Übungsverzeichnis

Kapitel 1:

Übung: Wie nehmen Sie Zeit wahr?

Übung: Time Frames integrieren

Übung: Übungen zu den Wahrnehmungspositionen

Übung: Übungen zum Meta-Mapping

Übung zu Kapitel 1.8.3: Veraltete Verhaltensmuster mithilfe von Batesons Ebenen des Lernens anpassen

Übung zu Kapitel 1.10.3: Metaprogramm-Muster übertragen (mapping across)

Übung: Den Weg einer Veränderung verfolgen

Übung: Durch die Veränderung SOARen

Übung: Schritte des Generativen NLP-Formats

Kapitel 2:

Übung: Zugang zum Bauchgehirn

Übung: Phase 1 des SRI-Prozesses

Übung: Der Körperhaltung Aufmerksamkeit schenken

Übung zum Entlasten der Fußzentren

Übung: Körperwahrnehmung

Übung: Wie gelassen und entspannt sind Sie?

Übungen zur somatischen Syntax

Übung 1: Eine Ressource in „Fleisch und Blut“ übergehen lassen

Übung 2: Das ressourcenvolle Muster verallgemeinern

Übung 3: Das ressourcenvolle Muster anwenden

Übung 4: Ressourcen modellieren mit der somatischen Syntax

Übung 5: Den Umfang des Selbstausdrucks erweitern – somatische Syntax des Selbst

Übung 6: Festgefahrene Zustände mit der somatischen Syntax transformieren

Übung 7: Die nonverbale Kommunikation mit der somatischen Syntax verbessern

Übung 8: Körpermetaphern erkunden, um die nonverbale Kommunikation zu verbessern

Übung: Ein somatisches Fraktal für einen Ressourcenzustand entwickeln

Übung: Die Schritte des Formats Dancing S.C.O.R.E.

Übung: Die Welle der Veränderung reiten

Übung: Die 5Rhythmen® und Dancing S.C.O.R.E.

Kapitel 3:

Übung: Ihr „Feld“ spüren

Übung: Sich über die eigene Mitte verbinden

Übung: Energetisches Spiegeln

Übung: Eine zweite Haut entwickeln

Übung: Eine gemeinsame Ressource entwickeln

Übung: „Ich sehe ...“, „Ich spüre ...“

Übung: Das Gruppenfeld bereichern

Übung: Intervision – Ablauf

Übung zum aktiven Träumen

Übung: Das „Feld“ sehen

Kapitel 4:

Übung: Grundstruktur für den Adaptionszyklus

Übung: Ihre Zone finden

Übung: COACHing-Container

Übung: Von CRASH zu COACH

Übung: Den Einfluss der Archetypen-Energien untersuchen

Übung: Schwierige Gefühle aushalten

Übung: Blockierende Überzeugungen aufdecken

Übung: Übergänge

Danksagung

Wir bedanken uns bei:

Stephen Gilligan für seine höchst bedeutsamen Beiträge zur Entwicklung der nächsten Generation des NLP. Er gehörte zur ersten Gruppe von Schülern, die in der Anfangszeit des NLP bei Richard Bandler und John Grinder studierten. Seither entwickelt er eigene Konzepte auf der Grundlage seiner Arbeit zur Selbstbeziehung und zum Generativen Selbst.

Zahlreiche der in diesem Buch vorgestellten Kerngedanken hat ursprünglich Stephen Gilligan in seinem bahnbrechenden Werk zur Selbstbeziehung (1997) dargelegt. Zu diesen Kerngedanken gehören: Generativität, die drei Geistesmodi (kognitiver Geist, somatischer Geist und Feld-Geist)[1] und die damit zusammenhängenden Prinzipien und Elemente: die Archetypen-Energien, Zentrieren (centering) und das Konzept der Förderung (sponsorship). Wie fruchtbar der Austausch von Ideen zwischen Selbstbeziehung und NLP sein kann, zeigt sich in dem Buch The Hero’s Journey: A Voyage of Self-Discovery (Gilligan und Dilts, 2009) (dt.: Die Reise des Helden – Auf dem Weg zur Selbstentdeckung, 2013).

 

Danken möchten wir auch:

Gabrielle Roth, die die 5Rhythmen® entwickelt hat (die mit uns einen gemeinsamen Mentor hat: Gregory Bateson). Sie setzte[2] sich stets dafür ein, dass der Bewegung eine besondere Bedeutung zukomme und dass die Verbindung mit dem Körper ein Schlüssel für den Veränderungsprozess sei.

Richard Moss, der die transformative Kraft von Gewahrsein, Präsenz und Verbindung so deutlich vor Augen führt.

Teresa Epstein, die seit Jahren engagiert den Rahmen der NLP-University gestaltet, in dem wir alle generativ zusammenarbeiten können.

Sandra Bacon, die zu diesem Werk ihr Fachwissen als Korrekturleserin beisteuerte.

Michael Dilts und Claire Sage für ihre fortwährende Unterstützung und ihre Hilfe bei der Covergestaltung der Originalausgabe.

Vorwort

Nach Abschluss unseres Buches NLP Volume I (1980) (dt.: Strukturen subjektiver Erfahrung: Ihre Erforschung und Veränderung durch NLP) versprachen wir Autoren (Dilts, Grinder, Bandler und DeLozier) einen zweiten Band, NLP II. Dieser sollte eine konkretere Anwendung der Konzepte, Prinzipien und Unterscheidungen liefern, die wir in dieser ersten Einführung ins NLP dargelegt haben. Wir sagten, im zweiten Buch würden wir „genauer untersuchen, wie sich das Neurolinguistische Programmieren in unserer Arbeit und im Alltagsleben anwenden lässt.“

Aus verschiedenen Gründen wurde NLP Bd. II lange Zeit nicht verwirklicht. Das hing zum Teil damit zusammen, dass wir Autoren alle recht viel zu tun hatten und intensiv damit beschäftigt waren, die Anwendungen erst zu entwickeln und auszuprobieren, über die zu schreiben wir versprochen hatten. Im Laufe der Zeit haben sich unsere Wege getrennt. Nie mehr waren wir alle so zusammen wie in dieser frühen Zeit und das Projekt NLP II „ging irgendwo unter.“

Doch es gab noch einen weiteren Grund: Das Gebiet NLP entwickelte sich weiterhin so schnell, dass sich nur schwer einige bestimmte Prozesse auswählen ließen, die unserer Ansicht nach die Geschichte und das Potenzial des NLP am besten charakterisierten. Es gab neue Herausforderungen und Gelegenheiten, die uns nach Ressourcen und Lösungen suchen ließen. So gab es ständig Neuerungen, die auch an die Grundfesten des Gebiets rührten.

Die vier Autorinnen und Autoren von NLP I sind auch weiterhin weltweit unterwegs, lehren NLP und tragen so zu seiner Weiterentwicklung bei, wobei wir (Robert Dilts und Judith DeLozier) noch immer eine nahe persönliche Beziehung haben und eng zusammenarbeiten. Den Höhepunkt bildet alljährlich unser Sommerprogramm der NLP-University an der University of California in Santa Cruz.

Im Laufe der Jahre haben wir oft über die Vision und das vor vielen Jahren gegebene Versprechen eines NLP-II-Buches nachgegrübelt. Es fragten auch immer wieder NLPler: „Wo ist NLP Band II?“ Gelegentlich versuchten wir, das Versprechen auf andere Art und Weise einzulösen. Vier Jahre lang schrieben wir an der Encyclopedia of Systemic NLP and NLP New Coding. Dort behandeln wir zahlreiche und vielfältige NLP-Modelle und -Anwendungen ausführlich und würdigen die Geistesgeschichte des faszinierenden Gebiets NLP. In unserer Arbeit versuchten wir, den Spirit der ursprünglichen Studentengruppe zu bewahren, die in den Bergen von Santa Cruz mit Bandler und Grinder in Kleingruppen NLP studierten und entwickelten.

Vor vier Jahren beschlossen wir: Es ist an der Zeit, endlich unser Versprechen einzulösen und einen zweiten Band zu schreiben. Aus unserer Sicht gibt es eindeutig etwas Neues zu sagen. Dieses Buch NLP II: die neue Generation ist das Ergebnis dieses Entschlusses.

In den zurückliegenden Jahren hat das Buch verschiedene Entwicklungen durchlaufen und würde nicht existieren ohne Deborahs Energie und Unterstützung. Sie ist 5Rhythmen®-Tanzlehrerin, Psychotherapeutin und Trainerin für Psychosynthese sowie Dolmetscherin und hat dadurch wesentlich zu zahlreichen neuen Entwicklungen beigetragen, die in den späteren Kapiteln vorgestellt werden.

Deborah kam mit NLP erstmals 1994 in Kontakt, als sie für John Grinder ins Französische dolmetschte; das war in Paris, wo sie seit den frühen 1980er-Jahren als amerikanische Auswanderin lebt. Seitdem war sie in Kursen vieler anderer NLP-Trainer als Dolmetscherin tätig, zum Beispiel bei David Gordon, Charles Faulkner, Lynne Conwell, Robert McDonald und natürlich Robert Dilts und Judith DeLozier.

Seit 2005 entwickeln Deborah und Robert gemeinsam Programme, die Deborahs Ausbildung in körperorientierten Transformationspraktiken (etwa die 5Rhythmen®) und die NLP-Prinzipien verbinden. (2008 haben Robert und Deborah geheiratet.) Diese neuen Entwicklungen haben sie weltweit in Workshops und Seminaren angewandt sowie zusammen mit Judith DeLozier an der NLP-University in Kalifornien.

Die Zusammenarbeit von uns dreien (Robert, Judith und Deborah) ist geprägt von Enthusiasmus, Fülle, Kreativität und Zusammengehörigkeit. Wir hoffen, alle diese Eigenschaften kommen in diesem Buch zum Ausdruck und lassen Sie als Leserinnen und Leser die Tiefe, die Fülle und das Potenzial des NLP aufs Neue wertschätzen.

Robert Dilts
Judith DeLozier
Deborah Bacon Dilts

August 2010
Santa Cruz, Kalifornien

Einführung: Eine neue Generation des NLP

NLP – Hintergrund und Überblick

Dieses Buch handelt von bedeutenden neuen Entwicklungen im Neurolinguistischen Programmieren. Das NLP ist ein Ansatz zum Verstehen menschlichen Verhaltens sowie eine Sammlung darauf aufbauender Fertigkeiten und Techniken. Begründet durch Richard Bandler und John Grinder in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts, untersucht NLP die Muster oder „Programmierungen“, die durch die Interaktion unseres Nervensystems („neuro“) und unserer Sprachstrukturen („linguistisch“) entstehen, sowie deren Einfluss auf unseren Körper und unser Verhalten. Aus NLP-Sicht entstehen aus dieser Interaktion sowohl sinnvolles wie dysfunktionales Verhalten, menschliche Pathologie ebenso wie großartige Einzelleistungen.

Bandler und Grinder definierten das Neurolinguistische Programmieren als Studium der Struktur der subjektiven Erfahrung. Der Begriff Studium impliziert Untersuchungen und Forschung. Im NLP geschieht dies hauptsächlich durch den Prozess des Verhaltensmodellierens. Viele Erkenntnisse und Techniken im NLP entstanden aus der Beobachtung der Verhaltensmuster bedeutender Persönlichkeiten aus den unterschiedlichsten Bereichen: Psychotherapie, Management, Kunst, Naturwissenschaften, Rechtswissenschaft und Bildungswesen. Ziel dieser Untersuchung war es immer, herauszufinden, worin der Unterschied besteht, der den Unterschied ausmacht zwischen schwacher, durchschnittlicher und außergewöhnlicher Leistung.

Das Konzept der Struktur betont den Prozess gegenüber dem Inhalt. Der Prozess des Verhaltensmodellierens im NLP konzentriert sich also mehr darauf, wie wir etwas tun, als darauf, was wir tun. Im Fokus von NLP steht nicht so sehr, welche Entscheidungen wir treffen, was wir lernen oder erschaffen, sondern der Prozess, wie wir dies tun. In der Tat ist es so, wie NLP-Mitbegründer John Grinder betont, dass alle Techniken und Formate des NLP ursprünglich aus der Fragestellung hervorgegangen sind: „Wie wissen wir etwas?“ und „Wie tun wir etwas?“ NLP-Unterscheidungen ermöglichen uns, über den Verhaltensinhalt, also was wir tun, hinauszusehen und die unsichtbaren Kräfte zu erkennen, die dieses Verhalten bewirken. Es sind die Strukturen des Denkens, unserer Überzeugungen und Emotionen, die uns sinnvoll handeln lassen oder unsere Wirksamkeit stören. Das NLP bietet also eine Reihe von Verfahren und Unterscheidungsmöglichkeiten, die hervorragend geeignet sind, entscheidende Muster des Denkens, der Motivation und des Verhaltens aufzuzeigen und die sich in lösungsorientierter, nachvollziehbarer Weise umsetzen lassen.

Im Mittelpunkt des NLP-Modellierungsprozesses steht die Betonung der Struktur der subjektiven Erfahrung (des Denkens, der Überzeugungen, der Emotionen, der inneren Repräsentationen usw.), im Gegensatz zur „objektiven Realität“. Die Grundlage im NLP ist die Annahme: „Die Landkarte ist nicht das Gebiet.“ Unsere inneren Landkarten und Vorstellungen unterscheiden sich notwendigerweise von der Welt, die sie abbilden wollen. (So, wie die Landkarte einer Stadt nicht die Stadt selbst ist und die Speisekarte nicht das Abendessen.) Unsere inneren Vorstellungen, die wir durch unser Nervensystem und unsere Sprachmuster erzeugen, enthalten von Natur aus Verallgemeinerungen und Verzerrungen der eigentlichen „Realität“, die sie abbilden wollen. Diese inneren Landkarten und Modelle legen fest, wie wir unsere Welt erfahren und auf diese Welt reagieren. Das Studium der Struktur der subjektiven Erfahrung beginnt also mit unseren persönlichen Sinneserfahrungen: mit dem, was und wie wir sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken. Es beginnt also nicht mit Theorien und Vorstellungen über die äußere „Realität“. So ist beispielsweise das NLP bei der Erforschung spiritueller Erfahrungen nicht interessiert an der Entwicklung einer Theorie oder eines Glaubenssystems zur Spiritualität. Vielmehr untersucht NLP die Strukturen der menschlichen subjektiven Erfahrung in der Spiritualität: Wie erleben wir es, Teil von etwas Größerem außerhalb von uns zu sein, und welche Varianten dieser Erfahrung gibt es?

Der NLP-Modellierungsprozess arbeitet mit operativen Fragen: Wie kann man eine bestimmte subjektive Erfahrung beeinflussen? Wie kann man diese Erfahrung nutzen? Wie kann man entweder mehr oder weniger daraus machen? Welche Prozesse fördern unsere subjektive Erfahrung oder stören sie?

Mit einem Wort: NLP bietet einen Ansatz zum Studium des menschlichen Verhaltens. Er umfasst:

  1. eine Erkenntnistheorie – ein System von Prinzipien und Unterscheidungen, um Wissen über uns selbst und unsere Interaktion mit der Welt zu organisieren,
  2. eine Methodik – Prozesse und Verfahren zur Sammlung und Anwendung von Wissen,
  3. eine Technologie – Techniken, mit deren Hilfe das Wissen so angewandt werden kann, dass bestimmte Resultate erzielt werden können.

Die Evolution des NLP

Das NLP wurde begründet von dem Sprachwissenschaftler John Grinder und von Richard Bandler, der aus der Gestalttherapie und Mathematik kam. Sie waren auf der Suche nach Modellen zur Beschreibung exzellenter Leistungen. In ihrem ersten Buch Die Struktur der Magie, Band I und II[3] (1975, 1976[4]) modellierten sie die Sprach- und Verhaltensmuster der Therapeuten Fritz Perls, dem Begründer der Gestalttherapie, und Virginia Satir, einer international anerkannten Familientherapeutin. Ihr nächstes Buch Muster der hypnotischen Techniken von Milton Erickson, M. D., Band I und II (1975, 1976) untersuchte die Sprach- und Verhaltensmuster von Milton Erickson, dem weltweit anerkannten erfolgreichen Psychiater und Gründer der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Hypnose.

Auf der Basis dieser frühen Arbeiten schufen Grinder und Bandler formale Methoden zur Verhaltensmodellierung. Hierfür fanden sie die Bezeichnung „Neurolinguistisches Programmieren“. Damit sollte der Zusammenhang zwischen Nervensystem und Sprache benannt werden sowie die Folgen dieses Zusammenspiels für unsere körperlichen und geistigen Erfahrungen und unsere Handlungen.

Im Rahmen des NLP besteht jeder einfache Veränderungsprozess aus diesen Schritten:

  1. dem Identifizieren des Istzustands einer Person, eines Teams, einer Organisation oder allgemein eines Systems,
  2. dem Zur-Verfügung-Stellen der erforderlichen Ressourcen, um die Person, das Team, die Organisation oder das System
  3. in den erwünschten Zustand zu führen.

Istzustand + erforderliche Ressourcen → erwünschter Zustand

Die Unterscheidungen und Techniken des NLP dienen zur Identifikation und Definition eines Istzustands sowie der verschiedenen Arten und Ebenen von erwünschten Zuständen. Sodann müssen die erforderlichen Ressourcen zugänglich gemacht und eingesetzt werden, um eine sinnvolle und ökologische Entwicklung in Richtung des gewünschten Zustands zu erzeugen.

Im Laufe der Jahre wurden im NLP einige sehr wirkungsvolle Instrumente und Fähigkeiten zur Kommunikation und Veränderung entwickelt. Sie lassen sich in vielen professionellen Bereichen anwenden: in Coaching und Beratung, in der Psychotherapie, im Bildungs- und Gesundheitswesen, in den Kreativberufen, in der Justiz, der Wirtschaft, im Verkauf, aber auch zur Unterstützung von Führungskräften oder Eltern.

Alle NLP-Techniken richten sich darauf, dem Anwender eine oder mehrere der drei wichtigsten Eigenschaften wirksamen Verhaltens zur Verfügung zu stellen: a) ein vielfältiges Modell der Welt, insbesondere hinsichtlich gewünschter Ergebnisse; b) vollen Zugang zu allen Sinneserfahrungen; c) Beweglichkeit in den inneren Reaktionen und im äußeren Verhalten.

Eine ständig wachsende Zahl von Büchern, Filmen und Seminaren hat die vielfältigen Techniken und Verfahren des NLP der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Darüber hinaus gibt es weitere Techniken, die noch nicht in schriftlicher oder filmischer Form vorliegen, und wieder andere befinden sich immer noch im Prozess der Entwicklung und Verfeinerung.

Seit den Anfängen Mitte der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts hat sich das NLP wesentlich weiterentwickelt. Vor gut 30 Jahren wurde NLP Volume 1 (Dilts, Grinder, Bandler, DeLozier, 1980 – deutsch: „Die Strukturen subjektiver Erfahrung“) veröffentlicht. Seitdem hat sich das NLP über die ganze Welt verbreitet und das Leben von Millionen Menschen berührt. An unserem NLP-University-Programm nehmen jährlich Menschen aus über 35 verschiedenen Ländern teil, um sich zum NLP Practitioner, Master Practitioner und Trainer ausbilden zu lassen. Weitere Tausende werden weltweit jedes Jahr in spezialisierten NLP-Instituten ausgebildet.

Mit der dritten Generation von NLP-Entwicklern, Trainern und Praktizierenden ist es jetzt an der Zeit anzuerkennen, dass eine neue Generation des NLP entstanden ist. Dabei müssen wir uns zwei grundsätzliche Fragen stellen:

  1. Was ist kennzeichnend für eine „neue“ Generation, im Unterschied zu einer Variante des bereits bestehenden NLP? (Vergleichbar der Frage aus der Biologie: Was macht eine Pflanze oder ein Tier zu einer wirklich neuen biologischen Art und nicht nur zu einer Abwandlung einer bereits existierenden Art?)
  2. Woher wissen wir, dass die Entdeckungen oder Strukturen der neuen Generation „ein Teil des NLP“ sind und nicht etwas ganz anderes? In anderen Worten: Was unterscheidet ein NLP-Modell oder eine NLP-Methode von anderen Modellen oder Methoden?

Wodurch wird etwas zu einem Teil des NLP?

Wir beginnen mit der Fragestellung: „Was macht eine Technik, ein Format, ein Modell oder eine Reihe von Unterscheidungen zu einem Teil von NLP?“

NLP-Prozesse und Verfahren sprechen vielfältige Themen und Fragestellungen an. In der Encyclopedia of Systemic NLP and NLP New Coding (Dilts & DeLozier 2000) werden u. a. folgende Themen behandelt: die Behandlung von Phobien, Traumata und emotionalen Störungen; Techniken zum Erlernen von Fremdsprachen, kreativem Schreiben, schnellem Lesen, Algebra usw.; Führungs- und Managementtechniken; Methoden zur Strategieplanung, Teamentwicklung und Organisationsentwicklung; Formate für körperliches Heilen, Kreativität, Konfliktlösung, Motivation und vieles, vieles mehr. Das NLP deckt einen Bereich von Anwendungen ab, der weit über den anderer psychologischer Modelle und Verhaltensmodelle hinausreicht, im Vergleich etwa zur Psychoanalyse, Gestalttherapie, Transaktionsanalyse, Psychosynthese und selbst zur Kognitiven Psychologie.

Offenbar definiert sich das NLP nicht über einen bestimmten Geltungs- oder Anwendungsbereich. Angesichts der breiten Palette an NLP-Modellen und Techniken ist es also eine echte Herausforderung zu definieren, was etwas zu einem Teil des NLP macht.

Das ist eine grundlegende „epistemologische“ Frage. Der Begriff Epistemologie oder Erkenntnistheorie stammt vom griechischen Wort epi („über“ oder „auf“), histanai („gründen“ oder „vermitteln“) und logos („Wort“ oder „Wissen“); bezeichnet mithin das, „worauf wir unser Wissen gründen“. Eine Erkenntnistheorie liefert also ein grundlegendes System von Unterscheidungen und Annahmen, auf denen sämtliches weitere Wissen aufbaut. Gregory Bateson definierte den Begriff folgendermaßen: „Erkenntnistheorie ist die Entstehungsgeschichte unseres Wissens; mit anderen Worten: Wie wissen wir, was wir wissen?“

Ausgehend von den Fragen danach, was wir wissen können und wie wir dieses Wissen erlangen, welches wir zu besitzen glauben, geht die Erkenntnistheorie weiter zur Frage: „Auf welche Weise wissen wir überhaupt etwas?“[5]

Bateson formuliert es so: „Die Philosophen haben zwei Arten von Problemen anerkannt und unterschieden. Erstens die Probleme, wie die Dinge sind, was eine Person ist und was für eine Art Welt dies ist. Das sind Probleme der Ontologie. Zweitens die Probleme, wie wir etwas wissen oder, spezieller, was für eine Art Welt dies ist und was für eine Art Geschöpfe wir sind, die wir etwas (oder vielleicht nichts) von dieser Sache wissen können. Das sind die Probleme der Erkenntnistheorie [Epistemologie].“[6]

Im NLP geht es um beides: unser Sein („Ontologie“) und unsere Erkenntnisse („Epistemologie“). Als Seinslehre bietet das NLP eine Reihe von Grundannahmen zur menschlichen Kommunikation, zu unseren Wahlmöglichkeiten, unserer Veränderungsfähigkeit und den Absichten hinter unserem Verhalten. Den erkenntnistheoretischen Kern des NLP bildet das Modellieren – der fortwährende Prozess der Vergrößerung und Anreicherung unserer Landkarten von der Welt. Dies geschieht durch Achtsamkeit, Neugier und die Fähigkeit, multiple Perspektiven und Beschreibungen zusammenzufügen. Ausgangspunkt der Ontologie wie der Erkenntnislehre im NLP ist das Prinzip, dass die Landkarte nicht das Gebiet ist. Das NLP behauptet, dass keine Landkarte wahrer oder realer ist als eine andere. Damit wir aber über das Jetzt hinaus wirken und uns entwickeln können, müssen wir im Besitz einer Landkarte sein, die uns das größtmögliche Spektrum an Wahlmöglichkeiten bietet. Daher fördert NLP von Natur aus eher Inklusivität als rigide Grenzziehung.

Wie schon gesagt, untersucht das NLP nicht den Inhalt der subjektiven Erfahrungen, sondern fokussiert in seiner Erkenntnistheorie auf die Art und Weise, wie diese subjektiven Erfahrungen untersucht und dargestellt werden.

Imme wieder hat es im Lauf der Jahre NLP-Practitioner und sogar Trainer gegeben, die behauptet haben, dass Themen, wie „Spiritualität“, „Liebe“, „frühere Leben“ oder „Reinkarnation“ keinen Platz im NLP haben. Andererseits beziehen sich diese Themen auf starke, vielen Menschen gemeinsame subjektive Erfahrungen und als solche gehören sie sicherlich zum Studienbereich des NLP. So wie jede Form von Sprache für die Linguistik (das Studium der Sprache) relevant ist, so ist jede Art von subjektiver Erfahrung für das NLP von Bedeutung.

NLP interessiert sich weder für den speziellen Inhalt dieser subjektiven Erfahrungen noch dafür, ob sie tatsächlich „wahr“ sind oder nicht. Vielmehr geht es um Fragen wie diese: „Wie unterscheidet sich die Erfahrung dieser subjektiven Phänomene von der Erfahrung anderer subjektiver Phänomene?“ – „Welche Folgen haben diese subjektiven Erfahrungen für uns?“ – „Führen sie zu kreativen oder zu problematischen Reaktionen und Antworten?“ – „Fördert oder hemmt die Struktur dieser Erfahrungen eine erfolgreiche Leistung?“ – „Wird unsere persönliche Zufriedenheit durch unsere Beziehung zu solchen Erfahrungen gesteigert oder vermindert?“ – „Ermöglicht uns die Art, wie wir diese Erfahrungen machen, eine Auswahl von Reaktionsmöglichkeiten oder führt sie zu Gefühlen der Hilflosigkeit und Abhängigkeit?“

In anderen Worten, wenn ein NLP-Practitioner oder Coach mit jemandem arbeitet, der von „Erfahrungen aus einem früheren Leben“ spricht, so würde er nicht über die Gültigkeit dieser Erfahrung diskutieren. Eher würde er neugierig werden auf die Struktur und die Konsequenzen dieser bestimmten subjektiven Erfahrung. Und er würde fragen, wie diese mit den sonstigen subjektiven Abbildungen der Welt durch diese Person übereinstimmen.

Von Anfang an behaupteten Bandler und Grinder, dass NLP nicht nur ein weiteres Modell menschlichen Verhaltens darstellt, sondern dass es sich dabei um ein „Meta-Modell“ handelt. Das heißt: Beim NLP handelt es sich um ein Modell davon, wie Menschen ihre Modelle der Welt erzeugen.

Mithin bestimmt also nicht der Inhalt, ob etwas ein Teil von NLP ist, sondern vielmehr der Ansatz, wie etwas untersucht wird und die Art, wie die daraus resultierenden Strukturen organisiert werden.

Letztlich heißt das: Ganz gleich, welche Bereiche subjektiver Erfahrung untersucht werden, zerlegt NLP deren Strukturen und Prozesse in spezielle Unterscheidungen und Schritte. Dies geschieht mithilfe von sensorischen Repräsentationen (Bilder, Töne, gefühlte Empfindungen etc.), Sprachmustern und Physiologie. Alle NLP-Kernunterscheidungen und -Formate bauen auf einer Kombination dieser drei Aspekte unseres Menschseins auf.

Damit etwas ein Teil des „Neurolinguistischen Programmierens“ sein kann, muss es prinzipiell als neurolinguistisch erkannt und beschrieben werden.

Das Neuro im Neurolinguistischen bezieht sich auf unser Nervensystem. Ein großer Teil im NLP hat damit zu tun, wie unser Nervensystem funktioniert, wie wir es verstehen und wie wir seine Muster anwenden. Im NLP werden sämtliche kognitiven, emotionalen und Verhaltensprozesse als Resultat von Programmen verstanden, die im menschlichen Nervensystem verarbeitet werden. Derartige Programme heißen Denken, Erinnern, Sich-etwas-Vorstellen, Entscheiden, Wünschen, Wollen oder Diskutieren. Das heißt, unsere menschliche „Erfahrung“ ist Ergebnis der Informationen, die wir durch unser Nervensystem erhalten, bearbeiten oder generieren. Im Grunde hat es also damit zu tun, dass wir unsere Welt über unsere Sinne erleben: Wir sehen, fühlen, hören, riechen und schmecken sie.

Ob sich nun also die jeweils untersuchte subjektive Erfahrung auf Motivation, Erinnerung, den Kosmos, Religion, Kunst, Politik oder Bildung bezieht, spielt keine Rolle: Das NLP konzentriert sich auf die Frage, wie dieses Erleben im Nervensystem organisiert wird.

Aus NLP-Sicht ist unsere Sprache ebenfalls ein Produkt des Nervensystems. Zugleich weckt und formt Sprache aber auch die Aktivitäten unseres Nervensystems. Sprache ist also eindeutig eines der wesentlichen Mittel, um das eigene Nervensystem und die Nervensysteme von anderen zu aktivieren und zu stimulieren. Durch die Art, wie wir Sprache gebrauchen, wird subjektive Erfahrung geformt und ausgedrückt. Damit wir also etwas als zum NLP gehörig ansehen, muss es etwas mit ganz natürlich und spontan auftretenden verbalen und nonverbalen menschlichen Sprachmustern zu tun haben.

Der Aspekt des Programmierens im Neurolinguistischen Programmieren basiert auf der Ansicht, dass unsere Erfahrungen in Prozessen wie dem Lernen, Erinnern, der Motivation oder Kreativität sich in Form von bestimmten Programmen vollziehen. Es handelt sich um neurolinguistische Programme, die mehr oder weniger effektiv funktionieren, um bestimmte Ziele oder Ergebnisse zu erreichen. Das heißt, dass wir Menschen durch innere Programmierungen unseres Nervensystems mit der Welt interagieren. Wir reagieren auf Probleme oder nähern uns neuen Ideen im Rahmen unserer inneren Programme – und nicht alle Programme sind gleich. Um unsere Ziele zu erreichen, sind manche wirksamer als andere.

Dass sich ein Modellierungsprozess praktisch anwenden lässt, gehört in diesem Sinne zu den wichtigsten Aspekten des NLP. NLP-Konzepte und -Trainigsprogramme fördern interaktive, erfahrungsbasierte Lernkontexte, sodass bestimmte Grundsätze und Verfahren leichter wahrgenommen und verstanden werden können. Und weil viele NLP-Prozesse nach sehr erfolgreichen Vorbildern modelliert wurden, können sie auch von anderen Menschen spontan verstanden werden, selbst wenn diese auf dem betreffenden Gebiet kaum oder noch keine Erfahrungen gemacht haben.

Fassen wir zusammen: NLP ist von Anfang an das Studium der Struktur unserer subjektiven Erfahrungen; einer „Struktur“, die von Natur aus neurolinguistischen Ursprungs ist. Damit haben wir also die Grundsätze, die bestimmen, ob ein Format Teil von NLP ist:

Was bedeutet: Eine „neue Generation“ des NLP?

Warum sollten bestimmte Entwicklungen im NLP als „neue Generation“ bezeichnet werden und nicht nur als Erweiterung des bereits Bestehenden? Auf jedem Wissensgebiet beinhaltet jede wirklich neue Generation den bereits erlangten Kenntnisstand und erweitert ihn. Von einer neuen Generation kann man sprechen, wenn die Entwicklungen

  1. neue Phänomene verarbeiten, die nicht Teil der vorhergehenden Generation waren,
  2. einen größeren Umfang von Fragen und Erfahrungen ermöglichen,
  3. bedeutende neue Unterscheidungen, Hilfsmittel und Methoden hervorbringen.

Die Entwicklung einer neuen Generation des NLP ist unserer Ansicht nach das Ergebnis äußerer wie innerer Einflüsse. Zu den äußeren Einflüssen gehört, dass Klienten oder Studierende immer noch bestimmte Bedürfnisse und Probleme haben, denen bislang noch nicht hinreichend Rechnung getragen wurde. Außerdem hat sich die Welt weiter verändert und frühere Lösungen erweisen sich als nicht mehr genügend wirksam oder befriedigend. So wie sich die Welt verändert, verändern sich die Bedürfnisse der Menschen.

Im NLP wird stets betont, dass „die Landkarte nicht das Gebiet ist“. Vielleicht sollte man daran erinnern, dass in vielerlei Hinsicht auch „das Gebiet nicht das Gebiet“ ist, weil es sich nämlich ständig verändert. Was die Welt im 21. Jahrhundert vom NLP erwartet, unterscheidet sich von den Erwartungen in der frühen Phase, den späten 1970er-Jahren. Es gibt neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten und eine Verschiebung des Fokus von einer mehr individuellen Orientierung hin zu einer Sichtweise, die die Ökologie eines gesamten Systems oder „Feldes“ umfasst.

Auch Entwicklungen in anderen Disziplinen hatten ihren Einfluss. Das NLP hat schon immer sinnvolle Einsichten und Prozesse aus anderen Bereichen integriert. In den 30 Jahren seit Entstehen des NLP kam es so immer wieder zu wichtigen gegenseitigen Befruchtungen von und mit anderen Disziplinen. Einige der herausragendsten Beiträge sind:

Stephen Gilligan – Selbstbeziehung und Generatives Selbst

Gabrielle Roth – 5Rhythmen

Richard Moss – Bewusstes Leben und Transformation durch Aufmerksamkeit

Ken Wilber – Integrale Theorie

Eugene Gendlin – Focusing

John Welwood – Die Psychologie des Erwachens

Bert Hellinger – Familienaufstellung

Harville Hendrix – Relationale Paradigmen und Imago-Therapie

Donald Epstein – Netzwerkanalyse der Wirbelsäule, Somato-Respiratorische Integration

Rupert Sheldrake – Morphogenetische Felder

Timothy Gallwey – The Inner Game of Coaching

Carol Pearson – Archetypische Psychologie

Weitere Ideen und Prozesse der neuen NLP-Generation sind hervorgegangen aus einer gründlicheren Neubeschäftigung mit Beiträgen der ursprünglich als Modelle für die frühen NLP-Grundsätze und Techniken dienenden Vorbilder:

Milton H. Erickson – Hypnotherapie

Virginia Satir – Familientherapie

Fritz Perls – Gestalttherapie

Gregory Bateson – Systemtheorie und Systemische Therapie

Doch das NLP hat sich auch von innen heraus verändert. Die ersten Entwickler und Nutzer des NLP haben sich weiterentwickelt und aus den verschiedensten Bereichen sind neue Führungspersönlichkeiten hinzugekommen, die ihre Erfahrungen mitbrachten. Ursprünglich waren die NLP-Praktizierenden größtenteils Psychologen und Therapeuten. Heute werden NLP-Seminare und Programme von Menschen aus den unterschiedlichsten Berufs- und Tätigkeitsfeldern besucht: Coaching, Management, öffentliche Verwaltung, Kunst, Unterhaltung, Organisationsentwicklung, Bildungswesen und Justiz.

Als ein weiterer interner Treiber hat sich die fortwährende Entwicklung des Modellierens erwiesen. Hierbei geht es ja um die Suche nach den Erfolgsfaktoren oder nach Unterschieden, die den Unterschied ausmachen zwischen geringer, durchschnittlicher, guter und exzellenter Leistung. Seit den Anfängen des NLP war das Interesse an neuen Exzellenzmodellen eine der wichtigsten Antriebskräfte der Entwicklung. Wie Mitbegründer Richard Bandler es formulierte: „NLP ist eine Haltung und nicht der Rattenschwanz von Techniken, die daraus hervorgehen.“ NLP-Mitbegründer John Grinder stellte klar: „Wer nicht modellieren kann, macht nicht wirklich NLP.“ In der Tat haben sich Bandler und Grinder von Anfang an stets als „Modellierer“ bezeichnet. So liegen das Erbe und die Zukunft des NLP seit jeher im Prozess des Modellierens begründet. Durch diesen elementaren Mechanismus wächst das NLP, erneuert und bereichert es sich.

Durch den stetigen Einsatz des Modellierens haben Entwickler und Anwender die Grenzen des NLP erweitert und verschoben. Im NLP ging es schon immer um das Studium der Struktur unserer subjektiven Erfahrung. Anfangs fokussierte sich das Interesse mehr auf Faktoren der Umwelt, des Verhaltens und der Wahrnehmung, die die menschliche Leistung beeinflussen. Im Laufe der Zeit wurden neue Phänomene modelliert, was zu einer Ausweitung der Anwendung des NLP geführt hat wie zu einer Weiterentwicklung der Grundlagen selbst. Inzwischen werden auch umfassendere Faktoren wie Überzeugungen, Werte, Identität und die Dynamik größerer Systeme in die Untersuchung mit eingeschlossen. Das NLP hat immer auf Veränderungen in der Welt und bei den Menschen reagiert. Solange es neue menschliche Verhaltensweisen zu modellieren gibt, wird der Anwendungsbereich des NLP wachsen. Und mit wachsendem Anwendungsbereich werden neue Kenntnisse und Modelle entstehen, um weitere Generationen hervorzubringen.

Was bedeutet „erste und zweite Generation“ des NLP?

Mit der ersten Generation des NLP bezeichnen wir das ursprüngliche Modell, welches Bandler und Grinder aus ihren Untersuchungen erfolgreicher Therapeuten abgeleitet haben. Bei den frühen NLP-Anwendungen ging es beinahe ausschließlich um Eins-zu-eins-Beziehungen zwischen Individuen. Die erste Generation setzte voraus, dass es eine therapeutische Beziehung gab, in der der Therapeut wusste, was für den Klienten das Beste war. Damals galt NLP als etwas, das man „mit anderen tat“.

Die meisten Kenntnisse und Techniken der ersten Generation konzentrierten sich auf Problemlösungen auf der Ebene von Verhalten und Fähigkeiten. In erster Linie richteten sie sich an das kognitive Denken. In der Tat enthält das Buch Die Struktur subjektiver Erfahrung fast ausschließlich kognitive Strategien.

Weitere entscheidende Unterscheidungen und Werkzeuge der ersten NLP-Generation waren:

Diese wirksamen und kraftvollen Unterscheidungen, Modelle und Formate bilden weiterhin die Grundlage des NLP.

Die zweite Generation des NLP entstand Mitte bis Ende der 1980er-Jahre, um über den therapeutischen Kontext hinausgehende Themen einzubeziehen. Während der Fokus nach wie vor auf dem Individuum lag, nahm die zweite Generation bereits die Beziehung zwischen dem Einzelnen und seiner Umgebung in den Blick. So entwickelten sich neue Anwendungsbereiche im Management, in der Verhandlungsstrategie, in Verkauf, Bildung und im Gesundheitswesen. Zugleich wurden umfassendere Tools entwickelt, die auch die Ebenen der Überzeugungen und Werte sowie die „Metaprogramme“ mit einbezogen. Zu nennen sind hier neue Instrumente wie Time Line, neuro-logische Ebenen und Wahrnehmungspositionen. Weitere wichtige Begriffe und Techniken, die mit der zweiten NLP-Generation entstanden, sind:

Zu erwähnen wären hier auch Michael Halls Meta-Zustände, Richard Bandlers Design Human Engineering sowie John Grinders und Judith DeLoziers New Code NLP.

Was ist das Besondere an der „dritten NLP-Generation“?

Die dritte Generation im NLP entwickelt sich seit den 1990er-Jahren. Ihre Anwendungen sind generativ, systemisch und beschäftigen sich mit übergeordneten Themen wie Identität, Vision und Mission. Mit der dritten Generation des NLP werden Veränderungen eines ganzen Systems in den Blick genommen. Anwendungsgebiete sind Organisations- und kulturelle Entwicklungen, Familien und Teams.

Bei allen Generationen des NLP geht es um Struktur und Funktionsweise des Geistes (mind). Dies ist die Essenz des „Neurolinguistischen Programmierens“. Die ersten beiden Generationen legten ihr Hauptaugenmerk noch auf das kognitive Denken. Die dritte Generation NLP schließt sowohl somatische Prozesse wie die Dynamik größerer Systeme in die Betrachtung ein, um ein umfassendes Bild des Geistes zu erhalten. Die dritte NLP-Generation arbeitet mit der Interaktion dieser drei verschiedenen Intelligenzen oder „Denkweisen“:

  1. dem kognitiven Denken, das im Gehirn entsteht,
  2. dem somatischen Verstand, der im Körper zentriert ist,
  3. einem „Feld“-Denken, welches unsere Beziehung zu den uns umgebenden Systemen einbezieht.

Die dritte Generation im NLP strebt nach einer natürlichen Beziehung der Balance und Ausgeglichenheit zwischen diesen drei Denkweisen, um eine tiefere und multidimensionale Intelligenz hervortreten zu lassen.[7]

Die Techniken der dritten Generation befassen sich mit der Zentrierung in unserem somatischen Kern, fördern die Entwicklung von größerer Einheit im Menschen und verbinden uns mit der Weisheit und Führung größerer Systeme (kollektive Intelligenz) um uns herum. Sie integrieren Grundsätze der Selbst-Organisation, der Archetypen und dessen, was als „vierte Position“ bekannt ist – die „gefühlte Wahrnehmung“ (felt sense), Teil eines größeren Systems zu sein. Bekannte Übungen und Prozesse der dritten NLP-Generation sind:

In der dritten Generation NLP werden den Frames und Werten aus früheren Generationen neue hinzugefügt. Der Fokus verschiebt sich nun hin zu Themen wie:

 

Ein Beispiel:

Die ersten Generationen des NLP legten großen Wert auf Klarheit, Technik und Pragmatismus. Die dritte Generation behält diesen Fokus bei, erweitert ihn jedoch um Prinzipien wie „Schönheit“ und „Ästhetik“. Die Ästhetik ist ein Zweig der Philosophie, der vom Wesen der Schönheit handelt: was sie ausmacht und wie sie wahrgenommen wird. Die dritte Generation im NLP legt Wert darauf, dass ihre neuen und weiterreichenden Ansätze angenehm und unterstützend wirken und sich organisch einfügen, egal, in welchem Kontext wir es anwenden: für uns selbst, in unseren Familien, der Arbeitswelt, in Gemeinschaften oder für die Gattung Mensch insgesamt. Schönheit und Ästhetik bilden ein Gegengewicht zu den sehr technisch ausgerichteten Tools und Fertigkeiten des NLP. In ihrer Kombination zielen diese beiden Aspekte auf eine umfassendere „Einheit des Geistes“ und eine innigere Verbindung der verschiedenen Bereiche des Geistes hin zu vertiefter Weisheit. In dieser Erweiterung über die reinen technischen Aspekten des NLP hinaus begeben wir uns auf natürliche Weise hinein in die Sphären von Körper, Metapher, Symbol, Ritual und Feldtheorie.

Wann immer etwas Neues hervortritt, liegen seine Samen bereits im Vorhergehenden verborgen. So war auch der Geist der dritten Generation des NLP von Anfang an im gesamten Feld wirksam. Er zeigte sich in der Weisheit eines Milton Erickson im Zwischenmenschlichen, in den Familienkonstellationen einer Virginia Satir, in Fritz Perls Fokussierung auf den Augenblick. Und schließlich zeigte er sich – in der allgemeinen Verwendung von Metaphern und Symbolen. Es ist dieser Geist, der zugegen ist im „Zustand des Nicht-Wissens“ – dem Anfang jedes Modellierungsprozesses.

Was bedeutet „dritte Generation des NLP“ in praktischer Hinsicht?

Wie schon die ganz frühen NLP-Strategien sind auch die Strategien der dritten Generation zutiefst heuristisch. Lösungen werden aus der Erfahrung geboren. Das griechische Wort heuriskein heißt „finden“. Heuristische Methoden befähigen Menschen, etwas für sich selbst zu entdecken oder zu lernen. In der dritten Generation des NLP geschieht dies durch eine Sequenz von sechs grundlegenden Prozessen:

 

Am Beispiel einer der Problemlösungsprozesse wird im Folgenden dargestellt, in welcher Abfolge die einzelnen Elemente üblicherweise angewandt werden:

  1. Durch eine verstärkte Aufmerksamkeit für die neurolinguistischen Programme, die einen bestimmten Problemzustand verursachen oder zu ihm beitragen, erkennen wir die Wirkung dieser Programme auf unsere Emotionen und Verhaltensweisen.
  2. Mithilfe dieser neuen Einsichten schaffen wir eine Distanz zwischen dem Klienten und seinem Istzustand bzw. seinen Programmen, sodass wir nun mit dem Modellieren beginnen können. Es werden die Schlüsselfaktoren identifiziert, die „Unterschiede, die den Unterschied ausmachen“. Programme und Strukturen des Istzustands werden mit anderen Referenzerfahrungen verglichen, erfolgreichen wie weniger erfolgreichen.
  3. Wenn die Schlüsselfaktoren (physisch, verbal, kognitiv, somatisch usw.) für den Istzustand oder die problematische Situation identifiziert sind, folgt der nächste Schritt: das „Kalibrieren“ ihrer gegenwärtigen Intensität oder Aktivität. Dabei wird ihre jeweilige relative Ausdrucksstärke bestimmt.
  4. Nun werden die Schlüsselfaktoren skaliert, also in ihrer Stärke so modifiziert, dass sie ein angemesseneres oder wirksameres Niveau erreichen. Dabei gilt es zu bedenken, dass der optimale Level nicht immer gleich dem maximalen Level ist.
  5. Das so bestimmte Ausmaß an Intensität oder Aktivität dieser Schlüsselfaktoren wird nun geankert, um die Faktoren – besonders in schwierigen oder neuen Situationen – auf optimalem Niveau zu halten.
  6. Zuletzt explorieren wir, welche Wirkungen diese Veränderung auf Emotionen, Verhalten und äußere Umgebung zeitigt und welche neuen Optionen sich daraus ergeben können.

In diesem Buch werden Sie viele Beispiele finden, wie dieser heuristische Prozess eingesetzt werden kann, um sich und andere zu empowern, mehr Optionen in allen Bereichen des Lebens wahrzunehmen.

Die Arbeit der dritten NLP-Generation beginnt stets in einem Zustand des „Nicht-Wissens“ oder des „Anfänger-Geistes“, wie er im Zen genannt wird. Von hier aus kann sich Aufmerksamkeit entwickeln, kann wirksam modelliert und können neue Optionen entwickelt werden.

Was Milton Erickson nicht wusste

Die Art, wie Milton Erickson sich der Lösung eines Problems näherte, liefert ein klassisches Beispiel für die Kraft des „Nicht-Wissens“. Als wir in den 1970ern Dr. Erickson in Phoenix, Arizona, besuchten, hatten wir natürlich viele Fragen an ihn: „Wenn Sie diesen speziellen Ansatz bei einer Person anwenden, die diese oder jene spezifischen Probleme hat, wird dann ein bestimmtes Ergebnis eintreten?“ Und Erickson antwortete immer wieder: „Ich weiß es nicht.“ Auf unsere Frage: „Würde es funktionieren, diesen Prozess zu nutzen, um jenes Problem zu lösen?“, antwortete Erickson wieder mit: „Ich weiß es nicht.“ Zum Schluss hatten wir seitenweise Aufzeichnungen: Erickson weiß dies nicht. Erickson weiß jenes nicht.

Es war nicht so, dass er versuchte hätte, uns auszuweichen. Vielmehr begegnete er jeder Situation mit ausgesprochen wenigen Vorannahmen. Alles, jede Person war einzigartig für ihn und so waren auch seine Beziehungen zu ihnen einzigartig. Wurde Erickson also nach der Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ergebnisses gefragt, antwortete er immer nur: „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“ Und dann kam der Nachsatz: „Aber ich bin sehr neugierig herauszufinden, was möglich ist.“

Nicht-Wissen und Neugier sind der Kern generativer Veränderung.

An der University of California in Santa Cruz, wo Bandler und Grinder das NLP entwickelten, gab es einen Psychologieprofessor namens Frank Baron. Baron hatte sich darauf spezialisiert, kreative Genialität zu untersuchen. Irgendwann fasste er seine Erkenntnisse zusammen. Kreative Genies besitzen drei grundlegende Eigenschaften:

  1. Sie können Unsicherheit aushalten.
  2. Sie können scheinbare Gegensätze oder Widersprüche aushalten.
  3. Sie sind hartnäckig.

Kreative Menschen wie Milton Erickson brauchen keine Antworten vor der Zeit. Nicht nur, dass sie Unsicherheit gut ertragen können, sie scheinen es sogar zu genießen, etwas nicht zu wissen.

Kreative Menschen können auch mit unterschiedlichen Standpunkten und abweichenden Realitäten gut umgehen. Der bekannte dänische Physiker Nils Bohr stellte fest, dass es zwei Arten von Wahrheiten gibt: die oberflächliche und die tiefe. „Bei der oberflächlichen Wahrheit ist das Gegenteil falsch. Bei der tiefen Wahrheit kann das Gegenteil auch wahr sein.“ Bohr bezog sich darauf, dass die meisten fundamentalen Elemente der physikalischen Realität, z. B. Photonen und Elektronen, ein paradoxes Verhalten zeigen. Manchmal verhalten sie sich wie Energiewellen und manchmal wie Materiepartikel.

Derartige tiefe Wahrheiten liegen auch unseren subjektiven Erfahrungen zugrunde. Wenn wir jemanden als schön wahrnehmen, bedeutet das nicht, dass er nicht gleichzeitig auch hässlich sein kann. Es gibt keine Freude ohne Traurigkeit. Das Schlimmste, was einem geschehen ist, kann auch zugleich das Beste sein. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Fähigkeit, diese scheinbar gegensätzlichen Realitäten wahrzunehmen, ohne dass die eine „richtig“ und die andere „falsch“ ist, ist der wesentliche Aspekt von Generativität. Gregory Bateson betonte: „Weisheit entsteht, wenn wir beisammen sitzen und uns aufrichtig mit unseren Unterschieden auseinandersetzen – und dies ohne Absicht, etwas daran zu verändern.“ Wenn wir uns unterschiedlichen Perspektiven mit Neugier öffnen, entstehen oft neue und überraschende Lösungen.

Und hier ist die Qualität der Beharrlichkeit so wichtig. Kreative Genies geben nicht auf, auch nicht angesichts von Unsicherheit oder eines Dilemmas. Sie bleiben neugierig und wollen erforschen, was möglich ist, und suchen weiter. Milton Erickson war sein ganzes Leben lang ein herausragendes Beispiel hierfür. Mit 17 Jahren litt er an schwerer Kinderlähmung. Die Krankheit erreichte einen Punkt, wo er nicht mehr fähig war, sich überhaupt noch zu bewegen. Zufälligerweise hörte er, wie der Arzt seiner Mutter mitteilte, er würde sich nie mehr bewegen können. Später dann bekam er sogar mit, wie man seiner Mutter mitteilte, er würde die Nacht nicht überleben. Erickson erzählte später, dass dies wohl die schrecklichste Nachricht ist, die eine Mutter erhalten kann. Und so begann er eine Reise der Erforschung des Möglichen. Er verbrachte Stunden damit herauszufinden, ob es nicht doch irgendeinen Teil seines Körpers gab, den er bewegen konnte. Er entdeckte schließlich, dass er den Rand eines seiner Augenlider ein kleines bisschen kontrollieren konnte. Und so versuchte er die nächsten Stunden, sein Augenlid zu bewegen, um die Aufmerksamkeit seiner Mutter zu wecken. Als ihm dies gelungen war, kämpfte er darum, ein Signalsystem mit ihr zu entwickeln. Nach langer Zeit und vielen Anstrengungen gelang es ihm endlich, Dinge zu kommunizieren, die ihm wichtig waren. Er wünschte sich, dass sie sein Bett zum Fenster drehte, damit er den Sonnenaufgang sehen konnte.