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Guten Tag und willkommen in meiner einfachen Welt!

 

 

 

 

 

Ich bekam gerade noch einen Big Mac durch die Plexiglasöffnung geschoben, bevor der Scheißladen zumachte. Es war fünf Uhr morgens. Mein 220er Mercedes schob sich schwerfällig durch den Berufsverkehr. Ich war wohl nicht der Einzige, der nicht geschlafen hatte, denn einige bewegten sich auffällig müde durch die Gegend. Ein Typ stand an der Ampel, er hatte Grün, doch er bemerkte es zu spät. Als er endlich losschlurfen wollte, spritzte ich ihm mit meinen Diagonalreifen den halben Inhalt der Regenwasserpfütze an den hellen Popelinmantel. Er fluchte, ich sah es im Rückspiegel.

Ich kam von der Arbeit. Hamburg, da hatte ich ein paar Tage in einem der schäbigen, aber gut frequentierten Varietés gastiert. Meist kamen irgendwelche Angeber, mit ihren Tussis, aufgetakelt und am Samstag nicht auszuhalten. Wär ich lieber Raumausstatter geblieben. Ich hielt an diesen Tagen manchmal stundenlange Monologe im Hotelzimmer vor dem Spiegel, damit ich mal einen normalen Menschen vor mir hatte. Ich hatte mich am Vortag rasiert, sodass die Stoppeln noch sehr kurz waren. Der Wagen fraß Unmengen Benzin. Doch musste er herhalten, für das Image. Ein Star muss irgendeinen blöden Wagen fahren oder einen Spleen haben, der nicht alltäglich ist, zum Beispiel teures Werkzeug sammeln wie ich. Die Türen waren bereits vom Rost zerfressen, und ich hatte die unteren Hälften mit Klebeband und weißer Farbe für den TÜV zurechtgefriemelt.

Ich habe nichts gegen Leute. Normalerweise bin ich immer freundlich. Aber heute dachte ich nach. Ich sah im Vorbeifliegen so viele Veränderungen in der Welt, wie konnte das alles in so kurzer Zeit geschehen? Auf dem Weg von Hamburg ins Ruhrgebiet konnte ich die Autobahn kaum wiedererkennen, obwohl ich erst vier Tage vorher da hergekommen war. Die Baustellen waren allesamt neu. Mir schoss der Gedanke durch den Kopf, dass auch ich mit meinen Steuern für diese Veränderung zur Rechenschaft zu ziehen wäre. Am Ende. Man weiß ja nie, wie die politischen Verhältnisse sich überholen. Und dann kommen sie und wollen alles wieder abreißen.

Ich hatte einen Moment nicht aufgepasst. Ich gab Gas. Damit der Typ, der mir von rechts fast an die Karre geknallt wäre, in letzter Sekunde ausweichen kann. Nichts passiert. Ich kramte währenddessen im Kassettenfach herum. Verdammt, irgendwo muss doch die scheiß Tonkassette von Mötley Crüe sein! Ich warf wütend die ganzen Kassetten durch den Wagen, endlich hatte ich sie. Mit einem Grinsen schmiss ich die Kassette in den Schlitz. Whammmm! Jaaa, genau!!! Meine Augen funkelten. Ich hörte zu. Was für eine Musik! Der Tacho zeigte so um die achtzig an.

An der Gemeinschaftsgrundschule trat ich jäh auf die Bremse. Beinahe! Ich schmiss die Kippe aus dem halb geöffneten Fenster. »tschuldigung!«, rief ich dem Kind mit dem Riesentornister hinterher. Die sind so klein, die kann man nicht sehen. Deshalb soll man langsamer fahren. So um die dreißig km/h. Aber auch bei zehn Stundenkilometern kann man schon tödlich verunglücken.

In einem meiner Sportwagen, schlecht gelaunt

Ich musste plötzlich daran denken, wie ich mit dem Schlitten als Sechsjähriger auf dem Bauch liegend mit dem Kopf vor eine Buche gewummst bin. Das tat weh. Das waren bestimmt dreißig Stundenkilometer. Vielleicht. Vielleicht sogar mehr! Oder aber doch lieber weniger? Ich weiß es nicht mehr so genau. Mein Leben hätte ganz anders verlaufen können. Müssen! Doch meine unglaubliche Ungeduld hat mich schließendlich in meine heutige Situation katapultiert. Auch gut. Ich aß den Rest aus der Big-Mac-Schachtel auf. Hm, lecker. Gleich war ich zu Hause, da musste ich wieder so tun, als würde ich ausschließlich Biozeugs essen, und nachher Kuchen bei einem Naturkostkonditor kaufen für die Familie. Na ja, sind ja fast mehr Hunde als Leute. Als ich die Haustür aufschloss, biss mich der eine Hund, wir haben zwei. Er hatte mich nicht sofort erkannt. Ich tröstete ihn mit der Fleischwurst, die ich ihm aus dem Kühlschrank holte. Er aß sie mit einem einzigen Biss. Der andere Hund leckte mir die Knie. Als ich aus der Dusche stieg und mich abtrocknen wollte, erledigten das auch die Hunde. Meine Frau schlief noch, es roch nach Bier und Zigaretten. Ich zündete mir, bevor ich mich hinlegte, noch eine letzte Zigarette vor dem Schlafengehen an.

Einer unserer Hunde

Es war kalt, ich schloss das Fenster im Schlafzimmer und legte mich rauchend zu Talula (Name geändert). Sie öffnete kurz die Augen. »Tach Schatz, du musst Getränke holen und Butter.« Ihre Stimme klang, als wenn ich meine Kreissäge anwerfe. Manchmal bastel ich nämlich. Die gesamte Wohnungseinrichtung habe ich selbst gezimmert. Außer ein paar alten Möbelstücken, zum Beispiel einer Couch, die habe ich vor dreißig Jahren auf der Straße gefunden, jetzt schläft der eine Hund drauf. Mit Zigarette im Mund schlafe ich fast ein, kann sie aber noch in dem Joghurtbecher ausmachen, damit die Bude nicht wieder abfackelt. Ist nämlich schon mal passiert. Aber das war ich nicht selbst, sondern meine Tochter. Sie lebt jetzt in Amerika. Ich hab noch andere Töchter. Eine ist Nichtraucherin. Aber nur, weil die noch so klein ist. Komisch, ich hatte über zehn Jahre nicht geraucht. Und jetzt, wo man so schief angeguckt wird, wenn man mit Zigarette im Mund rumläuft, fällt es mir wieder ein. Das Rauchen. Ist irgendwie gut. Man ist jetzt so eine Art Outlaw. Wie Helmut Schmidt und seine Frau.

Leider habe ich nur ein einziges Foto von Talula.

 

Ich erinnere mich, dass ich, als ich sechs Jahre alt war, mit dem Schlitten den Abhang herunterfuhr, die Kurve vor der alten Trauerweide nicht bekam und mit dem Kopf an der zerklüfteten Rinde des Baumes aufschlug. Blut klebte in meinen Haaren, und die Rinde war auch etwas rot. Der Schmerz trat nicht sofort ein, erst nach einer Weile. Ich hörte die anderen Jungs wie durch eine dicke nebelige Pappwand. Sie riefen meinen Namen. Ich antwortete nicht. Ich lag nur da, immer noch auf dem Schlitten. Ich war auf dem Bauch den Berg heruntergefahren. Es war eisig, und die Piste war spiegelglatt. In jeder Stadt, in jedem Stadtteil gab es diese sogenannten Todesbahnen. Diese hier war besonders gefährlich. Die Jungs beratschlagten, was sie mit mir anfangen sollten, ich lag außerdem im Weg. Sie zerrten an meinem Schlitten und zogen mich von dem Baum weg. Als einer sah, dass ich blutete, wollten sie meine Mutter holen gehen.

Ich bekam das mit und sprang auf, nein, das wollte ich auf keinen Fall. Außerdem war meine Mutter ja arbeiten. Also fuhr ich noch den ganzen Nachmittag Schlitten. Am schnellsten war man, wenn man sich mit anderen zusammenband, das heißt, die Schlitten wurden mit den Leinen aneinandergebunden. So entstand eine lange Reihe von manchmal acht Schlitten. Der Vordermann hatte den ganzen Tross zu lenken. Die Beine mussten hoch sein, alle lagen auf dem Bauch. Mit Karacho ging’s so den Berg hinunter. Das war schon ziemlich gefährlich. Abends, als ich nach Hause kam, bemerkten sie meine Kopfverletzung. Ich bekam eine Tracht Prügel. Nachts, als alle schliefen, kroch ich heimlich aus dem Bett und klaute meinem Vater aus dem Wohnzimmerschrank eine Zigarre. Ich rauchte sie am leicht geöffneten Küchenfenster. Streichhölzer hatte ich aus dem Badezimmer, ich hatte auch schon oft den Badeofen angemacht, deshalb kannte ich mich schon als kleiner Knirps mit Feuer und so aus. Ich klaute, um die Tracht Prügel zu rechtfertigen. Sozusagen als Belohnung.

Die Zigarre schmeckte mir gar nicht. Auch heute sehe ich Parallelen zu jenen Tagen, ich kaufe zum Beispiel am laufenden Band Autos, obwohl sie mir von Anfang an nicht gefallen und ich gar nicht weiß, wohin damit. Auf diese Weise gehörten mir fast alle Automarken, angefangen von Aston Martin über Ferrari und Maserati bis hin zu Honda oder Toyota, ganz zu schweigen von Mercedes, Opel oder Ford. Aber ganz bescheuert ist das herausragende Faible für die Marke Peugeot, mir gehörten tatsächlich schon alle bisher gebauten Typen, angefangen mit einem 1927er Lieferwagen bis zum modernsten Exemplar. Aber ich kann nur ein einziges Auto dieser Marke wirklich lieben, und zwar mein erstes Auto, den 404. Der ist aber schon Schrott. Ich habe diesen Wagen sogar schon drei Mal gekauft, immer wieder denselben. Ich habe die Besitzer ausfindig gemacht und ihn zurückgekauft. Genau wie mein erstes Motorrad, eine 250er BMW mit Seitenwagen. Die habe ich noch. Ich bezahle dafür ca. 25 Euro Versicherung im Jahr.

Mein neuer Peugeot

Da fällt mir wieder der Badeofen ein. Ich habe damals meine Zahnspange da reingeworfen, weil ich sie nachts nicht tragen wollte. Ich hatte den Zahnarzt bekniet, dass er mir erlaubt, sie tagsüber nicht anziehen zu müssen, wegen der Schule, ich hatte ihm gesagt, die anderen Schüler würden sich lustig machen über mich. Und da hat er sie nur für nachts angeordnet und dieses meinen Eltern vermittelt. Doch hatten sie die Überreste dann in dem Badeofen gefunden. Die Drähte waren nicht verbrannt, sie schillerten grünlich. War glaube ich Kupfer. Apropos Kupfer: Wer würde von so einem Typen wie mir denken, dass ich nachts auf Baustellen Kabel und so klaue, den Kupfer von dem Plastik trenne und das ganze Metallzeugs auf dem Schrott verkaufe? Niemand. Aber alle denken immer nur: Der Schneider, der hat ja Geld genug. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ich habe immer zu wenig. Finde ich. Das ganze Geld, was in den Konzerten reinkommt, geht fast ungefiltert zum Finanzamt. Der Rest geht für Essen drauf und für Instrumente, Klamotten, Kinderspielzeug, Autos, was weiß ich. Wann kann ich meiner Frau mal einen schönen Slip kaufen, vielleicht auch mal eine Blume? So gut wie nie.

Doch manchmal bringe ich von der Autobahn was mit. Dann freut sie sich. Sie ist sowieso eine bemerkenswerte Frau. Ich bemerke sie schon an ihrem Husten, es hallt durch das ganze Haus. Auch der ewige Qualm. Als Raucher jedoch muss man das tolerieren. Wenn ich ehrlich bin, ich rauche zwar selber sehr sehr gerne, aber den Rauch kann ich nicht ab. Vor allem von andern Rauchern. Es geht so weit, dass ich meiner Band allesamt das Rauchen verbiete, aber selber heimlich auf dem Klo rauche. Aber man muss ja Vorbild sein. Vor allem, wenn man Kinder hat. Man hat mich als Junge schon zum Rauchen verführt. Da war ich zwölf oder dreizehn. Ein Größerer war das, der Stratmann von der anderen Straße. Der war drei Jahre älter. Ich wollte das auch können. Nicht nur so wie mit der Zigarre, als ich sechs war. Nein, so richtig Raucher sein, mit allem Drum und Dran, auch Weiber und so. Tanzen gehen, inne Disco. Mal eine aufreißen. So hatte man mir das auf jeden Fall erzählt. Das wäre was. Und Bier trinken. Ich bestellte mir bei Wicküler einen halben Liter Bier und trank ihn auf ex. Ja, so ging das. Ich war erst dreizehn, sagte aber dem Wirt, dass ich schon älter bin. Der war ein dufter Typ, der kannte meinen Vater gut, das wusste ich nicht. Und trotzdem ließ er mich das Bier trinken. Er meinte es gut. Er dachte, davon würde mir schlecht und ich würde nie mehr ein Bier trinken wollen.

In manchen Ländern ist es ganz normal, eine Waffe zu tragen, sogar in der Kirche. Hier verschaffe ich mir Zugang zu den Kollektebeuteln.

Ich trinke im Urlaub ausschließlich aus dem Pappkanister.

Ein paar Jahre später, als ich in derselben Kneipe Jägermeister trinken wollte, nahm er mich zur Seite und hielt mir einen Vortrag über Alkoholismus. Ich sah ein, dass das nicht gut ist. Aber noch nicht sofort. Erst ein Penner auf dem Bahnhof musste mich überzeugen, dass Alkohol scheiße ist. Ich stand mit einer Flasche Wermut auf dem Bahnsteig, da kam er an, unrasiert und mit ein paar Tüten in den Händen, es war kalt, und er fror. Er schaute mich an und sprach mit mir. Ich solle nicht stolz darauf sein, jetzt unbedingt diese Flasche Wermut in der Öffentlichkeit trinken zu wollen, ich solle aufpassen, wie schnell würde man süchtig nach diesem Zeug, er weiß, wovon er spricht. Dann ging er weiter. Mein Zug kam, und ich schmiss die Flasche in den Papierkorb aus Stahl. Ich werde das trockene Klirren der Flasche nie vergessen. Für mich die Rettung. Ich bin diesem Typen bis heute dankbar. So ist das Leben. Es gibt Situationen, die prägen einen in Sekunden.

 

Wenn ich darüber nachdenke, was mich am meistenmotiviert hat, Musik zu machen, fallen mir einige wenige Konzerte ein, bei denen ich das Glück hatte, dabei sein zu dürfen. Da sind erst einmal die paar Konzerte der Superlative, wie zum Beispiel die Sänger, die ich gesehen habe, live, Sammy Davis junior, Frank Sinatra, Tony Bennett und, nicht ganz live, aber im Fernsehen in einer Live-Übertragung, Elvis. Aber noch mehr Thrill gaben mir die Konzerte, wo ich näher dran war, zum Beispiel habe ich, und das verdanke ich vielleicht meiner Intuition, den Pianisten Teddy Wilson live in der Stadthalle meiner Heimatstadt gesehen, oder den Geiger Joe Venuti. Jazzlegeden. Dexter Gordon war ein Erlebnis, genauso wie Dizzy Gillespie oder Freddie Hubbard. Und bei Sonny Rollins war ich schon dreimal. Als ich Sammy Davis gesehen habe, 1976, saß am Schlagzeug Buddy Rich. Und am Bass war Al McKibbon. Sammy Davis sang »Girl from Ipanema«, nur von Bass und Schlagzeug begleitet. Wenn ich heute daran denke, weiß ich, dass so etwas nie mehr vorkommt. Es ist Vergangenheit in der Musikgeschichte, die mit der Schnelllebigkeit unserer Zeit nicht konkurrieren kann. Von Beethoven wird man immer sprechen, von Buddy Rich nicht. Den Jazzschlagzeuger kann man nicht fassen, man kann ihn nicht konservieren. Er spielt, solange er lebt. Ich höre kaum Schallplatten, ich habe erfahren, wenn man mal jemanden live gesehen hat, reicht das fürs ganze Leben. Ich muss davon keine Reproduktion haben. Aber ich denke oft daran.

Die Ente springt mal wieder sofort an. Irgendetwas muss verkehrt sein. Bei jedem Wetter. Ich habe heute versucht, eine grüne Plakette für den Wagen zu bekommen. Geht nicht. Obwohl die Ente ja nur ein paar Liter Benzin verbraucht. Mein Chevrolet-Van hat die grüne Plakette, er verbraucht circa zwanzig Liter auf hundert Kilometer, wahrscheinlich aber weitaus mehr, so in der Stadt. Ich fahre trotzdem mit der Ente, weil sie sehr bequem ist. Und es ist mir sogar schon von einem, dem ich wohl zu langsam war, angedroht worden, mich kaltzumachen. Das macht mir immer Spaß. Ich klebe mir manchmal, nur zum Vergnügen, ein Schild hintendrauf mit der Aufschrift »6 Kilometer«. Der Mercedes ist nur für besondere Anlässe. Er gehört sowieso meiner Frau. Dementsprechend sieht er auch aus.

Total verbeult. Es ist eine Muss-Ehe. Sie wusste nicht, wen sie sonst nehmen sollte. Ich kannte sie gerade zwei Tage. Widerwillig schlug ich ein. Wegen der Mitgift. Ihr Vater ist Graf. Pornograf. Nein, Spaß beiseite, mein Privatleben geht keinen was an. Deshalb schreibe ich dieses Buch. Ich habe eben Dschungelcamp gesehen. Da hat einer Krokodilfüße gegessen. Und Augen. Was soll denn das? Ich sehe mich schon in ein paar Jahren auch in einem dieser Camps, wie ich lebendige Quallen schlürfe und wie der Kameramann mir beim Kacken mit der Kamera zwischen den Beinen rumfummelt, um vollgeschissen zu werden. Vielleicht habe ich dann keine Wahl. Ich denke, besser ist, wenn kurz vorher ein Komet in die Erde einschlägt, mindestens dreißig Kilometer Durchmesser.

Talula, als sie noch ein Mann war, und ich

 

In Paris ist schlechtes Wetter. Ich gehe über die Champs. Die Silhouette des Arc de Triomphe steht fast drohend rechter Hand gen Himmel. Ich biege zum Montmartre ab. Schlurfe die letzten Stufen zum Büro unserer Auslandsagentur hoch. Der Franzose, der mich für Konzerte bis runter zur Côte d’Azur bucht, macht wohl ein Nickerchen. Ich schlage an den Türring. Oder er steht auf dem Klo. Ich hasse die Toiletten in Frankreich, seitdem ich mir einmal auf die heruntergelassene Hose geschissen hab in dieser blödsinnigen Haltung. Eine weiße Lee-Jeans. Nach einer Weile öffnet Alain.

»Bonjour, Monsieur Schneider, ça va?« Ich antworte in Deutsch, weil ich des Französischen zwar mächtig bin, aber keine Lust habe. Es muss reichen, wenn ich meine ganzen Songs und die Ansagen auf Französisch runterspulen kann. Nach einer Viertelstunde verlasse ich das Büro. Fotos für Plakate sind ausgesucht, und man hat mir ein paar lukrative Gigs in Marseille, Bordeaux und Avignon angeboten. Zusammen mit Johnny Hallyday, einem wahnsinnig berühmten Rock-and-Roll-Heroen. Und natürlich Paris, Place Pigalle. Drei Tage. Schon ausverkauft. Mal sehen, vielleicht geh ich da gar nicht hin. Man muss immer mal wieder für Irritationen sorgen, sonst spricht die Welt nicht genug über einen, dann kann man seinen Beruf an den Nagel hängen, dann kommt nämlich keiner mehr.

MCM