Die amerikanische Politikberatungsagentur MSV konzipiert und steuert Wahlkampagnen rund um den Globus, angeblich im Namen von Demokratie und Gerechtigkeit. Doch die Realität sieht anders aus. Fehlspekulationen und wachsender Finanzbedarf haben Investoren mit ins Boot geholt, die einzig ihre eigenen Interessen verfolgen: etwa den Hedgefonds des jüdischen Geschäftsmanns Michael Brookman, der gute Kontakte nach Israel unterhält, Waffenhändler aus Frankreich und korrupte kongolesische Oligarchen. Intrigen und Skandale sind an der Tagesordnung, der Zweck heiligt alle Mittel. Daniel Cay, einem der hochrangigen, gutbezahlten Campaigner, reicht es: Er nimmt Kontakt zu einer Gruppe junger Anarchisten aus Liverpool auf, die sich im Kampf gegen den globalisierten Kapitalismus über alle Regeln hinwegsetzen. Man zerstört Kultureinrichtungen, zündet Galerien an, ruft schließlich zu einem weltweiten Streik auf.

 

Nir Baram zeichnet in Weltschatten das Bild einer ganzen Generation, seiner Generation, und ihrer komplexen Lebenswirklichkeit: die globalisierte Welt des 21. Jahrhunderts, in der alles mit allem zusammenhängt und einfache Erklärungen ausgedient haben. Ein Roman von beunruhigender Aktualität, »mit einem Widerhall von Don DeLillo« (ABC).

 

Hanser E-Book

 

Nir Baram

 

WELTSCHATTEN

 

Roman

 

Aus dem Hebräischen von

Markus Lemke

 

 

Carl Hanser Verlag

 

Die hebräische Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel Tzel Olam bei Am Oved in Tel Aviv.

 

 

ISBN 978-3-446-25407-7

© Nir Baram 2013

Translated from the Hebrew Language.

First published by: Am Oved, 2013

Alle Rechte der deutschen Ausgabe

© Carl Hanser Verlag München 2016

Umschlaggestaltung: Peter-Andreas Hassiepen, München

Foto: © Roc Canals Photography / Getty Images

Satz: Greiner & Reichel, Köln

 

 

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Kreutzfeldt digital, Hamburg

 

 

 

Inhalt

 

Erster Teil

 

Mit jedem Tod wächst unsere Kraft Mit jedem Tod wächst unsere Kraft

Vorbereitungen auf eine große Tat

»Gemeinsam für eine bessere Zukunft«

 

 

Zweiter Teil

 

Daniel Kaye, 2005

Wie das alles geschah

Die Welt ist ein Gerücht

MSV vs. 11.11.

Christopher

 

 

Dritter Teil

 

Er hat nichts Schwindelerregendes, dieser Gavriel Manzur

»MSV gibt es nicht mehr« (Aber noch ist nichts vorbei)

Trafalgar

11.11.

Erstarrt

 

 

 

Jeder von uns hatte seine eigene verdammte Geschichte. Wir hatten nie vorgehabt, uns zusammenzutun. Man kann sagen, andere haben uns zusammengebracht. Es war ein reiner Augenblick des Überlebens: Du fällst, greifst nach einer Hand. Aber was, wenn diese Hand auch fällt? Dann klammerst du dich fest, und man fällt gemeinsam. Irgendein Schriftsteller, den einer von uns mal gelesen hatte, schrieb, dass jeder Mensch in seinem Schicksalskreis gefangen ist und man sich in diesem Kreis frei bewegen, Wege wählen und wechseln kann, bis man sich vielleicht gar nicht mehr bewusst ist, dass man in einem Kreis steckt, denn die meisten Menschen sehen die Mauern um sich herum nicht. Die Frage dabei ist, wie soll sich ein Mensch verhalten, wenn er plötzlich kapiert, dass die Mauern auf ihn zukommen? Eines Tages kann er sie bereits berühren, wenn er nur die Hand ausstreckt, am Tag darauf ist die Hand schon gekrümmt, und noch ein weiterer Tag, und sie klebt an der Hüfte, bis am Ende die Nägel in der Mauer ihm Hautfetzen abreißen, und dann kapiert er, dass diese Mauern ihn, gut, wie soll man sagen, ein wenig in die Zange nehmen.

Jeder von uns kann in Erinnerungen schwelgen. Und vielleicht machen wir das auch. Aber ändert das jetzt noch was, aus welcher Kurve des Lebens wir an diesen Ort gestoßen worden sind? Wobei das Wort »Ort« in unserem Zusammenhang eigentlich ungenau ist. Es gibt keinen Ort, hat keinen gegeben, und wir wollten auch nie einen, und hätten wir einen Ort gehabt, wäre all das vielleicht nie passiert. Es hat geheißen, wir hätten für alle möglichen Leute gearbeitet, die uns ausgenutzt haben, um ihre miesen Ziele zu verwirklichen, und wir seien kleine Soldaten gewesen, die starke Kräfte hin- und hergeschoben hätten. Auch ist gesagt worden, wir seien verantwortlich für viel Zerstörung, Leid und Tod. Solche Anschuldigungen bestreiten wir gar nicht, gehen allerdings davon aus, dass sich alles, was wir getan haben, von verschiedenen Standpunkten aus betrachten lässt, und klar ist, es hat Sachen gegeben, auf die sind einige von uns stolz, während andere sich dafür schämen und noch ein paar andere behaupten, wir hätten sie überhaupt nicht getan. Außerdem lässt sich wohl kaum leugnen, dass auch wir einen Preis bezahlt haben, einen Preis, manchmal so hoch, dass wir ganz aufhören wollten.

Wir wollen weder Verständnis noch Mitleid und ganz gewiss keine Vergebung. Niemals werden wir um Vergebung bitten.

ERSTER TEIL