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Ein Wort zuvor

DANK DER TEILWEISE BAHNBRECHENDEN FORTSCHRITTE der Medizin in den letzten Jahren steht der Labormedizin inzwischen eine Vielzahl von verschiedenen Untersuchungen zur Verfügung. Ziel dieses Buches ist es, dem medizinischen Laien die wichtigsten Laborwerte und ihre Deutungsmöglichkeiten auf verständliche Weise nahezubringen.

NATURGEMÄSS SIND EINEM BUCH, das die Labordiagnostik zum Gegenstand hat, Grenzen gesetzt. Als Interpretationshilfe kann es zwar zu einem besseren Verständnis von Laborbefunden beitragen, doch kann und will es nicht die fachliche Lücke schließen, die den medizinischen Laien daran hindert, anhand eines Laborergebnisses eine fundierte Diagnose zu stellen. Fest steht: Die angemessene Interpretation von Laborergebnissen ist und bleibt Sache des behandelnden Arztes. Nur er kann die tatsächliche diagnostische Wertigkeit von Laborbefunden kompetent beurteilen.

Hierfür stützt er sich in den seltensten Fällen auf einen einzelnen Laborwert. Erst die Beurteilung von allen zur Verfügung stehenden Laborergebnissen im Zusammenhang mit anderen Untersuchungsbefunden bildet die Grundlage für eine fundierte Diagnose und die sich daraus ergebende angemessene Behandlung.

NICHT NUR IM KRANKHEITSFALL ist es wichtig, ein tieferes Verständnis für die Funktionsweise unseres Körpers zu entwickeln. Dazu gehört auch, über eventuell bestehende Risikofaktoren informiert zu sein. Hier kann die Labordiagnostik wertvolle Dienste leisten: Mit ihr ist es möglich, diese Faktoren frühzeitig aufzudecken, noch bevor sich die ersten Beschwerden einstellen. Schon allein deshalb ist es lohnend, sich mit der Bedeutung und Interpretation von Laborwerten auseinanderzusetzen. Hierfür möchte Ihnen das vorliegende Buch verständliche Antworten geben.

Dr. Nicole Schaenzler

Dr. med. Wilfried P. Bieger

Das sollten Sie wissen

Warum Labormedizin so wichtig ist

Die Laboranalyse von Blut, Urin und anderen Körperflüssigkeiten ist eine der wichtigsten diagnostischen Maßnahmen. In fast allen medizinischen Bereichen ist die Beurteilung des aktuellen Gesundheitszustandes eines Patienten ohne Laborbefunde nicht mehr denkbar. Dabei erhält der Arzt durch das Ergebnis einer Laboruntersuchung nicht nur wertvolle Hinweise auf die Ursache einer Erkrankung, sondern er kann anhand der Laborwerte auch den Verlauf bzw. die Wirksamkeit einer Therapie überprüfen oder eventuelle Risikofaktoren einschätzen. In Notfallsituationen geben bestimmte Laborwerte rasch und sicher Auskunft über das Befinden des Patienten und weitere erforderliche Maßnahmen. Ebenso werden vor jeder bevorstehenden Operation verschiedene Laboruntersuchungen durchgeführt, um mögliche Vorerkrankungen bzw. Risikofaktoren zu erkennen.

Denjenigen, die nicht über eine medizinische Ausbildung verfügen, fällt es im Allgemeinen eher schwer, die nüchternen Zahlen zu verstehen. Es kann sogar sein, dass uns durch eine Laboruntersuchung die einzelnen Funktionseinheiten des Organismus erstmals bewusst werden: Wir erkennen, wie sie miteinander zusammenhängen und welche Auswirkungen es auf die verschiedenen Stoffwechselprozesse haben kann, wenn eine einzelne Substanz abnorm vermehrt vorkommt oder krankhaft vermindert ist.

Zudem kommt es vor, dass wir den medizinischen Ausführungen des Arztes nicht auf Anhieb folgen können. Für den medizinischen Laien ist es in der Tat auf den ersten Blick kaum nachvollziehbar, warum z. B. ein hoher Harnsäure- oder LDL-Cholesterinwert nach einer Ernährungsumstellung verlangt oder warum der Arzt aufgrund von bestimmten Laborbefunden darauf dringt, weitere Untersuchungen vorzunehmen. Verfügen Sie jedoch über das nötige Basiswissen, können Sie Ihrem Arzt die richtigen Fragen stellen!

Grundkenntnisse in der Labordiagnostik können bereits erforderlich sein, wenn man z. B. einen Selbsttest aus der Apotheke zur Einschätzung seines persönlichen Risikoprofils durchführt. Ob man krank oder gesund ist, kann jedoch fast nie anhand eines einzigen Befundes, wie etwa eines Urin-Teststreifens, beurteilt werden. Gleichwohl kann und sollte ein auffälliges Ergebnis immer Anlass für einen Besuch beim Arzt sein, der gegebenenfalls weitere diagnostische Maßnahmen einleiten wird.

Allgemein gültige Normwerte gibt es nicht

Ob und wann das Ergebnis einer Laboruntersuchung als krankhaft einzustufen ist, richtet sich im Wesentlichen nach dem Norm- bzw.

Referenzwert (früher Normalbereich). Dieser leitet sich zunächst von den physiologischen Gegebenheiten bei der Mehrzahl aller gesunden Menschen (ca. 95 %) ab.

Der Norm- oder Referenzwert zieht die Grenze zwischen »krank« und »gesund«. Faktisch kann er jedoch nur eine Entscheidungshilfe sein. Denn letztlich ist ein Referenzwert immer nur ein ungefährer Richtwert. Dies ist v. a. dann zu beachten, wenn geringe Abweichungen vom vorgegebenen Referenzwert ermittelt wurden: Gerade in diesem Fall sind das Fachwissen und die Erfahrung des behandelnden Arztes gefragt, wenn es darum geht, ob das Ergebnis eine Behandlung erforderlich macht oder nicht.

Mitunter können Laborwerte auch »in die Irre« führen. So kommt es immer wieder vor, dass ein Gesunder krankhaft erhöhte Laborwerte aufweist, wohingegen die Werte eines Kranken im Normbereich liegen. Deshalb sind immer auch andere diagnostische Maßnahmen wie eine sorgfältige Befragung des Patienten (Anamnese), eine eingehende körperliche Untersuchung, eventuell auch eine Untersuchung mittels bildgebender Verfahren (z. B. Röntgen, Computer- oder Kernspintomographie) zur endgültigen Befunderhebung notwendig.

Wichtig zu wissen ist, dass Referenzwerte von Labor zu Labor variieren; zudem werden sie oftmals in unterschiedlichen Einheiten angegeben. Gleiches gilt für die Angaben in der Fachliteratur.

Außerdem können sich Referenzwerte durch neue medizinische Erkenntnisse ändern bzw. neu bewertet werden. So haben sich etwa die Normwerte für Cholesterin im Laufe der letzten 20 Jahre immer wieder verschoben. Auch die Auffassung der Mediziner, ab welchen Werten eine medikamentöse Behandlung einsetzen muss, hat sich mehrfach geändert. Deshalb wird es den einen allgemein gültigen Norm- bzw. Referenzwert niemals geben. Die Autoren dieses Buches haben sich diesbezüglich an das Standardwerk »Labor und Diagnose« von Lothar Thomas (>) gehalten.

Das beeinflusst die Laborwerte

Messergebnisse sind keineswegs immer eindeutig. Bereits eine fehlerhafte Probenabnahme kann zu einem falschen Ergebnis führen. Ebenso können zu lange Transportzeiten ins Labor oder eine falsche Lagerung der Probe den Befund beeinflussen.

Darüber hinaus gibt es besonders sensitive Tests, die auf bestimmte Parameter sehr genau reagieren, des Öfteren aber ein sogenanntes falsch positives Testergebnis haben. Dagegen birgt ein weniger sensitiver Test die Gefahr eines falsch negativen Ergebnisses.

Neben diesen Störfaktoren spielen aber auch die Einflussgrößen eine wichtige Rolle, die mit dem Patienten selbst zusammenhängen, so v. a. sein Alter und Geschlecht, seine Ernährungs- und Lebensgewohnheiten (z. B. Konsum von Genussgiften oder körperliche Aktivität), aber auch psychische Faktoren (z. B. Stress) oder die Einnahme von Medikamenten. Schließlich kann auch der Zeitpunkt der Probenentnahme auf das Ergebnis Einfluss nehmen, denn der Organismus ist tageszeitlichen Schwankungen unterworfen, die sich in einigen Laborwerten widerspiegeln können. Diese und andere Einflussgrößen können Laborwerte entscheidend verändern und zu falsch positiven oder falsch negativen Ergebnissen führen.

Deshalb ist es mitunter notwendig, dass eine Laboruntersuchung noch einmal wiederholt wird oder zu einem späteren Zeitpunkt kontrolliert werden muss.

Die Check-up-Untersuchung ab 35

Vom 35. Lebensjahr an steht jedem in einer gesetzlichen Krankenkasse Versicherten alle zwei Jahre eine Gesundheitsuntersuchung (Check-up 35) zu. Diese wird vom Hausarzt bzw. von einem Facharzt für Allgemeinmedizin oder für Innere Medizin durchgeführt.

Neben einer körperlichen Untersuchung und einer Anamnese umfasst sie auch die Bestimmung des Blutzuckers und des Gesamtcholesterinspiegels im Blut sowie eine Urinuntersuchung (>). Mit diesem Check-up werden u. a. alle Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkankungen sowie bestimmte Stoffwechselerkrankungen (v. a. Diabetes, Fettstoffwechselstörungen) oder Nierenfunktionsstörungen ermittelt. Ergeben sich Hinweise auf eine Erkrankung, sind weiterführende Untersuchungen möglich. Die Kosten hierfür werden sowohl von den privaten als auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Die verschiedenen Untersuchungsmethoden

Die Blutuntersuchung

Die Blutuntersuchung ist neben der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und der körperlichen Untersuchung eine der wichtigsten Untersuchungsmethoden, die dem Arzt eine exakte Diagnose und eine angemessene Therapie ermöglichen.

NÜCHTERN ZUR BLUTABNAHME

Einige Blutuntersuchungen, v.a. jene zur Beurteilung des Zucker- und Fettstoffwechsels, müssen in nüchternem Zustand durchgeführt werden: Der Patient darf also vor der Blutentnahme – am besten ab dem vorangehenden Abend um 20 Uhr – außer zuckerfreien Getränken nichts zu sich nehmen.

Bildung, Zusammensetzung und Funktion des Blutes

Als Blut bezeichnet man die in den Blutgefäßen durch den Körper kreisende Flüssigkeit, die aus Blutzellen und Blutflüssigkeit besteht.

Die Blutzellen werden beim Erwachsenen im Knochenmark gebildet. Dort gehen aus sogenannten Stammzellen die drei Zellarten hervor, die den zellulären Anteil des Blutes bilden: die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten).

Mit dem Blut werden zahlreiche Stoffe – entweder physikalisch gelöst oder an Eiweiße bzw. Blutzellen gebunden – im Körper transportiert. Dabei versorgt das Blut die Gewebe und Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen und dient dem Abtransport von Kohlendioxid und Stoffwechselendprodukten. Weiterhin reguliert das Blut den Wärmehaushalt und ist am Wasser- und Säure-Basen-Haushalt (>) beteiligt. Zudem dient das Blut der Verteilung von Hormonen (>) und Enzymen (>), bringt Medikamente an die Orte, an denen sie wirken sollen, und transportiert Giftstoffe zu Ausscheidungsorganen, insbesondere den Nieren.

Im Blut enthaltene Abwehrstoffe wehren für den Organismus schädliche Faktoren, in erster Linie Krankheitserreger, ab. Und mithilfe der Blutplättchen sowie zahlreicher Gerinnungsfaktoren ist das Blut wesentlich an der Stillung von Blutungen beteiligt.

Blutentnahme

Die Konzentration der einzelnen Blutbestandteile kann mithilfe einer Blutuntersuchung bestimmt werden. Meist entnimmt man dabei das Blut aus einer Vene, in speziellen Fällen aus der Fingerkuppe oder dem Ohrläppchen und selten aus einer Arterie.

Gewöhnlich werden dem Körper nicht mehr als maximal 30 Milliliter Blut entnommen, das mittels einer spitzen Hohlnadel oder einer Kanüle in unterschiedliche Röhrchen gefüllt wird. Die Nadel wird nach einer sorgfältigen Desinfektion der Haut in die Vene oder Arterie bzw. in die Fingerkuppe oder das Ohrläppchen eingestochen.

INFO

Venenblut

In der Regel wird venöses Blut aus einer Armvene in der Ellenbeuge abgenommen. Hierfür behindert man den Abfluss des Blutes in den Armvenen für kurze Zeit mit einem Stauschlauch, den man um den Oberarm legt und leicht zuzieht, sodass arterielles Blut weiterhin in den Unterarm fließen kann. Das Blut staut sich in der Ellenbeugenvene, wodurch diese dicker und damit gut sicht- und tastbar wird. Aus dieser prall gefüllten Vene gelingt es nun meist problemlos, die gewünschte Menge Blut in verschiedene Röhrchen zu füllen. Anschließend wird der Einstich kurze Zeit abgedrückt, damit er nicht weiterblutet, und mit einem kleinen Pflaster versorgt.

Kapillarblut

Will man nur einen oder wenige Stoffe bestimmen, wie etwa den Blutzucker, reicht es aus, sogenanntes Kapillarblut aus der Fingerkuppe oder dem Ohrläppchen zu entnehmen. Zur Bestimmung des Blutzuckers sticht man z. B. mit einer Stechhilfe in die Fingerbeere des Mittelfingers. Dabei werden mehrere kleine Haargefäße (Kapillaren) im Gewebe verletzt, aus denen Blut austritt. Ein Tropfen Blut wird auf einen Teststreifen gedrückt und der Zuckergehalt mithilfe eines Blutzuckermessgerätes bestimmt.

Arterielles Blut

Um den Gehalt von Sauerstoff und Kohlendioxid sowie den Säure-Basen-Anteil im Körper zu bestimmen, entnimmt man meist arterielles, also sauerstoffgesättigtes Blut aus der großen Leistenarterie oder der Speichenarterie am Handgelenk. Diese Untersuchungen werden meist nur im Rahmen der Intensivmedizin oder bei schweren Erkrankungen (z. B. Lungenkrankheiten) durchgeführt.

Vollblut – Serum – Plasma

Etliche Blutuntersuchungen, insbesondere die Erhebung des Blutbildes und die Messung der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG), werden mit Vollblut durchgeführt. Zuvor muss man aber durch Zentrifugieren die festen Bestandteile des Blutes von der Blutflüssigkeit trennen. Verhindert man die Gerinnung des Blutes mithilfe von bestimmten Stoffen, erhält man nach dem Zentrifugieren das gelbliche Blutplasma, das alle in der Blutflüssigkeit gelösten Bestandteile inklusive der Gerinnungsfaktoren (>) enthält. Nur im Blutplasma ist es möglich, die Konzentration von Gerinnungsfaktoren zu bestimmen.

Für die meisten anderen Untersuchungen reicht es jedoch aus, das Blutserum zu untersuchen. Als Blutserum bezeichnet man die Blutflüssigkeit, die keine Gerinnungsfaktoren mehr enthält. Dazu zentrifugiert man das geronnene Blut und erhält nach Abtrennung der festen Bestandteile das klare Blutserum. Im Blutserum werden die piegel der meisten Blutwerte wie z. B. Leber- und Nierenwerte, Bluteiweiße, Mineralstoffe, Blutfette und Blutzucker untersucht.

Ebenfalls im Blutserum bestimmt man Antikörper zum Nachweis von verschiedenen Infektionskrankheiten, die Spiegel von Medikamenten, Alkohol, Drogen und Giftstoffen.

AUF EINEN BLICK

Vollblut Blut mit allen darin enthaltenen Bestandteilen

Blutplasma Vollblut ohne Blutzellen, aber mit Gerinnungsfaktoren sowie mit allen wichtigen Substanzen, die im Blut transportiert werden

Blutserum Vollblut ohne Blutzellen und Gerinnungsfaktoren

Gesundheitsuntersuchung bzw. Check-up

Häufige (Wohlstands-)Krankheiten und krank machende Risikofaktoren wie etwa Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und Fettstoffwechselstörungen kann man bereits erkennen, wenn sie noch nicht zu schweren Folgen wie etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall geführt haben. Zu diesem Zweck kann und sollte jeder Mensch ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre beim Hausarzt einen sogenannten Check-up durchführen lassen.

Neben einer ausführlichen Befragung zu aktuellen Beschwerden, früheren Krankheiten und Erkrankungen in der Familie sowie einer sorgfältigen körperlichen Untersuchung werden hierbei die Spiegel des Nüchternblutzuckers, der Blutfette (>), der Harnsäure und des Kreatinins bestimmt sowie eine Urinuntersuchung (>) durchgeführt. Mit diesen Maßnahmen kann man zahlreiche Erkrankungen frühzeitig diagnostizieren und sie durch geeignete Therapiemaßnahmen an ihrem Fortschreiten hindern.

Kontrolluntersuchung

Eine einzige Blutuntersuchung reicht nur selten aus, um eine Krankheit zu erkennen. Meist lässt der Arzt einen von der Norm abweichenden Wert durch eine (oder mehrere) Kontrolluntersuchung(en) erneut bestimmen. Aber auch bei bestehenden Krankheiten werden bestimmte Blutwerte in regelmäßigen Abständen kontrolliert, um eine mögliche Verschlechterung frühzeitig zu erkennen oder den Erfolg bzw. das Nichtansprechen einer Behandlung zu dokumentieren und die Therapie entsprechend zu ändern.

Notfall/Operation

In Notfällen geben Blutuntersuchungen rasch Aufschluss über den Zustand des Patienten und erlauben in bestimmten Fällen auch die Diagnose der zugrunde liegenden Krankheit. So weist beispielsweise eine Person im Zuckerkoma eine um das Fünf- bis Zehnfache erhöhte Blutzuckerkonzentration auf, die dann Ursache für die Bewusstlosigkeit ist.

Vor einer Operation oder einem diagnostischen Eingriff müssen zumeist das Blutbild, die Nierenfunktion und die Gerinnungswerte bestimmt werden. Nach einer Operation werden diese und andere Laborwerte mehrmals kontrolliert, um z. B. das Ausmaß einer Blutung und weitere mögliche Komplikationen rasch erkennen und entsprechend behandeln zu können.

Die Urinuntersuchung

Urin ist eine von den Nieren über die Harnwege abgeleitete hell- bis dunkelgelbe Flüssigkeit, über die Stoffwechselendprodukte sowie überschüssiges Wasser, Salz, Säuren, Medikamente und Gifte ausgeschieden werden. Deshalb ist eine Urinuntersuchung nicht nur ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel zur Erkennung von Erkrankungen der Nieren, Harnleiter, Harnblase und Harnröhre, sondern auch der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).

Für eine differenzierte Urinuntersuchung stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Diese können im Wesentlichen in drei Untersuchungsbereiche eingeteilt werden: die Beurteilung des Urins durch Betrachtung mit dem Auge (makroskopische Urinuntersuchung), die Urinuntersuchung mittels Teststreifen sowie die Begutachtung von Urinbestandteilen unter dem Mikroskop. Die Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse wird als Urinstatus bezeichnet.

Makroskopische Urinbeurteilung

Urinmenge, Farbe, Beschaffenheit und Geruch können bereits erste Hinweise auf eine Erkrankung liefern. So weist etwa die Trübung von frischem Urin auf eine Erkrankung hin, und auch eine abweichende Urinfärbung (z. B. rot oder bräunlich) kann bereits ein Krankheitszeichen sein. Ist die Wasserbilanz des Organismus z. B. durch eine Nieren- oder Herz-Kreislauf-Erkrankung gestört, kann sich dies durch eine erhöhte, aber auch durch eine verminderte Urinausscheidung bemerkbar machen. Gewöhnlich reichen derartige Auffälligkeiten jedoch für eine exakte Ursachenbestimmung nicht aus, sodass fast immer weitere diagnostische Maßnahmen notwendig sind.

Urin-Streifen-Schnelltest

Zu den einfachsten Untersuchungsverfahren gehört der Urin-Streifen-Schnelltest, mit dem die Konzentration verschiedener Substanzen oder Blutbestandteile im Urin durch Verfärbungen der auf dem Teststreifen aufgebrachten Prüfsubstanzen ermittelt wird. Hierfür wird der Streifen kurz in den Mittelstrahlurin (>) eingetaucht, sodass alle Testfelder benetzt sind; nach einer kurzen Wartezeit werden die Farben mit der Skala auf dem Behälter verglichen.

Zu den nachweisbaren Substanzen gehören v. a. weiße und rote Blutkörperchen, Bakterien, Eiweiß, Zucker, Kreatinin sowie die Gallenfarbstoffe Bilirubin und Urobilinogen; ebenso kann mit dem Teststreifen der Säuregehalt des Urins (pH-Wert) ermittelt werden. Die genannten Stoffe kommen normalerweise nicht oder nur in geringem Maße im Urin vor.

24-STUNDEN-SAMMELURIN

Eine 24-Stunden-Sammlung beginnt nach dem ersten morgendlichen Toilettengang und schließt den Morgenurin des Folgetages ein. Soweit möglich, sollten Medikamente mindestens drei Tage vor der Urinsammlung abgesetzt werden, um zu vermeiden, dass Störungen der Analysen zu falschen Ergebnissen führen.

Bakteriologische Urinuntersuchungen

Da die Aussagekraft von Urin-Streifen-Schnelltests begrenzt ist, sind zur Sicherung der Diagnose meist weitere Urinuntersuchungen notwendig. So kann man zum Nachweis von Bakterien spezielle Nährböden (z. B. Urikult®-Test) in eine frische Urinprobe eintauchen. Nach einer Bebrütung in einem Inkubator zeigen sich bei einem keimhaltigen Urin ca. 24 Stunden später Bakterienkolonien; die Anzahl der Keime gibt Aufschluss über das mögliche Vorliegen einer Harnwegsinfektion.

Mit dem Anlegen einer Urinkultur kann zum einen der ursächliche Krankheitserreger einer Harnwegsinfektion identifiziert, zum anderen aber auch die Wirksamkeit eines bestimmten Antibiotikums gegen die vorhandene Bakterienkolonie ermittelt werden. Hierzu wird der frische Urin auf bestimmten Nährböden ausgestrichen, bebrütet und die Bakterien eventuell mit chemischen Methoden weiter differenziert. Anschließend werden die krankheitsverursachenden Bakterien nochmals auf einem Nährboden ausgestrichen, auf den verschiedene Antibiotika gegeben werden. Wachsen die Keime in einem genau definierten Umkreis des Antibiotikums nicht, gilt dieses Antibiotikum als wirksam.

SO GEWINNEN SIE DEN MITTELSTRAHLURIN

Urinsediment-Untersuchung

Auch die mikroskopische Auswertung des Urinsediments, d. h. des nach Zentrifugieren des Urins übrig bleibenden Bodensatzes, lässt Rückschlüsse auf bestimmte Erkrankungen (insbesondere Entzündungen, Steine und Tumoren in Nieren und Harnwegen) zu.

Zur mikroskopischen Untersuchung dieser Bestandteile wird ein Tropfen des Urinsediments auf einen Objektträger aufgetragen.

Die Stuhluntersuchung

Als Endprodukt der Verdauung kann der Stuhl wertvolle Hinweise auf verschiedene Erkrankungen des Verdauungssystems liefern. Beschaffenheit, Farbe, Gewicht und Geruch geben darüber Aufschluss, ob eine Störung oder Erkrankung des Magen-Darm-Trakts, der Leber, der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse besteht.

Eine mikrobiologische Untersuchung des Stuhls wird durchgeführt, um Krankheitskeime (z. B. Salmonellen, Shigellen), aber auch Wurmeier oder Parasiten im Stuhl nachzuweisen. Wichtig ist, dass die Probengewinnung und -einsendung möglichst kurz nach Beginn der Infektion erfolgt.

SO WIRD DIE STUHLPROBE GEWONNEN

Vom Arzt erhält der Patient ein Plastikröhrchen, an dessen Verschluss sich innen ein kleiner Plastiklöffel befindet. Mit diesem entnimmt er eine etwa haselnussgroße Stuhlprobe und gibt sie in das Röhrchen, das er gut verschließt. Dieses Röhrchen wird für die mikrobiologischen Untersuchungen ins Labor geschickt.

Test auf verborgenes Blut

Der Test auf okkultes, mit dem bloßen Auge nicht sichtbares Blut im Stuhl gehört zur Früherkennung von Dickdarmkrebs. Hierzu erhält der Patient vom Arzt drei Testbriefchen. Auf die darauf befindlichen Testfelder gibt er an verschiedenen Tagen eine etwa erbsengroße Stuhlprobe. Durch Zugabe von chemischen Stoffen im Labor verfärbt sich das Testfeld bei Vorhandensein von Blut blau.

Der Test weist schon geringe Mengen von Blut nach, doch muss dieses Blut nicht immer von einem Tumor stammen. Auch gutartige Dickdarmpolypen, Hämorrhoiden oder harmlose Verletzungen der Afterschleimhaut können Blutungsquellen sein. Im Übrigen kann der Test auch ein »falsch positives« Ergebnis liefern. Deshalb sollte einen Tag vor Durchführung des Tests weder hochdosiertes Vitamin C (mehr als 50 mg) eingenommen noch sollten größere Mengen Fleisch oder Wurst verzehrt werden.

Funktionstests

Funktionstests werden eingesetzt, um komplizierte biologische Wechselbeziehungen zu überprüfen, die in einem einfachen Bluttest nicht feststellbar sind. Während Funktionstests früher v. a. zur Beurteilung von Funktionen des Verdauungssystems eingesetzt wurden, spielen sie heute hauptsächlich in der Diagnostik von hormonellen Störungen eine Rolle. Darüber hinaus hat der 13C-Harnstoff-Atemtest eine große Bedeutung beim Nachweis von Helicobacter-pylori-Bakterien in der Magen- und Zwölffingerdarmschleimhaut gewonnen. Im Folgenden werden die am häufigsten angewandten Funktionstests aufgeführt:

13C-Harnstoff-Atemtest bei Verdacht auf Helicobacter-pylori-Befall

Grundsätzlich sollte bei Verdacht auf Helicobacter-pylori (Hp)-Befall der Magenschleimhaut eine Magenspiegelung (Gastroskopie) durchgeführt werden. Hierbei lassen sich die Helicobacter-pylori-Bakterien, die für Schleimhautentzündungen und Geschwüre von Magen und Zwölffingerdarm verantwortlich gemacht werden und zudem die Entstehung von Magenkrebs begünstigen, in Gewebeproben direkt nachweisen. Außerdem erlaubt die Magenspiegelung die genaue Beurteilung des oberen Verdauungstraktes. Deshalb wird der 13C-Harnstoff-Atemtest derzeit nur als Kontrolluntersuchung nach Behandlung eines Hp-Befalls sowie zur Erstdiagnostik bei Kindern von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert. Abgesehen von den oben beschriebenen Vorteilen der Magenspiegelung ist der Atemtest ein einfacher, sehr exakter, jedoch teurer Test zum Nachweis von Hp-Bakterien in der Magen- und Zwölffingerdarmschleimhaut.

Bei dem Test muss der Patient zunächst langsam über ein Röhrchen in einen Beutel (oder ein Röhrchen) ausatmen. Danach trinkt er ein Glas Saft, in dem radioaktiv markierter Harnstoff aufgelöst wurde. 30 Minuten später atmet er noch einmal über ein Röhrchen langsam in einen anderen Beutel (ein anderes Röhrchen) aus. Hp-Bakterien spalten den radioaktiven Harnstoff, wobei radioaktives Kohlendioxid freigesetzt wird, das dann in der Atemluft erscheint und den Befall der Schleimhaut mit Hp-Bakterien nachweist. Befinden sich keine Bakterien im Magen, wird auch kein radioaktives Kohlendioxid ausgeatmet. Bei dem radioaktiven 13C-Harnstoff handelt es sich um ein stabiles, ungefährliches Isotop.

Xylose-Belastungstest

Xylose ist ein Kohlenhydrat, das im oberen Dünndarm ins Blut aufgenommen wird. Der Xylose-Belastungstest wird bei Verdacht auf Verdauungsstörungen im oberen Dünndarm eingesetzt, wie sie v. a. bei Sprue (Glutenallergie) auftreten. Dabei dient der Test in erster Linie der Therapiekontrolle einer Sprue, da sich bei Meiden aller glutenhaltigen Nahrungsmittel die Verdauungsstörung zurückbildet.

Bei dem Test trinkt der Patient nach vorheriger Entleerung der Blase einen halben Liter Wasser oder Tee, worin zuvor 25 g Xylose aufgelöst wurden. Anschließend nimmt er noch einen halben Liter Wasser oder Tee zu sich. Danach sammelt er über fünf Stunden seinen Urin, in dem die Ausscheidung der Xylose gemessen wird. Liegt die Xylose-Ausscheidung im Urin über 16 Prozent der verabreichten Menge, beweist dies eine Aufnahmestörung für Xylose im Dünndarm.

Durstversuch bei Verdacht auf Diabetes insipidus (Wasserharnruhr)

Beim Diabetes insipidus (Wasserharnruhr) ist die Niere nicht in der Lage, den Urin zu konzentrieren. Meist liegt dieser Krankheit ein vorübergehender oder auch dauerhafter Mangel des in der Hirnanhangsdrüse gebildeten antidiuretischen Hormons (ADH) zugrunde, oder die Nieren sprechen auf dieses Hormon nicht an.

Beim Durstversuch darf der Patient eine längere Zeit, höchstens jedoch 12 Stunden, nichts trinken. Normalerweise bewirkt Durst eine vermehrte Freisetzung von ADH, was zu einer starken Konzentration des Urins führt. Während des Durstversuchs werden alle zwei Stunden verschiedene Laborwerte im Blut und im Urin bestimmt. Nimmt die Konzentration des Urins nicht zu, während die Konzentration des Blutes ansteigt, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Diabetes insipidus vor.

Allergiediagnostik

Wenn bestimmte, immer wiederkehrende Symptome den Verdacht auf eine Allergie nahelegen, kann man mithilfe der Allergiediagnostik den Stoff oder die Stoffe nachweisen, welche die allergische Reaktion auslösen (Allergene). Dafür werden entweder Hauttests durchgeführt oder spezielle Abwehrstoffe des Körpers (Immunglobuline der Klasse E, IgE-Antikörper) im Blutserum bestimmt.

Hauttests zur Diagnose von allergischen Atemwegserkrankungen

Bei Verdacht auf Heuschnupfen, allergisches Asthma bronchiale, eine allergische Bindehautentzündung, Nesselsucht oder eine Insektengiftallergie werden folgende Hauttests durchgeführt:

Pricktest

Der Pricktest ist der am häufigsten angewandte allergologische Hauttest. Dabei werden Allergenextrakte auf die Innenseite der Unterarme aufgetragen und mit einer Nadel (Pricklanzette) oberflächlich in die Haut eingebracht. Zur Kontrolle wird gleichzeitig ein Tropfen Kochsalzlösung (Negativkontrolle) sowie eine Histaminlösung (Positivkontrolle) aufgetragen. Nach etwa 15 Minuten wird die Hautreaktion auf die Testsubstanzen mit den Hautreaktionen der Negativ- und Positivkontrolle verglichen.

Eine Variante des Pricktests ist der Ritztest (Scratchtest): Mit einer Lanzette wird die Haut leicht angeritzt und dann eine Lösung mit dem Allergen (z.B. Tierhaare, Medikamente, Kosmetika) aufgetragen. Der weitere Testablauf entspricht dem des Pricktests.

Intrakutantest

Dieser Test erfolgt im Prinzip wie der Pricktest, allerdings wird er auf dem Rücken des Patienten durchgeführt, wo die Testsubstanz mit einer dünnen Nadel flach in die Haut (intrakutan) gespritzt wird. Der Intrakutantest hat zum einen eine höhere Sensitivität, zum anderen können mit ihm auch gelegentlich auftretende allergische Spätreaktionen ermittelt werden, die dann etwa acht bis zehn Stunden später einsetzen.

Reibtest

Dies ist der einfachste, aber zugleich am wenigsten empfindliche allergologische Hauttest. Meist wird er herangezogen, wenn die zu testenden Allergene, wie z. B. das Haar eines bestimmten Haustiers, nicht als fertige Testallergenextrakte zur Verfügung stehen. Hierbei werden die Allergene auf ein begrenztes Hautareal an der Innenseite des Unterarms aufgerieben.

Epikutantest

Besteht der Verdacht, dass bestimmte Stoffe ein allergisches Hautekzem hervorrufen, führt man einen Epikutantest durch. Hierbei werden Pflaster auf den Rücken oder Oberarm geklebt, die mit verschiedenen Kontaktallergenen versehen sind. Die Pflaster bleiben für 24 oder 48 Stunden, manchmal auch länger, auf der Haut.

Zeigen sich in der Hautregion unter einem Allergen eine Rötung und eventuell Bläschen, ist der Befund positiv.

Allergologische Laboruntersuchungen

Die einfachste Blutuntersuchung bei Verdacht auf eine Allergie ist der Nachweis eines erhöhten Spiegels von Immunglobulin E (IgE) im Blutserum. Allerdings ist dieser Spiegel bei allergischen Krankheiten nicht immer erhöht, außerdem können auch Infektionen mit Würmern und anderen Parasiten, eine Neurodermitis und bestimmte Blutkrankheiten zu einer Erhöhung von IgE führen.

Deshalb versucht man, bei Verdacht auf eine bestimmte Allergie spezifische IgE-Antikörper im Blutserum nachzuweisen, die sich gegen dieses spezielle Allergen richten. Die Aussagekraft des Nachweises spezifischer IgE-Antikörper, z. B. mithilfe des Radio-Allergo-Sorbent-Tests (RAST), ist höher als die eines erhöhten Gesamt-IgE-Spiegels, allerdings beweist auch dies nicht immer eine Allergie.

Provokationstest

Um zweifelsfrei zu klären, ob die geschilderten Beschwerden auf eine allergische Erkrankung zurückzuführen sind, muss in schwierigen Fällen zusätzlich ein Provokationstest durchgeführt werden.

Dabei werden die Allergene in niedriger Konzentration direkt an das Organ gebracht, an dem sich die allergische Reaktion bemerkbar macht. Bei allergischem Heuschnupfen beispielsweise wird das Allergen auf die Nasenschleimhäute aufgetragen. Treten die typischen allergischen Symptome auf, ist die Allergie nahezu sicher bewiesen. Da es bei diesen Provokationstests auch zu schweren allergischen Reaktionen bis hin zum allergischen Schock kommen kann, müssen sie grundsätzlich vom Arzt überwacht werden.

Genetische Untersuchungen

Genetische Untersuchungen zielen darauf ab, mögliche Krankheitsanlagen des Erbguts noch vor Ausbruch der Symptome bzw. einer Übertragung auf die Nachkommen zu erkennen. Genetische Untersuchungen sind in allen Proben möglich, die Zellkerne enthalten, also in Vollblut, Sperma und Gewebeproben, denn die gesamte Information über Bau und Funktion unseres Körpers ist auf den Chromosomen in den Zellkernen gespeichert. Die Chromosomen wiederum bestehen aus zwei langen Strängen von Desoxyribonukleinsäure (DNS), die umeinander gedreht vorliegen.

Eine Reihe von Erkrankungen ist durch eine Störung der Erbanlagen bedingt, wie etwa durch die Mutation eines einzelnen oder mehrerer Gene. Daneben gibt es zahlreiche andere Formen genetischer Veränderungen, die Krankheiten auslösen können. Außerdem sind viele Krankheiten Folge eines Zusammenwirkens von genetischen Störungen und Umweltfaktoren. So tragen zwar die meisten Menschen mit einem Typ-2-Diabetes mellitus eine genetische Veranlagung für diese Krankheit in sich, sie tritt aber fast nur dann in Erscheinung, wenn der Betroffene durch Überernährung übergewichtig wird.

Anlass der Untersuchung

Genetische Untersuchungen werden v. a. dann durchgeführt, wenn in der Familie bereits genetisch bedingte Krankheiten aufgetreten sind. So können Paare vor der Familiengründung genetische Untersuchungen durchführen lassen, wenn das Risiko besteht, dass eine bei den Vorfahren aufgetretene Erbkrankheit möglicherweise an die Kinder weitergegeben wird.

Was kann der Nachweis eines Gendefekts oder einer genetischen Störung bedeuten?

Der Nachweis einer Genmutation kann bedeuten, dass der Betroffene gefährdet ist, die Krankheit zu entwickeln, die durch den entsprechenden Gendefekt begünstigt wird. Allerdings bedeutet ein positiver Gentest nicht in jedem Fall, dass ein Mensch an dieser Krankheit auch tatsächlich leiden wird. So mag z.B. die Bestimmung des sogenannten Brustkrebsgens eine Frau eher verunsichern, denn es gibt keine klaren Aussagen über die Erkrankungswahrscheinlichkeit.

Ist eine Familiengründung geplant, kann es durchaus sinnvoll sein, sich vor der Schwangerschaft einer genetischen Untersuchung zu unterziehen. Stellvertretend sei auf Mukoviszidose (zystische Fibrose) verwiesen, die mittlerweile die häufigste genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung in Europa ist. Der Gendefekt führt zu einer Schädigung von Haut-, Schleimhaut- und Drüsenzellen. Dadurch produziert der Organismus zähflüssige Sekrete, die auf Dauer v. a. an Lunge und Bauchspeicheldrüse Schäden verursachen. Die Erkrankung tritt nur dann bei einem Kind auf, wenn es das veränderte Gen von beiden Eltern erbt. In Deutschland ist derzeit jeder Dreißigste Träger des Mukoviszidosegens und kann damit die Erkrankung potenziell auf seine Nachkommen übertragen.

Weitere Laboruntersuchungen

Neben dem Blut oder den Körperausscheidungen Urin und Stuhl können auch andere Körperflüssigkeiten oder Sekrete sowie Körpergewebe zu Untersuchungszwecken herangezogen werden.

Abstrich

Als Abstrich bezeichnet man die Entnahme von Haut- und Schleimhautbelag mithilfe eines Abstrichspatels oder -tupfers zum Ausschluss oder Nachweis von Krankheitserregern (z. B. Bakterien, Parasiten) oder zur Begutachtung von körpereigenen Zellen im Hinblick auf ihre Gut- oder Bösartigkeit. Besteht der Verdacht auf eine Infektion, kann ein Abstrich von infizierten Haut- oder Schleimhautarealen Aufschluss über die Krankheitsursache bzw. über die Art der Krankheitserreger geben. Dabei wird das gewonnene Zellmaterial auf einer Glasplatte ausgestrichen und nach Fixierung und Färbung direkt unter dem Mikroskop ausgewertet, oder die Identifikation der Krankheitserreger erfolgt mittels Anzucht auf geeigneten Nährböden oder -lösungen.

Mit dieser Methode kann eine Infektion der Scheide (z. B. Pilzinfektion oder eine Geschlechtskrankheit), des Auges (z. B. bakterielle Bindehautentzündung) oder des Rachens (z. B. zur Diagnosesicherung von Diphtherie) nachgewiesen werden.

KREBSFRÜHERKENNUNG MITTELS ABSTRICH

Der zytologische Abstrich dient der Früherkennung von Zellveränderungen und spielt v. a. in der gynäkologischen Gebärmutterhalskrebsvorsorge eine wichtige Rolle. Hierfür entnimmt der Arzt mit einem flachen Holzspatel oder einem Wattestäbchen einen Zellabstrich vom Muttermund und vom Gebärmutterhalskanal.

Auswurfuntersuchung

Die Untersuchung des Auswurfs ist ein wichtiges Verfahren in der Diagnostik von akuten und chronischen Lungenerkrankungen.

Gewonnen wird der zu untersuchende Auswurfschleim durch Abhusten in ein Gefäß. Der in dem Gefäß aufgefangene Schleim wird im Labor auf Krankheitserreger untersucht, etwa um abzuklären, welche Erreger eine Lungenentzündung ausgelöst haben oder ob eine Tuberkulose vorliegt.

Aber auch bei nichtinfektiösen Lungenerkrankungen kann die Untersuchung wertvolle Hinweise geben. So enthält der Auswurf z. B. bei Asthma bronchiale spezielle Schleimspiralen. Bei Verdacht auf ein Bronchialkarzinom werden die Zellen im Auswurf unter dem Mikroskop begutachtet. Abnorme Zellen können auf Tumoren hinweisen, die im Röntgenbild (noch) nicht darstellbar sind.

Entnahme von Körpergewebe (Biopsie)

Eine Biopsie wird an Körpergeweben bei unterschiedlichen Fragestellungen durchgeführt, wie bei unklaren Lebererkrankungen (Leberbiopsie), bei chronischer Nierenentzündung (Nierenbiopsie) oder bei Herzmuskelentzündung (Herzmuskelbiopsie).

Wertvolle Dienste leistet eine Biopsie auch in der Diagnostik von Krebserkrankungen: Ob eine verdächtige Veränderung an einem Organ (z. B. eine vergrößerte Prostata, ein Knoten in der Brust oder in der Schilddrüse) gut- oder bösartig ist, kann mit letzter Sicherheit nur durch die mikroskopische Untersuchung einer Gewebeprobe aus dem betroffenen Bezirk beurteilt werden.

Für die Gewinnung einer Gewebeprobe stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung; welches davon im Einzelfall geeignet ist, hängt von dem zu untersuchenden Organ, von der Gewebeart und von der Größe des verdächtigen Befunds ab. So kann die Gewebeentnahme mit speziellen Handinstrumenten zum Schaben oder Auskratzen (Hohlnadel, Stanze, Skalpell, Zange oder Kürette) erfolgen.

Je nach Menge und Beschaffenheit des Untersuchungsmaterials kommen drei Untersuchungsmethoden zum Einsatz: Entweder wird das entnommene Gewebe direkt auf einem Objektträger ausgestrichen, fixiert, gefärbt und anschließend unter dem Mikroskop beurteilt. Oder aber das Gewebestückchen wird – v. a. dann, wenn es sich um solides Gewebe handelt – tiefgefrostet bzw. nach Einbettung in Paraffin in dünne Scheiben geschnitten; diese werden einzeln gefärbt und unter dem Mikroskop begutachtet. Zunehmend wird das Gewebe auch mit molekulargenetischen Techniken auf Mutationen, Tumorzellen oder Infektionserreger untersucht.

Entnahme von Körperflüssigkeiten (Punktion)

Auch die diagnostische Entnahme von Körperflüssigkeiten (Punktion) dient der Gewinnung von Untersuchungsmaterial, um wertvolle Hinweise auf die Krankheitsursache zu erhalten. Für den Eingriff wird meist unter örtlicher Betäubung und unter Sichtkontrolle (z. B. mittels Ultraschall) eine spezielle Hohlnadel in ein Organ, eine Körperhöhle oder ein Gefäß eingebracht; mittels dieser Punktionskanüle wird dann die Flüssigkeit steril entnommen und in einer aufgesetzten Spritze gesammelt. Anschließend wird das gewonnene Material (Punktat) einer umfassenden Laboranalyse unterzogen.

Zu den wichtigsten diagnostischen Punktionen gehören:

Liquorpunktion

Eine Gewinnung von Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) zu diagnostischen Zwecken erfolgt meist als Lumbalpunktion. Das heißt, die Entnahme findet über einen Einstich in den Rückenmarkskanal des Lendenwirbelsäulenbereichs statt. Der Eingriff wird v. a. bei Verdacht auf eine Hirnhautentzündung (Meningitis) und andere entzündliche Erkrankungen des Gehirns durchgeführt; ebenso wird das Verfahren zur Abklärung von Blutungen im Gehirn, Tumorerkrankungen oder Multipler Sklerose herangezogen.

Anhand von möglichen Blutbeimengungen, der Zahl der weißen Blutkörperchen, des Eiweiß- und Zuckergehalts oder des Nachweises von Bakterien kann festgestellt werden, welche Ursache der Erkrankung zugrunde liegt.

Pleurapunktion

Durch eine Verletzung sowie durch bestimmte Erkrankungen (z. B. Lungenentzündung, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose) kann sich in der Pleurahöhle – das ist der spaltförmige Raum zwischen dem Lungenfell und dem Rippenfell bzw. zwischen dem Lungenfell und dem Zwerchfell – Flüssigkeit ansammeln (Pleuraerguss). Eine Laboranalyse der entnommenen Flüssigkeit kann Aufschluss über die Krankheitsursache geben.

Bei der Pleurapunktion wird (meist unter örtlicher Betäubung sowie unter Ultraschallkontrolle) im hinteren, seitlichen, unteren Brustkorbbereich eine Punktionsnadel durch Haut, Fett und Muskulatur bis zum Pleuraspalt vorgeschoben. Anschließend wird die entnommene Flüssigkeit im Labor auf Zellen, Eiweiß, Zucker, Bakterien, Viren und andere Bestandteile untersucht.

Bauchpunktion (Aszitespunktion)

Verschiedene Erkrankungen der Leber (z. B. Leberzirrhose, Pfortaderthrombose) und des Herzens (z. B. Herzinsuffizienz), aber auch Tumorerkrankungen im Bauchraum (z.B. der Eierstöcke) oder Entzündungen des Bauchfells bzw. der Bauchspeicheldrüse können eine abnorme Flüssigkeitsansammlung in der freien Bauchhöhle hervorrufen. Um Aufschluss über die Ursache dieser Bauchwassersucht (Aszites) zu erhalten, wird eine Bauchpunktion nach einer örtlichen Betäubung durch die Bauchdecke durchgeführt. Anschließend wird die Aszitesflüssigkeit im Labor auf Bakterien, Zellen, Eiweiß und andere Parameter untersucht.

Gelenkpunktion

Eine Gelenkpunktion zu diagnostischen Zwecken wird durchgeführt, wenn sich in einem Gelenk infolge einer Verletzung, einer Infektion oder einer anderen Gelenkerkrankung (z. B. Rheuma, Gicht) Flüssigkeit gebildet hat (Gelenkerguss), die eigentliche Krankheitsursache jedoch unklar ist. Dabei wird die Flüssigkeit über eine dünne Hohlnadel, die in das betroffene Gelenk eingeführt wird, entnommen. Die anschließende Laboranalyse des gewonnenen Materials gibt Aufschluss über die Krankheitsursache.

Fruchtwasserpunktion (Amniozentese)

Die Fruchtwasserpunktion dient der Abklärung möglicher schwerer Erkrankungen oder Fehlbildungen des ungeborenen Kindes, insbesondere ob das Kind von einem Down-Syndrom (früher: Mongolismus), von einer Erbkrankheit oder einer angeborenen Spaltbildung der Wirbelsäule (Spina bifida) betroffen ist.

Hierfür wird meist zwischen der 16. und 18. Schwangerschaftswoche mit einer Nadel unter Ultraschallkontrolle durch die Bauchdecke der Schwangeren eine Fruchtwasserprobe aus der Fruchtblase entnommen. Danach werden die im Fruchtwasser enthaltenen fetalen Zellen einer Chromosomenanalyse sowie verschiedenen biochemischen Analysen unterzogen. Im Allgemeinen wird eine Fruchtwasserpunktion empfohlen, wenn die Schwangere älter als 35 Jahre ist oder in der Familie bereits Erbkrankheiten aufgetreten sind.

Medizinische Fachbegriffe kurz erklärt

Im Folgenden werden die wichtigsten labormedizinischen Grundbegriffe – in alphabetischer Reihenfolge – erklärt.

Antigene/Antikörper

Antikörper (Immunglobuline, Ig) sind Eiweißverbindungen, die nach Kontakt mit einer körperfremden Substanz (Antigen) wie z.