Cover

Isabel Bogdan

Sachen machen

Was ich immer schon tun wollte

Rowohlt Digitalbuch

Inhaltsübersicht

Über Isabel Bogdan

Isabel Bogdan, geboren 1968 in Köln, studierte Anglistik und Japanologie in Heidelberg und Tokyo. Lebt in Hamburg, weil es da so schön ist, und ist Vorsitzende des Vereins zur Rettung des «anderthalb». Liest, schreibt, übersetzt (u.a. Jonathan Safran Foer, Megan Abbott und Tamar Yellin). 2006 erhielt sie den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzung, 2011 den für Literatur. Sie ist weder besonders sportlich noch besonders mutig.

Über dieses Buch

«Mal ehrlich: Wie oft denkt man: ‹Eigentlich könnte ich›, ‹Macht bestimmt Spaß› oder ‹Würde ich auch gerne mal›? Und dabei bleibt es dann. Schlimmstenfalls deswegen, weil man noch so ein albernes kleines ‹Aber› hinterhergedacht hat: ‹Aber dafür bin ich zu alt / zu jung / zu cool / zu uncool.› Oder einfach: ‹Aber nicht jetzt.› Und dann macht man es nie.»

Isabel Bogdan macht es. Sie macht all die Sachen, die so aussehen, als würden sie Spaß machen. Oder die sie interessieren. Sie blamiert sich im Rhönrad, wohnt der Schlachtung eines Schweins bei, staunt auf einer Esoterikmesse, spielt Pingpong mit Punks, besichtigt einen Darm, schlüpft in eine Fett-weg-Hose und schüttelt ihr Haar beim Heavy-Metal-Festival in Wacken. Klingt nach einem großen Spaß? Ist es auch. Insgesamt 43-mal. Und wenn Sie das alles gelesen haben, wollen Sie plötzlich selbst Sachen machen. Wetten?

Impressum

Rowohlt Digitalbuch, veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Juli 2012

Copyright © 2012 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung ZERO Werbeagentur, München, nach einem Entwurf von Kathleen Bernsdorf

Umschlagabbildung Kathleen Bernsdorf

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved. Bitstream Vera is a trademark of Bitstream, Inc.

ISBN Buchausgabe 978-3-499-62818-4 (1. Auflage 2012)

ISBN Digitalbuch 978-3-644-46701-9

www.rowohlt-digitalbuch.de

ISBN 978-3-644-46701-9

Der Mach-doch-Muskel

Als ich den Auftrag bekam, unter der Überschrift «Sachen machen» alle zwei Wochen einen Text für das Onlinemagazin CulturMag (www.culturmag.de) zu schreiben, habe ich mich gefreut wie verrückt. Ich bin Übersetzerin, ich sitze den ganzen Tag allein zu Hause am Schreibtisch. Natürlich könnte ich zwischendurch rausgehen und irgendetwas unternehmen, aber meistens tue ich es doch nicht. Außer ich habe alle zwei Wochen einen Text abzuliefern. Ich freute mich also, so blöd das klingt, dass ich gezwungen war, schöne Sachen zu machen, die ich auch ohne Zwang hätte tun können.

Wahrscheinlich ist das gar nicht so unnormal. Denn ehrlich, wie oft denkt man: «Eigentlich könnte ich», «Macht bestimmt Spaß» oder «Würde ich auch gerne mal»? Und dabei bleibt es dann. Schlimmstenfalls deswegen, weil man noch so ein albernes kleines «Aber» hinterhergedacht hat: «Aber dafür bin ich zu alt / zu jung / zu cool / zu uncool.» Oder einfach: «Aber nicht jetzt». Und dann macht man es nie. Menschen sind komisch, manche können sich auch zu Sachen, die sie gern machen, nicht immer aufraffen. Ich zum Beispiel. Da hilft so ein Abgabetermin ungemein!

Über das Thema Coolness kommt man dann auch schnell hinweg. Wenn man Sachen machen muss, dann macht man auch die uncoolen, dann geht man auch auf die Kirmes, und zwar mit dem ausdrücklichen Vorsatz, da Spaß zu haben. Man fährt Achter- und Geisterbahn und schießt auf Plastikblumen. Uncool? Mir doch egal, ich habe einen Abgabetermin. Und meinen Spaß. Umgekehrt genauso: Nach Wacken? Ich? Oder: Beim Schweineschlachten zugucken? Hilfe. Dafür bin ich doch gar nicht cool genug. Egal, Augen zu und durch. Und tatsächlich macht auch Wacken Spaß, und, na ja, Schweineschlachten macht natürlich keinen Spaß, aber ich bin froh, dass ich es mir angeguckt habe. Die ganze Sachenmacherei eignet sich hervorragend dazu, mal seine Vorurteile zu überdenken und durch Neugier zu ersetzen.

Ein weiteres großes Glück war, dass mir niemand vorgeschrieben hat, was ich tun soll. Ich konnte mir alles selbst aussuchen, ich musste nicht Fallschirmspringen oder überhaupt irgendwo runterspringen, ich musste nichts tun, was ich doof fand oder wovor ich Angst hatte. Aber plötzlich hatte ich dann doch den Ehrgeiz, wenigstens ein paar Dinge zu tun, die mich ein bisschen Überwindung kosteten. Und das lag daran, dass ich meinen Mach-doch-Muskel trainiert hatte.

Die Vorstellung von einem Mach-doch-Muskel stammt von der Journalistin Meike Winnemuth. Meike Winnemuth versteht etwas vom Sachenmachen, sie war das komplette Jahr 2011 auf Weltreise und hat auch vorher schon immer mal Dinge ausprobiert und darüber geschrieben. Als wieder einmal jemand seiner Bewunderung dafür Ausdruck verlieh, was für tolle Sachen sie macht, schrieb sie in ihrem Blog (www.vormirdiewelt.de), sie glaube, jeder Mensch habe so eine Art Mach-doch-Muskel, den man trainieren kann wie andere Muskeln auch. Je mehr man einfach Sachen macht, desto leichter fällt es einem beim nächsten Mal, desto mehr Lust bekommt man auf Neues, und desto weniger muss man sich aufraffen. Das hat mir sofort eingeleuchtet, denn genau dieselbe Erfahrung habe ich auch gemacht. Plötzlich tue ich viel mehr Dinge, einfach so, weil ich gerade Lust dazu habe, auch dann, wenn ich nicht darüber schreibe. Es muss gar nicht immer etwas Großes sein; wenn ich will, dann springe ich halt für einen Euro fünf Minuten Trampolin, statt, wie früher, nur zu denken, «Macht bestimmt Spaß», und ungehüpft an den Trampolinen vorbeizugehen. Was ja auch wirklich blöd ist.

 

Was ich sagen will: Machen Sie Sachen! Ehrlich. Trainieren Sie Ihre Mach-doch-Muskeln. Bestellen Sie das Essen auf der Speisekarte, das Sie noch nicht kennen, melden Sie sich für die komische Sportart an, die Sie schon immer mal ausprobieren wollten, und unterhalten Sie sich mit dem interessanten Typen an der Bar. Dann wird es plötzlich auch ganz einfach, endlich die Küche grün zu streichen.

Bikram Yoga

Fünf Tage für fünf Euro. Ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Außerdem habe ich noch nie Yoga gemacht, und schwitzen finde ich sowieso gut. Bikram Yoga ist nämlich Yoga bei einer Raumtemperatur von 38 Grad. Celsius!

Auf dem Flyer steht, man solle «leichte Sportkleidung» tragen, anderthalb Liter Wasser mitbringen und sich darauf einstellen zu schwitzen. Ich trage eine knielange Laufhose und ein T-Shirt und bin damit hoffnungslos overdressed. Overdressed im Sinne von: Ich habe einfach viel zu viel an. Es ist gut ein Dutzend Leute da, die Frauen haben ein bisschen was an, die Männer kommen gleich ganz nackt. Na gut, in einem winzigen Badehöschen. Ich bin zehn Minuten vorher im Saal, aus großen Heizlüftern wird unter beträchtlichem Getöse heiße Luft in den Raum geblasen. Aufwärmen durch Rumliegen, herrlich. Sieht aus, als wäre das genau meine Sportart.

Dann ist es vier Uhr, die Trainerin kommt herein. Sie fängt an, Anweisungen zu geben, und wird damit für die nächsten anderthalb Stunden nicht mehr aufhören. Das hatte mir vorher am Empfang schon jemand erklärt, dass es immer gleich weitergehe, ohne Pause, und dass man konstant Anweisungen bekomme.

Die Heizlüfter rauschen, die Raumakustik ist weniger berauschend, die Trainerin spricht manchmal Indisch, und wenn sie Deutsch spricht, spricht sie Englisch und sagt zum Beispiel «Klasse» zu einer Stunde und «das Bein liften». Das finde ich erst mal ein wenig anstrengend, soll Yoga nicht eigentlich ruhig und meditativ und entspannend sein? Wir fangen mit einer Atemübung im Stehen an, dann kommt eine ganze Reihe Balanceübungen. Man steht auf einem Bein und macht mit dem Rest des Körpers irgendwas anderes. Ich dachte, so was könnte ich einigermaßen, aber Pustekuchen. Ich kippe dauernd um. Im Übrigen schwitze ich wie ein Schwein, der Mann neben mir tropft ebenfalls, dabei haben wir noch gar nichts Anstrengendes gemacht. Wir stehen ja nur da. Die Heizlüfter rauschen, es hallt, ich verstehe die Namen der Asanas nicht (immerhin verstehe ich oder weiß irgendwoher, dass die Übungen Asanas heißen), und wenn ich sie verstünde, könnte ich nichts damit anfangen, ich kriege nur die Hälfte mit und gucke mir die andere Hälfte bei den anderen ab. Die Anweisungen kommen in einem einzigen, nicht endenden Wortschwall, hebt-die-Arme-hoch-über-den-Kopf-Kopf-zwischen-die-Oberarme-die-Finger-verschränkt-die-Zeigefinger-zeigen-nach-oben-streckt-euch-zur-Decke, was machen die anderen, es rauscht, ich hebe die Arme, und das. ist. verdammt. anstrengend. Nicht zu fassen, es kann doch nicht anstrengend sein, die Arme zur Decke zu strecken. Nur wegen läppischer 38 Grad. Celsius.

Ich würde gern einen Schluck trinken, nein, ich würde gern eine Menge trinken, ich habe Durst, ich schwitze, aber es geht Schlag auf Schlag, eine Übung nach der anderen, die Entspannungsphase dazwischen dauert wenige Sekunden. Übung lösen, einmal kurz gerade hinstellen, nächste Übung. Dann endlich sagt sie: Ihr könnt jetzt was trinken. Ich nehme meine Flasche, schraube sie auf, und als ich sie gerade an den Mund setzen will, kommt die Anweisung zur nächsten Übung, keine Zeit für mehr als ein paar Schlucke. Wir machen weitere Übungen im Stehen, jetzt aber mit Runterbeugen, zu den Seiten, nach vorne, nach hinten, immer wieder hängt der Kopf für eine Weile unten, und beim Aufrichten macht mein Kreislauf schlapp. Ich muss ein bisschen aufpassen, kurz mal Pause machen. Ich bleibe stehen, wie die Trainerin es mir geraten hat, gerade und mit hängenden Armen, jedes Anwinkeln kostet den Kreislauf zusätzliche Kraft.

Weiter geht’s, jetzt kommen die Übungen im Liegen, das Handtuch, auf dem ich liege, ist schon klatschnass, meine Klamotten sind es auch. Warum um alles in der Welt habe ich eigentlich diesen Sport-BH druntergezogen? Den braucht man hier wirklich nicht, es wird nicht gehüpft oder gerannt, er ist viel zu dick und zu warm. Schwitz, schwitz. Zwischendurch sekundenweise Entspannung. Es gibt sogar ein indisches Wort für «gerade auf dem Rücken liegen», das machen wir immer ganz kurz zwischendurch, man darf die Augen dabei nicht schließen. Meine gehen immer von selbst zu. Wenn man die Augen schließt, erklärt die Trainerin, signalisiert man dem Körper, er könne sich jetzt ausruhen, und das macht das Weitermachen nur schwieriger.

Ich schwitze. Mir fallen die Augen zu. Nächste Übung. Kobra, Kamel, Kaninchen. Schwitzen, trinken, Rückenlage, Sit-up, schwitzen, trinken, Augen auf, schwitzen, schwitzen, Kreislauf. Jede Übung für sich wirkt eigentlich nicht besonders schwierig, aber ist. das. warm. Und anstrengend.

Mit einer letzten Atemübung ist nach anderthalb Stunden Schluss. Wer will, kann gehen, und wer will, kann noch einen Moment liegen bleiben. Ich entscheide mich für Liegenbleiben, die Trainerin macht Entspannungsmusik an, manche gehen, ich liege da und werde urplötzlich und vollkommen unerwartet von einem Schluchzen geschüttelt, das ich gerade so weit unterdrücken kann, dass es niemand merkt. Mein Unterkiefer zuckt, mein Zwerchfell zuckt, mir schießen die Tränen in die Augen, und mein Hals schnürt sich zu. Wäre ich allein, würde ich hemmungslos weinen, aber ich bin weder allein noch hemmungslos, es sind wildfremde Menschen um mich herum. Ich bleibe eine Weile liegen und reiße mich zusammen.

Am Duschraum steht, man möge bitte nur kurz duschen, der Umwelt zuliebe. Das finde ich ein bisschen niedlich, nebenan wird mittels elektrischer Heizlüfter Indien gespielt, und hier sollen wir umweltschonend duschen. Später stelle ich fest, dass ich mir das Duschen auch gleich ganz hätte sparen können, denn ich schwitze sowieso für den Rest des Tages munter weiter.

Chinesische Massage

– Oieau-massaj-tag?

– Guten Tag, mein Name ist Bogdan, ich würde gern einen Massagetermin ausmachen.

– Bann?

– Ich bin ziemlich flexibel, wann …

– Oide?

– Heute? Äh, ja, warum nicht, gerne.

– Bann?

– Wann – äh, fünfzehn Uhr?

– Bessa fiase?

– Okay, vierzehn Uhr. Bis gleich.

Als ich ankomme, strahlt die chinesische Masseurin mich an, ruft freudig «Ha-o!» und führt mich in den Massageraum. «A-es auzieh, nur ni Wunahos, Bau lege», weist sie mich an und verschwindet. Ich versuche es mit: alles ausziehen, nur nicht Unterhose, Socken und Uhr und auf den Bauch legen. Fast richtig; Socken und Uhr hätten auch ausgemusst.

Sie wickelt mich erst mal von Kopf bis Fuß in Handtücher ein und massiert mich sanft ein bisschen durch die Handtücher hindurch. Nacken, Rücken, Po, Beine, Füße. «Deutse so swee-a!», verkündet sie dabei, mehrfach. Erst denke ich, die Deutschen seien so schwer, dann verstehe ich, nein, die deutsche Sprache ist schwer. Ja, das höre ich, Deutsch ist schwer, Sprache schwer, Aussprache schwer. Sie nimmt das Handtuch von meinem Rücken, legt mir ein anderes über den Hinterkopf und reibt mir den Rücken mit Öl ein. Und massiert. Und knetet. Ihre Hände sind plötzlich aus Stahlbeton, meine Nackenmuskulatur ist es leider auch, vor allem rechts, der Mausarm. Stahlbeton auf Stahlbeton ist nicht so richtig angenehm, aua, aua, aua.

«Deutse so swee-a!», ruft sie. Das hält sie allerdings nicht davon ab, sehr viel zu sprechen, «immer dea und das, so swee-a», erklärt sie.

«Ja», sage ich, auch nur noch in Wörtern sprechend statt in Sätzen, «die Artikel, sehr schwer.» Ich glaube, sie erzählt mir, was sie gestern in der Schule Schweres besprochen haben, «so swee-a, Zeht!» – «Zeht?», frage ich. «Zeht!», ruft sie und probiert dann ein bisschen mit Vokalen und Erklärungen herum: «Zehte! Ze-ute? Zett! Zette!» – «Zettel?», frage ich hoffnungsfroh. «Zeite!», ruft sie, und endlich verstehe ich: «Die Zeiten! Ja, die sind auch sehr schwer im Deutschen! Verben! Haha, ja, die Zeiten!» Sie amüsiert sich prächtig, «nein», lacht sie, «ja, au so swee-a», aber was sie meint, ist doch «Ze-te, Kan-pin-praße!» Irgendwann verstehe ich. Zelten. Campingplatz. Wir sind beide total erleichtert. Zelten! Haha, ja! Campingplatz! Zelten, klar! So schwer!

Derweil hat sie den ersten Liter Öl in meinen Rücken massiert, und ich habe mehrfach gestöhnt. «Tu weh?», fragt sie dann und lacht und tut mir noch mehr weh. «Swei Tage Muskakata», kündigt sie an. Na meinetwegen, immer her damit, aua. Rechte Rückenhälfte, linke Rückenhälfte, plötzlich klettert sie auf die Liege und hockt sich auf mich, knetet weiter, dann wieder runter.

Sie geht an meinen Hals, da bin ich empfindlich, ich kriege Gänsehaut und sage: «Uh, da kriege ich Gänsehaut.» – «Was?», fragt sie. «Tu weh?» – «Nein», sage ich, «aber das läuft mir durch den ganzen Körper», woraufhin sie sich gar nicht mehr einkriegen will vor Lachen. «Das gut», sagt sie, «löft ganse Köpa, hahaha.» Sie arbeitet sich meinen Rücken hinunter, an manchen Stellen tut es höllisch weh. Sie massiert mir den Po, «ni gut, imma sitze», diagnostiziert sie, «ni gut füa Lücke, ni gut füa Po», dann deckt sie meinen Rücken mit einem Handtuch ab und arbeitet sich weiter meine Beine hinunter, der nächste Liter Öl wird eingeknetet, ich fühle mich wie Kuchenteig (Quark-Öl-Teig). Schließlich die Füße, du lieber Himmel, ist das wundervoll.

Die Masseurin ist deutlich stiller geworden. Nachdem sie mit meinen Füßen fertig ist, kommt sie wieder an meinen Kopf, dreht mir die Arme auf den Rücken, erst den einen, dann den anderen, drückt einmal drauf. «Tu weh?», fragt sie. «Ja, sehr», sage ich. Sie fasst mir unters Schulterblatt, dahin, wo es noch mehr wehtut, massiert mir dann den Arm und die Hand, dann die andere Seite. Und wieder an die schlimme Stelle, die rechte Schulter, ich stöhne auf. «Tu weh?», fragt sie und geht weg. Es rumpelt und pumpelt vor der Tür herum, dann höre ich sie wieder reinkommen, ich sehe sie nicht, ich gucke ja die ganze Zeit durch das Loch im Tisch auf den Boden, wo ich außer dem Parkett nur manchmal ihre sonderbaren Hausschlappen sehe, so eine Art mit Teddybärfell bezogene Gesundheitslatschen, aber herrje, wer wird noch etwas über Asiaten und ihre Hausschlappen sagen wollen. Ohne jede Vorwarnung legt sie mir ein knallheißes, nasses Handtuch auf den Rücken, dann noch eins und noch eins. «Hei?», fragt sie. «Nee, super», sage ich, sie packt auch meine Arme darin ein, ich weiß nicht, wie viele heiße, nasse Handtücher sie auf mich stapelt, es fühlt sich großartig an. «Swee-a?», fragt sie. «Nee, super», sage ich. Dann knetet sie mir wieder die Beine. «Tu weh?»

Ich habe jedes Zeitgefühl verloren, eine Stunde soll es insgesamt dauern, wie viel Zeit mag vergangen sein? Kann das bitte nie aufhören? Sie ist wahrhaftig nicht zimperlich, plötzlich tun mir sogar die Beine weh, obwohl ich da nie was hatte, aber wenn man fest genug knetet, tut irgendwann alles weh. Aua. Weitermachen. Sie schlägt mir auch die Beine in knallheiße Tücher ein, woah. Plötzlich kniet sie auf mir, drückt mir durch die heißen Handtücher die Knie in den Rücken, aua, ist. das. großartig.

 

Alles hat ein Ende. Sie packt mich aus den heißen Handtüchern aus und befiehlt «um-deh». Ich drehe mich um, dafür muss ich mich ein bisschen mit den Armen abstützen, nicht zu fassen, ich habe den Muskelkater jetzt schon. Meine Schultern schmerzen, Wahnsinn. «Tu weh?», fragt sie und prognostiziert «swei Tage Muskakata». Is recht. Für die Gesichtsmassage zum Schluss ist leider kaum noch Zeit, halbe Minute vielleicht, schade.

Ich bin fix und fertig. Und habe hinterher eher vier als zwei Tage Muskakata.

Osteopathie

Neulich hatte ich Rücken. Aber so richtig. An dem betreffenden Sonntag lag ich auf demselben, Montag war es ein kleines bisschen besser, aber noch überhaupt gar nicht gut, und so blieb es auch bis Mittwoch. Da ich am Donnerstag für vier Tage verreisen wollte, passte mir das gar nicht. Ich überlegte hin und her, ob ich die Reise absage, ob ich einen Koffer tragen kann, dass ich ihn jedenfalls sicher nicht ins Gepäcknetz heben kann, ob ich es mir antue, drei Tage auf Stühlen zu sitzen und Vorträge zu hören und zu workshoppen, oder ob ich lieber zu Hause bleibe und jaule – und dann ließ ich mir für Donnerstag früh kurz entschlossen einen Termin bei einer Osteopathin geben. Was ich über Osteopathie gehört hatte, war, dass das total toll sei und bei verschiedensten Leuten Wunder gewirkt habe und bei Rückentheater nichts so gut helfe wie Osteopathie. Des Weiteren hatte ich gehört, es handle sich um den reinsten Hokuspokus und großen Unfug und sei nur Geldmacherei. Was ich nicht gehört hatte, war, was das überhaupt genau ist. Ich erwartete irgendetwas zwischen Krankengymnastik und Massage.

Am Donnerstagmorgen in der Praxis muss ich mich erst mal ausziehen, und die Osteopathin betrachtet mich eine Weile von hinten. Sie sagt nicht viel. Ich soll einmal ganz tief Luft holen – das geht irgendwie nicht richtig, ich kann nicht so tief einatmen, wie ich will. Dann muss ich mich auf eine Liege legen, auf den Rücken, und sie schiebt mir die Hände unter den Rücken. Da liege ich also auf ihren Händen. Minuten später verschiebt sie eine Hand ein wenig. Sie sagt immer noch nichts. Ich frage, was denn da jetzt passiert, was sie da macht, da sagt sie, sie behandelt mein Zwerchfell, denn wenn das verspannt ist, verspannt alles, oder so ähnlich. Ich fühle mich gründlich verarscht, denn sie behandelt ja gar nichts, sie tut überhaupt nichts, sondern sorgt im Gegenteil noch dafür, dass ich mit meinem schmerzenden Rücken schief auf ihren Händen liege. Das weiß sogar ich, dass man, wenn man eh schon verzogen ist, nicht auch noch schief auf etwas draufliegen darf.

Irgendwann nimmt sie ihre Hände unter meinem Rücken weg und geht an meine Füße, legt mir die Hände an die Füße, an die Waden, lässt sie jeweils minutenlang dort liegen. Kein Druck, keine Massage, gar keine Bewegung, nur Berührung. Meine Füße sind ziemlicher Schrott, der Fachmann sagt Hallux valgus, ich sage: aua. Und zwar aua-aua-aua. Nicht von der Osteopathie, sondern immer, vom Laufen, vom Nichtlaufen, vom Schuhetragen, und vom Barfußgehen erst recht.

Zum Schluss betrachtet sie mich wieder von hinten und meint: Schon viel besser. Und dass meine Rückenprobleme von den Füßen kommen, weil ich da eine Schonhaltung einnehme und irgendwie schief und krampfig gehe, und das pflanze sich fort nach oben, über die Knie und das Becken bis in den Rücken. Das ist das Erste, was sie wirklich sagt, und das Erste, was mir plausibel vorkommt. Das höre ich schließlich auch nicht zum ersten Mal. Ich soll noch einmal tief Luft holen, und: Es geht. Aber ob das jetzt Zufall ist oder wirklich an der Osteopathie liegt, nun ja. Immerhin hat die Frau überhaupt nichts gemacht, die «Behandlung» war wirklich ein Witz. Ich soll allerdings im Ernst dafür bezahlen, und zwar gar nicht so wenig. Ich bin brummig, aber nun ja, einen Versuch war es wohl wert.

Nachmittags nehme ich meinen Koffer, ziehe ihn die meiste Zeit zwar hinter mir her, trage ihn aber auch Treppen rauf und runter und in den Zug und wieder raus und quer durch Göttingen zu einer Freundin, hebe ihren anderthalbjährigen Sohn hoch und setzte ihn ab und wieder und wieder und trage ihn ein Stück und spiele mit ihm und hocke auf dem Boden im Sand und beuge mich runter und versuche noch aus Gewohnheit, das alles ein bisschen vorsichtig zu machen, aber es geht alles wunderbar und ist gar kein Problem. Und am nächsten Tag fahre ich von Göttingen nach Wolfenbüttel zur Tagung und verschwende dort keinen einzigen Gedanken mehr an meinen Rücken, denn da ist kein Schmerz, nirgends.

Lebensfreudemesse

Als Erstes kaufen wir uns ein Mangolassi. Lecker! Dann probieren wir ein kleines Trampolin aus, eine nette Dame lässt uns hüpfen. Hüpfen ist gesund, denn man braucht dafür alle möglichen Muskeln und den Gleichgewichtssinn, es bringt den Kreislauf in Schwung, die Bewegung ist sanft und ohne harte Stöße, außerdem macht Hüpfen Spaß. Lebensfreude scheint mir eine ganz vernünftige Angelegenheit zu sein. Mangolassi, Trampolin, Lebensfreude, alles super.

Unsere nächste Station ist ein Massagekissen. Es ist vielleicht 25 Zentimeter hoch und knapp 40 breit, man sitzt auf Gartenstühlen, das Kissen in der Lendenwirbelsäule massiert erstaunlich heftig. Total toll. Ein gesprächiger Chinese kippt uns die Stühle nach hinten und legt uns die Massagekissen unter den Schulter- und Nackenbereich – woah. Tut weh, tut gut, wir wollen gar nicht mehr aufstehen. Wir lassen uns rauf und runter den Rücken massieren und finden Lebensfreude super.

Ich wundere mich über den Stand der Partei «Die Violetten. Für eine spirituelle Politik». Torsten sagt, die treten auch regelmäßig zu Wahlen an. Ich vergesse so was ja immer gleich, sobald ich die Wahlkabine verlasse, kann mich also nicht daran erinnern. Aber ich finde es zauberhaft, wie intensiv das junge Paar hinter dem Stand miteinander beziehungsweise mit Knutschen beschäftigt ist. Was für eine Lebensfreude! Knutschen ist natürlich super.

Aber es ist dann doch nicht alles nur Spaß. An manchen Ständen merkt man deutlich, dass Lebensfreude eine ernste Angelegenheit ist. Man sorgt sich vor allem um unsere Heilung. Heilung ist das große Thema. Und Energie. Energie ist wichtig, Energie ist das, was wir brauchen, Energie ist quasi das Gute. Das hat man schnell begriffen, wenn man durch die Halle geht. Erhalten kann man diese Energie beispielsweise mittels einer Energiepyramide. Genauer gesagt, mit der Original Kyborg® Energiepyramide® von Horus® (Doppelpyramide®). Ein erstaunlich hässliches Teil, das es in zwei Größen gibt: groß und sehr groß. Die große hat eine Reichweite von acht Metern, die sehr große fünfundzwanzig. Die Pyramide aus Messingstäben steht auf einer Bodenplatte aus Acryl (bei der sehr großen vielleicht 80 x 80 Zentimeter), und darin befindet sich eine kleinere, ebensolche, aber auf dem Kopf stehende Pyramide. Durch die Mitte verläuft ein Stab, der mit Halbedelsteinen oder so was gefüllt ist.

Ein junges Mädchen sagt zur Erklärung auf, was es auswendig gelernt hat: Die Spitze der Pyramide nimmt Energie aus dem Kosmos auf, die durch die Pyramide nach unten hin breit abgestrahlt wird. Die innere, auf dem Kopf stehende Pyramide nimmt die Energie der Erde auf und strahlt sie nach oben hin ab. Dadurch entsteht natürlich ein sehr kraftvolles Energiefeld, das man auch spüren kann. Wir sollen die Hände unter die Pyramide halten. Oder an die Ecken. Oder innen rein. Ob wir die Energie spüren? Nein, sagen wir, wir spüren nichts. Es könne warm sein oder kalt oder ein Kribbeln. Wir halten eine Weile die Hände hin und spüren immer noch nichts. Sie führt uns von der großen zur sehr großen Pyramide, die ist natürlich stärker, und hier?, fragt sie. Nein, sagen wir. Dass es ein bisschen kühl ist, sagt Torsten, liege natürlich am Plexiglas.

Das junge Mädchen ist ratlos, der Mann am Stand kommt ihr zu Hilfe. Ob ich die Pyramide schön finde, fragt er, und ich bin ein bisschen stolz auf mich, dass ich statt eines entsetzten «Das ist ja wohl nicht Ihr Ernst» immerhin ein halbwegs diplomatisches «Mein Geschmack ist es nicht» herausbringe. Ob sie mir in Silber denn besser gefallen würde, fragt er. Äh, nee, das macht’s dann auch nicht. Ich gucke kurz Torsten an und denke: Wehe, du lachst, dann kann ich mich auch nicht mehr beherrschen. Torsten sieht mich ebenfalls an, ich weiß genau, dass er dasselbe denkt. Ina geht weg und erzählt uns hinterher, unser Blickwechsel hätte ihr dann vollends die Schuhe ausgezogen, sie hätte es nicht länger ohne Lachanfall geschafft. Torsten und ich halten noch ein bisschen durch. Der Mann erklärt uns noch mal dasselbe, wir spüren erstaunlicherweise immer noch nichts. Zum besseren Verständnis empfiehlt er uns, die CD mit der Aufzeichnung seines Auftritts bei Jürgen Fliege zu kaufen, da sei das alles super erklärt. Und da hätten sie die Energie auch gemessen, die hatten da ein Messgerät, und da hatte die Pyramide an der einen Stelle einen Messwert von 28! Soso, 28. Super. Ehrlich, 28 ist schon, also, puh. Torsten fragt, um was für Energie es sich denn handle. Na, die Energie in der Pyramide eben. Ja, aber was für eine Art von Energie denn, Wärme, elektrische Energie, magnetische? Also, sagt der Mann, das sei mit diesem Gerät hier gemessen worden. Er zeigt auf ein Bild von irgendeinem elektrischen Gerät. Ein kleines graues Kästchen mit zwei so Pegeldingern. Doch, doch, da kann man die 28 deutlich ablesen, das sehen wir durchaus.

Was uns am meisten erstaunt, ist, dass der Mann nicht mal eine Erklärung parat hat. Dass er mit der einfachsten aller Fragen so ins Schwimmen gerät und keinen Verwirrtext auf Lager hat. Die Fliege-Sendung war, wenn ich mich recht erinnere, 1998 oder 1999, der Mann macht das also schon eine Weile. Und wir sind wirklich stolz auf uns, dass wir das ohne Lachen überstanden haben.

 

Zur Entspannung und wegen der Lebensfreude stelle ich mich als Nächstes strumpfsockig in eine große Klangschale. Eine sehr schöne Frau mit ganz langen Haaren und grundsympathischer Ausstrahlung schlägt die Schale an, dazu eine weitere, kleinere, mit der sie mir dann am Körper entlangfährt. Die Schale, in der ich stehe, schwingt so stark, dass Ina und Torsten es sogar über den Boden und durch die Schuhsohlen spüren, der Ton der kleineren Schale wird lauter und leiser, je nachdem, wohin die Dame sie gerade bewegt. Schwingung ist Energie, das kann man spüren, das ist Physik und nachvollziehbar. Auf welche Weise und inwiefern diese Vibrationen jetzt meine Aura glätten, habe ich nicht verstanden, ist aber auch wurscht. Plötzlich durchrieselt mich ein Schauer, eine Gänsehaut, ich zweifle nicht daran, dass diese Schallwellenübertragung irgendwas mit der Energie in meinem Körper gemacht hat. Vielleicht ist das diese Lebensfreude, von der man jetzt so viel hört.

Und so geht es noch eine Weile weiter. Ein Schamane flötet mit einer indianischen Flöte jemanden an, der dazu über Pferdefotos meditiert. Ich bin fassungslos, da sitzt tatsächlich in einem kleinen Messekabuff ein erwachsener Mann vor einem Ringbuch mit Pferdefotos in Klarsichthüllen, starrt eins davon an, und ein anderer erwachsener, vollkommen unindianisch aussehender Mann tänzelt mit seiner indianischen Schamanenflöte um ihn herum und flötet ihn an. Ina meint, ich müsse an meiner Ausdrucksweise arbeiten, es heißt nicht «Er glotzt Pferdebilder an», sondern «Er baut eine Beziehung zwischen Mensch und Krafttier auf, um in Einklang mit der Natur …» Der Rest geht im Stimmengewirr unter. Wahrscheinlich hat sie recht.

Überhaupt, die Ausdrucksweise. Wir sind in einem Paralleluniversum mit einer ganz eigenen Sprache. Es geht dauernd um Energie, um Kraft, Heilung, Aura, Kraftpunkte, Krafttiere, energetischen Ausgleich, das Energetisieren von Wasser, das Begradigen der Aura, um Einklang, Engel, Licht, Lichtwesen, um unser Inneres und den Kosmos. Ein wildes Durcheinander von vollkommen abgedrehtem Unfug, nachvollziehbaren Massagegeräten, Gesundheitsschuhen und leckerem Essen. Und eine mediale Ausbildung ist auch nicht das, was man sich anderswo darunter vorstellt.

Ein weiterer Chinese labert mich mit Mundgeruch und einem schier nicht enden wollenden Wortschwall über sein handliches kleines Massagegerät voll. Er hält meine Hand fest, zeigt mir, wo dort welche Reflexpunkte sind, drückt mir das Teil in die Hand, damit ich es selbst ausprobiere, nennt plötzlich einen Preis, Messeangebot, wolle kaufe? Nee, danke, lassma, ich wüsste ja gar nicht, wohin mit so viel Lebensfreude. Es ist allerdings ein bisschen schwierig, ihm das Teil zurückzugeben, er möchte, dass ich es in der Hand behalte und lieber Geld rausrücke, und nimmt das Ding einfach nicht zurück. Langsam macht diese Veranstaltung mich ein bisschen wütend, Lebensfreude hin oder her.

Nach zweieinhalb Stunden sind wir vollkommen erschöpft. Wir setzen uns in die Vorhalle, essen einen vegetarischen ayurvedischen Gemüsematsch und lauschen dabei halbherzig irgendwelchen Ausführungen darüber, wie man sich mit minderhübschen Kettenanhängern gegen Elektrosmog schützen kann. Der Gemüsepapp gibt uns den Rest, wir verlassen die Messe nach nur drei Stunden, und ich fahre schnurstracks nach Hause, wo ich sofort ins Bett und in einen bleiernen Schlaf falle. Keine Ahnung, was die da auf der Messe mit meiner Energie gemacht haben. Pyramiden draus gebaut, scheint’s.

Was ich wirklich bedaure, ist, dass wir das Überraschungseiorakel nicht gemacht haben. Das hätten wir wirklich noch tun sollen, für einen Euro.

Punk

Wissen, Halbwissen und Vorurteile über Punks:

Punks sehen komisch aus. Sie haben knallbunt gefärbte Haare in albernen Stachelfrisuren. Der Dresscode ist nicht besonders kompliziert: hauptsächlich schwarz, viele Nieten und Ketten und sonstiges Metall an Klamotten und Körper. Außer Schwarz ist auch rotes Schottenkaro erlaubt, ansonsten keine Farben, nichts Helles. Höchstens noch schwarz-weiß kariert, aber auf eine bestimmte Weise. Punks lungern an stadtbekannten Herumlungerplätzen herum, haben Hunde und Ratten dabei und schnorren. Sie trinken Bier. Drogen weiß ich nicht. Die meisten pöbeln weniger, als man (= ich) so denkt, manche schnorren geradezu höflich. Sie sind für Anarchie und Chaos, gegen Regeln und Spießigkeit und überhaupt immer dagegen, und vor allem gegen Nazis. Ich habe immer ein bisschen Angst, dass sie aggressiv sind. Sind sie aber meistens gar nicht. Ihre Musik ist schnell, laut und hart, statt Gesang wird geschrien. Insgesamt könnte man also meinen, mit dem Ende der Pubertät wäre auch der Punk zu Ende, aber so ist das nicht. Punx not dead, man kann auch erwachsen und Punk sein. Hier endet mein Punkerwissen.

 

Was ich über Punks nicht wusste:

Sie treffen sich montagabends im Hafenklang zum Tischtennisspielen. Rundlauf, wie früher auf Klassenfahrten in der Jugendherberge. Der ganze Abend nennt sich «Punkerstammtisch mit Tischtennis und DJ» – was für eine vertane Gelegenheit! Man hätte es so schön «Punkpingpong» nennen können. Die versammelten Pingpongpunks sehen aus wie … ich will nicht sagen, wie Versicherungsvertreter, aber wenn man bedenkt, was ich erwartet hatte, wirken sie zum großen Teil doch wie brave Angestellte, die abends halt Jeans und ein St.-Pauli-Shirt tragen. Weit und breit keine bunten Haare. Im Gegenteil, es sind Dreadlocks und brave Halbglatzen da. Ich trage übrigens ebenfalls Jeans und T-Shirt und bilde mir ein, überhaupt nicht aufzufallen: Ich, Isabel Bogdan, bürgerlich bis ins Mark, falle unter all den Punks nicht auf.