen, atemberaubenden Gärten umgeben. Unzählige Maulbeer-, Oliven- und Obstbäume wuchsen auf dem Grundstück. Dort, in den Gärten, konnte Daniel ungestört herumlaufen. Im Schatten dieser schönen Bäume war er vor der Mittagssonne geschützt, während er die Tage zählte, bis er seiner Mutter wieder in die Arme fallen konnte.

Daniel war gerade vor dem Haus und spielte in der Nähe des Gartens, als er jemanden kommen hörte und sich umdrehte. Als er den fremden Mann entdeckte, erstarrte er. Der Soldat war stämmig und kräftig gebaut. Er marschierte von den Gärten aus auf das Haus zu. Dann erblickte er den Jungen und rief ihn.

»Nikos!«, rief der Soldat und winkte ihn zu sich. »Nikos. Komm her.«

Daniel und Errikos hatten das viele Male eingeübt. Daniel wusste, was er tun musste. Er wusste, dass er auf den Namen Nikos reagieren und lächeln und so tun musste, als sei er einfach ein kleiner, sorgloser Junge, der nichts zu verbergen hatte. Aber das konnte er nicht. Daniel erstarrte. Er wollte nicht zu diesem Mann gehen. Er war nur ein kleiner Junge, und er hatte Angst.

In diesem Moment trat Errikos’ Mutter aus dem Haus. Sie ging zu Daniel, beugte sich zu ihm hinunter und drückte ihn an sich. »Bitte geh zu ihm«, flüsterte sie Daniel ins Ohr, während sie ihm über die Haare strich und das zitternde Kind tröstete. »Bitte geh! Wenn du das nicht tust, kann es sein, dass sie uns alle töten.«

Daniel tat, was sie sagte. Langsam ging er auf den deutschen Soldaten zu.

»Nikos«, lächelte der Mann und sagte seinen Namen noch einmal. Dann zog er ein Stück Schokolade aus der Tasche und hielt es Daniel hin. Er streichelte dem Jungen über den Kopf und ging weiter.

Er hatte es getan! Mama wäre so stolz auf ihn. Daniel konnte es nicht erwarten, ihr zu erzählen, wie tapfer er gewesen war. Es würde nicht mehr lang dauern, dann würde sie bei ihnen sein.

Nach einer Zeit, die Daniel wie eine Ewigkeit erschien, kam endlich der vereinbarte Tag und die vereinbarte Uhrzeit. Errikos brach früh am Morgen auf, um Daniels Mutter, Evthimia, und seine kleine Schwester in Sicherheit zu bringen. Doch als er sich der Wohnung näherte und die breiten Straßen der Stadt von den schmalen Gassen des Gettos abgelöst wurden, konnte Errikos den Lärm hören, noch bevor er um die Ecke bog.

»Was ist hier los?«, fragte er und schob sich durch die Menge. Überall waren Leute.

»Sie treiben die Juden zusammen«, antwortete jemand.

Errikos blieb abrupt stehen. Er wusste, dass er nicht weitergehen konnte, ohne sie alle in Gefahr zu bringen. An diesem Tag konnte er Daniels Mutter unmöglich aus dem jüdischen Viertel wegbringen. Er drehte sich um und trat den Heimweg an, nahm sich aber fest vor, in einigen Tagen, wenn es sicherer war, wiederzukommen. Er wusste, dass der Eingang zur Wohnung der Familie mit Brettern zugenagelt und so getarnt war, dass es aussah, als sei die Wohnung unbewohnt. Das tröstete Errikos und er betete, dass sich die Deutschen von den Brettern täuschen ließen und Evthimia und ihr Baby noch ein paar Tage länger unentdeckt blieben.

Während Errikos wieder nach Hause ging, marschierten die Nazis Straße für Straße durch das jüdische Viertel. Mit Fäusten hämmerten sie an die Türen und forderten Einlass. Die Türen, die ihnen nicht sofort geöffnet wurden, brachen sie gewaltsam auf. Sie waren fest entschlossen, die Insel von jedem einzelnen Juden, den sie finden konnten, zu säubern. Sie wollten keinen einzigen Juden entkommen lassen.

Evthimia kauerte mit ihrer kleinen Tochter in ihrer Wohnung. Die Soldaten hämmerten an die verrammelte Tür, aber sie verhielt sich ganz still. Die Nazis zogen weiter. Sie war verschont geblieben.

Als die Soldaten auf der Straße ihren Weg fortsetzten, steckte eine griechische Christin den Kopf aus dem Fenster ihrer Wohnung. »Was ist hier los?«, fragte sie.

»Wir suchen nach Juden«, antworteten die Nazis, die schon ein Stück weitergegangen waren.

»Haben Sie welche gefunden?«

»Nein.«

»Was soll das heißen? Dort drüben versteckt sich eine Jüdin, gleich auf der anderen Straßenseite.«

Daraufhin kehrten die Soldaten zur Wohnung von Daniels Familie zurück. Dieses Mal brachen sie die zugenagelte Tür auf, stürmten hinein und zerrten seine Mutter und seine kleine Schwester auf die Straße.

Daniel sollte seine Mutter und seine kleine Schwester nie wiedersehen.

Genau wie die übrigen fast 1800 korfiotischen Juden wurden sie an diesem Tag mit entsicherten Schusswaffen auf der Platia festgehalten, wo sie stundenlang in der heißen Sonne warteten und immer noch nicht genau wussten, was hier geschah. Viele hatten am Morgen nichts mitgenommen, da sie damit gerechnet hatten, zum Mittagessen wieder zu Hause zu sein. Aber der Vormittag ging in den Nachmittag über und sie mussten viele Stunden ohne Essen und Trinken aushalten. Viele dachten immer noch, dass den Deutschen diese neue Stufe der Demütigung und Entwürdigung bis zum Abend genügen würde und sie dann nach Hause zurückkehren dürften.

Aber genau wie Daniel Soussis’ Mutter und seine kleine Schwester würden die meisten Juden von Korfu nie wieder nach Hause zurückkommen.

Von der Platia aus wurden sie wie Vieh zu der alten Festung der Insel getrieben, die sich auf einer zerklüfteten Halbinsel befindet, die ins Meer hinausragt. Die Festung, die zum Schutz der Stadtbewohner errichtet worden war, wurde zu ihrem Gefängnis. Männer und Frauen wurden getrennt, sie wurden gezwungen, alle Wertsachen abzugeben, und in die feuchten Verliese der Festung gesperrt, während die Nazis letzte Vorkehrungen trafen.

Eigentlich hätte es nie so weit kommen dürfen. Es widersprach jeder Vernunft. Aber man kann den Nazis nicht vorwerfen, dass sie sich von Vernunft hätten leiten lassen. Das Ende des Krieges war absehbar. Drei Tage zuvor waren die Alliierten in der Normandie gelandet. Die Rettung war nahe, aber nicht nahe genug. Die Gestapo war nach Korfu gekommen und das Oberkommando der Wehrmacht riet von der Deportation der Juden ab und warnte, dass dadurch deutsche Schiffe und Soldaten gefährdet würden, da die Alliierten näher rückten und die Ionischen Inseln bombardierten. Der befehlshabende Oberst der Wehrmacht auf Korfu verwies auf die Anwesenheit des Roten Kreuzes auf der Insel und legte dringend nahe, die Deportation zu verschieben. Er wusste, dass die Wahrheit vor dieser internationalen Organisation unmöglich geheim gehalten werden konnte und dass das Rote Kreuz Zeuge der deutschen Endlösung auf der Insel werden würde. Aber trotz alledem ließ sich die Gestapo nicht aufhalten und setzte mit kleinen, schrottreifen Booten, deren Seetüchtigkeit sehr fraglich war, ihren Plan in die Tat um.

Der Abtransport begann am 10. Juni 1944. Die Juden wurden aus der alten Festung in Korfu geholt und in die morschen Boote und auf die notdürftigen Flöße gepfercht und brachen in Richtung Auschwitz-Birkenau auf.

Als sie aus der alten Festung geholt wurden, drängten sich viele Gefangene vor, um zu den Ersten zu gehören, die in die Boote steigen und dem Verlies entkommen konnten. Sie ahnten nicht, dass es kein Entkommen gab. So seeuntauglich sie auch aussahen, hielten sich die morschen Holzboote mit der abgeblätterten Farbe und die schrottreifen Flöße über Wasser und brachten ihre menschliche Fracht ans Festland. Nach dem Krieg sagten viele der Überlebenden, sie wünschten, die Boote wären gesunken und alle an Bord wären einfach ertrunken. Der Tod auf dem Meer wäre, verglichen mit dem, was sie erwartete, angenehmer gewesen.

Einigen gelang es tatsächlich zu entkommen. Darunter war David Balestra, ein junger korfiotischer Jude, der über Bord sprang und sich ans Ufer von Lefkada retten konnte. Nach dem Krieg ließ er sich in Israel nieder und wurde Schwimmlehrer für Kinder.

Aber für Nino Nachschon kam eine Flucht nicht infrage. Mit seinen 19 Jahren war Nino ein geselliger junger Mann, dessen Lachen die Wohnung seiner Familie erfüllte, auch wenn sie oft nichts zu essen hatten. Ninos Vater war gestorben, als Nino noch klein gewesen war, und seine Mutter musste ihn und seine drei Geschwister allein aufziehen. Seine Familie war arm und das Leben im jüdischen Viertel war schwer. Aber für Nino hatte das Leben auf Korfu, selbst im Getto, seine Vorteile. Nino verbrachte unzählige Stunden mit seinen Freunden im Meer und war ein guter Schwimmer. Er schwamm so gut, dass er von dem schrottreifen Boot ins Meer hätte springen und an Land schwimmen können.

Während sein schwer beladenes Floß tief im Wasser lag, wanderte Ninos Blick zum Horizont, wo der Himmel das Wasser berührte. Er wusste, dass er es schaffen konnte. Tief in seinem Inneren wusste er, dass er mit Leichtigkeit ins Meer springen und sich ans Ufer retten und in Sicherheit bringen konnte. Das wusste nicht nur er; seine Mutter wusste es auch.

»Rette dich!«, flüsterte Ninos Mutter, die sich zu ihm hinüberbeugte. Während sie ihre Tochter und ihren jüngsten Sohn an sich drückte, flehte Ninos Mutter ihr ältestes Kind an. »Rette dich!«, forderte sie ihn noch einmal auf.

Nino saß schweigend neben ihr. Während sie sich immer weiter vom Ufer entfernten, nahm die Stimme seiner Mutter einen Befehlston an. »Ich weiß, dass du das kannst«, beharrte sie. »Ich weiß, dass du es schaffst. Rette dich! Lass uns hier zurück! Tu es!«

Aber noch während seine Mutter ihn anflehte, sich zu retten, klammerte sich Ninos jüngerer Bruder an ihn. »Bitte lass uns nicht allein«, bettelte er. »Bitte! Lass uns nicht allein.«

Während sich an diesem Tag das schrottreife Boot immer weiter von Korfu entfernte und er auf eine ungewisse Zukunft zusteuerte, tat der 19-jährige Nino etwas, das er nie zuvor getan hatte: Zum ersten Mal in seinem Leben widersetzte sich Nino Nachschon den Wünschen seiner Mutter. Nino schaute zu, wie andere ins Wasser glitten und davonschwammen, um sich zu retten, während er, von Angst und Hunger gequält, regungslos zwischen seiner Mutter und seinen Geschwistern in dem morschen Todesboot sitzen blieb.

An Land wurde Nino und seine Familie nach Patras gebracht, wo man sie in Züge mit Ziel Athen steckte. Mehrere Tage blieben sie im Haidari-Lager, einem KZ gleich außerhalb von Athen, bevor sie, einer über dem anderen, in Viehwaggons gepfercht wurden, ohne Wasser, mit wenig Luft und mit so gut wie keiner Überlebenschance. Während Nino und seine Mutter und Geschwister den Transport überlebten, kamen die meisten Juden von Korfu nie in Auschwitz-Birkenau an.

Als Ninos Zug dort ankam, wurden er, seine Brüder und seine Schwester in die Baracken geschickt. Ninos Mutter wurde noch in der ersten Nacht in die Gaskammer gebracht.

Genau wie Nino überlebte auch die 17-jährige Rebecca Aaron die Fahrt nach Auschwitz. Aber sie wünschte sich oft, sie hätte sie nicht überlebt. Rebecca und ihre Familie waren aus dem Getto geflohen und hatten in dem kleinen Dorf Kouramades, nur zehn Kilometer von Korfu-Stadt entfernt, Unterschlupf gefunden. Dann wurden die Plakate aufgehängt, die die Christen darauf hinwiesen, welche Strafe darauf stand, Juden zu verstecken und ihnen zu helfen. Diese Plakate waren das Todesurteil für Rebeccas Familie. Ein Beamter des Ortes, der sich wahrscheinlich bei den deutschen Soldaten Vorteile erhoffte, machte die Nazis darauf aufmerksam, dass sich die Familie Aaron in einer kleinen Berghütte gleich außerhalb des Dorfes versteckte. Rebecca und ihre Familie wurden sofort gefangen genommen und waren die letzten Juden von Korfu, die in die Boote gepfercht wurden.

Als die Türen ihres Waggons bei der Ankunft in Auschwitz geöffnet wurden, musste Rebecca hilflos zusehen, wie ihre Familie getrennt wurde. Bevor an diesem ersten Tag in Auschwitz die Sonne unterging, wurden 40 Mitglieder von Rebeccas Familie ermordet, darunter ihre Mutter und ihre Geschwister.

Das Auswahlverfahren im Todeslager der Nazis war denkbar einfach: Wer arbeiten konnte, wurde in die Baracken geschickt und zur Arbeit eingeteilt. Alle, die krank, schwach oder gebrechlich waren, wurden sofort nach ihrer Ankunft entsorgt.

Die Fahrt von Korfu bis zu den Toren von Auschwitz dauerte fast einen ganzen Monat und gehörte zu den längsten und beschwerlichsten Fahrten, die Gefangene der Nazis ertragen mussten. Dazu kam, dass die korfiotischen Juden das milde griechische Klima gewohnt und schlecht ausgerüstet und unzureichend vorbereitet waren. Sie hatten kaum eine Chance, den Transport zu überleben. Wenn die SS-Soldaten die Türen zu den griechischen Waggons öffneten, wurden sie oft von einer Todesstille begrüßt.

Manchmal zogen selbst diejenigen, die den Transport überlebten, den Tod dem vor, was die SS-Soldaten mit ihnen vorhatten. 435 Männer aus Korfu überlebten die Fahrt, entschieden sich aber freiwillig für den Tod, um nicht zum Sonderkommando eingeteilt zu werden, einer jüdischen Einheit, die von den Nazis eingesetzt wurde, um die Leichen zu entsorgen.

Insgesamt wurden 1795 Juden von Korfu deportiert. Von ihnen überlebten nur 121 den Krieg.

Natürlich gelang es einigen, die sich wie Daniel Soussis versteckten, der Deportation zu entkommen. Geschichten von Verrat, wie das Schicksal von Rebecca Aarons Familie und Daniel Soussis’ Mutter, gab es viele. Während die Mehrheit der Juden und Christen auf Korfu harmonisch zusammenlebte, gab es auf der Insel auch einen unterschwelligen Antisemitismus. Schon im 15. Jahrhundert stellten die venezianischen Herrscher dafür die Weichen, als sie die Juden der Insel von ihren griechischen christlichen Nachbarn trennten und das Getto errichteten, in dem die Juden leben mussten. In einer unheimlichen Vorschau auf das, was Jahrhunderte später während der deutschen Besatzung geschehen würde, wurden kleine, gelbe Knöpfe gefertigt und an die Gemeinde verteilt. Die gelben Knöpfe mussten alle Juden, die 13 Jahre oder älter waren, an der Jacke tragen, wenn sie sich außerhalb des Gettos bewegten.

1891 spaltete eine Blutanklage die Inselbewohner noch mehr, als der Mord an einem achtjährigen Mädchen fälschlicherweise Mitgliedern der jüdischen Gemeinde angelastet wurde. Auf der Insel wurde das Gerücht verbreitet, dass ihr Blut bei einem rituellen Passahopfer vergossen worden sei, da christliches Blut angeblich eine geweihte und makabre Zutat für ungesäuertes Matzenbrot sei. Eine Untersuchung stellte fest, dass diese Geschichte und die Gerüchte von einem rituellen Opfer völlig aus der Luft gegriffen waren und dass das ermordete Mädchen in Wirklichkeit eine Jüdin und keine Christin gewesen war. Aber die Wahrheit kam zu spät ans Licht, und der Schaden ließ sich nicht mehr gutmachen. Obwohl Jahrzehnte vergingen, konnten das Misstrauen und der Verdacht nie ganz ausgelöscht werden. Durch die deutsche Besatzung hatten die Griechen, die ihren Hass auf Juden vorher nur flüsternd verbreitet hatten, endlich eine Plattform und ein Ventil, um ihren Hass auszuleben.

Und dann gab es Menschen, die ihre jüdischen Nachbarn aus keinem anderen Motiv als aus purer Habgier auslieferten. Eine Geschichte wird in den Straßencafés und an den Küchentischen auf Korfu seit Langem flüsternd weitererzählt. Es ist die Geschichte von zwei Freunden. Einer war Jude und einer war Christ. In einem verzweifelten letzten Versuch, seine Tochter zu retten, schmuggelte ein Jude sie zu einem christlichen Bekannten. Der Jude flehte ihn an, seine Tochter zu retten, und gab ihm das ganze Geld, das er hatte, damit seine Tochter gerettet und gut versorgt würde. Er flehte den griechischen Christen an, seine Tochter bei sich aufzunehmen, sie als sein Kind auszugeben und als Dank für die Rettung seines Kindes das Geld zu nehmen. Der Christ nahm das Kind und das Geld – und lieferte das Kind prompt den Nazis aus. Das Geld behielt er für sich. Damit besiegelte er sein eigenes Schicksal und das Schicksal seiner Familie. Denn auch wenn der Anstand und die Moral sich von Habgier blenden ließen, war das Schicksal nicht blind. Seit diesem Tag wurde die Familie dieses Mannes vom Unglück verfolgt. Seine eigenen Kinder starben sehr jung.

Die Geschichtsbücher sind voll von solchen tragischen, düsteren Geschichten aus dem Holocaust, aber es gibt auch wenig bekannte Geschichten von Aufopferung und Rettung. Schätzungsweise konnten 200 korfiotische Juden der Deportation und dem Tod entkommen. Die meisten verdanken ihre Rettung griechischen Christen. Trotz der Gefahren, trotz der Todesdrohung durch die Nazis setzten diese Christen alles aufs Spiel, um sich moralisch richtig zu verhalten. Sie riskierten ihr eigenes Leben und das Leben ihrer Familien, um ihre jüdischen Freunde zu retten.

Meine Yiayia Avgerini war eine von ihnen.

GEFAHR FÜR ERRIKOUSA

Errikousa
September 1943

Obwohl sie Christen und von den Gräueltaten im jüdischen Getto kilometerweit entfernt waren, wussten die Bewohner der Insel Errikousa, dass sie gegen die Drohungen der Nazis nicht immun waren. Es war für Yiayia zwar ein Trost, dass ihre Verwandten auf Errikousa sie unterstützten, seit ihr Mann in Amerika war. Aber sie wusste auch, dass sie alles tun musste, um sich und ihre Kinder zu schützen.

»Wer ist gestorben, Mama?«, fragte die Schwester meines Vaters, Agatha. Sie saß auf dem Bett und schaute zu, wie ihre Mutter, meine Yiayia, nicht ihren typischen grauen Rock und ihre graue Bluse anzog, sondern sich von Kopf bis Fuß schwarz kleidete. Trauerkleidung.

Yiayia strich ihren wollenen, schwarzen Faltenrock glatt, knöpfte ihre schlichte, schwarze Bluse zu und knotete das schwarze Kopftuch, das ihre glatten Haare und den Mittelscheitel verdeckte, unter ihrem Kinn.

»Wer ist gestorben?«, fragte auch mein Vater, Anastasios, der allmählich ungeduldig wurde.

Sie wollten sich endlich auf den Weg zur Schule machen. Ihnen ging es nicht so sehr darum, pünktlich zum Unterricht zu kommen; aber der Lehrer hatte die Angewohnheit, Kinder, die zu spät kamen, zu ohrfeigen. Auf Errikousa wurden Kinder in jenen Jahren oft geschlagen – von Eltern, Lehrern, Verwandten, sogar von Fremden. Ein Kind bekam eine Ohrfeige oder ihm wurden die Ohren lang gezogen, wenn es vorlaut oder ungehorsam war – und manchmal war dazu auch überhaupt kein Grund nötig. Die Ohrfeigen waren genauso Teil der Kultur wie die Sitte, die Nachbarn mit »Yiasou« zu grüßen oder sich zu bekreuzigen, wenn man an einer Kirche vorbeiging.

Ihre Mutter interessierte es nicht, dass sie womöglich zu spät zur Schule kamen. Sie bestand darauf, dass die Kinder ruhig sitzen blieben. Sie hatte ihnen etwas zu sagen.

»Ihr seid jetzt Waisen.«

»Nein, das sind wir nicht«, widersprach Agatha.

»Was redest du da? Wir sind keine Waisen«, warf mein Vater ein.

Sie waren ganz sicherlich keine Waisen. Ihre Mutter stand vor ihnen und ihr Vater, mein Papou, war in Amerika. Sie hatten ihn seit Jahren nicht mehr gesehen, aber er war quicklebendig. Papou hatte Errikousa verlassen, bevor die Italiener und dann die Nazis gekommen waren. Er wollte arbeiten und genug Geld sparen, damit er die Familie zu sich nach Amerika holen konnte. Aber dann war der Krieg ausgebrochen und hatte es ihm unmöglich gemacht zurückzukommen. Er schickte ihnen Briefe. In den Umschlägen mit dem Stempel »Aus den USA« steckten Dollarnoten, die zwischen handgeschriebenen Seiten versteckt waren. Allerdings trafen diese Briefe inzwischen immer seltener ein. Dabei wurden sie jetzt dringender gebraucht als je zuvor. Aber alle paar Wochen kam solch ein Brief mit Geld, und das bewies, dass Papou lebte und dass es ihm in Amerika gut ging, während Yiayia auf das Ende des Kriegs wartete und alles tat, um auf Errikousa zu überleben.

»Doch«, beharrte Yiayia. Sie packte beide Kinder am Arm und schüttelte sie, um ihre ganze Aufmerksamkeit zu haben. »Doch, ihr seid Waisen. Wenn die deutschen Soldaten fragen, wo euer Vater ist, sagt ihr, dass er tot ist. Ihr dürft ihnen nie verraten, dass er in Amerika ist. Versteht ihr? Niemals!« Mit den Einzelheiten des Krieges, der Politik und den Gründen, warum sich die Alliierten gegen die Deutschen zusammengeschlossen hatten, kannte sich Yiayia nicht genau aus. Aber sie hatte genug verstanden, um zu wissen, dass die Deutschen die Amerikaner hassten. Sie wusste, wenn die Nazis erfahren sollten, dass ihr Mann in den Vereinigten Staaten lebte, würde ihre Familie wahrscheinlich wie die Familie eines Amerikaners behandelt werden. Das konnte sie nicht riskieren.

Agatha war erst sieben und mein Vater war neun, aber auch sie begriffen es, noch bevor sie es laut aussprach: »Sie werden uns alle töten, wenn sie hören, dass euer Vater in Amerika ist.«

»Ja, Mama.« Agatha und mein Vater nickten beide. Aber mit einem einfachen Versprechen gab sich Yiayia nicht zufrieden.

»Schwört es!«, verlangte sie und nahm die Ikone von Korfus geliebtem Schutzpatron, dem heiligen Spyridon, von ihrem Platz an der Wand. »Schwört es beim heiligen Spyridon.« Sie hielt den Kindern die Ikone hin.

Die beiden waren klug genug, sich nicht mit Yiayia oder dem Heiligen anzulegen. Vor beiden hatten sie eine gehörige Portion Respekt und Angst. Agatha und mein Vater legten jeweils den Daumen, Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand zusammen und machten dreimal das Kreuzzeichen, bevor sie die Ikone küssten.

Jetzt war Yiayia zufrieden. Sie öffnete die Tür und schickte die beiden Kinder zur Schule. Mein Vater und Agatha rannten den ganzen Weg – einen Feldweg mit Blick aufs Meer – den Hügel hinab zum Schulhaus. Die Schule stand im Schatten des alten Friedhofs neben der Kirche und bestand nur aus einem einzigen Raum.

Yiayia trat in die Morgensonne hinaus, wo ihre Schwägerin, Agathe, auf der Terrasse wartete. Agathe wohnte mit Papous Bruder, Costa, und ihren fünf Kindern in dem schlichten Haus nebenan. Zwischen den beiden Häusern gab es keine Grundstücksgrenze und zwischen den zwei Familien gab es auch keine Grenze. Bevor Papou weggegangen war, hatte er seine Familie seinem Bruder anvertraut. Diese verantwortungsvolle Rolle hatte Costa mit Stolz übernommen und füllte sie gewissenhaft aus. Die Kinder waren mehr wie Geschwister als wie Cousins und Cousinen, und die Schwägerinnen waren wie Schwestern. Die Frauen standen sich sogar näher als Schwestern, da ihre Lebensumstände sie noch enger miteinander verbanden als Familien- oder Blutsbande. Was ihnen an materiellen Gütern fehlte, machten die zwei Familien durch Liebe wett. Agathe, eine zierliche Frau, die schnell zu einem Lächeln bereit war oder auch zu einer Ohrfeige, wenn die Kinder nicht gehorchten, und meine Yiayia mit ihren rabenschwarzen Haaren und Augen von der Farbe schwarzer Oliven teilten alles miteinander: Essen, Arbeit, Dinge des täglichen Lebens und Sorgen.

An diesem Morgen gönnten sich die Schwägerinnen einen seltenen Luxus: Die zwei Frauen saßen zusammen auf der Terrasse, während die frisch aufgehängte Wäsche über ihnen im Wind flatterte und die Hühner im Stall hinter der Terrasse nach Körnern pickten und gackerten.

Sie waren alles andere als reich, und ihre Häuser waren in jeder Hinsicht bäuerlich und schlicht. Aber diese Aussicht! Ihre Aussicht war Tausende, wenn nicht sogar mehrere Millionen Drachmen wert. Von der unebenen Terrasse aus konnten sie über die alten, knorrigen Olivenbäume blicken. Selbst von so weit oben konnten sie jede einzelne große, gelbe Zitrone an den Zitronenbäumen am Fuß des Hügels sehen. Diese Zitronen waren so groß, dass man sie für Pampelmusen hätte halten können, wenn ihre sonnengelbe Farbe nicht gewesen wäre. Unten am Hang, hinter den Bäumen und den wenigen primitiven Steingebäuden und getünchten Häusern, konnten die Frauen bis zum Strand und zum winzigen Hafen blicken. Der Hafen war mit Ausnahme von einigen kleinen, verwitterten Fischerbooten, die auf dem Meer schaukelten, leer.

Aber Yiayia und Agathe hatten die Neuigkeit gehört. Und sie wussten, was auf sie zukam. Sie wussten, dass die Italiener kapituliert hatten und dass früher oder später deutsche Schiffe im Hafen anlegen würden. Niemand wusste, was das genau bedeuten würde, nur, dass alles schlimmer werden würde.

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Sie war arm, kaum gebildet, aus der Provinz. Wie so viele Griechinnen ihrer Generation war meine Yiayia Avgerini dazu geboren zu dienen – zuerst ihren Eltern und ihrer Kirche und dann ihrem Mann, ihren Kindern und ihren Enkeln. Nichts wies darauf hin, dass Yiayia oder ihr Leben je aus dem üblichen Rahmen gefallen wäre. Es dauerte fast 70 Jahre, bis wir begriffen, wie außergewöhnlich sie gewesen war.

Yiayia wohnte auf der winzigen, abgelegenen Insel Errikousa, nur zehn Kilometer, aber trotzdem Welten entfernt von der vergleichsweise kosmopolitischen Insel Korfu. Errikousa liegt an der Nordwestspitze Griechenlands, nur wenige Kilometer von der albanischen Küste entfernt, deren sandige Strände man von den dichten, grünen Hügeln der Insel aus mit bloßem Auge sehen konnte.

In den 1940er-Jahren und auch noch Jahrzehnte später war Errikousa eine abgeschiedene Insel. Es gab nur wenige Telefone, kaum Strom, Toilettenhäuschen hinter dem Haus, keine Polizei, keine Ärzte und keine Geschäfte. Die Inselbewohner führten ein einfaches und beschauliches Leben und fuhren in den kleinen Fischerbooten nach Korfu mit, wenn sie etwas brauchten, das nicht geerntet, gefischt oder selbst hergestellt werden konnte.

Auf Errikousa bestand eine Inselgemeinschaft, in der Bescheidenheit und Moral sehr wichtig waren. Oft wurden Mädchen schon als Jugendliche verheiratet. Am Morgen nach der Hochzeit hing als Beweis dafür, dass die Braut noch Jungfrau gewesen war, ein Bettlaken mit Blutflecken an einem Olivenbaum. Obwohl sie auf einer Insel lebten, lernten Frauen und Mädchen nie schwimmen. Einen Badeanzug anzuziehen und im Meer zu baden, wurde als schamlos und skandalös betrachtet und brachte Schande über die Familie eines Mädchens. Selten, wenn überhaupt jemals, wurde ein Mädchen in der Generation meiner Yiayia in das winzige Schulhaus von Errikousa geschickt, um etwas zu lernen. Kochen, Putzen, die Versorgung des Viehs und die Bestellung des Gartens waren die einzigen Fertigkeiten, die eine Frau beherrschen musste, und sie wurden zu Hause unter den wachsamen Augen von Müttern, Tanten und Großmüttern erlernt.

Gesellschaftlich und spirituell drehte sich das Inselleben um die winzige Kirche Sankt Nikolas, in der Sonntagsgottesdienste, Feste, Hochzeiten, Sakramente und Namenstage gefeiert wurden. Das kleine, mit Ikonen geschmückte Gotteshaus unmittelbar neben dem alten Friedhof und nur wenige Schritte vom Schulhaus entfernt, war buchstäblich Herz, Seele und Mittelpunkt des Insellebens. Yiayia und die Inselbewohner hatten einen tiefen Glauben. Sie fuhren auch regelmäßig von ihrer Insel nach Korfu, um die Kirche zu besuchen. Als 1944 die Nazisoldaten alles taten, um die jüdische Gemeinde zu vernichten, fielen Bomben der Alliierten auf Korfu und zerstörten einen großen Teil der Altstadt. Während die umliegenden Gebäude verbrannten und in Schutt und Asche gelegt wurden, blieb die Kirche mit ihrem ikonengeschmückten Marmoraltar, ihren kunstvollen Deckengemälden mit silbernen Laternen und ihrem eindrucksvollen Glockenturm unversehrt und intakt.

Yiayia