VVorwort zur 3. Aufl.


Die IFRS sind ihrer Dynamik und Unübersichtlichkeit treu geblieben. Zahllose Projekte sind trotz mehrjähriger Beschäftigung noch im Fluss; die Lücke zwischen in London vom IASB verabschiedeten und in Brüssel von der EU übernommenen Regelungen wird breiter. Trotz dieser Probleme war eine Überarbeitung des Lehrbuchs geboten, weil viele Inhalte zu ergänzen, zu ersetzen oder zu modifizieren waren.

Die Überarbeitungen sind inhaltlicher und didaktischer Natur. Substanziell erfolgten sie im Bereich des Rahmenkonzepts, des Leasing, der Umsatzerlöse, des Konzernabschlusses und der empirisch messbaren Wirkungen von IFRS. Eine didaktische Unterstützung besteht in der nunmehr jedes Kapitel beschließenden Zusammenfassung in Thesen.

Durchgängig verwendet habe ich die in London vom IASB verabschiedeten aktuellen Regelungen, ohne an EU-Umsetzungen früherer Regelungen dann vorbeizugehen, wenn die IFRS aus London noch beträchtliche Umsetzungsrisiken in Brüssel aufweisen. Letzteres ist beispielsweise bei Finanzinstrumenten der Fall. Hier gibt es Doppeldarstellungen alter und (in kürzerem Umfang) zu erwartender neuer Regelungen.

Bei der Überarbeitung hat mir erneut mit großem Einsatz Frau Dr. Annette Witzleben, MBR, durch ihre gleichermaßen kritische wie konstruktive Durchsicht geholfen. Weitere hilfreiche Unterstützung erfuhr ich von Frau Dipl.-Kffr. Serpil Caliskan. Ihnen beiden gilt mein herzlicher Dank! Herrn Dennis Brunotte danke ich gleichermaßen für seine erneut gute Betreuung beim Verlag. Der Dank an meine Frau bleibt unermesslich.

Januar 2013

Wolfgang Ballwieser

VIVorwort zur 2. Aufl.

Die IFRS sind ein dynamisches Regelwerk, wobei die Kurzfristigkeit be stehender Normen durch die Finanzkrise und die damit verbundene Diskussion über Zweckgesellschaften und fair values nochmals zuge nommen hat. Die daraus sich ergebenden Wirkungen versucht die Neu auflage des vorliegenden, gut aufgenommenen Buches zu berücksichtigen. Wesentliche Veränderungen im Regelwerk betreffen die Präsentation des Abschlusses, den Segmentbericht, die Kapitalkonsolidierung und die Umklassifikation von Finanzinstrumenten. Darüberhinaus wurde Kapitel 10 über die empirisch festgestellten Wirkungen von IFRS be trächtlich erweitert. Ergänzt wurde das Buch um Abschnitt 2.6 zur Bezie hung von Finanzkrise und fair values.

Durchgängig verwendet habe ich die in London vom IASB verabschiedeten Regelungen. Soweit EU-Umsetzungen fehlen, darf man davon ausgehen, dass diese in Kürze erfolgen werden.

Die Überarbeitung als wahres Vergnügen bezeichnen zu wollen, wäre übertrieben. Zu aufwändig ist – auch mit elektronischer Hilfe – die Infor mationsbeschaffung und deren Verdichtung. Ich danke deshalb umso herzlicher Herrn Dr. Michael Dobler, MBR, und Frau Dipl.-Kffr. Annette Witzleben für die kritische Durchsicht und die daraus resultierenden Anregungen. Herrn Dennis Brunotte danke ich herzlich für seine Ge duld und die gute Betreuung beim Verlag. Der Dank an meine Frau ist unermesslich.

Ostern 2009

Wolfgang Ballwieser

VIIVorwort zur 1. Aufl.

Heute muss man die Notwendigkeit, sich mit den International Financial Reporting Standards (IFRS) auseinanderzusetzen, nicht mehr begründen. Durch die IAS-Verordnung der EU wurden sie für kapitalmarktorientierte Konzerne grundsätzlich ab dem Geschäftsjahr 2005 obligatorisch, für andere Konzerne oder Gesellschaften stehen sie zur Wahl. Zu der rechtlichen Verpflichtung kommen die freiwillige Wahl und die damit verbundene faktische Bedeutung, wenn man sich durch Verwendung der IFRS wirtschaftliche Vorteile erhofft.

Dieses Buch richtet sich an Praktiker und Studenten, die einen knappen Überblick über das Konzept und die Regeln der IFRS erhalten möchten, ohne in einer Flut an Details unterzugehen. Neben der Vermittlung dieses Grundlagenwissens geht es um eine Wertung des Regelwerks im Hinblick auf Konsistenz, Verständlichkeit und – soweit dies bereits erhoben werden konnte – empirische Wirkungen am Kapitalmarkt. Dabei interessieren mich nicht Fallstudien oder exemplarische Geschäftsberichte, sondern großzahlige empirische Wirkungsstudien, die es erlauben, allgemeine Erkenntnisse zu erlangen.

Ich habe mit der Auseinandersetzung mit den IFRS lange gezögert, weil sie mir nur als eine Vorstufe auf die US-GAAP erschienen. Letztere hatte ich erstmals im Jahr 1994 adressiert, wobei ich den Anstoß hierzu durch ei nen sehr renommierten Wirtschaftsprüfer erhielt, dem ich dafür besonders dankbar bin. Mittlerweile können die IFRS nicht mehr vernachlässigt werden, auch wenn es spannend sein wird, zu sehen, ob und wie weit sie sich im Endstadium von den US-GAAP abheben werden oder ein Einheitswerk – wie durch das Konvergenzprojekt angelegt – geschaffen wird.

Den Praktikern schafft die Vielfalt der Rechnungslegungssysteme HGB, EStG, IFRS und US-GAAP zahlreiche Anwendungs- und Kommunikationsprobleme, den Hochschullehrern nicht minder große Ausbildungsschwierigkeiten. Zusammen mit der Verkürzung von Studienzeiten durch den Ersatz des Diploms, das nach acht Semestern abgelegt werden konnte, durch den Bachelor mit einer Studiendauer von sechs Semestern werden die Probleme in der grundständigen Lehre zunehmen. Ich hoffe, dass das vorliegende Buch etwas dazu beitragen kann, die Probleme zu bewältigen.

VIIIIch danke sehr herzlich meinen Mitarbeitern an der Ludwig-Maximilians-Universität München für die kritische Durchsicht des Manuskripts in kürzester Zeit und die daraus resultierenden Verbesserungsvorschläge. Hier sind Herr Dr. Michael Dobler, MBR, Frau Dr. Silvia Hettich, MBA, MBR, Herr Dipl.-Kfm. Gerhard Kurz, Herr Dipl.-Kfm. Michael Seifert, Frau Dipl.-Kffr. Salima Sifi, Herr Dipl.-Kfm. Raimo Reese, MBR, und Herr Dipl.-Kfm. Christian Wappenschmidt zu erwähnen. Frau Barbara Kober half bei der Erstellung des Stichwortverzeichnisses. Herrn Dr. Jürgen Schechler gilt mein herzlicher Dank für den Anstoß des Projekts und die gute Betreuung beim Verlag Vahlen. Meine Frau trug die Last einer sehr begrenzten Ansprechbarkeit erneut mit großer Geduld und Liebe. Ihr gegenüber bin ich in echter Schuld.

Ostern 2006

Wolfgang Ballwieser

XVAbbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1:

Bilanzmindestgliederung

51

Abb. 2:

Bilanzposten

52

Abb. 3:

Gliederungskriterien

52

Abb. 4:

Typisierung der Leasingverträge

60

Abb. 5:

Entscheidungsbaum zur Qualifikation der Finanzinstrumente

73

Abb. 6:

Wertkategorien für Vermögenswerte

97

Abb. 7:

Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes bei Finanzinstrumenten

100

Abb. 8:

Folgebewertung von finanziellen Vermögenswerten

127

Abb. 9:

GuV nach Gesamtkostenverfahren gemäß IAS 1.102

141

Abb. 10:

GuV nach Umsatzkostenverfahren gemäß IAS 1.92

142

Abb. 11:

Ertragsbegriffe in den englischen IFRS

143

Abb. 12:

Geschäftstypen zur Ertragserzielung gemäß IAS 18

144

Abb. 13:

Eigenkapitaländerungen

151

Abb. 14:

Indirekte Cash Flow-Ermittlung

152

Abb. 15:

Vorarbeiten für den Konzernabschluss

167

Abb. 16:

Kaufpreisaufteilung

183

Abb. 17:

Verfahren der Markenbewertung

191

Abb. 18:

Goodwillberechnung

194

Abb. 19:

Fragestellungen kapitalmarktorientierter Studien

218

 

 

 

Tab. 1:

Aktivierungs- und Passivierungskonsequenzen von Leasingverträgen

63

Tab. 2:

Kriterien für den Ansatz von Rückstellungen und die Angabe von Eventualschulden

83

Tab. 3:

Wertkategorien

92

Tab. 4:

Aktienorientierte Vergütungen

114

Tab. 5:

Nutzungsdaueränderungen

124

Tab. 6:

Auszug aus Konzern-GuV der Société Générale 2008

160

Tab. 7:

Grad der Einflussnahme und Konzernabschlusserfassung

166

Tab. 8:

Wesentliche Konsequenzen von Einheits- und Interessentheorie

175

Tab. 9:

Ertrags- und Aufwandssaldierung bei der Lieferung von Vorräten

200

Tab. 11:

Zahlungsströme

230

245Abkürzungsverzeichnis der Zeitschriften


AER

American Economic Review

AH

Accounting Horizons

AOS

Accounting, Organizations and Society

AR

Accounting Review

BB

Betriebs-Berater

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

BuR

Business Research

CAR

Contemporary Accounting Research

DB

Der Betrieb

DBW

Die Betriebswirtschaft

DK

Der Konzern

DStR

Deutsches Steuerrecht

DU

Die Unternehmung

EAR

European Accounting Review

Econ

Econometrica

FB

Finanz Betrieb

IRZ

Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung

JAAF

Journal of Accounting, Auditing and Finance

JAE

Journal of Accounting and Economics

JAPP

Journal of Accounting and Public Policy

JAR

Journal of Accounting Research

JBFA

Journal of Business Finance and Accounting

JEP

Journal of Economic Perspectives

JoF

Journal of Finance

KoR

Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung

PiR

Praxis der internationalen Rechnungslegung

RAS

Review of Accounting Studies

sbr

Schmalenbach Business Review

STH

Der Schweizer Treuhänder

TIJA

The International Journal of Accounting

WPg

Die Wirtschaftsprüfung

zfbf

Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfCM

Zeitschrift für Controlling und Management

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

246ZfhF

Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

11. IFRS als EU-weite Rechnungslegungsnormen


Die International Financial Reporting Standards oder IFRS sind aufgrund der EG-Verordnung Nr. 1606/20021 grundsätzlich seit dem Jahr 2005 obligatorisch für die Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen in der EU (vgl. § 315a Abs. 1 und 2 HGB für Deutschland)2. Kapitalmarktorientierte Unternehmen weisen Eigen- oder Fremdkapitaltitel auf, die an einem organisierten Markt gehandelt werden3.

Die IFRS dürfen – wenn, dann nur in Gänze – wahlweise auch für den Konzernabschluss nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen (§ 315a Abs. 3 HGB) und für den publizierten Jahresabschluss einer großen Kapitalgesellschaft, der dann den Namen Einzelabschluss trägt (§ 325 Abs. 2a Satz 1 HGB), verwendet werden. Kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften und bestimmte andere Unternehmen dürfen gleichermaßen mit dem Einzelabschluss nach IFRS informieren. Die IFRS ersetzen damit in weiten Teilen die Regelungen des HGB, auch wenn die Ausschüttungsbemessung von Kapitalgesellschaften nach einem HGB-Jahresabschluss vorzunehmen ist, der parallel erstellt werden muss.

Die einheitliche Bilanzierung nach IFRS von den betroffenen Unternehmen in der EU erhöht die Vergleichbarkeit von deren Abschlüssen, wenn die Regeln in den jeweiligen Ländern einheitlich angewendet werden. Letzteres ist nicht selbstverständlich. Durchsetzungs- oder Enforcement-Institutionen, die wie die seit 2005 tätige Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) eigens geschaffen wurden, sollen neben Schulungsangeboten, Abschlussprüfern und Aufsichtsorganen dafür sorgen.

2Im Juli 2007 schlug die US-amerikanische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) vor, die IFRS in den Vereinigten Staaten von Amerika als gleichwertig zu den US-GAAP (US-Generally Accepted Accounting Principles)4, welche von in den USA börsennotierten Unternehmen grundsätzlich angewendet werden müssen, anzuerkennen5. Die SEC verzichtete daraufhin im ersten Schritt ab November 2007 auf eine Überleitungsrechnung (reconciliation) von Gewinn und Eigenkapital nach IFRS auf korrespondierende Größen nach US-GAAP6. Im November 2008 schlug die SEC im zweiten Schritt vor, die IFRS bis zum Jahr 2014 auch für US-amerikanische Gesellschaften verpflichtend zu machen7. Dies wurde bis heute nicht realisiert. Die SEC-Vorsitzende Mary Schapiro kündigte bereits Mitte Januar 2009 im US-Senat an, dass die IFRS für US-Unternehmen nicht mehr erste Priorität haben sollten8. Ein Bericht des SEC-Stabs hat dies im Juli 2012 bestätigt9.

Die denkbare Öffnung der USA für die IFRS hat ihre Grundlage im Konvergenzprojekt von International Accounting Standards Board (IASB) und Financial Accounting Standards Board (FASB)10, das im Jahr 2002 durch das sog. Norwalk Agreement eingeleitet wurde. Zu diesem Projekt haben die EU und die SEC11 im April 2005 in Washington einen Fahrplan verabschiedet, nach dem die IFRS „so schnell wie möglich, spätestens aber bis 2009“12 auch in den USA gelten sollten. Daraus entstand im Februar 2006 ein Memorandum of Understanding (MoU) zwischen FASB und IASB, das im September 2008 vervollständigt wurde13. Das Projekt kam aber spätestens durch die Finanzkrise und die daraus abgeleiteten Überarbeitungsbedarfe wichtiger Regelungen zu Finanzinstrumenten, insbesondere zur Klassifikation, Behandlung gesicherter Posten und Wertminderung finanzieller Vermögenswerte, stark ins Stocken. Hinzu 3kamen unterschiedliche Auffassungen über Kriterien zur Umsatzrealisierung und zur Behandlung von Leasingobjekten.

Nach der Website des IASB verlangen oder erlauben seit 2001 nahezu 120 Länder die IFRS oder konvergieren auf sie14. Mit der Akzeptanz am größten Kapitalmarkt der Welt in den USA hätte die Bedeutung der IFRS über die EU und viele weitere Nationen hinaus entscheidend zugenommen. Entsprechend groß ist das Bedauern über die „US SEC nondecision on IFRS“15, wie es Steven Maijoor, Vorsitzender der European Securities and Markets Authority (ESMA), ausdrückt. Er beklagt, dass beachtliche Vorleistungen des IASB nur unzureichende Anerkennung gefunden hätten:

„Some of the efforts to facilitate US IFRS adoption were difficult topics for the IASB's constituents to accept, especially in Europe, but they were willing to pay the price to get the US on board. Today I cannot avoid the feeling that all these efforts do not seem to be enough which suggests that it will never be enough. I believe many people feel as I do, which is disappointment that there is no progress or clean sign of political will to keep IFRS adoption high on the agenda in the US. We have made so many far-reaching mutual decisions over the last years that it would be a shame to miss the opportunity by walking away from IFRS.“16

Gemäß IAS 1.7 bestehen die IFRS aus

(a)

International Financial Reporting Standards (IFRS),

(b)

International Accounting Standards (IAS)17 und

(c)

Interpretationen des International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) und des Standing Interpretations Committee (SIC) .

Der Selbstbezug von IFRS ist ungewöhnlich, schafft aber inhaltlich keine Probleme. Jedoch sind die IFRS (noch) kein abgeschlossenes Werk. Erstens fehlen zahlreiche in Angriff genommene Regelungen, worüber die Homepage des IASB (www.iasb.org) informiert; zweitens sind bestehende Regelungen im Fluss, u. a. wegen des Konvergenzprojekts von FASB und IASB, aber auch wegen der durch die Finanzkrise im Jahr 2008 ausgelösten Maßnahmen. Um einer stabilitätsgefährdenden Wirkung von Rechnungslegungsregeln, insbesondere bei Banken und Versicherungen, 4entgegenzuwirken18, wurden und werden zahlreiche Vorschläge zur Reform der IFRS, insbesondere hinsichtlich der Behandlung von Finanzinstrumenten und Versicherungsverträgen, unterbreitet.

Unabhängig davon sind die in London vom IASB verabschiedeten IFRS von den durch die EU-Kommission in Brüssel gebilligten IFRS zu unterscheiden19. Brüsseler Institutionen sind der Filter, den die IFRS aus London im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens (Endorsement) passieren müssen, um EU-Recht zu werden20. Im Jahr 2004 gab es hier Probleme bei IAS 39, die bis heute noch nicht vollständig behoben sind. Im Jahr 2005 kam es bei der bilanziellen Behandlung von Emissionsrechten zu Unstimmigkeiten, was zur Zurücknahme von IFRIC 3 durch den IASB führte21.

Kein Bestandteil, aber wichtiger Hintergrund für den Anspruch, das Verständnis und die Interpretation der IFRS wie für die Aufgaben des IASB ist das Rahmenkonzept22. Die ursprüngliche Version stammt aus dem Jahre 1989. Sie war mit einzelnen Regelungen inhaltlich nicht vereinbar (beispielsweise zum Schuldenansatz), vermied zum Teil Festlegungen (beispielsweise zur Relevanz bestimmter Bewertungskonzepte) und enthielt darüber hinaus Lücken (beispielsweise zu Mehrkomponentenverträgen). Aufgrund dieser Mängel und wegen des Konvergenzprojekts wurde es in Zusammenarbeit mit dem FASB überarbeitet. Die Bearbeitung wurde hierzu in acht Phasen A bis H mit vielen Teilprojekten gegliedert, von denen bisher nur die Teilprojekte aus Phase A vollendet wurden. Zu ihnen gehören die beiden Kapitel über „Die Zielsetzung der Rechnungslegung für allgemeine Zwecke“ und über „Qualitative Anforderungen an nützliche Finanzinformationen“. Für das Kapitel zur „Berichtseinheit“ existiert ein bisher noch nicht verabschiedeter Entwurf vom März 2010 (ED/2010/2). Nicht zuletzt wegen des Stockens im Konvergenzprozess mit dem FASB wurde im September 2012 ein Neustart des Projekts ohne Einbezug anderer Standardsetzer, d. h. auch ohne FASB, beschlossen. Er soll in einem einzigen Diskussionspapier (und späteren Standardentwurf) zu Abschlussposten (mit Ansatz und Ausbuchung), Bewertung, Berichtseinheit, Darstellung und Offenlegung (Angaben) münden. Der IASB will hierzu ein Beratungsgremium, in 5dem nationale Standardsetzer einen wesentlichen Anteil haben, schaffen und das Projekt bis September 2015 abschließen23.

Über das Ausmaß der freiwilligen Anwendung von IFRS im Konzernabschluss von nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen und im Jahresabschluss gibt es mittlerweile erste Erfahrungen für Deutschland. Küting/Lam fanden in einer Stichprobe von 2 000 der rd. 3 500 bis 4 000 Konzernabschlüsse nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen des Jahres 2009 nur bei etwas über 5 % eine IFRS-Verwendung, bei knapp 95 % hingegen HGB-Konzernabschlüsse24. Für das Geschäftsjahr 2009 wurden nur 14 Einzelabschlüsse nach IFRS ausfindig gemacht25.

Zwar gehen die Vermutungen dahin, dass sich ein gewisser Sog auch auf nicht zu IFRS verpflichteten Unternehmen erstrecken wird, weil beispielsweise Banken für ihre Kreditvergabe Abschlüsse nach diesem Regelwerk verlangen könnten. Dem steht entgegen, dass viele Unternehmen, insbesondere kleinere, eine Einheitsbilanz, also eine Identität von Handels- und Steuerbilanz, bevorzugen, die durch einen Übergang auf die IFRS im Jahresabschluss zerstört wird. Weiterhin ist unklar, ob Kreditinstitute einen IFRS-Abschluss derart bereinigen, dass er einem HGB-Abschluss nahe kommt26. Schließlich sind für Zwecke der Ausschüttungsbemessung noch Jahresabschlüsse nach HGB nötig. Eine Änderung dieser rechtlichen Situation wird seit geraumer Zeit erwogen27, ist aber vermutlich wegen gesellschaftsrechtlicher Probleme nicht leicht zu bewerkstelligen und wurde bisher nicht realisiert.

Das im Jahr 2009 verabschiedete Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)28 wird weiterhin dazu beitragen, die Bedeutung von IFRS für in Deutschland ansässige Unternehmen zu relativieren. Das BilMoG hat zwar das HGB um Wahlrechte gemindert und sich in mehreren 6Punkten (wie der Aktivierung nicht entgeltlich erworbener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, der Einengung des Ansatzes von Aufwandsrückstellungen oder der Ermittlung von Herstellungskosten) an die IFRS angelehnt. Strategisch versteht es der deutsche Gesetzgeber aber als Alternative zu den IFRS, weil diese kleine und mittlere Unternehmen überfordern. Trotz dieses eigenständigen Wegs im Vergleich zu den IFRS hat es die Einheitsbilanz keineswegs gefördert, vielmehr den Graben zwischen Handels- und Steuerbilanz verbreitert, u. a. durch Aufgabe der Umkehrmaßgeblichkeit, aber auch durch die Behandlung nicht entgeltlich erworbener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Überlegungen zu einem eigenständigen Bilanzsteuerrecht, unter Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG29, finden damit (erneut) Nahrung30.

Interessant sind in diesem Zusammenhang empirische Ergebnisse zur Finanzierung deutscher Unternehmen, weil die Finanzierungsart ein wesentlicher Grund für die geringe freiwillige Nutzung von IFRS in Deutschland sein kann. Da die IFRS grundsätzlich auf Kapitalmarktadressaten abstellen (vgl. unten die Kapitel 2.1 und 2.3), haben Gerum/ Mölls/Shen jüngst geprüft, in welchem Umfang deutsche Großunternehmen kapitalmarktorientiert finanziert sind. Sie finden eine Dominanz kapitalmarktferner Finanzierung31.

Die Autoren untersuchen zunächst für die Jahre 2001 bis 2009 die finanzierungsrelevanten Bilanzposten für die nach Konzernumsatz des Jahres 2005 größten deutschen Konzernobergesellschaften in Form einer AG32. Hierbei werden – wie üblich – Banken und Versicherungen wegen unterschiedlicher Geschäftsmodelle und unterschiedlicher Bedeutung von Schulden im Vergleich zu Industrie- und Handelsunternehmen vernachlässigt. Anschließend betrachten die Autoren die Bilanzposten der 100 größten Gesellschaften des German Entrepreneurial Index (GEX) für das Jahr 2005. Die Gesellschaften im GEX zählen als Repräsentanten mittelständischer Unter nehmen, denn: „Der GEX enthält deutsche Unternehmen aus dem Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse, die seit maximal 10 Jahren börsennotiert sind und von ihren Eigentümern geführt werden. Die Eigentümer wiederum müssen über mindestens 25 % und maximal 75 % der Aktien verfügen.“33

7Über die für die größten deutschen Konzernobergesellschaften in Form einer AG untersuchten neun Jahre hinweg lassen sich aufgrund der Finanzierungsanalyse zwei Gruppen unterscheiden, die als

(a) mischfinanzierte Unternehmen und

(b) kapitalmarktorientierte Unternehmen bezeichnet werden.

Die mischfinanzierten Unternehmen weisen eine Eigenkapitalquote von 34 % bis 38 % auf und finanzieren sich extern vor allem durch Bankkredite und kaum durch Unternehmensanleihen34. Sie machen rd. 2/3 bis rd. 4/5 der 100 größten deutschen Unternehmen aus. Die kapitalmarktorientierten Unternehmen haben hingegen vor allem eine „Finanzierung durch Anleihen am Kapitalmarkt und nicht durch Kredite sowie eine im Vergleich zu ihren internationalen Pendants recht niedrige Eigenkapitalquote zwischen 27 % und 37 %“35. In beiden Gruppen wird bei den Konzernobergesellschaften in einem ähnlichen Maße Gewinn thesauriert36.

Für die 100 größten GEX-Gesellschaften des Jahres 2005 erhalten die Autoren aufgrund der Finanzierungsanalyse drei Gruppen:

(a) bankenorientierte Unternehmen,

(b) mischfinanzierte Unternehmen und

(c) eigenkapitalorientierte Unternehmen.

Mit 61 Besetzungen ist die erste Gruppe am größten, die letzte Gruppe hat 28, die mittlere 11 Teilnehmer37.

Insgesamt zeigt sich damit, dass eine den IFRS zugrundeliegende Kapitalmarktorientierung bei den untersuchten Unternehmen, zu denen auch die größten Konzernobergesellschaften Deutschlands (ohne Finanzdienstleister) gehören, nur schwach ausgeprägt ist.

Gerum/Mölls/Shen begrüßen deshalb, dass in Deutschland von einer umfassenden Pflichtanwendung der IFRS abgesehen wurde. „Bezogen auf die konkrete Einführung der kapitalmarktorientierten (Konzern-) Rechnungs legung muss allerdings eine ,undifferenzierte' Vorgehensweise konstatiert werden: Die pauschale Vorgabe ,Nutzung eines (geregelten) Eigen- und/oder Fremdkapitalmarktes' als Auslösetatbestand einer Rechnungslegung nach IFRS blendet das Ausmaß der Kapitalmarktorientierung aus und differenziert deshalb nicht in ausreichendem Maße zwischen den betroffenen Unternehmen. Dadurch können de facto wichtige Adressatengruppen vernachlässigt werden, was insbesondere 8hinsichtlich der Informationsinteressen der Kreditinstitute zur Gefahr einer (unerwünschten) dauerhaften Parallelität der Rechnungslegung führen könnte. Zur Vermeidung dieser Probleme böte sich im Rahmen der Regulierung eine Orientierung an den Kriterien ,Unternehmensgröße' sowie ,Branche' an, da diese Faktoren die Art der externen Unternehmensfinanzierung in Deutschland maßgeblich determinieren.“38

Die geschilderten Ergebnisse werden von Fülbier/Gassen in einer Studie für den Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. (DGRV) unterstützt. Fülbier/Gassen untersuchen die Effekte einer potentiellen Übernahme des 2009 verabschiedeten IFRS for SMEs (IFRS für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU); siehe unten Kapitel 2.2) in der EU. Sie konstatieren, dass die Bereitstellung bewertungsrelevanter Informationen zur Einordnung von Preisen auf Kapitalmärkten von der vertragsorientierten Rolle der Rechnungslegung zu unterscheiden und letztere für KMU besonders bedeutsam sei. Auf Basis von über 1,1 Mio. Unternehmen und über 7,7 Mio. Unternehmensjahr-Beobachtungen zeigen sie, „dass nicht kapitalmarktorientierte KMU ihre Rechnungslegung in Abhängigkeit von ihrer Finanzierungsstruktur auf Gläubiger- und auf Eigentümerbedürfnisse ausrichten. Technisch stellen wir hierbei auf die im Verhältnis zu den Cashflows ermittelte Gewinnglättung ab (…), deren Ausprägung mit stärkerer Fremdfinanzierung ansteigt und eine stärker gläubigerorientierte Rechnungslegung induziert. Wir können auch den (…) Einfluss der landesspezifischen Infrastruktur auf die Rechnungslegung nachweisen: In den Ländern, in denen die Handelsbilanz auch für die steuerliche Gewinnermittlung herangezogen wird, zeigen sich deutlich stärkere Gewinnglättungen. Zudem scheint es, dass nicht kapitalmarktorientierte KMU mit ihrer Rechnungslegung auf die landesspezifische Governance-Struktur reagieren.“39 Die Autoren schließen daraus, „dass zentrale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Harmonisierung der KMU-Rechnungslegung in Europa – zumindest gegenwärtig – nicht erfüllt sind.“40

Die zunehmende Verwendung von IFRS schafft grundsätzlich positive Netzwerkeffekte41. Diese entstehen, wenn zahlreiche Marktteilnehmer sich desselben Guts bedienen und dadurch Abhängigkeiten im Konsum resultieren. Je mehr Parteien dieselbe Rechnungslegung verwenden, desto wertvoller wird sie. Erzeuger und Nutzer erzielen Größen- und Reichweitenvorteile. Die Ausbildungskosten pro Anwender sinken und 9es lassen sich komplementäre Güter wie Prüfungsleistungen auf die einheitliche Rechnungslegung ausrichten und preiswerter als bei Rechnungslegungsvielfalt erstellen. Zugleich sinken die Informationskosten der Adressaten der Rechnungslegung wegen deren Vergleichbarkeit42. Freilich verlangt dies nicht nur einheitliche Regeln, sondern auch eine einheitliche Nutzung bzw. Durchsetzung der Regeln, deren Vorliegen heute vielfach bezweifelt wird und zu Forderungen nach umfassenden, insbesondere auch übernationalen Enforcement-Institutionen führt.

Die bereits oben angesprochene ESMA versteht es als ihre Aufgabe, hier zu helfen: „In the European Union, the supervision of financial statements and their subsequent enforcement falls within the competence of national supervisory authorities. However, benefits of strong enforcement could disappear within the EU if we do not aim to improve on the consistent application at the Union level, and enhance comparability within the single market and at the global level. Therefore, consistent application of IFRS needs pan-EU coordination, which is one of ESMA's primary objectives.“43

Die in Deutschland ab dem Jahr 2005 tätige Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) hat in ihren Prüfungen erstaunlich hohe Fehlerzahlen bei IFRS-Abschlüssen festgestellt: Bei 113 Prüfungen im Jahr 2012 (110 Stichprobenprüfungen und drei anlassbezogene oder Verlangens prüfungen) wurde z. B. eine Quote von 16 % für Fälle mit fehlerhafter Rechnungslegung festgestellt, was nicht nur gegenüber dem Vorjahr mit 25 % bei 110 Prüfungen oder dem Jahr 2009 mit 26 % bei 118 Prüfungen deutlich niedriger liegt44. Sie führt die hohen Fehlerzahlen nicht zuletzt auf die Komplexität des Regelwerks zurück45.

Mit der inhaltlichen Güte der IFRS haben die als positiv anzusehenden Netzwerkeffekte aber allenfalls indirekt etwas zu tun. Sie ist davon getrennt anhand verschiedenster Kriterien wie Konsistenz, Verständlichkeit und empirischer Wirkung zu untersuchen. Entsprechendes gilt für den Vergleich von Rechnungslegungssystemen46. Die weltweite Konzentration auf ein einheitliches System ist ferner geeignet, einen Wettbewerb verschiedener Systeme untereinander mit der Chance ihrer kontinuierlichen Verbesserung zu behindern statt zu fördern47.

10Zusammenfassung in Thesen:

(1)

Die IFRS sind für die Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen in der EU zwingend und können zugleich von nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen für den Konzern- wie für den Jahresabschluss verwendet werden.

(2)

Die Bedeutung der IFRS erstreckt sich weit über die EU hinaus, ohne in den USA residierende Unternehmen einzuschließen. Insofern sind IFRS nur begrenzt international, definitiv nicht global.

(3)

Die freiwillige Anwendung von IFRS im Konzern- oder Jahresabschluss ist in Deutschland noch selten. Ein wesentlicher Grund hierfür könnte (neben Komplexität der Regeln und hoher Kosten ihrer Anwendung) die in Deutschland vorherrschende kapitalmarktferne Finanzierungsstruktur sein.

(4)

Eine umfassende Anwendung von IFRS schafft positive Netzwerkeffekte und trägt zur Vergleichbarkeit von Abschlüssen bei. Vergleichbarkeit verlangt aber nicht nur einheitliche Regeln, sondern auch einheitliche Anwendung und Durchsetzung.

(5)

Die Güte der IFRS ist unabhängig von ihrer Reichweite nach Kriterien wie Konsistenz, Verständlichkeit und empirischer Wirkung zu beurteilen.


1 Vgl. Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.7. 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards.

2 Die Verordnung betrifft nicht die Aufstellungspflicht von Konzernabschlüssen, die im nationalen Recht bei § 290 HGB verbleibt. Sie betrifft nur die anzuwendenden Regeln. Vgl. auch Hayn/Grüne (2006), S. 4. Es ist nicht nötig, dass das Mutterunternehmen kapitalmarktorientiert ist; es reicht die Eigenschaft bei einem Tochterunternehmen.

3 Vgl. EG-Verordnung Nr. 1606/2002, Art. 4. Die Wertpapiere des Unternehmens müssen in einem beliebigen Mitgliedstaat der EU in einem geregelten Markt im Sinne des Art. 1 Abs. 13 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen zugelassen sein. In Deutschland ist das präzisiert durch § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 WpHG. Es reicht gemäß § 315a Abs. 2 HGB der Antrag auf Zulassung.

4 Vgl. hierzu insb. Schildbach (2002); Ballwieser (2000); Niehus/Thyll (2000); Wüstemann (1999).

5 Vgl. SEC (2007).

6 Trotz großer Ähnlichkeit von IFRS und US-GAAP gibt es beachtliche Abweichungen im Detail. Zu quantitativ bedeutsamen Größen vgl. die Analyse von Dobler/Günther (2008).

7 Vgl. SEC (2008a).

8 Vgl. auch Lanfermann (2009).

9 Vgl. SEC (2012). Der Rücktritt von Mary Schapiro zum 14. Dezember 2012 wird hieran voraussichtlich nichts ändern.

10 Vgl. hierzu insb. IASB (2006), FASB (2006) und Johnson (2004).

11 Vgl. hierzu insb. Kiefer (2003).

12 Süddeutsche Zeitung Nr. 93 vom 23./24. April 2005, S. 24: „USA wollen IFRS-Abschluss dulden“. Vgl. auch http://www.sec.gov/news/press/2005-62.htm (Stand: 21. Dezember 2012).

13 Zu finden über http://www.ifrs.com/updates/FASB-IASB_Projects.html (Stand: 21. Dezember 2012).

14 Vgl. http://www.ifrs.org/The-organisation/Documents/WhoWeAre2012 MarchEnglish.pdf (Stand: 15. Dezember 2012).

15 Maijoor (2012), S. 7.

16 Ebda., S. 8.

17 Die alten Standards heißen IAS, auch wenn sie derzeit überarbeitet werden, und die neuen (ab 2001) IFRS; Entsprechendes gilt für SIC und IFRIC.

18 Diese Wirkung ist umstritten und ihre Diskussion erfolgt oft mit Bezug auf den Ansatz von Zeitwerten bei Finanzinstrumenten. Zur hier geäußerten These vgl. Kapitel 2.6.

19 Vgl. auch Knorr/Schmidt (2006).

20 Die Freigabe durch Brüssel wirkt unmittelbar in das nationale, d. h. auch deutsche Recht. Der nationale Gesetzgeber ist nicht mehr nötig. Man spricht vom Komitologieverfahren.

21 Vgl. auch Berndt/Hommel (2005), S. 414f.

22 Zur Funktion von Rahmenkonzepten vgl. z. B. Ballwieser (2003).

23 Vgl. http://www.ifrs.org/Current-Projects/IASB-Projects/Conceptual-Framework/Meeting-Summaries-and-Observer-Notes/Pages/IASB-Sep-2012.aspx (Stand: 21. Dezember 2012).

24 Vgl. Küting/Lam (2011), S. 994.

25 Vgl. http://www.fmm-magazin.de/professor-kueting-mittelstand-ignoriertdas-internationale-bilanzrecht-finanzen-mm_kat52_id5834.htm (Stand: 21. Dezember 2012).

26 Vorschläge hierfür liefert die Literatur. Vgl. Küting/Wohlgemuth (2004), S. 18*. Zu entsprechenden Empfehlungen für die Gestaltung von Kreditverträgen in den USA und einigen empirischen Erfahrungen vgl. Leftwich (1983). Ewert/Wagenhofer (2003), S. 609–611, werten mehrere Studien aus und belegen, dass die Verwendung der Rechnungslegung in amerikanischen Kreditverträgen unterschiedlich ist und sich verallgemeinernde Schlussfolgerungen verbieten.

27 Vgl. Merkt (2006); Pellens/Jödicke/Richard (2005); Kuhner (2005a); Schulze-Osterloh (2003).

28 Vgl. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. März 2009 (Bundestag).

29 Vgl. zu dessen Würdigung jüngst Ballwieser (2011b).

30 Vgl. hierzu auch Rammert/Thies (2009), S. 39–46; Herzig (2010).

31 Vgl. Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 534.

32 Vgl. Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 544.

33 Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 544.

34 Vgl. Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 547f.

35 Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 548.

36 Vgl. Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 551.

37 Vgl. Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 556.

38 Gerum/Mölls/Shen (2011), S. 566.

39 Fülbier/Gassen (2010), S. 11.

40 Fülbier/Gassen (2010), S. 11.

41 Vgl. Währisch (2001), S. 57–67.

42 Es sei dahingestellt, ob sie gesichert ist. Zu Zweifeln hieran vgl. Ball/Robin/Wu (2003), S. 260; Benston/Bromwich/Litan/Wagenhofer (2006), S. 231 und S. 234–236. Vgl. auch Kapitel 11.1.

43 Maijoor (2012), S. 4.

44 Vgl. DPR, Tätigkeitsbericht 2012, S. 3; http://www.frep.info/docs/jahresberichte/2012/2012_tb_pruefstelle.pdf (Stand: 30. Januar 2013).

45 Vgl. Ebda., S. 8. Eine weitere Ursache war freilich auch im HGB mit den Regelungen zum Lagebericht zu sehen.

46 Vgl. hierzu auch Ballwieser (1997).

47 Vgl. auch Wagenhofer (2009), S. 62–65; Ballwieser (2001a) und (2005d).

112. Regelungsphilosophie des IASB


2.1 IFRS als qualitativ hochwertige Normen der Informationsvermittlung für kapitalmarktorientierte Konzerne

Die IFRS werden in London vom IASB grundsätzlich nach einem Entstehungsprozess über mehrere Stufen hinweg verabschiedet48. Von diesem Grundsatz wurde während der Finanzkrise auf Druck der EU und einzelner europäischer Staaten abgesehen, um die Umwidmung von Finanzinstrumenten und die damit verbundene veränderte Bewertung mit Anschaffungskosten statt beizulegendem Zeitwert zu erlauben49.

Das Zustandekommen und die Legitimität dieses aus 16 Personen zusammengesetzten Gremiums kann kritisch gesehen werden, sei hier aber nicht problematisiert50.

Der IASB ist Organ der IFRS Foundation, die im März 2001 unter dem Namen International Accounting Standards Committee Foundation (IASCF) als unabhängige Dachorganisation in Delaware, USA, gegründet wurde. Die Satzung der IFRS Foundation, die den IASB über ihr zugehörige Treuhänder (trustees) als Standardsetzer etabliert, enthält die Ziele der Stiftung, damit auch die Ziele von IASB und IFRS. Wir lesen in ihr:

„The objectives of the IFRS Foundation are:

(a)

to develop, in the public interest, a single set of high quality, understandable, enforceable and globally accepted financial reporting standards based upon clearly articulated principles. These standards should require high quality, transparent and comparable information in financial statements and other financial reporting to help investors, other participants in the world's capital markets and other users of financial information make economic decisions.

(b)

12to promote the use and rigorous application of those standards.

(c)

in fulfilling the objectives associated with (a) and (b), to take account of, as appropriate, the needs of a range of sizes and types of entities in diverse economic settings.

(d)

to promote and facilitate adoption of International Financial Reporting Standards (IFRSs), being the standards and interpretations issued by the IASB, through the convergence of national accounting standards and IFRSs.“ (IFRS Foundation Constitution. Approved January 2010. Updated December 2010, Abs. 2)

Danach wird das Ziel der Entscheidungsunterstützung von Nutzern der Rechnungslegung genannt, zu dessen Erreichung hochwertige, transparente und vergleichbare Informationen benötigt werden, die wiederum durch Anwendung hochwertiger, verständlicher, durchsetzbarer und weltweit akzeptierter Standards auf Basis klar artikulierter Prinzipen erzeugt werden. Verkürzend sei von qualitativ hochwertigen Normen der Informationsvermittlung als Anspruch an IFRS gesprochen.

Das obige Zitat lässt die Vorrangstellung der Regeln für kapitalmarktorientierte Konzerne noch nicht ganz deutlich werden. Zwar ist unter Buchstabe (a) bei den Rechnungslegungsadressaten von Teilnehmern in den Kapitalmärkten der Welt die Rede, aber auch von anderen Nutzern. Die Vorrangstellung ergibt sich aber aus dem Rahmenkonzept in den Absätzen OB2 und OB10, die die anderen Nutzer lediglich auf Kredit geber (Gläubiger) ausweiten. Letztere müssen nicht zwangsläufig Kapitalmarkttitel halten, aber es spricht viel dafür, dass diese im Vordergrund stehen. Das Rahmenkonzept sagt in der zuerst erwähnten Regelung:

„Die Zielsetzung der Rechnungslegung für allgemeine Zwecke besteht darin, Finanzinformationen über das berichtende Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die für bestehende und potenzielle Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger nützlich sind, um Entscheidungen für die Bereitstellung von Ressourcen an das Unternehmen zu treffen. Zu diesen Entscheidungen gehören das Kaufen, Verkaufen oder Halten von Eigenkapitalinstrumenten oder Schuldinstrumenten sowie das Bereitstellen oder Valutieren von Darlehen und anderen Kreditformen.“ (OB2)51

13Nach der zweiten Regelung gilt:

„Andere Parteien, wie Aufsichtsbehörden und andere Mitglieder der Öffentlichkeit als Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger, können Finanzberichte für allgemeine Zwecke auch als nützlich erachten. Diese Berichte sind jedoch nicht in erster Linie für diese anderen Gruppen bestimmt.“ (OB10)

Zur These, wonach sogar vorrangig die Eigenkapitalgeber oder Investoren, die in Kapitalmärkten aktiv sind, die zentralen Adressaten der IFRS sind, passt auch die Existenz von IAS 33 Ergebnis je Aktie.

Schließlich ist der Konzernabschluss das die Eigentümer vorrangig interessierende Gebilde, weil er die Situation der wirtschaftlichen Einheit nach bestimmten Regeln darstellt. Mit dem Konzernabschluss beschäftigen sich mehrere IFRS, insbesondere IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse, IFRS 10 Konzernabschlüsse, IFRS 11 Gemeinschaftliche Vereinbarungen, IFRS 12 Angaben zu Anteilen an anderen Unternehmen, IAS 24 Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen sowie IAS 28 Anteile an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen.

2.2 IFRS als reduzierte Normen für Unternehmen ohne öffentliche Rechenschaftspflicht

Am 30. Juni 2009 hat der IASB einen International Financial Reporting Standard for Small and Medium-sized Entities (IFRS for SMEs) verabschiedet. Nach seinem Vorwort (Abs. P9) zielt er auf Unternehmen, die in verschiedenen Rechtsordnungen KMU, private Unternehmen oder Unternehmen ohne öffentliche Rechenschaftspflicht genannt werden. Insofern ist der Titel des Standards irreführend und wurde in der langwierigen Entwicklungsgeschichte der Regelung auch mehrfach geändert.

SMEs werden in Abschnitt 1.2 des Standards als Unternehmen ohne öffentliche Rechenschaftspflicht definiert, die für externe Adressaten Mehrzweckabschlüsse veröffentlichen. Öffentliche Rechenschaftspflicht bestehe, wenn ein Unternehmen Eigen- oder Fremdkapitaltitel in einem öffentlichen Markt handeln lasse oder Vermögenswerte treuhänderisch für eine große Gruppe von Außenstehenden verwalte.

Hintergrund für die Entwicklung des Standards war das Anliegen, den angesprochenen Unternehmen auf Basis des Rahmenkonzepts und der einzelnen IFRS erleichterte Gliederungs- und Offenlegungs- sowie 14andere Gewinnermittlungsregeln zu liefern. Auslöser dafür war die Vermutung, dass die IFRS den Ansprüchen dieser Unternehmen nicht gerecht werden würden und die Unternehmen überfordern und mit unangemessenen Kosten belasten könnten52. Der Standard wurde dementsprechend durch Rückgriff auf das Rahmenkonzept und die IFRS entwickelt. Resultat ist ein (mit einer Ausnahme; vgl. Abs. 11.2(b)) grundsätzlich eigenständiges53, aber gegenüber den IFRS vereinfachtes Regelwerk. Das Regelwerk ist gegenüber den IFRS im Inhalt beschränkt (z. B. fehlen Regelungen zur Segmentberichterstattung), übernimmt einen Großteil von Bilanzierungswahlrechten der IFRS nicht (z. B. das Wahlrecht zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten), hat Ansatz- und Bewertungsvorschriften vereinfacht oder abgewandelt (z. B. den Wertminderungstest beim Geschäfts- oder Firmenwert) und verlangt deutlich weniger umfangreiche Anhangangaben.

Weitere Details können an dieser Stelle entfallen, denn der Standard fällt nicht unter die in Kapitel 1 zitierte EG-Verordnung Nr. 1606/2002 und wird nicht im Rahmen des Komitologieverfahrens in der EU umgesetzt. Deutschland hätte sich bei der jüngsten Bilanzrechtsreform an dem Standard orientieren können, hat dies aber mit dem BilMoG im Jahr 2009 bewusst nicht getan, sondern eine eigenständige Alternative zu den IFRS gesucht (vgl. oben S. 6).

Unabhängig davon gab es aus unterschiedlichen Gründen Stellungnahmen gegen die Entwicklung des IFRS für KMU:

Erstens wurde auf die Diskrepanz von IFRS für KMU und bereits bestehenden Erleichterungen im Rahmen eines sog. Differential Reporting verwiesen. Zweitens wurden wegen bereits bestehender nationaler Regelungen, aber auch fehlender Marktanalyse die Nachfrage nach IFRS für KMU bestritten und Kostenerhöhungen ohne Zusatznutzen befürchtet.

Drittens wurde betont, dass es für identische Geschäfte nur identische Ansatz- und Bewertungsregeln geben könne, während allenfalls die Zahl und der Inhalt der Erläuterungen zur Disposition stehen könnten.

Der IASB hat sich davon nicht irritieren lassen, aber mit dem Standard seine eigene Zielsetzung konterkariert, wonach es „a single set of high quality (…) globally accepted financial reporting standards“ entwickeln soll (vgl. Satzung der IFRS Foundation und Kapitel 2.1, S. 11), da die einzige Menge nicht mehr existiert, sondern durch die Ableitung 15der Teilmenge aus den IFRS und ihre teilweise Änderung (z. B. bei der Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts) verschiedene Mengen entstanden sind. Zwar enthält die Satzung der IFRS Foundation in Abs. 2(c) eine Öffnungsklausel, wonach bei der Entwicklung der Standards unterschiedliche Bedürfnisse zu berücksichtigen seien („the needs of a range of sizes and types of entities in diverse economic settings“; vgl. Kapitel 2.1, S. 12), aber diese Öffnungsklausel ist höchst unbestimmt und kann keine unterschiedlichen Gewinnermittlungsregeln rechtfertigen. Die Vorgehensweise des IASB muss man vielmehr in dem Versuch sehen, die Regulierungsmacht des Gremiums zu erweitern.

2.3 Relevanz und glaubwürdige Darstellung der Informationen als Leitlinien

Das Rahmenkonzept sagt – wie bereits in Kapitel 2.1 ausgeführt – in Abs. OB2:

„Die Zielsetzung der Rechnungslegung für allgemeine Zwecke besteht darin, Finanzinformationen über das berichtende Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die für bestehende und potenzielle Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger nützlich sind, um Entscheidungen für die Bereitstellung von Ressourcen an das Unternehmen zu treffen.“ Wie in dem bereits in Kapitel 2.1 zitierten Abs. 2 der Satzung der IFRS Foundation tritt uns hier das Ziel der Entscheidungsnützlichkeit oder Entscheidungsunterstützung entgegen. Aber auch das Ziel der Rechenschaft findet sich in Abs. OB4 angesprochen, wo es heißt: