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Über dieses Buch:

Stralsund im Jahr 1334. Entsetzt sieht Leon, wie jemand hammerschwingend durch die Straßen der Stadt rast: Es ist Ghotan aus der Teufelsschmiede. Gerade noch gelingt es Leon, den Wahnsinnigen zu stoppen. Er kehrt ins Kloster zurück und berichtet von dem Vorfall. Bruder Gernod ist sehr besorgt um Ghotan. Doch warum? Hat Ghotans Amoklauf etwas damit zu tun, dass sein Stiefvater zehn Jahre zuvor in seiner eigenen Werkstatt erschlagen worden ist? Ganz in der Nähe findet Leon ein Messer, eine äußerst kunstvolle Schmiedearbeit. Bald wird deutlich: Dieses geheimnisvolle Messer ist der Schlüssel zu allen Rätseln.

Ein fesselnder Krimi, der das Mittelalter lebendig werden lässt.

Über die Autorin:

Eva Maaser, geboren 1948 in Reken (Westfalen), studierte Germanistik, Pädagogik, Theologie und Kunstgeschichte in Münster. Sie hat mehrere erfolgreiche Kinderbücher, historische Romane und Krimis veröffentlicht.

Ebenfalls bei dotbooks erschienen Eva Maasers Kinderbücher Leon und der falsche Abt, Leon und die Geisel und Leon und der Schatz der Ranen.

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Neuausgabe April 2013

Copyright © der Originalausgabe 2008 SchneiderBuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH, Gertrudenstraße 30–36, 50667 Köln

Copyright © der Neuausgabe 2013 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München

Titelbildabbildung: akg-images, Porträtbild: akg-images/J.C. Rößler


ISBN 978-3-95520-216-3

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Eva Maaser

Leon und die Teufelsschmiede

Band 3

dotbooks.

1

Heute Abend, dachte Leon, heute Abend sehe ich Anna. Sie kommt zu unserem geheimen Treffpunkt auf der Stadtmauer. Sie hat’s mir versprochen, und wir haben mindestens zwei Stunden Zeit füreinander. Nur wir beide! Und diesmal bring ich ein Geschenk für sie mit.

Vorsichtig klopfte er auf die Tasche in seinem Kittel. Es war kein besonders kostbares Geschenk – vom materiellen Wert her gesehen. Einen Moment grübelte er, ob es überhaupt gut genug für sie sein würde. In den letzten Tagen hatte er jede freie Stunde auf dieses Geschenk verwandt und dabei an Anna, die wunderschöne Tochter des Vogts von Stralsund, gedacht. Sie war dreizehn, auf den Tag genau so alt wie er.

Die Vorfreude auf den Abend machte Leon kribbelig. Während er sich scheinbar voll auf seine Arbeit konzentrierte, hätte er am liebsten laut gejubelt und wäre übermütig über die Beete gesprungen. Aber natürlich würde er gewissenhaft diese Arbeit beenden. Für Bruder Willibrods neuen Rosenstrauch würde er das schönste und perfekteste Loch ausheben.

Mit Schwung warf Leon eine Ladung Erde in den bereitgestellten Eimer. Willibrod wollte, dass er die alte Erde gegen frische, mit Kompost angereicherte austauschte. Unten im Loch stieß er auf schweren, zähen Lehm. Widerliches Zeug. Das Ausschachten wurde immer mühsamer. Aber Willibrod hatte ein wenigstens drei Ellen tiefes Loch verlangt, beinahe eine Unmöglichkeit mit dem altersschwachen Spaten. Wenn sich Leon nicht ranhielt, dauerte die Buddelei bis spät abends. Und dann würde nichts aus dem Treffen mit Anna.

Leon stellte sich ihr rosiges Gesicht und ihr hinreißendes Lächeln vor. Irgendwann einmal würde er sie küssen. Wirklich? War das nicht ein sündhafter Gedanke? Und ob er Anna küssen würde! Er rammte den Spaten etwas kräftiger in die Erde. Ein heftiger Ruck fuhr durch seine Arme. Unerwartet war er auf Widerstand gestoßen. Und da hatte etwas hässlich geknirscht. Unten im Loch musste ein Stein liegen. Eine ganz und gar ungute Vorahnung beschlich Leon, während er den Spaten herauszog.

Ungläubig starrte er ihn an.

„Kaputt!“, schimpfte eine hohe Stimme.

Langsam hob Leon den Kopf und entdeckte Bruder Arnulf. Wann hatte der Cellerar, der Klosterverwalter, den Garten betreten? Und wie lange stand er schon beobachtend da?

„Du hast den Spaten kaputt gemacht, du ungeschickter Bengel, ich hab’s genau gesehen, du achtest nicht das Eigentum, das dir anvertraut worden ist“, fuhr Arnulf beißend fort, und sein Blick fügte noch allerhand hinzu. Zum Beispiel, dass Leon im Kloster nur geduldet wurde, dass er der Sohn eines Säufers war und schon deshalb nur eine Laus und eigentlich untragbar für die fromme Gemeinschaft der Mönche.

Der Sohn von Swinefoot, dem Schweinehirten des Klosters, der vor vier Jahren im Suff in einem der Teiche vor der Stadt ertrunken war. Leon war seitdem Waise und lediglich dank Gernods und Willibrods Fürsprache Klosterzögling.

Wenn Willibrod den Spaten sah, dann ... Leon mochte den Satz nicht zu Ende denken, beunruhigt schaute er nach dem Bruder Gärtner aus.

Der sammelte nicht weit entfernt Fingerhutblüten in einen Korb und wandte Leon den Rücken zu. Jetzt aber richtete er sich ächzend auf, drehte sich halb um und spähte herüber. Es hatte gar keinen Zweck, den Spaten vor ihm zu verbergen oder so zu tun, als wäre nichts geschehen. Ein, zwei Augenblicke verharrte der Gärtner, dann stellte er den Korb ab, raffte seine Kutte und stürzte herbei. Trotz seiner mehr als fünfzig Jahre setzte er mit einem Sprung über das Beet, in das der Rosenbusch gepflanzt werden sollte, und trat schnaufend neben Leon.

„Der Spaten“, sagte er und wies anklagend mit einem dicken Finger auf das Werkzeug.

Leon hielt den Spaten immer noch hoch. Deutlich konnte man sehen, was passiert war. Das Eisenblech, mit dem das Blatt beschlagen war, zeigte in der Mitte einen großen Riss. Und nicht nur das. Das Eisen hatte sich regelrecht aufgerollt, und auch das Holz darunter war gespalten. Der Spaten war vollkommen nutzlos geworden.

„Jetzt ist der auch noch hin. Das war unser letzter mit Eisen beschlagener Spaten, ist dir das klar?“, fragte Willibrod aufgebracht und stemmte die Hände in die Hüften.

„Das erfordert eine angemessen harte Strafe“, erklärte Arnulf. Er hatte die hassenswerte Fähigkeit, immer gerade dann aufzutauchen, wenn man es am wenigsten gebrauchen konnte. Sein Gesicht lief vor Erregung rot an, dabei war es vorher schon nicht gerade blass gewesen. Sicher hatte der Cellerar einen ganzen Humpen unverdünntes Bier zum Frühstück genossen.

Schweinebacke, dachte Leon erbittert. „Ich werde das Loch mit den Händen zu Ende graben“, sagte er heiser.

„Das geschähe dir recht“, grummelte Willibrod. „Wie oft hab ich dir gesagt, du sollst vorsichtig sein?“ Wenn es um sein geheiligtes Werkzeug ging, verstand er keinen Spaß.

„Er ist ein Taugenichts, das hab ich oft genug gesagt“, mischte sich Arnulf wieder ein und blähte sich förmlich auf dabei. „Ein durch und durch liederlicher, arbeitsscheuer Bursche!“

Leons ungutes Gefühl von vorhin wandelte sich in schieres Entsetzen. Arnulf, wurde ihm gerade klar, würde nicht so bald Ruhe geben. Gleich würde er behaupten, dass er den Spaten absichtlich zerbrochen hatte, um nicht weitergraben zu müssen. Etwas kaputt zu machen, ob absichtlich oder nicht, war eine Schandtat, die dem alten Knauserer besonders gegen den Strich ging. Der Cellerar verwaltete die Klosterfinanzen. Jeden Pfennig, den er rausrücken musste, um etwas zu ersetzen, betrachtete er als persönlichen Verlust. Was er wohl als Strafe verhängen würde? Am liebsten bestrafte Arnulf mit langem Arrest bei Wasser und hartem, trockenem Brot.

Kein Treffen mit Anna! Die Erkenntnis traf Leon wie ein Keulenschlag. Wie eine dunkle Wolke senkte sich Verzweiflung auf ihn herab.

Zwei Mönche, die einige Tage auf der Krankenstation verbracht hatten, ergingen sich im Garten, wie es ihnen der Apotheker und Arzt Bruder Gernod zur Genesung verordnet hatte, und schauten neugierig herüber.

„Es war Absicht, ich hab’s genau beobachtet!“, endete Arnulf im Brustton der Überzeugung.

Na, also, dachte Leon finster, ich wusste doch, was kommt.

„Was du nicht sagst!“, entgegnete Willibrod sarkastisch. „Ich weiß nur, dass altes, schadhaftes Werkzeug irgendwann ganz hinüber ist. Es erstaunt mich, dass das alte Ding überhaupt so lange gehalten hat. Wir brauchen neue Spaten, und das nicht erst seit heute. Am besten gleich einen oder zwei mit einem Blatt ganz aus Eisen. Die halten eine Ewigkeit.“

Überrascht schielte Leon zu Willibrod und fragte sich, wo das fällige Donnerwetter blieb. Aber im Moment sah es eher danach aus, als wollte ihn der Gärtner gegen den Cellerar in Schutz nehmen. Eine warme Welle der Dankbarkeit stieg in Leon auf.

Falls das möglich war, lief Arnulf noch ein wenig dunkler an. Er kniff die Äuglein zu schmalen Schlitzen zusammen, sein kleiner Mund bebte vor Entrüstung und seine mächtigen Hängebacken auch. Die Ähnlichkeit mit einem Schwein wurde geradezu überwältigend.

„Neue Spaten?“, kreischte Arnulf.

„Aus Eisen.“ Willibrod nickte bekräftigend und streckte plötzlich den Kopf vor. Er fixierte Arnulf mit einem scharfen Blick. „Du willst doch, dass der Garten wie der der Jungfrau Maria aussieht: lieblich, anmutig, zu frommer Betrachtung einladend und – duftend.“

„Duftend?“, echote Arnulf verblüfft und schaute sich um. Es war Frühsommer, und der Garten quoll über vor blühenden Gewächsen. Ein geradezu betäubender Kräuterduft durchzog ihn.

„Ich denke, ein nach Rosen duftender Garten wird deinen Gästen gefallen“, erklärte Willibrod unerschütterlich. „Der Duft fördert die Versenkung ins Gebet.“

Die beiden promenierenden Mönche senkten die Köpfe, als wären sie persönlich ermahnt worden, Rosenkranz betend über die Wege zu wandeln, statt nur die laue Luft zu genießen.

„Und Rosen sind als Sinnbild der Mutter Gottes die edelste Zier eines Klostergartens“, fuhr Willibrod mit erhobener Stimme fort. „Du hast selbst gesagt, wir Brüder müssten uns stets darüber im Klaren sein, das unser Konvent einer der bedeutendsten an der Ostsee ist. Das verpflichtet.“

Zufällig wusste Leon genau, wie herzlich gleichgültig Willibrod allem gegenüber stand, was mit Ehre, Ansehen und dergleichen zu tun hatte. Für den Bruder Gärtner waren ganz andere Dinge wichtig.

„Es sind nicht meine Gäste.“ Sichtbar war Arnulf ins Grübeln geraten.

Leon hatte gehört, dass in höchstens drei Wochen einige Würdenträger der Kirche zu einer Konferenz im Kloster erwartet wurden. Es ging um die Vorbereitung für ein Konzil in Rom. Von dem ganzen theologischen Kram verstand Leon nichts. Er war sich längst noch nicht sicher, ob er als Mönch ins Kloster eintreten wollte, wie es sich sein Lehrer Gernod wünschte. Ein paar Jahre hatte er noch Zeit bis zur Entscheidung, er war ja erst dreizehn. Und da war auch noch Anna. Aber Anna musste er sich über kurz oder lang sowieso aus dem Kopf schlagen. Und für heute garantiert. Bleischwer drückte ihm diese Gewissheit auf den Magen.

„Soll ich den alten hölzernen Spaten aus dem Schuppen holen, von dem du gesagt hast, er taugt nur noch zum Mistverteilen? Ich könnte ihn mit einem Messer ein bisschen schärfen“, bot er Willibrod an.

„Was?“, fragte Willibrod irritiert. „Ja, nein!“ Der Gärtner deutete auf den Spaten, den Leon unauffällig abgelegt hatte. „Bring ihn zu Reynekes Schmiede.“

Leon zuckte zusammen. „Zur Teufelsschmiede?“

Arnulf straffte sich. „Was soll das jetzt?“

„Der Junge wird den Spaten zum Schmied bringen“, sagte Willibrod und warf Leon einen verärgerten Blick zu.

„Das habe ich gehört“, schnappte Arnulf, „aber du nanntest Reynekes Schmiede. Seine Werkstatt hat einen üblen Ruf.“ Ein listiger Ausdruck stahl sich in seine Augen. „Du hast doch gerade selbst auf die herausragende Bedeutung unserer Abtei hingewiesen. Eine so übel beleumundete Werkstatt kommt für unsere Aufträge nicht in Frage. Nicht, solange wir noch wissen, was wir uns schuldig sind.“ Er blähte wieder die Backen auf.

„Na, na! Du willst doch sicher nicht zugeben, dass du auf schlechte Nachrede etwas gibst? Das wäre unchristlich!“, entgegnete Willibrod unbeeindruckt und wandte sich an Leon. „Irgendwie wird sich der Spaten richten lassen. Der Schmied soll dickeres Blech nehmen als letztes Mal. Am besten, das sagte ich schon, wäre ein Blatt ganz aus Eisen.“

Arnulf holte tief Luft. „Zu teuer!“

„Dacht ich mir. Also nur neues Blech. Die Arbeit wird der Schmied umsonst machen, aber das Eisen muss bezahlt werden. Ein dickeres Blech lohnt allemal. Und er soll es gleich machen. Sonst geht mir die Rose ein, sie muss raus da.“ Willibrod deutete auf den Strauch, der in einem Kübel steckte. Der Wind bewegte zart die Blätter, aber es sah aus, als ob die Rose darum flehte, endlich ordentlich eingepflanzt zu werden.

„Also gut, neues starkes Eisenblech, dass etwas aushält.“ Ein giftiger Blick flog zu Leon herüber. „Aber auf keinen Fall ein ganzes Blatt aus Eisen, das können wir uns nicht leisten“, knurrte Arnulf. Der Cellerar steckte die Hände tiefer in die Ärmel seiner Kutte und wandte sich zum Gehen.

Willibrod, ging Leon auf, hatte erreicht, was er wollte: Sie durften sich den Spaten neu und besser beschlagen lassen, und Arnulf dachte nicht mehr daran, sich eine Strafe für ihn zu überlegen.

„Soll ich wirklich zu Reyneke?“, murmelte er zögernd, sobald der Verwalter außer Hörweite war.

„Reynekes Schmiede ist die einzige, die nichts für die Arbeit nimmt, nicht von uns“, erklärte Willibrod. „Und jetzt mach, dass du wegkommst, oder ich lass dich wirklich das Loch mit den Händen ausgraben.“

Leon nahm den Spaten und schwang ihn sich auf die Schulter.

„Wir sind aber noch nicht fertig miteinander. Glaub das ja nicht! Ein zerbrochener Spaten ist ein zerbrochener Spaten“, fügte Willibrod grimmig hinzu.

Gerade hatte sich in Leon ein Fünkchen Hoffnung geregt, das nun verpuffte. Es hatte keinen Zweck mehr, von diesem Tag etwas anderes als Enttäuschungen zu erwarten. Ein schwarzer Tag. Bedrückt schlurfte er zu der kleinen Pforte, die direkt aus dem Garten in eine Gasse hinter der Klostermauer führte.

2

Am liebsten hätte er einen Umweg genommen, denn die Teufelsschmiede aufzusuchen, behagte ihm überhaupt nicht. Der Gedanke daran jagte ihm einen regelrechten Schauder über die Haut, es war wie ein Reflex. Es lag an den Gerüchten, die seit zehn oder mehr Jahren über Reynekes Schmiede in Umlauf waren. Der alte Reyneke war tot. Jetzt führten seine Stiefsöhne Reymar und Ghotan die Werkstatt, zwei wortkarge Gesellen, die niemandem in die Augen sehen mochten.

Da gab es ein Rätsel um den Tod des alten Schmieds. Kurz sann Leon darüber nach. Ein ungelöstes Rätsel. Er bog in die Mönchstraße ein, überquerte den Neuen Markt und folgte der Frankenstraße in Richtung Hafen. Es hatte ja doch keinen Zweck, den Besuch in Reynekes Schmiede aufzuschieben, dachte er verdrossen.

Die Frankenstraße gehörte zu den sechs nahezu parallel verlaufenden Straßen, die direkt zu einem der Seetore am Strelasund führten und damit in den Hafen. Und das hieß von morgens bis abends Betrieb in diesen Gassen. Auch jetzt rumpelten Fuhrwerke mit He

ringsfässern über das Pflaster, Karren mit Warenballen wurden zu den Marktplätzen oder den Handelshäusern geschoben, Träger schleppten Säcke auf dem Rücken. Jede Menge Leute drängte sich aneinander vorbei. Schwierig durchzukommen. Eine Frau kippte vor ihrer Haustür einen Eimer Schmutzwasser aus. Die stinkende Brühe wäre Leon auf die Sandalen geschwappt, wenn er nicht rechtzeitig ausgewichen wäre.

„Verzeihung!“ Die Frau lachte breit.

„Nichts passiert.“ Leon grinste versöhnlich und trabte weiter.

Ein Stück voraus schrie jemand, nein, mehrere Leute schrien, und eine hektische Bewegung entstand. Was war da los?

Leon erspähte einen hochgereckten Arm in der Menge. Ein Arm, der weit ausholend etwas schwang. Immer mehr Menschen drängten sich hastig gegen die Hauswände oder versuchten zu fliehen. Endlich erkannte Leon als Zentrum des Aufruhrs einen Mann, der brüllend und fuchtelnd durch die Straße rannte. Ein Klotz von einem Mann.

Ein älterer Bürger wurde von seinem wirbelnden Arm gestreift und ging in die Knie. Schreckgeweitete Münder, anschwellender Lärm. Und dann schaute Leon in das Antlitz des Teufels.

Die reinste Fratze. Das geschwärzte Gesicht eines Berserkers wie aus den alten Kriegen der Slawenzeit. Da war einer auferstanden. Ein Wahnsinniger.  Leon erkannte eine rasende Wut, wie er sie noch nie erblickt hatte.

In dem Moment, in dem ihm aufging, wer der Mann war, entdeckte er Anna. Sie hielt ihren kleinen Bruder Heyno an der Hand und versuchte, ihn mit sich zu ziehen. Raus aus der Gefahr, weg von Ghotan aus der Teufelsschmiede, zu der Leon gerade unterwegs war. Leon nahm alles auf einmal wahr. Das verzerrte Gesicht des Schmieds, seine wie irre funkelnden Augen, sein schreckliches Gebrüll, das wie ein Kriegsruf gellte, den schweren Hammer, den er schwang – und Anna. Heyno war vor Schreck stehen geblieben. Warum rührte er sich nicht mehr? Begriff er die Gefahr nicht? Ghotan hatte die beiden fast erreicht. In einer letzten Anstrengung, ihren Bruder zu beschützen, schob Anna ihn hinter sich. Duckte sich, hob abwehrend einen Arm.

Leon stockte der Atem. Er merkte, dass er auf einmal den Spaten nicht mehr über der Schulter trug, sondern in der Hand hielt. In beiden Händen, die ihn nun mit voller Kraft herumschwangen und ihn losließen.

Sein Spaten beschrieb eine Drehung.

Traf mit dem Hammer zusammen.

Eisen schlug auf Eisen.

Der Spaten flog weiter.

Schrie Anna? Ihr Schrei ging in dem des Schmieds und Leons eigenem unter. Und mindestens ein Dutzend der Umstehenden schrie auch. Das Geschrei gellte Leon schmerzhaft in den Ohren, während der Schmied zusammenbrach. Leon konnte es nicht gleich begreifen, aber er hatte den Wahnsinnigen gestoppt. Der Spaten hatte den Schmied erwischt. Blut sprudelte über dessen aufgerissene Wange. Taumelig bewegte sich Leon einen Schritt auf ihn zu, aber da wurde er beiseitegestoßen. Zwei bewaffnete Stadtknechte, zwei von der Stadt bezahlte Ordnungshüter, stürzten sich auf Ghotan und hieben auf ihn ein. Schaudernd wandte sich Leon ab.

Was war mit Anna?

Sie kniete vor ihrem Bruder und hielt ihn umfangen. Heyno wimmerte, sie drückte ihn an sich und redete beschwichtigend auf ihn ein.

„Anna?“ Leon beugte sich zu ihr hinunter. „Ist dir auch nichts passiert?“

Anna hob den Kopf. Ihr Gesicht war schneeweiß und ganz schmal vor Anspannung.

„Nein, nichts“, flüsterte sie. „Uns geht es gut“, fügte sie etwas lauter hinzu. „Nicht wahr, Heyno? Dir ist nichts geschehen, und dir wird auch nichts geschehen, du bist doch bei mir. Du brauchst keine Angst zu haben.“ Ein bisschen ungelenk stand sie auf. Dabei hielt sie die eine Schulter seltsam schief. Sie griff sich an den linken Arm, und in ihrem Gesicht zuckte es.

Leon vergegenwärtigte sich, wie der Spaten mit dem Hammer zusammengeprallt war und danach den Schmied getroffen hatte. Und der Hammer? Auf den hatte er nicht mehr geachtet.

„Du hast doch was!“, sagte er heiser vor Sorge.

„Nein“, wehrte Anna ab. „Ich bring Heyno nach Hause, wir waren sowieso auf dem Weg dorthin.“ Sie drehte Heyno so, dass er den Schmied nicht mehr sehen konnte.

Der Mann stand nicht wieder auf.

Einer der Stadtknechte schrie ihn barsch an und trat ihn in die Seite, aber es war nichts zu machen. Die Leute schüttelten die Köpfe, hielten aber vorsichtshalber Abstand. Der Schreck machte allmählich der Sensationslust platz. Auch andere hatten jetzt den Schmied erkannt. Den Teufelsschmied. Geradezu genüsslich nannte ihn ein dicker Kaufmann so. Schließlich winkte der andere Stadtknecht einen Karren heran, der leer in Richtung Hafen unterwegs war. Der Schmied wurde unsanft darauf verfrachtet. Ein Fall für den Scharfrichter, dachte Leon mitleidlos. Geschah dem Kerl recht, wenn er beim Henker landete.

Heyno hatte sich wieder umgewandt. „Ist der Mann tot?“, wisperte er, die Augen weit aufgerissen. Der Kleine zitterte.

„Sieht fast so aus“, antwortete Leon unbedacht.

„Nein“, widersprach Anna rasch und funkelte Leon an. „Er ist nicht tot, und sie bringen ihn jetzt ins Hospital.“

Anna sorgte sich um ihren kleinen Bruder. Sie wollte, dass er so rasch wie möglich das schreckliche Erlebnis vergaß, wurde Leon klar. Erst vor ein paar Wochen war Heyno entführt worden, und sie hatten ihn unter Lebensgefahr aus den Händen von ein paar Schurken befreit. Seitdem litt der Kleine immer wieder unter Albträumen, hatte ihm Anna anvertraut. Jetzt hatte der Knirps einen Grund mehr schlecht zu träumen. Und sicher fühlte sich Anna dafür verantwortlich, dass er auf der Straße in eine Gefahr geraten war, für die sie nicht das Geringste konnte.

„Er sollte zu Hause bleiben, aber er hat so lange gequengelt, bis ich ihn mitgenommen habe“, sagte sie gedämpft. „Hätte ich ihn doch bloß daheim gelassen.“

„Ich trag ihn für dich“, sagte Leon und machte Anstalten, das Kind hochzuheben.

„Nein“, wandte Heyno mit einem Anflug seiner früheren Forschheit ein, „ich kann allein gehen.“ Er griff aber nach Annas Hand.

„Ich begleite euch“, bot Leon an. „Ich komme mit bis zur Vogtei.“

„Nicht nötig, lass nur“, sagte Anna ruhig. „Wir sehen uns heute Abend“, setzte sie mit so gedämpfter Stimme hinzu, dass nur er sie verstehen konnte. Heyno zog jetzt an ihrer Hand.

„Bestimmt?“, fragte Leon ungläubig.

„Es ist abgemacht, hast du das vergessen?“ Die Geschwister entfernten sich bereits.

Leon legte die Hand auf die Brust, spürte einen Knubbel und einen leichten Schmerz. Hatte er einen Schlag erhalten? Er konnte sich nicht erinnern. In der Kitteltasche vorn steckte das Geschenk. Er hoffte nur, dass es unbeschädigt geblieben war. Sich zu vergewissern hatte er nicht die Kraft, zu sehr saß ihm noch der Schreck in allen Gliedern. Er sah Anna hinterher. Sie hielt sich eindeutig schief. Und da wusste er, was er zu tun hatte.

3

Die Apotheke des Dominikaner-Klosters lag in einem Winkel des Kräutergartens direkt an der Mauer. Hier, in dem kleinen, etwas abseits gelegenen Steingebäude, unterwies Bruder Gernod Leon seit vier Jahren in Latein und weihte ihn nach und nach in die Geheimnisse der Pflanzenheilkunde ein. Immer in der Hoffnung, dass er zu gegebener Zeit in seine Fußstapfen treten würde. Meistens erfüllte ihn diese Erwartung mit Stolz, manchmal aber auch mit Zweifeln und Unbehagen. Heute war er nur dankbar dafür, dass er mit seinen Anliegen jederzeit bei Gernod hereinplatzen durfte.

Eilig strebte er auf das Gebäude zu.

Willibrod, bemerkte er, war dabei, mit der uralten Spatenkrücke, die nur noch zum Mistverteilen taugte, das Loch für den Rosenstrauch fertigzugraben. Eine Hundsarbeit. Ihr entsprach die Gewittermiene, die Leon davon abhielt, den Gärtner anzusprechen. Aber ohnehin duldete sein Anliegen keinen Aufschub. Rasch schlüpfte er in die Apotheke.

„Du kommst zu früh, ich unterrichte dich erst heute Nachmittag“, nuschelte Bruder Gernod. Mit einem Wink gab er Leon zu verstehen, dass er gleich wieder verschwinden sollte.

Auf dem Tisch lag ein Pergamentbogen ausgebreitet, auf dem der Apotheker wahrscheinlich gerade das Rezept für eine seine Kräutermixturen festhielt. Gernods Rezepte waren nicht nur in Stralsund gefragt. Bis nach Schweden und Russland schickte er sie samt der Kräutermischungen, wenn Anfragen aus fremden Klöstern eintrafen.

„Du musst mir zuhören! Es geht um Anna. Sie ist verletzt“, platzte Leon heraus und erzählte ohne Rücksicht auf die Beschäftigung des Gelehrten die ganze Geschichte von Ghotans Wahnsinn. „Du musst sofort nach Anna sehen“, drängte er am Ende. „Vielleicht ist ihr Arm gebrochen oder die Schulter.“

Gernod hatte ruhig zugehört, jetzt runzelte er die Stirn. „Hast du verstanden, was Ghotan gebrüllt hat?“

„Was?“, fragte Leon verblüfft.

„Hast du verstanden, was Ghotan gebrüllt hat, als er seinen Hammer schwang? Wenigstens ein Wort? Versuch dich zu erinnern“, forderte Gernod geduldig. Genau wie Willibrod war der Apotheker in den vier Jahren, die Leon im Kloster verbracht hatte, zu seinem väterlichen Freund und Beschützer geworden.

„Wen kümmert’s, was er gebrüllt hat. Das ist doch gleichgültig. Ghotan ist verrückt geworden. Aber Anna braucht deine Hilfe. Gernod, du musst sofort ...“ Leon verstummte, als die Tür zur Apotheke geöffnet wurde. Willibrod stapfte herein.

„Hab ich doch richtig gesehen. Du bist zurück. Wieso kommst du nicht gleich zu mir?“, brummte er. „Hast du den Spaten weggebracht? Und was hat der Schmied gesagt? Wann ist er fertig?“

„Vergiss den Spaten und setz dich“, sagte Gernod. „Es gibt etwas Ernsteres als ein zerbrochenes Werkzeug.“ Und dann wiederholte er für Willibrod von Leons Bericht über das Ereignis auf der Frankenstraße, was ihm wichtig erschien.

Nun wurde auch Willibrod nachdenklich. „Sieht Ghotan nicht ähnlich, sich so aufzuführen.“

Leon hätte gern widersprochen. Er hatte den Schmied schon immer finster, geradezu unheimlich gefunden. Wenn er sich einen Schläger und Knochenbrecher hätte vorstellen sollen, wäre ihm als einzigartig passendes Modell sofort der Teufelsschmied eingefallen.

„Das ist es ja. Ich habe Leon gefragt, ob er etwas von dem, was Ghotan herausbrüllte, verstanden hat“, erläuterte Gernod.

Beide Mönche sahen Leon auffordernd an.

„Ich ... ich“, stotterte Leon, „muss erst darüber nachdenken.“

„Tu das.“ Gernod nickte ihm zu.

„Und Anna?“, flehte Leon. „Was ist mit Anna?“

„Alles zu gegebener Zeit. Sie hat auf ihren eigenen Beinen nach Hause gehen können, nicht wahr?“

„Mit einem gebrochenen Arm kann man noch laufen“, stieß Leon empört hervor, „das weiß sogar ich.“

Willibrod hatte sich einen Stuhl herangezogen, sich aber noch nicht gesetzt. „Noch einmal, Leon: Was hat Ghotan gesagt? Erinnere dich. Du musst ihn gehört haben“, sagte er beschwörend.

Leon wollte wieder aufbegehren, so unsinnig kam ihm die Forderung vor. Was hatten die beiden bloß? Etwas, das er nicht begreifen konnte, beunruhigte sie. Nur widerwillig schob er die Sorge um Anna beiseite. Je rascher die Sache mit Ghotan durchgekaut war, desto eher kamen die Mönche auf das zurück, was ihm das Wichtigste war.

Angestrengt rief er sich das Ereignis ins Gedächtnis. Vergegenwärtigte sich das Gebrüll. Lauschte dem Klang einer grollenden, kreischenden Stimme. Einer fast nicht mehr menschlichen Stimme. Einer entsetzlichen Stimme. Und langsam, ganz langsam schälte sich ein Wort heraus.

„Geschmeiß, ich  glaube er hat Geschmeiß geschrien. Er war ja kaum zu verstehen. Begreift ihr das? Er hat Geschmeiß gebrüllt. Irre, wenn ihr mich fragt. Geschmeiß – das sind Fliegen, oder nicht?“ Auf dem Misthaufen in einer Stallhofecke kreisten in der Sommersonne Wolken von Fliegen, grün schimmernde, fette Schmeißfliegen. Ekelhaft.

Gernod nickte, beide Mönche schauten ihn gelassen an, als hätten sie alle Zeit der Welt. Ihre Mienen zeigten nichts anderes als die in langen Jahren der Klosterdisziplin erlernte nie endende Geduld. Er dagegen hätte vor Angespanntheit aus der Haut fahren können.

„Weiter“, forderte Willibrod nachsichtig, aber unerbittlich.

Leon merkte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Erinnere dich, forderte er sich selbst auf. Versenk dich in die Erinnerung. Vergiss alles andere. Da war doch noch was. Lass dich darauf ein, tiefer, konzentrierter. Schwindlig wurde ihm. Ein so verflixtes Nachgraben in seinem Gedächtnis und dazu unter Beobachtung war er nicht gewohnt. Das ging ja gar nicht. Das konnte nie was werden. Der Schweiß rann ihm in die Augen, kitzelte an der Schläfe. Unwillig wischte er ihn weg. Und dann hörte er etwas. Klarer als bei dem schrecklichen Ereignis selbst. Jetzt wurde die Stimme Ghotans auf einmal verständlich.

 „Er hat Blutsauger geschrien und dass er sie alle erschlagen wollte.“

Niemand sagte etwas. Gernod hatte den Kopf schief geneigt, als lauschte auch er Ghotan, als würde er dessen furchtbare Verzweiflung hören, die Leon jetzt erst wahrnahm.

„Was kann er gemeint haben?“, fragte Leon unsicher.

„Etwas Gefährliches“, sagte Gernod besonnen. „Das hast du gut gemacht. Auf deine Ohren und Augen können wir uns immer verlassen.“ Schwerfällig stand er auf und langte nach dem Pergament. „Man hört und sieht oft mehr, als einem gleich bewusst ist. Nun kann ich mir ungefähr vorstellen, in welchem Zustand Ghotan war. Nicht mehr richtig bei sich. Er hat nicht gemerkt, was er getan hat“, fügte er mehr zu sich selbst als zu den anderen hinzu.

Gernod war etwa zehn Jahre älter und nicht so kräftig wie der Bruder Gärtner. Für seine profunden medizinischen Kenntnisse und seine Heilkunst war er berühmt. Aber er machte sich wenig aus dieser Berühmtheit.

„Ich muss zur Vogtei“, erklärte er und rollte das Blatt zusammen, „Witzlaf sprechen. Er sollte wissen, was sich ereignet hat.“

„Ich begleite dich, ich darf dich doch begleiten?“, erkundigte sich Leon erleichtert. „Du wirst dir Annas Arm anschauen, ja?“

„Natürlich wird er das“, meinte Willibrod beschwichtigend. „Was hast du mit dem Spaten gemacht?“, fuhr er überraschend fort.

„Mit dem Spaten?“ Leon hatte nicht einen Moment mehr daran gedacht.

„Auf der Straße liegengelassen, denke ich. Suche ihn und bring ihn in die Schmiede“, wies ihn Willibrod an.

„Aber der Schmied ...“, begann Leon fassungslos und schluckte. „Der Schmied ist gefangen gesetzt, das weißt du doch.“

„Ghotan hat einen Bruder, Reymar, und der dürfte in der Schmiede sein“, sagte Willibrod trocken. „Du hast nicht erzählt, dass Reymar sich am Wahnsinn seines Bruders beteiligt hat. Also kümmere dich um unseren Spaten.“

„Ja, tu das!“ Gernod hatte Pergament und Schreibzeug weggelegt. Jetzt trug er einige Arzneien zusammen. Leon erkannte Kampfer und eine Ringelblumensalbe, für die er selbst die Blüten gepflückt hatte.

„Ich weiß nicht, ob Annas Arm blutet.“ Bei dem Gedanken wurde ihm schlecht. Sicher konnte der Arm so verletzt worden sein, dass er blutete. Er hätte ihn sich zeigen lassen sollen.

Gernod war an einen Spint getreten und holte schmale Leinenbinden heraus. Verbandszeug. Der Apotheker schüttelte den Kopf. „Das ist für Ghotan, du hast gesagt, der Spaten hat ihm die Wange aufgerissen. Wahrscheinlich muss ich sogar die Wunde nähen.“ Aus einem Kästchen fischte er eine dünne Nadel.

„Du willst dich um Ghotan kümmern? Nachdem er um ein Haar Leute erschlagen hat?“, entrüstete sich Leon.

„Die christliche Nächstenliebe fragt nicht nach Schuld“, wies ihn Gernod unbeeindruckt zurecht. „Und übrigens, wenn du nach dem Spaten suchst, schau dich auch nach dem Schmiedehammer um. Wenn du ihn findest, bring ihn zurück. Reymar wird nicht gern auf ihn verzichten.“

Leon holte tief Luft, auf einmal überkam ihn eine grenzenlose Wut. Und Anna?, wollte er brüllen. Warum verschwendet ihr tausend Gedanken an einen Verbrecher und keinen einzigen an Anna?

„Annas Arm werde ich mir natürlich auch ansehen. Bist du nun zufrieden?“

Leon nickte, er brachte keinen Ton heraus.

„Dann geh jetzt und schau dich in der Schmiede um. Versuch, Reymar zum Sprechen zu bewegen. Vielleicht kannst du von ihm erfahren, was in seinem Bruder vorgegangen ist.“

„Ja“, Willibrod zwinkerte, „versuch etwas herauszufinden. Egal, wie du es anstellst.“

Leon seufzte. „Mach ich.“ Reymar mehr als zwei Worte hintereinander zu entlocken, hieß, ein Wunder zu wirken. Und ein Wunder hatte Leon noch nie zustande gebracht. Der Schmied Reymar war so gesprächig wie ein toter Hering.

„Oder besteht Gefahr für Leon?“ Willibrod runzelte die Stirn. „Was meinst du, Gernod? Können wir es wagen, ihn in die Schmiede zu schicken?“

„Ich denke schon“, antwortete Gernod. „Sei ein bisschen auf der Hut, Leon. Und rede nicht über das, was du uns erzählst hast. Nichts darüber, was du aus Ghotans Gebrüll herausgehört hast. Es ist sehr beruhigend, dass es kaum zu verstehen gewesen war. Behalt sein Geschrei für dich, ja?“

„“