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RUTH HERZBERG
WIE MAN MIT EINEM MANN GLÜCKLICH WIRD

Beobachtungen

ein mikrotext

Lektorat: Nikola Richter

E-Book-Erstellung/Cover: Andrea Nienhaus

Covergrafik: pixaby.com

Covertypo: PTL Attention, Viktor Nübel

www.mikrotext.deinfo@mikrotext.de

ISBN 978-3-944543-26-0

Alle Rechte vorbehalten.

© mikrotext 2015, Berlin

Ruth Herzberg

Wie man mit einem Mann glücklich wird
Beobachtungen

Unliebeskummer

Hannah, 24, graue Hose, schwarzer Rock, arbeitet in einer Berliner Medienagentur.

„Das mit der großen Liebe ist wie mit dem Nachtbus: entweder verpasst oder man wartet drauf oder man sitzt drin.“

Sie zieht hastig an ihrer Zigarette und stößt den Rauch langsam aus.

„Es ist schwer einen Partner zu finden“, seufzt die taffe Mittdreißigerin.

Die letzten 25 Jahre hat sie kein einziges Date zustande gebracht.

„Diese Tindermänner passen alle nicht zu mir.“

Die sympathische Elitestudentin sieht sich mit sehnsuchtsvollem Blick nach dem durchtrainierten Kellner um, der ihr gerade eine frische Chiasamenmilch bringt.

„Bestimmt verheiratet“, meint sie achselzuckend.

Wie sie darauf kommt? Hannah denkt nach.

„Mein Ex war auch schwul.“

Hannahs letzte Beziehung war ein Desaster.

Die erste Woche war alles perfekt, doch dann hatte sie ihm kurz nacheinander zwei SMS geschickt. Er machte Schluss.

Hannah stürzte sich in Arbeit, programmierte eine Home-Fracking-App und machte Social Media für die SPD.

Nach zwei Jahren fühlte sie sich endlich ausgebrannt und innerlich tot, aber das Geld stimmte nicht.

Mittlerweile habe sie sich mit ihrer Partnerlosigkeit arrangiert, sagt Hannah und nippt nachdenklich an ihrer Mineralwasserschorle.

Dann entschuldigt sie sich und rennt zur Toilette.

Ihr kommen gerade die Gefühle hoch.

Zeichnung: Kommode

Gute Ratschläge: Wie man mit einem Mann glücklich wird

Sei kein Single, denn dann könnte es sein, dass du ihn heiraten willst oder Kinder mit ihm haben willst oder sonst irgendetwas Bedeutsames. Das setzt ihn unter Druck und er kann dann nicht.

Sei nicht vergeben, denn wenn du vergeben bist und trotzdem Interesse an ihm hast, bist du eine Schlampe, und das setzt ihn unter Druck und er kann dann nicht.

Hast du trotzdem einen Mann gefunden dann:

Sei nicht zu glücklich mit ihm, denn dann sieht es so aus, als ob du zu viel in die Sache hineinprojizierst, und er glaubt dann, dass du Erwartungen an ihn hast, denen er möglicherweise nicht entsprechen kann, und das setzt ihn zu sehr unter Druck und er kann dann nicht.

Sei nicht zu unglücklich oder misstrauisch oder ängstlich, denn das nervt und ist eine Belastung. Er wird dich verlassen und du bist schuld.

Hab keine Kinder, denn das bedeutet, dass du möglicherweise erwartest, dass er Verantwortung übernimmt. Schlimmer noch, Kinder sind die absolute Garantie, dass du überhaupt Erwartungen oder Ansprüche hast, aber er ist gerade nicht dazu in der Lage, diese Erwartungen zu erfüllen oder deinen Ansprüchen gerecht zu werden, denn er ist gerade in einer ganz schwierigen Phase.

(Sein Leben ist ein Chaos, schau mal genauer hin.)

Er ist noch nicht bereit für eine neue Beziehung, weil er noch um seine Ex trauert oder sich gerade beruflich umorientieren muss und er steckt gerade in einer Krise und er kann nicht …

Hab nicht keine Kinder, denn das bedeutet, dass du eventuell mit ihm welche haben willst.

Aber er kann das noch nicht. Irgendwann mal, ja, aber gerade ist er in einer ganz schwierigen Phase und er fühlt sich nicht bereit, deinen Erwartungen und Ansprüchen zu genügen, er hat die Trennung von seiner Ex noch nicht überwunden und er braucht jetzt erstmal eine Weile für sich. Es hat nichts mit dir zu tun, aber er merkt, dass du dabei bist, Gefühle zu entwickeln, und da muss er erst mal die Stopptaste drücken und sich darauf besinnen, was er wirklich im Leben will, also, es wäre besser, du würdest ihn erst mal nicht mehr anrufen und ihm Zeit zum Nachdenken geben.

Wenn du einen Mann haben willst, dann hast du keine Kinder und du willst auch keine. Diese Wesen existieren für dich einfach nicht. Du bist weder Single, noch in einer Beziehung. Wenn du in einer Beziehung bist, darf diese nicht glücklich sein (Schlampe!!) aber auch nicht unglücklich, weil es dann sein könnte, dass du ihn als Ausweg aus dieser Beziehung benutzen willst (No Go!!!)

Du bist vollkommen frei. Frei wie ein Sauerstoffatom. Er und du. Ihr habt jetzt eine Beziehung miteinander.

Du bist zufrieden mit ihm, aber nicht zu sehr. Du stehst zur Verfügung, wenn er dich sehen will, aber du gibst ihm auch nicht das Gefühl, du würdest darauf warten, dass er sich meldet. Du bist nett, aber nur so sehr, dass er sich nicht erdrückt fühlt, aber auch nicht zu wenig, sonst fühlt er sich kastriert.

Wenn du all das beherzigst, dann bleibt er für immer bei dir, und ihr seid glücklich und zufrieden bis an euer Ende.

Zeichnung: dressed to kill

Eine Hausfrau kommt nicht raus

Ich weiß gar nicht mehr, was eigentlich der Anlass war. Jedenfalls war es so ein Stehempfang mit Stehtischen und Essen im Stehen und Trinken im Stehen und Reden im Stehen und alles im Stehen. Ich war wegen des Kindes schon eine Weile nicht mehr aus gewesen. Isabella wollte gehen, sie hatte einen anstrengenden Tag hinter sich.

Ich wollte bleiben, ich hatte einen anstrengenden Tag hinter mir. Also besorgte ich schnell noch mehr zu trinken und fragte Isabella nach dem Drehbuch, an dem sie gerade schrieb. Es funktionierte.

Sie erzählte eindringlich und ausführlich von Handlungsbögen und Schwierigkeiten.

Ich versuchte, wie ein kompetentes Gegenüber zu wirken, sonst würde sie wieder gähnen und ich müsste zurück in die Wohnung mit den seit Tagen nicht aufgeräumten Zimmern und den Bergen gewaschener Wäsche, die sortiert werden mussten. Zurück in die Wohnung, in der überall Kinder schliefen. Zurück zu meinem Mann, der jetzt sicherlich im Wohnzimmer saß, auf dem Sofa, mit dem Laptop auf dem Bauch.

Ich hoffte, dass man mir das hier nicht ansah, den Mann, die Kinder, die Wohnung. Ich hoffte, mein Kleid, meine Ohrringe und meine schwarz ummalten Augen würden über all das hinwegtäuschen, was mein Leben ausmachte.

Dann entdeckte ich ihn ein paar Tische weiter. Er sah zu mir hin, ich lächelte, er lächelte zurück. Es war ein paar Jahre her, dass wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Er hatte sich nicht verändert. Die dunklen Locken, die blauen Augen, der intensive Blick. Ach ja. Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, wollte er mit mir ins Bett, aber damals wollte ich treu bleiben.

„Ich kenne den da, ich will kurz mit ihm sprechen“, sagte ich und ließ Isabella stehen.

Er stand da am Stehtisch mit einem Freund und, obwohl er lächelte und nett war und alles, musste ich ihm erklären, wer ich war. Er konnte sich nie an mich erinnern und fand mich trotzdem immer gut. Ich ihn auch. Schöne Zähne. Schöner Mund. Schöner Mann.

„Wir wollten noch woandershin, was trinken, kommst du mit?“ fragte er.

„Kommst du mit?“ „Ja.“ Sagte ich. Ich sagte ja. Das Leben war auf einmal so schön und so wunderbar einfach.

„Gut, wir holen nur unsere Jacken. Bis gleich.“ Sie gingen.

Ich ging zu Isabella zurück. Sie störte jetzt irgendwie, aber sie wollte sowieso nicht mit, denn sie war müde, und sie wünschte mir viel Spaß und wir warteten und sie kamen nicht wieder.

Nach einer Weile ging ich ihn suchen, aber er war nirgendwo. Bei der Garderobe nicht, nicht bei den Toiletten, nicht im Foyer, nicht drinnen, nicht draußen.

Noch als Isabella und ich auf der Straße standen und nach dem Taxi winkten, schaute ich mich immer wieder um, ob ich ihn nicht irgendwo sehen würde. So wie man noch Jahre später versucht, das einstmals geklaute Fahrrad auf den Straßen zu entdecken.

„Was wolltest du denn mit dem?“ fragte Isabella. „Du hast doch einen Mann!“

Als ich die Treppen zu unserer Wohnung hinaufstieg, versuchte ich, mich über die Dinge zu stellen. Denn: Das war es doch nicht wert. Es ist eben immer ein Risiko auszugehen.

Zu Hause saß mein Mann wie erwartet auf dem Sofa, mit dem Computer auf dem Bauch.

„Na, wie war’s?“