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PATRICK BROOME

YOGA

für ALLE

nymphe

nymphenburger

Die in diesem Buch vorgestellten Übungen wurden vom Autor und dem Verlag sorgfältig geprüft und haben sich in der Praxis bewährt. Dennoch kann keine Garantie für das Ergebnis übernommen werden. Der Verlag und der Autor schließen jegliche Haftung für Gesundheits- sowie Personenschäden aus.

Für Jimmy!

www.nymphenburger-verlag.de

© 2012 nymphenburger in der

F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: atelier-sanna.com, München

Fotos: Nela König

Satz und eBook-Produktion: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

ISBN 978-3-485-06044-8

Inhalt

Vorwort

DIE ÜBUNGSGRUNDLAGEN

Einleitung

Die Kraft des Yoga

Exkurs: Yogaanatomie

Prana – Die Urquelle der Energie

Die Koshas

Nahrungskörper – Annamaya-Kosha

Energiekörper – Pranamaya-Kosha

Emotionalkörper – Manomaya-Kosha

Erkenntniskörper – Vijnanamaya-Kosha

Wonnekörper – Anandamaya-Kosha

Die Chakren

Die Nadis

Sushumna

Ida und Pingala

Kundalini

Der Atem – Das Windrad für Bewegung und Wandel

Pranayama

Bandha

Die Verknüpfung von Geist und Körper

Exkurs: Karma

Widerstand

Das Chakra-Modell: Das persönliche Wachstum fördern

1. Muladhara – Das Wurzel-Chakra

2. Svadhisthana – Das Sakral-Chakra

3. Manipura – Das Nabel-Chakra

4. Anahata – Das Herz-Chakra

5. Vishuddha – Das Hals-Chakra

6. Ajna – Das Stirn-Chakra

7. Sahasrara – Das Scheitel-Chakra

DAS ÜBUNGSPROGRAMM

Aufbau des Übungsprogramms

Ablauf einer Übungseinheit

Vorbereitung

Einstimmung

1. Leben ist Bewegung

Ujjayi-Atem

Übungsfolge 1: Atem und Bewegung zusammenbringen

Vinyasa 1: Samasthiti – Tadasana

Samasthiti – Stehende Position

Tadasana – Berghaltung

Vinyasa 2: Samasthiti – Tadasana – Uttanasana

Uttanasana – Vorbeuge aus dem Stand

Vinyasa 3: Samasthiti – Tadasana – Vertiefte Uttanasana

Uttanasana vertiefen

2. Fest im Leben stehen – Erden und Kraft empfangen

Übungsfolge 2: Erden

Vinyasa 4: Balasana – Chakravakasana – Adho Mukha Svanasana

Balasana – Kindhaltung

Chakravakasana – Katze

Adho Mukha Svanasana – Nach unten schauender Hund

Savasana – Totenstellung

Vinyasa 5: Trikonasana-Vinyasa

Trikonasana – Dreieck

Prasarita Padottanasana – Vorwärtsbeuge mit gespreizten Beinen

Übungsfolge 3: Erden und Kraft empfangen

Vinyasa 6: Virabhadrasana I – Parsva Uttanasana

Exkurs: Spiritual Warrior

Virabhadrasana I – Krieger I

Parsva Uttanasana – Asymmetrische Vorwärtsbeuge

3. Surya Namaskar – Der Sonnengruß

Vinyasa 7: Surya Namaskar

4. Die Welt auf den Kopf stellen – Umkehrübungen

Übungsfolge 4: Vorbereitung auf den Kopfstand

Vinyasa 8: Bhujangasana-Vinyasa

Bhujangasana – Kobra

Vinyasa 9: Urdhva Prasarita Padasana – Dwi Pada Pitham

Urdhva Prasarita Padasana – Beinheber

Dwi Pada Pitham – Schulterbrücke

Übungsfolge 5: Kopfstand

Vinyasa 10: Sirsasana-Vinyasa

Salamba Sirsasana – Kopfstand

Übungsfolge 6: Schulterstandzyklus

Vinyasa 11: Sarvangasana – Halasana – Matsyasana

Salamba Sarvangasana – Schulterstand

Halasana – Pflug

Matsyasana – Fisch

5. Energie bewegen und versiegeln

Übungsfolge 7: Energie bewegen

Vinyasa 12: Adho Mukha Svanasana – Ardha Matsyendrasana

Ardha Matsyendrasana – Halber Drehsitz

Übungsfolge 8: Energie versiegeln

Vinyasa 13: Maha Mudra – Paschimottanasana

Maha Mudra – Das große Siegel

Paschimottanasana – Vorwärtsbeuge im Sitzen

Vinyasa 14: Dwi Pada Pitham – Apanasana

Apanasana

6. Tiefenentspannung

Savasana

7. Atemarbeit – Pranayama

Kapalabhati – Blasebalg-Atmung

Nadi Shodana – Wechselatmung

8. Meditation

MIT DER WELT VERBUNDEN SEIN

Umwelt

Ernährung

Meditation – Der Weg in die Stille

Nachwort

Der Autor

Literatur

Vorwort

Jeder kann glücklich und zufrieden sein – das ist die Botschaft des Yoga. Äußerlich muss dafür nichts verändert werden. Wir selbst sind es vielmehr mit unseren eigenen Denkmustern und Glaubenssätzen, die uns daran hindern, selbstverantwortlich und kreativ zu leben: Dies können wir ändern, indem wir die eigenen körperlichen und mentalen Grenzen sowie die Beziehung zu uns selbst, zu anderen und zu unserer Umwelt ausloten. Es geht darum, die selbst auferlegten Beschränkungen abzulegen und sich zu öffnen für die eigene Größe, den eigenen Mut, die eigene Wahrheit – eine Wahrheit, die universell ist. Ich glaube fest daran, dass uns Yoga hilft, den eigenen Platz im Leben zu finden und unsere Neigungen und Talente auszuschöpfen, unabhängige Überzeugungen und Werte zu entwickeln und mit Vehemenz für Ideale und Ziele einzutreten – uns mit unserem gesamten Potenzial ins Leben einzubringen.

Für mich bedeutet Yoga Freiheit von mentalen und körperlichen Zwängen: Jeder, der schon einmal Yoga geübt hat, konnte dies bereits am eigenen Leib erfahren. Nach der Yogastunde fühle ich mich meistens sehr wohl in meinem Körper, finde die Menschen um mich herum wesentlich sympathischer, der Stau auf dem Nachhauseweg ist nur noch halb so nervenaufreibend und selbst die beruflichen und privaten Sorgen sind nicht mehr ganz so bedrückend. Meine Wahrnehmung hat sich verändert; nicht die Situation selbst, sondern mein ganz persönlicher Beitrag zu ihrer Bewertung. Und dieses Wunder verblüfft mich jeden Tag aufs Neue.

Mit diesem Buch möchte ich versuchen, Yoga für alle zugänglich zu machen, sozusagen eine Demokratisierung des Yoga in Gang setzen – es ist Zeit, nun den Pfad des Yoga allen zu eröffnen. Wenn ich mich in den modernen Yogacentern umsehe, so sehe ich überwiegend Mittdreißiger, sportliche Menschen. Doch Yoga ist für alle, für die Dünnen und die Dicken, die Jungen und die Alten, die Sportlichen und die Versteiften. Deshalb möchte ich im Folgenden einige Übungen auch für absolute Bewegungsmuffel vorstellen. Und zwar nicht irgendeinen Yoga, sondern einen Yoga, mit dem man sich bereits nach einigen wenigen Übungen besser spürt und einfach wohler in seiner Haut fühlt.

Der große südindische Meister Krishnamacharya – Nachfahre einer angesehenen Brahmanen-Familie und Lehrer u. a. von B. K. S. Iyengar und K. Pattabhi Jois – ist der Wegbereiter des modernen Yoga. Etwa um die Mitte des letzten Jahrhunderts begann er, die Lehren des Yoga als spiritueller Lehrer und Ratgeber von Königen und Staatsoberhäuptern, Gelehrter und Intellektueller, Therapeut und Heiler, Visionär und Revolutionär allen vorbehaltlos zugänglich zu machen. Krishnamacharya war Zeit seines Lebens ein gläubiger und bescheidener Mensch, der die Lehre über das Gebot stellte und das Heilen als Berufung ausübte. Er unterrichtete kasten- und geschlechterübergreifend Männer und Frauen jeden Alters – was für einen Brahmanen jener Zeit undenkbar war. Seine zukunftweisenden Ansichten sind heute aktueller denn je. Einen besonderen Fokus legte er bei der Yogapraxis auf die Atmung – als Mittel, die Gedanken zu überwinden und den Körper mit Prana, Lebenskraft, zu nähren.

Die Übungsgrundlagen

Einleitung

»Yoga für alle« kennt keine Zielgruppe: Es wurde sowohl für den flexiblen Teenager als auch den gestressten Midlife-Workaholic sowie den geneigten, aber keinesfalls unbeugsamen Best Ager konzipiert und geschrieben. Yoga ist für alle da und genauso individuell wie jeder einzelne Körper.

Die in diesem Buch beschriebenen Übungsreihen und Körperhaltungen helfen, Spannungen abzubauen. Das Resultat sind Stärke, Klarheit und wahrhaftiges Selbstvertrauen. Wenn wir durch unseren Körper die Verbindung zur Erde spüren, gewinnen wir Zuversicht, Gelassenheit und innere Ruhe. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass wir andere durch negative Gedanken, Worte oder Taten verletzen. Dies bietet – in unserer hektischen und bewegten Zeit – die Möglichkeit, innere und äußere, also wahre Freiheit zu finden. Wir erleben und erfahren, dass nicht nur unsere einzelnen Körperteile in funktionaler Verbindung zueinander stehen, sondern dass wir in unmittelbarer Verbundenheit mit allem existieren: hier und jetzt.

Der Weg des Yoga und seine heilende Kraft beginnt mit der Verbindung von Körper und Atem und ist darüber hinaus die unmittelbare Teilnahme am Wunder des Lebens. Die Wirkung einer bewusst verlängerten Ein- und Ausatmung, wie wir sie bei den Übungen in diesem Buch praktizieren, ist einzigartig: Die Körperhaltung (Asana) entsteht aus dem Atem und basiert auf den individuellen körperlichen Fähigkeiten. Der Verstand verbindet sich mit dem gesamten Körper und wird so ruhiger und klarer. Der Stress fällt ab und die Energie kann wieder fließen. Die Yogapraxis führt dazu, dass die Lebensenergie (Prana) durch das gesamte System bewegt wird und ein tiefes Wohlgefühl entsteht. Die Asana ist gelebter Ausdruck und Umsetzung von Spannkraft und Elastizität. Dadurch gewinnt der Körper an Stärke und Flexibilität, die Körperhaltung verbessert sich und eine tiefere Atmung ist möglich. Die Wirksamkeit jeder Praxis ist einzig daran zu messen, wie man sich anschließend fühlt. Ziel ist nicht die Meisterung einer körperlichen Haltung, sondern das Gefühl, das durch die körperliche Haltung erzeugt wird. Und dennoch bleibt diese Reise ein Abenteuer – jedes Mal, wenn die Übungsreihe geübt wird. Aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel und dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.

Während des Übens werden im Körper verfestigte Enttäuschungen, Schmerz, Wut, Ängste und unbewältigte Konflikte sanft durch heilsame Bewegungsabläufe gelöst und bewusst gemacht. Doch anstatt auf die frei werdenden negativen Emotionen zu fokussieren, treten wir in Beziehung zum Göttlichen und verbinden uns mit dem, was größer ist: In dem Moment, in dem du dich mit allem verwoben erlebst, erlischt die Stress fördernde Vorstellung, besonders einzigartig, unabhängig oder wichtig zu sein. Die Yogapraxis verwendet den Körper und den Verstand als Werkzeug zur Befreiung.

Das ist der Sinn von allem, was einst war, dass es nicht bleibt mit seiner ganzen Schwere, dass es in unserem Wesen wiederkehre, in uns verwoben, tief und wunderbar.

Rainer Maria Rilke, »Das Buch der Bilder«

Die Kraft des Yoga

Yoga verändert uns, indem wir beginnen, die physischen und mentalen Fesseln, die unserem Potenzial keinen Raum für Wachstum lassen, zu lösen. Diese Transformation bringt Neues und Aufregendes mit sich. Sie ist wie ein Häutungsprozess, der die eigene Essenz – den wahren Kern – enthüllt. Wie ein Bildhauer, der ganz allmählich die Schönheit der Form mit Sorgfalt, Hingabe und Liebe aus dem kantigen Stein herausarbeitet.

Die Kunst im Yoga liegt darin zu lernen, wie man Energie fokussieren und in den verschiedenen Bereichen des Körpers erzeugen kann, indem man die Botschaften des Körpers richtig deutet und die Bewegung an den Energiefluss im Körper anpasst. Körperlicher Widerstand sollte dabei respektiert werden, weil er ein wichtiges Feedback gibt. Den Widerstand zu überwinden und vergangenen Schmerz mit Druck zu bewältigen, ist ebenfalls eine Form von Widerstand – gegenüber den eigenen Grenzen, die bestimmen, wo und was man gerade ist. Wenn man den Fokus bei anhaltendem Widerstand so verändert, dass die Energien dorthin kanalisiert werden, wo die Blockaden liegen, kann der Körper seinem eigenen Fluss folgen. Forcierter Druck auf die Blockaden erzeugt hingegen größeren Widerstand und mehr Spannung, während Entspannung in der Haltung in weit größere Tiefen führt. Der Körper gibt das Signal, wenn es Zeit für weitere Schritte und eine Vertiefung ist. Dies bedeutet, dass Yoga uns ermöglicht, Energie zu erzeugen.

Energie wird oft als mystische Kraft, die entweder vorhanden ist oder nicht, betrachtet, und jenseits unseres Kontrollvermögens liegt. Doch durch Yoga lässt sich die Qualität der Energie verändern und mehr davon gewinnen, indem die körperlichen Kapazitäten als Energie-Umwandler genutzt werden. So können physische und psychische Blockaden durchbrochen und der Energielevel gesteigert werden.

Yoga stellt ein mächtiges therapeutisches Instrument, um physische und psychische Probleme zu lösen, verleiht Stärke und Flexibilität für sämtliche körperliche Aktivitäten, kann Aussehen, Haltung, das Hautbild, die Vitalität und den Muskeltonus verbessern. Darüber hinaus kann Yoga dem Leben einen tieferen Sinn geben und zu einem anhaltenden Wohlbefinden beitragen. Der Yogaprozess hält die körperlichen Systeme geöffnet und versorgt sie mit Energie, was Krankheiten verhindern kann. Außerdem besitzt Yoga ein enormes heilendes Potenzial: Die Haltungen »operieren« wie feine Werkzeuge, die auf ihre jeweils ganz spezifische Weise erlauben, in die verschiedensten körperlichen Regionen vorzudringen, diese Bereiche zu kräftigen und zu »reparieren«. Yoga ermöglicht, die eigene Gesundheit in die Hand zu nehmen.

Viele Menschen befassen sich erst mit ihrer Gesundheit, wenn sie beeinträchtigt ist. Sie haben keinerlei Interesse daran, mit ihren verschiedenen Systemen in Verbindung zu treten, bis es zu spät ist und ein Zusammenbruch droht. Durch die Yogapraxis können die frühen Alarmsignale des Körpers jedoch deutlich wahrgenommen werden, wenn die Energiereserven zur Neige gehen: Die »Akkus« werden rechtzeitig wieder aufgeladen. Die präventive Kraft des Yoga besteht vor allem darin, dass die Praxis eine Sensibilität gegenüber der inneren Stimme herausbildet. So kann man sich selbst heilen – lange bevor sich ein Zusammenbruch äußerlich sichtbar ankündigt. Neue Wege für Reife und Entwicklung eröffnen sich. Wir lernen ganz subtil, die Unterschiede bezüglich der eigenen Flexibilität, Ausdauer und Energie zu verstehen. Der Körper verfügt über eine völlig eigene Intelligenz. Die Fähigkeit, auf diese Intelligenz zu hören und sie zu verstehen, ist ein essenzieller Bestandteil des Yoga. Durch diesen Grad an Aufmerksamkeit kann Yoga die Struktur des Körpers erneuern und auf die inneren Bedürfnisse ausrichten.

Exkurs: Yogaanatomie

Da es genug Lehrbücher über das funktionelle Zusammenspiel von Knochen, Gelenken, Sehnen und Muskeln in den einzelnen Yogahaltungen gibt, verzichte ich auf derartige Beschreibungen hier ganz bewusst. Das Besondere an der Yogaanatomie ist, dass wir mit dem bloßen Auge das Essenzielle nicht erkennen können. In unserer materiell trainierten Wahrnehmung verdrängen wir, dass es mehr gibt als das, was wir unmittelbar sehen. Natürlich können wir unseren physischen Körper direkt über unsere physischen Sinne wahrnehmen – ihn sehen, riechen, hören, schmecken und fühlen. Doch Yoga vermittelt uns, dass es mehr gibt. Neben dem physischen Körper besitzen wir auch eine energetische Präsenz. Um diese fühlbar zu erleben, müssen wir nicht hellsichtig sein. Wenn wir jedoch beginnen, in das Mysterium der energetischen Präsenz einzutauchen, werden wir eine ganz außergewöhnliche Sensitivität für die feinstofflichen Ebenen der Schöpfung entwickeln.