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Ein Wort zuvor

»Sind wir wirklich alle übersäuert?« – So oder ähnlich wird oft auf ein Thema aufmerksam gemacht, das seit Jahrzehnten vor allem gesundheitsbewusste Menschen bewegt. Auf das Problem der Übersäuerung wurde erstmals von dem schwedischen Chemiker und Ernährungsforscher Ragnar Berg (1873–1956) hingewiesen, der in Deutschland lebte. Es gab und gibt in wissenschaftlichen Kreisen große Diskussionen um den Einfluss der Ernährung auf den Säure-Basen-Haushalt und die Gesundheit. Obwohl schon zu Bergs Zeiten zahlreiche Untersuchungen und Beobachtungen seine Theorie bestätigten, blieb die Übersäuerung ein Thema für die Erfahrungsmedizin – also für die auf Beobachtungen beruhende Heilkunde. Seit den 1990er-Jahren wird an deutschen Forschungsinstituten wieder zum Thema Ernährung und Säure-Basen-Haushalt geforscht. Ragnar Bergs Ergebnisse werden dabei im Wesentlichen bestätigt. Das E-Book beantwortet in der Form eines Dialogs Ihre Fragen zu dem spannenden Thema Säure-Basen-Haushalt – auf der Grundlage des aktuellen Wissensstands. Es hilft Ihnen, in Sachen Gesundheit entscheidend aktiv zu werden. Wir haben versucht, die teils komplizierten Sachverhalte allgemeinverständlich darzustellen. Da aber auch die grundlegenden Fragen zum Säure-Basen-Haushalt geklärt werden, konnten wir nicht ganz auf fachsprachliche Begriffe und wissenschaftliche Erläuterungen verzichten. Betrachten Sie das E-Book als umfassenden Ratgeber zu allem, was Sie über den Säure-Basen-Haushalt wissen wollen!

Sabine Wacker

Dr. med. Andreas Wacker

Der Säure-Basen-Haushalt

Was hat es auf sich mit Säuren und Basen? Was ist unter diesen Begriffen zu verstehen? Was kann ich mir unter dem Säure-Basen-Haushalt vorstellen? Wo im Körper findet er eigentlich statt? Welche Organe sind daran beteiligt und auf welche Weise? Wie wird das Gleichgewicht des Säure-Basen-Haushalts im Körper aufrechterhalten? Hängt es mit der Ernährung zusammen – und wenn ja, wie? Warum klingt das alles so kompliziert? Was weiß man heute darüber? Und warum gibt es zu dem Thema so unterschiedliche Auffassungen? In diesem Kapitel werden diese grundsätzlichen Fragen zum Säure-Basen-Haushalt beantwortet. Sie werden sehen, dass die wissenschaftlichen Erklärungen und chemischen Begriffe zwar sehr kompliziert klingen, aber im Grunde gut nachvollziehbar sind – und vor allem wichtig für das Verständnis der Zusammenhänge. Auf den folgenden Seiten können Sie sich ferner einen »Grundwortschatz« zum Thema zulegen – damit Sie wissen, worum es geht, wenn von pH-Wert, Puffersystem, pH-Teststreifen und Untersuchungen zum Säure-Basen-Haushalt die Rede ist. Eines schon vorweg: Weder Säuren noch Basen sind an sich gut oder schlecht. Beide werden im Körper benötigt, wenn auch in unterschiedlichen Mengen und für verschiedene Zwecke. Wichtig ist, das für den Körper ideale Verhältnis der beiden zu schaffen und zu erhalten. Dabei sollten Sie die Säuren und Basen nicht als Gegenspieler betrachten, sondern als Teammitglieder, die sich gegenseitig im Organismus die Bälle zuspielen und so den Säure-Basen-Haushalt in Balance halten. Allerdings hat unsere moderne Lebensweise oft zur Folge, dass die Säuren etwas »über die Stränge schlagen«. Dazu erfahren Sie in den späteren Kapiteln mehr.

Wichtige Grundbegriffe

Was sind Säuren?

Der Begriff Säure bezeichnet die chemische Eigenschaft eines Stoffs, in wässriger Lösung sauer zu reagieren. Eine Säure schmeckt sauer und färbt blaue Lackmuslösung (>) rot. Es gab in der Geschichte der Chemie viele Ansätze, Säuren zu definieren. Die heute gültige Definition geht überwiegend auf den dänischen Chemiker Johann Nicolaus Brönsted (1879–1947) zurück, der diejenigen Stoffe als Säuren bezeichnet hat, die in der Lage sind, in wässriger Lösung ein positiv geladenes Teilchen (Proton) abzugeben. Man spricht in diesem Zusammenhang von Brönsted-Säuren.

Was sind Basen?

Der Begriff Base bezeichnet die chemische Eigenschaft eines Stoffes, in Wasser basisch zu reagieren. Eine Base schmeckt seifig und färbt rotes Lackmuspapier blau. Entdeckt wurden Säuren und Basen durch den chemischen Vorgang der Verbrennung; auf Basen wurde man aufmerksam, als man begann, Verbrennungsrückstände zu untersuchen, also Asche. Da diese sich in einem Topf (= Pott) befand, nannte man die Gesamtheit der Asche Pottasche. Später stellte sich heraus, dass es sich dabei vor allem um Kaliumsalze handelt, weshalb heute im englischsprachigen Raum Kalium als potassium bezeichnet wird. Bei uns hat sich der aus dem Arabischen stammende Begriff Alkali eingebürgert, der »Lauge« bedeutet. Als Lauge bezeichnet man diese Stoffe deshalb, weil die wässrige Lösung der Verbrennungsrückstände seifig schmeckt. Die Begriffe Base, Alkali und Lauge werden sinngleich verwendet. Seit 1923 werden Basen (nach Brönsted) definiert als Stoffe, die in der Lage sind, Protonen (positiv geladene Teilchen) aufzunehmen.

Was bedeutet eigentlich pH-Wert?

Der pH-Wert ist in der Chemie die Maßzahl für den sauren oder basischen Charakter einer Lösung. Die Abkürzung pH steht für potentia hydrogenii (lat.). Sinngemäß bedeutet das: Konzentration der Wasserstoffionen in der jeweiligen Lösung.

Vereinfacht gesagt entstehen Säuren und Basen durch »Trennung« (chemische Dissoziation) des neutral wirkenden Wassers in basische und saure Ionen. Die Konzentration der Wasserstoffionen ist messbar. Je höher die Konzentration dieser positiv geladenen Teilchen, umso stärker ist die Säurewirkung bzw. der Säuregrad der Lösung. Letzterer wurde international festgelegt als negative Zehnerpotenz (Logarithmus) der Konzentration der Wasserstoffionen – der pH-Wert.

Welche Skala gilt für den pH-Wert?

Die pH-Wert-Skala legte der dänische Chemiker Sören Sörensen bereits 1909 fest. Sie reicht von 0 bis 14: pH-Werte unter 7 zeigen eine saure Lösung an, pH-Werte über 7 eine basische Lösung. Ein pH-Wert von 7 zeigt eine neutrale Lösung an.

Was bedeutet »neutraler pH-Wert«?

Bei einem pH-Wert von 7 ist die Konzentration der basisch und der sauer wirkenden Ionen gleich. Man nennt eine Lösung, deren pH-Wert bei 7 liegt, daher neutral. Dies bedeutet aber nicht, dass pH 7 für den menschlichen Organismus ein idealer Wert ist. Die menschlichen Körperflüssigkeiten haben jeweils charakteristische pH-Werte, bei denen sie optimal funktionieren. Wenn man jedoch von einem neutralen Lebensmittel spricht, ist gemeint, dass es keinen Einfluss auf den Säure-Basen-Haushalt des Menschen hat.

Wie wird der pH-Wert gemessen?

Schwankungen im Säure-Basen-Verhältnis schlagen sich im pH-Wert des Urins nieder. Ihn können Sie mithilfe von Indikatoren (>) selbst messen. Im Urin finden sich Substanzen, die teils basisch, teils sauer reagieren, sowie neutralisierte Säuren und Basen, deren Säure- und Basenwirkungen nicht direkt erfassbar sind. Das Messergebnis bezieht sich auf die Bilanz aus Säure- und Basenwirkung, was zusammen mit tageszeitbedingten Schwankungen (>) die Urin-pH-Messung etwas ungenau macht. Dennoch ist eine Laboruntersuchung nur selten nötig.

Was sind pH-Indikatoren?

Der Begriff »Indikator« (von lat. indicare = anzeigen) bedeutet Anzeiger. Ein pH-Indikator zeigt den Säure- oder Basengrad eines Stoffes in wässriger Lösung an. Die Anzeige erfolgt durch einen charakteristischen Farbumschlag. pH-Indikatoren sind schwache Basen oder Säuren. Eine saure Lösung braucht einen Indikator, dessen Farbe im sauren Milieu umschlägt. Eine basische Lösung benötigt einen Indikator, der sich im basischen Milieu verfärbt. Viel verwendete Indikatoren sind Lackmus, Phenolphthalein und Methylrot.

Was sind pH-Indikator-Teststreifen?

Um den pH-Wert Ihres Urins zu bestimmen, verwenden Sie saugfähige Papierstreifen (Reagenzpapier), die mit Indikatorlösungen getränkt sind. Hält man das Papier in Urin oder eine beliebige andere Lösung, lässt sich in Sekunden die Basen- oder Säurewirkung am eintretenden oder nicht eintretenden Farbumschlag erkennen. Der Vergleich mit einer Farbskala gibt Aufschluss über den ungefähren pH-Wert des Urins.

Wie muss der pH-Wert bei einem gesunden Menschen sein?

Einen idealen pH-Wert gibt es nicht. Alle Organe und Körperflüssigkeiten sind »Spezialisten«, die einen bestimmten pH-Wert brauchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Sogar Enzyme – Proteine, die biochemische Reaktionen beschleunigen – benötigen je nach Körperregion verschiedene pH-Werte: Enzyme im Magen brauchen einen sauren pH-Wert, solche im Dünndarm einen basischen. Es ist daher ein Irrtum zu sagen, ein basisches Milieu im Körper sei in jedem Fall besser und gesünder.

INFO

Beispiele für pH-Werte im gesunden Körper

Körperflüssigkeit

ph-Wert

Bauchspeicheldrüsensekret

7,40–8,50

Blut

7,35–7,45

Darmdrüsensaft

6,50–8,00

Fruchtwasser

8,00–9,00

Galle

6,20–8,50

Magensaft

1,20–3,00

Speichel

6,50–7,00

Die Tabelle zeigt, dass die pH-Werte je nach Organ oder Körperflüssigkeit stark variieren – und verschieden große Toleranzen aufweisen. Blut hat die geringsten Abweichungen. Das bedeutet, dass es seine lebenswichtigen Aufgaben nur in dem engen Bereich zwischen pH 7,35 und pH 7,45 erfüllen kann. Auffallend ist, dass zwei Flüssigkeiten, die im Körper besondere Bedeutung für den Erhalt des Lebens haben, leicht alkalisch sind: Blut und Fruchtwasser. Auch die Zellen, die für den Knochenaufbau zuständig sind, leben am liebsten im basischen Milieu (>).

Was ist der Säure-Basen-Haushalt?

Als Säure-Basen-Haushalt bezeichnet man eines der wichtigsten Regulationssysteme des Organismus. Ein komplexes Gefüge von Regelmechanismen und sogenannten Puffersystemen sorgt dafür, dass das Verhältnis der Säuren und Basen im Organismus in einem gesunden Gleichgewicht gehalten wird. Säuren und Basen werden zum Teil mit der Nahrung zugeführt, entstehen aber vor allem als Zwischen- oder Endprodukte der Stoffwechselarbeit, etwa durch stoffwechselinterne Umbauarbeiten nach körperlicher Anstrengung oder Stress.

Was sind die Aufgaben des Säure-Basen-Haushalts?

Oberste Aufgabe des Säure-Basen-Haushalts ist es, für ein stabiles Milieu im Körper zu sorgen, in dem die lebenswichtigen biochemischen Stoffwechselvorgänge permanent ungestört und zuverlässig ablaufen können. Der pH-Wert des Bluts, das Sauerstoff zu den Zellen und Kohlendioxid aus den Zellen zum Abatmen in die Lunge transportiert, muss innerhalb enger Grenzen stabil bleiben. Auch der pH-Wert in den Zellen unseres Körpers darf nicht schwanken. Die Enzyme, die für die lebenswichtigen Stoffwechselvorgänge zuständig sind, können ebenfalls nur bei bestimmten stabilen pH-Werten ihre Arbeit verrichten. Daher ist unser Organismus darauf ausgerichtet, den pH-Wert im Blut und in den Zellen der Organe unter allen Umständen konstant und stabil zu halten. Auch die unterschiedlichen Organe, Gewebe und Hohlräume – etwa der Magen und der Darm, die Harnblase und die Gallenblase – brauchen jeweils bestimmte pH-Werte, deren Grenzen aber nicht so eng sind wie beim Blut. Um diese Bedingungen zu gewährleisten, besitzt der Körper verschiedene Puffersysteme (ab >).

Regulierungssysteme des Organismus

Was sind Puffer?

Puffer fangen etwas ab. In Bezug auf den Säure-Basen-Haushalt sind Puffer chemische Verbindungen, die Säuren oder Basen abfangen können. Sie binden Säuren bzw. Basen an sich und machen sie damit unschädlich. Puffer sind sehr flexibel: Sie können sowohl als Säure als auch als Base reagieren. In der Chemie spricht man in diesem Zusammenhang vom »amphoteren« Charakter der Puffer. Mit dieser speziellen Eigenschaft sorgen die Puffer im Körper dafür, dass das Milieu, das sie schützen, nie zu sauer oder zu basisch wird und genau den pH-Wert stabil hält, den die zu schützende Flüssigkeit oder das zu schützende Organ oder Gewebe benötigt. Sind zu viele Basen vorhanden, wird der Basenüberschuss abgepuffert, sind zu viele Säuren vorhanden, wird der Säureüberschuss abgepuffert, bis der pH-Wert sich wieder optimal eingependelt hat.

Wo genau spielt sich der Säure-Basen-Haushalt ab?

Die wesentlichen Funktionen des Säure-Basen-Haushalts spielen sich im Blut und in den Geweben ab, vor allem auch im Bindegewebe. Im Blut wird der Säure-Basen-Haushalt durch das raffinierte, äußerst fein abgestimmte Blutpuffersystem im Gleichgewicht gehalten. Funktionsfähiges Blut ist die wichtigste Voraussetzung für unser Leben überhaupt (>). In den Geweben werden überschüssige Säuren – Basen gibt es selten im Überschuss – an verschiedene Stoffe, meist Proteine, gebunden und dadurch aus dem Verkehr gezogen, das heißt abgepuffert. Dadurch wird verhindert, dass sie die gesunden körperlichen Vorgänge stören.

Was versteht man unter Pufferfähigkeit?

Puffer stabilisieren den pH-Wert einer Flüssigkeit, wenn ihr Säuren oder Basen hinzugefügt werden. Sie können also Schwankungen ausgleichen. Eine typische Konzentration an Pufferbasen und -säuren gewährleistet eine hohe Pufferkapazität. Diese zeigt an, wie viel Pufferreserve der Körper hat. Die normale Konzentration der Pufferbasen im Blut beträgt rund 48 Millival pro Liter. Säuren und Basen reagieren miteinander, das heißt, sie neutralisieren sich immer in gleichen Äquivalenten. Ein val oder eq ist ein Säure- oder Basenäquivalent. Gebräuchlich ist das millival oder meq – also ein Tausendstel dieser Einheiten. Die Puffersysteme gleichen Veränderungen der Säure-Basen-Konzentrationen im Blut aus, unterstützt von der Atmung und der Nierentätigkeit. Das funktioniert nicht unbegrenzt, denn die Puffer werden dem Körper an anderer Stelle weggenommen. So werden Bikarbonate für den Bikarbonatpuffer dem Verdauungstrakt entzogen und senken dort den pH-Wert, was die Verdauung beeinträchtigt. Phosphat für den Phosphatpuffer wird den Knochen entzogen, was die Entstehung von Osteoporose begünstigt. Ein Absinken der Pufferkapazitäten gilt als Anzeichen von Störungen im Säure-Basen-Haushalt.

Welche Organe sind für den Säure-Basen-Haushalt verantwortlich?

Nieren, Leber und Lungen sorgen für optimale Säure-Basen-Verhältnisse im Körper. Auch der Magen ist an der Regulation beteiligt: Die Belegzellen der Magenschleimhaut produzieren neben der Magensäure basisches Bikarbonat, das für die Verdauung nötig ist. Durch die Menge der produzierten Säuren und Basen reguliert der Magen vorübergehend Ungleichgewichte aus der Nahrung. Vieles spricht dafür, dass auch dem Bindegewebe zentrale Bedeutung im Säure-Basen-Haushalt zukommt.

INFO

Blut: der »Hauptdarsteller« im Puffersystem

Im raffinierten System der Puffer tritt die Bedeutung des Bluts hervor: Es ist auch hier die unbestrittene »VIP Nr. 1« im Körper. Das Blut benötigt einen in sehr engen Grenzen stabilen pH-Wert zwischen 7,35 und 7,45 (>), um seine lebenswichtigen Funktionen erfüllen zu können: den Transport von Sauerstoff und Kohlendioxid, von Nahrungsstoffen, Stoffwechselprodukten, Vitaminen und Mineralstoffen; die Temperaturregelung im Körper zum Ausgleich auf Wärme- oder Kältereize von außen; die Signalübermittlung durch Hormone; die Mitarbeit am Immunsystem. Der Puffer zur Aufrechterhaltung des pH-Werts im Blut entsteht durch das Zusammenwirken folgender vier Systeme:

Selten erwähnt wird, dass auch das Zellinnere verschiedener Gewebe zur Pufferung herangezogen werden kann. Diese »Reservepufferung« entzieht sich allerdings den bekannten Messmethoden.

Das Abpuffern von Ungleichgewichten im Säure-Basen-Haushalt des Körpers funktioniert keineswegs unbegrenzt (>).

Welche Bedeutung hat das Bindegewebe für den Säure-Basen-Haushalt?

Die meisten Forscher meinen, dass das Bindegewebe keinen direkten Einfluss auf die Puffersysteme des Bluts ausübe – weshalb es bislang bei der Betrachtung der Vorgänge im Säure-Basen-Haushalt vernachlässigt wurde. Es ist das Verdienst von Dr. Friedrich Sander und dem Wiener Histologen Prof. Dr. med. Alfred Pischinger sowie von Prof. Dr. Hartmut Heine, dass wir Kenntnisse haben über die wichtigen Regulationsvorgänge im Bindegewebe und ihre Auswirkungen auf den Säure-Basen-Haushalt. Friedrich Sander wies darauf hin, dass besonders die kollagenen Fasern des Bindegewebes in der Lage sind, bei schnell ansteigender Säurekonzentration die sauren Anteile aufzunehmen und zu lagern; auch das trägt zur Stabilisierung des pH-Werts bei. Alfred Pischinger bezeichnete das Bindegewebe als eigenes Organ und wies auch auf dessen Speicherkapazität hin. Seine Forschungen wurden später von Hartmut Heine fortgeführt.

Wie können die Lungen den Säure-Basen-Haushalt beeinflussen?

Durch die Lungen wird ständig sauer wirkendes Kohlendioxid abgeatmet. Es entsteht durch Verbrennung, aber auch bei der Verstoffwechslung bestimmter Nahrungsbestandteile wie Zitronen- oder Apfelsäure. Im gesunden Organismus wird die Balance von Säuren und Basen durch die Abatmung von Kohlendioxid nicht gestört. Sobald der pH-Wert im Blut sinkt, also zu sauer wird, wird das Atemzentrum im Gehirn erregt, und dieses bewirkt eine verstärkte Abatmung von Kohlendioxid, durch die das Blut wieder basischer wird – ein Notventil des Körpers, um Entgleisungen im Säure-Basen-Haushalt zu verhindern. Durch schnellere oder langsamere Atmung kann der Säure-Basen-Haushalt direkt beeinflusst werden. Wird durch Hyperventilation – schnelle, flache Atmung, die in enger Verbindung zu psychischem Extremstress steht – zu viel Kohlendioxid abgeatmet, kommt es zu einer respiratorischen (atmungsbedingten) Alkalose, also einem Zuviel an Basen, verbunden mit Muskelkrämpfen. Auch eine langsamere Atmung kann den Säure-Basen-Haushalt beeinflussen. Gefährlich ist das im Extremfall; bei Lähmungen und Blockierungen des Atemzentrums durch Medikamente oder Gifte: Die Folge ist eine akute Azidose (Übersäuerung).

Wie können die Nieren den Säure-Basen-Haushalt beeinflussen?

Die Nieren spielen bei den Regulationsvorgängen des Säure-Basen-Haushalts eine bedeutende Rolle. Sie scheiden Stoffe aus, die der Organismus nicht mehr benötigt: sogenannte Stoffwechselendprodukte. Dazu gehören Harnstoff und Kreatinin aus dem Eiweißabbau, Harnsäure aus dem Purinabbau, Sulfate, Phosphate und vieles mehr. Es werden saure und basische Stoffe ausgeschieden, wobei die Nieren normalerweise mehr Säuren als Basen ausscheiden.

Im Laufe des Tages kommt es bei einem gesunden Menschen, der regelmäßige Mahlzeiten zu sich nimmt, zu Basenfluten (>), bei denen viel basisches Natriumbikarbonat zu den Nieren geht, von ihnen zum Großteil herausgefiltert und wieder ans Blut zurückgegeben wird. Die Menge des täglich in den Nieren anfallenden Bikarbonats ist 40-mal so groß wie die im Blut enthaltene Menge. Würde alles Bikarbonat der Basenflut mit dem Urin ausgeschieden, käme es schnell zu einem Zusammenbruch des Säure-Basen-Gleichgewichts im Körper. Man spricht vom »Basensparmechanismus« der Nieren. Eine gesunde Nierenfunktion ist eine wichtige Voraussetzung für einen intakten Säure-Basen-Haushalt.

INFO

Der Basensparmechanismus der Nieren

Die Nieren verfügen über einen sogenannten Basensparmechanismus, der verhindert, dass zu viele basische Mineralstoffe, vor allem die basischen Bikarbonate, ausgeschieden werden. Viele an Naturheilkunde interessierte Forscher sind der Ansicht, dass die gesunde Säure-Basen-Bilanz im Körper eine starke Betonung auf der basischen Seite hat. Dafür spricht, dass man im Körper diverse natürliche Mechanismen vorfindet, die basenerhaltend arbeiten. Die Nieren verwalten durch die Regulierung des Mineralstoffhaushalts auch den Säure-Basen-Haushalt. Der Basensparmechanismus der Nieren sorgt dafür, dass nicht mehr basische Stoffe ausgeschieden werden als unbedingt nötig. Gesund funktionierende Nieren tragen auf diese Weise zu einer ausgeglichenen Säure-Basen-Bilanz bei. Interessanterweise gibt es dagegen im Körper keinen Säuresparmechanismus.

Die Nieren machen keine Überstunden. Was heißt das für mich?

Wer gern und viel Fleisch verzehrt, sollte wissen: Das im Fleisch enthaltene Eiweiß wird im Körper verstoffwechselt. Übrig bleiben die Endprodukte Harnsäure, Kreatinin und Harnstoff, die fast nur von den Nieren ausgeschieden werden können. Diese Stoffe nennt man »harnpflichtig«. Nur ein geringer Teil der Harnsäure und des Harnstoffs kann durch den Darm, Harnstoff zudem durch die Haut ausgeschieden werden. Auch die Ausscheidungskapazität der Nieren für diese Stoffe ist begrenzt. Statistisch gesehen wird in den westlichen Industrieländern doppelt so viel Eiweiß gegessen, wie nach Abbau ausgeschieden werden kann. Das bezieht sich vor allem auf harnsäurebildende Lebensmittel (Fleisch, Hülsenfrüchte, Kaffee). Harnsäure wird bevorzugt in den Gelenken abgelagert und verursacht dort schmerzhafte Gichtanfälle. Eine andere Folge von Eiweißüberernährung ist die vermehrte Entstehung von Nierensteinen. Eine weitere bekannte Folge der »Eiweißmast«, wie die Eiweißüberernährung oft bezeichnet wird, ist ein erhöhter Cholesterinspiegel im Blut.

Welche Rolle spielt die Leber für den Säure-Basen-Haushalt?

Die Leber ist als zentrales Stoffwechselorgan am Ab- und Umbau von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen aus der Nahrung maßgeblich beteiligt. Sie gehört zu den basenfreundlichen Organen, das heißt, sie benötigt für ihre Arbeit ein basisches Milieu. Sie produziert die leicht basische Gallenflüssigkeit für die Fettverdauung, ist aber auch ein wichtiges Entgiftungsorgan: Nicht nur der Alkoholabbau geschieht in der Leber, auch jede andere organische Verbindung, sei es ein Farbstoff, ein Duftstoff oder die Chlorogensäure aus dem Kaffee, muss in der Leber verarbeitet werden. Beim Abbau von Eiweißen entsteht in der Leber unter anderem Harnstoff. Durch den Harnstoffwechsel kann die Leber direkt in den Säure-Basen-Haushalt eingreifen. Beim Aufbau von Harnstoff aus Eiweiß – der sogenannten Harnstoffsynthese – verbraucht die Leber auch basisches Bikarbonat. Durch die Geschwindigkeit des Harnstoffaufbaus kann sich die Leber nun in das Säure-Basen-Geschehen im Organismus einmischen. Die Geschwindigkeit der Harnstoffsynthese ist abhängig vom pH-Wert des Bluts. Bei einem optimalen Blut-pH-Wert von 7,4 läuft sie mittelschnell ab. Bei einem Mangel an Bikarbonat im Blut sinkt der pH-Wert des Bluts leicht ab; die Leber verlangsamt die Harnstoffsynthese und verbraucht damit weniger Bikarbonat. So fällt aber mehr Ammoniak an, aus dem der Harnstoff sonst gebildet wird. Ammoniak wird dann auf anderen Wegen umgebaut und von den Nieren ausgeschieden. Es scheint aber noch einen weiteren Weg der Einflussnahme der Leber auf den Säure-Basen-Haushalt zu geben: In einigen wissenschaftlichen Abhandlungen ist erwähnt, dass die Leber bei einem Säureüberschuss aus der Nahrung Säuren abfangen, binden und vorübergehend lagern kann.

Sind auch die Knochen am Säure-Basen-Haushalt beteiligt?

Die Knochen sind unser größter Basenspeicher. 98 Prozent des gesamten Kalziumbestands (ca. 1 kg) befinden sich im Skelett. Durch die Freisetzung basischer Mineralien trägt der Knochen entscheidend zur Aufrechterhaltung stabiler pH-Bedingungen bei. Dies geht bei langfristiger Übersäuerung allerdings zu Lasten der Stabilität der Knochen: Sie haben eine Pufferfunktion, die sie auf Kosten ihres Mineralstoffspeichers ausüben (>).

Unterliegt der Säure-Basen-Haushalt tageszeitlichen Schwankungen?

Seit einigen Jahren wird in der Medizin die Chronobiologie (griech. chronos = Zeit, bios = Leben) intensiv erforscht. Alle körperlichen Funktionen folgen offenbar einer »inneren Uhr«. Am bekanntesten sind die tageszeitlichen Schwankungen bei Fieber. Auch der Säure-Basen-Haushalt folgt der inneren Uhr und orientiert sich wesentlich am Arbeitsrhythmus der Leber. Dieser Rhythmus kann sich individuell verschieben, je nach Lebensgewohnheiten und Typ. Gegen 14 Uhr weist die Leber die höchste Konzentration von Gallensäuren auf – dann, wenn wir in der Regel unsere Hauptmahlzeit verdauen. Friedrich Sander hat in vielen Untersuchungen festgestellt, dass Basenfluten (>) und -ebben in engem Zusammenhang mit dem Leberrhythmus stehen – obwohl Basenfluten vor allem dann entstehen, wenn Nahrung in den Magen gelangt. Nachts, wenn nichts gegessen wird, herrscht Basenebbe. In den frühen Morgenstunden werden bei gesundem Stoffwechsel mit dem Urin die nachts entstandenen sauren Stoffwechselabfallprodukte ausgeschieden.

Was sind Säurefluten?

An einer Urin-pH-Tageskurve (>) sieht man, dass es bei einem gut funktionierenden Stoffwechsel mehrmals täglich zu einem Abfall des pH-Werts kommt. Besonders der Morgenurin ist im Normalfall leicht sauer. Dies ist allerdings keine Säureflut, sondern eine natürliche Folge der nächtlichen Entgiftungsarbeit der Leber. Nachts herrscht im Körper Basenebbe; die Säuren aus der Stoffwechselarbeit der Leber werden am Morgen ausgeschieden. Jeder gesunde Stoffwechsel produziert im Laufe der Nacht Abfallprodukte, die als freie, aber auch als gebundene Säuren im Urin erscheinen.

Was sind Basenfluten?

Als Basenfluten bezeichnet man das zeitweise vermehrte Auftreten von Basen. Ein gesunder Organismus weist nach jeder Mahlzeit eine Basenflut auf, die sich in einem höheren pH-Wert bemerkbar macht. Sie ist eine normale Folge der Spaltung von Kochsalz (Natriumchlorid) in den Belegzellen des Magens, die nach jeder Nahrungsaufnahme erfolgt. Dabei entsteht zum einen die für die Eiweißspaltung notwendige Magensäure, zum anderen das für die Herstellung der alkalischen Verdauungssäfte in Bauchspeicheldrüse und Dünndarm notwendige basische Natriumbikarbonat. Diese Säfte neutralisieren den aus dem Magen ankommenden sauren Speisebrei. Dabei entsteht wieder das neutrale Kochsalz, und die »Basenflut« ist beendet. Wie lange dies dauert, hängt davon ab, was Sie gegessen haben: Ein Apfel benötigt weniger als eine Stunde, Fleisch oder Käse rund vier Stunden, Kuchen oder Pizza etwa sechs Stunden. Wird innerhalb dieser Zeit wieder etwas gegessen, kommt es einerseits zu einer erneuten Basenflut, andererseits wird die unvollständig verdaute Nahrung im Magen weitertransportiert und kann Verdauungsstörungen verursachen. Basenfluten führen zu einer Durchspülung des gesamten Gewebes und können nach Ansicht vieler Forscher und Erfahrungsmediziner saure Stoffe aus den Geweben spülen.

Welche Säure-Basen-Vorgänge spielen sich im Magen ab?

Der Magen spielt bei der Regulation des Säure-Basen-Haushalts eine größere Rolle als meist angenommen. Nach der Nahrungsaufnahme produziert der Magen Salzsäure, die das eiweißspaltende Enzym Pepsin aktiviert. Salzsäure kann sich nicht im Magen befinden, ohne die empfindlichen Schleimhäute zu reizen. Deshalb wird sie in »neutraler« Form als Kochsalz (Natriumchlorid) und Wasser in den Belegzellen des Magens bereitgehalten. Sobald ein Nahrungsmittel in den Magen gelangt, erhalten die Belegzellen den Impuls, Kochsalz und Wasser zu spalten. Daraus entstehen Salzsäure und die starke Base Natriumbikarbonat. Die Salzsäure wird ins Mageninnere abgegeben, das Bikarbonat gelangt mit dem Blut in die oberen Dünndarmbereiche, was als Basenflut bezeichnet wird. Der Magen produziert also nicht nur Säure, sondern ist auch die größte Basenfabrik im Körper.

Was ist der Kochsalzkreislauf?

Kochsalz (Natriumchlorid) ist in einer bestimmten Konzentration im Blut und in den Körpergeweben enthalten. Es reagiert an sich neutral und gelangt aus dem Blut in die Belegzellen des Magens (Drüsenzellen der Magenschleimhaut). Dort wird es zu Salzsäure und Natriumbikarbonat umgebaut. Die Salzsäure gelangt in den Magen und dann in den Zwölffingerdarm. Das Natriumbikarbonat gelangt mit dem Blut direkt zum Zwölffingerdarm und in die Bauchspeicheldrüse, wo es für die Bildung der alkalischen Verdauungssäfte zur Verfügung steht. Diese ermöglichen die Verdauung von Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß. Außerdem neutralisiert Natriumbikarbonat im Dünndarm die Salzsäure. Dabei entsteht erneut Kochsalz, das durch das Blut wieder in die Belegzellen gelangt. So ist der Kreislauf geschlossen.

TIPP

Wie viel Salz ist gut?

Aufgrund des ausgeklügelten Kochsalzkreislaufs kommt der Körper mit einer geringen Salzzufuhr aus: 1–2 g pro Tag genügen, 3–6 g werden meist empfohlen. Viele Menschen nehmen 10–30 g zu sich!

Hält der Körper Säuren und Basen selbstständig im Gleichgewicht?

Das Gleichgewicht des Säure-Basen-Haushalts beruht vor allem auf dem Zusammenspiel von Nieren, Lungen, Leber und Bindegewebe. Dieses hochkomplexe System ist darauf ausgelegt, auch dann zu funktionieren, wenn einzelne Organe vorübergehend eingeschränkt oder gar nicht arbeiten können. Die Bedeutung der Nährstoffzufuhr, besonders der Basenversorgung, wird deutlich, wenn man sich klarmacht, dass die Organe sich nur dann optimal ergänzen, wenn sie ihre »Betriebsstoffe«, also ihre Nährstoffe und vor allem Basen, aus der Nahrung zur Verfügung gestellt bekommen.

Welche Organe reagieren empfindlich auf pH-Wert-Veränderungen?

Blut reagiert am empfindlichsten auf Veränderungen des pH-Werts. Als wichtigste Körperflüssigkeit wird es bei Schwankungen des pH-Werts im Organismus immer sofort gepuffert, also sein pH-Wert vom Puffersystem des Körpers ausgeglichen. So liegt sein pH-Wert immer konstant zwischen 7,35 und 7,45, und pH-Verschiebungen im Organismus wirken sich nicht direkt auf das Blut aus. Viel »gefährlicher« leben dagegen die Enzyme (>): Sie können nur dann optimal arbeiten, wenn sie einen bestimmten pH-Bereich in Verbindung mit einer für sie optimalen Körpertemperatur vorfinden. Dies gilt vor allem für die Enzyme des Verdauungstrakts. Auch die knochenaufbauenden Zellen, die sogenannten Osteoblasten, sowie ihre Gegenspieler, die knochenabbauenden Osteoklasten, reagieren sehr empfindlich auf pH-Wert-Veränderungen. Osteoblasten arbeiten besser im basischen, Osteoklasten besser im sauren Umfeld (Milieu). Der Knochenaufbau benötigt somit ein basisches Umfeld.

Was bedeutet es für den Organismus, dass Enzyme stark pH-Wert-abhängig sind?

Die lebenswichtigen Enzyme sind Proteine (Eiweiße), die im Körper vielfältige Aufgaben haben. Mehrere Tausend von ihnen beschleunigen unseren Stoffwechsel. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie brauchen eine bestimmte Betriebstemperatur und einen jeweils typischen pH-Wert. Bereits kleine Veränderungen des pH-Werts verringern die Leistungsfähigkeit eines Enzyms um die Hälfte. Ein Beispiel ist das Pepsin im Magen: Es benötigt einen sehr sauren pH-Wert, idealerweise zwischen 2 und 3, der durch die Salzsäure im Magen gewährleistet wird. Ist der pH-Wert im Magen aber zu hoch, etwa bei einem Mangel an Magensäure, kann Eiweiß aus der Nahrung nicht vorverdaut werden – was Fäulnisprozesse bewirkt. Ähnlich ist es mit der Fett- und Kohlenhydratverdauung im Zwölffingerdarm. Auch hier bestimmt der pH-Wert, in diesem Fall zwischen 7,5 und 8,5, ob die Nahrung richtig verdaut und damit verwertet werden kann.

Was sind basenabhängige Organe?

Als basenabhängige Organe bezeichnet man die Körperorgane, die auf ein basisches Milieu angewiesen sind, um optimal arbeiten zu können. In der Medizin nennt man sie basophil (wörtlich übersetzt: basenfreundlich). Der Begriff basenabhängig ist jedoch zutreffender. Basenabhängige Organe sind die Bauchspeicheldrüse, die Leber und die Drüsen des Zwölffingerdarms, die ihre alkalischen Verdauungssäfte in den Zwölffingerdarm (oberer Dünndarmabschnitt) abgeben. Wichtige Verdauungsfunktionen der Bauchspeicheldrüse und der Leber können nur dann stattfinden, wenn der pH-Wert im Zwölffingerdarm deutlich höher als 7 ist. Um den optimalen Arbeits-pH-Wert von 7–8 zu gewähren, enthalten die Verdauungssäfte im Dünndarm – Galle, Dünndarmsäfte und Bauchspeichel – alkalisches Bikarbonat. Jede Übersäuerung, die nicht durch den Säure-Basen-Haushalt reguliert werden kann, lässt den pH-Wert im Zwölffingerdarm absinken und stört so die Verdauung. Viele Verdauungsbeschwerden haben hier ihre Ursache.

Was sagt der Säure-Basen-Haushalt über Gesundheit und Wohlbefinden aus?

Der Säure-Basen-Haushalt spielt im Rahmen eines Routinechecks beim Arzt kaum eine Rolle, weshalb im Rahmen einer normalen Untersuchung kein Säure-Basen-Status erstellt wird. Nur bei medizinischen Notfällen wird darauf geachtet. Das Verhältnis der Säuren und Basen spielt für das Wohlbefinden jedoch eine größere Rolle, als man bislang angenommen hat. Verschiebungen des Gleichgewichts im Säure-Basen-Haushalt äußern sich kaum in spürbaren Symptomen. Doch seit vielen Jahrzehnten zeigen Beobachtungen von Medizinern und Forschern, dass ein Mensch, der das gesunde Verhältnis von Säuren und Basen aufrechterhält, über einen guten Allgemeinzustand verfügt und damit gesünder ist.

WICHTIG

Säure-Basen-Haushalt – oft vernachlässigt

Viele Mediziner sind der Ansicht, man müsste sich nicht sonderlich um den Säure-Basen-Haushalt kümmern. Mediziner richten ihr Augenmerk immer noch stark auf das Blut und zu wenig auf Binde- und Organgewebe. Wenn das Säure-Basen-Gleichgewicht des Bluts messbar gestört ist, befindet sich der Mensch in einem akut lebensbedrohlichen Zustand. Wenn das Säure-Basen-Gleichgewicht des Binde- und Organgewebes gestört ist, dann ist der Mensch »nur« chronisch krank.

Störungen im Säure-Basen-Haushalt

Wie das erste Kapitel gezeigt hat, verfügt unser Organismus über eine ganze Reihe von Möglichkeiten, seinen Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Dennoch kann es unter bestimmten Bedingungen zu Störungen der gesunden Abläufe kommen. Auch hier sind einige Grundlagen zu klären, um Missverständnissen vorzubeugen, denn Störungen des Säure-Basen-Haushalts sind für den Arzt als reinen Schulmediziner und den Arzt oder Heilpraktiker als Erfahrungsmediziner nicht dasselbe. Für viele Anhänger der rein naturwissenschaftlich orientierten Medizin ist es sehr umstritten, ob es die gefürchtete Übersäuerung und dadurch bedingte Übersäuerungskrankheiten überhaupt gibt. Erfahrungsmediziner dagegen beobachten seit Jahrzehnten Zusammenhänge zwischen Störungen im Säure-Basen-Haushalt, die sich als Basenmangel erweisen, und der Entstehung chronischer Krankheiten. Die Erfolge, die mit reichlicher Basenzufuhr durch die Nahrung oder auch durch Gabe medizinischer Präparate erzielt wurden und werden, bestätigen diese Beobachtungen und schaffen zugleich neue Hoffnung in der Behandlung vieler chronischer Krankheiten. Seit einigen Jahren häufen sich Forschungsergebnisse, die Zusammenhänge zwischen Basenmangel in der Nahrung und Krankheiten belegen, etwa Osteoporose (>). Am Ende dieses Kapitels finden Sie einen Test, mit dessen Hilfe Sie einschätzen können, wie es aktuell um Ihr Säure-Basen-Gleichgewicht steht – eine Möglichkeit, sich krank machender Verhaltensweisen bewusst zu werden, und ein erster Schritt zu einer gesünderen Ernährung und Lebensweise.

Was geht im Körper vor sich?

Was geschieht im Körper, wenn der Säure-Basen-Haushalt aus der Balance gerät?

Was bei einer Verschiebung der gesunden pH-Werte im Körper passiert, kann man sich so vorstellen: Die für die Aufrechterhaltung des Säure-Basen-Haushalts zuständigen Systeme sind pausenlos bemüht, Säuren und Basen im Gleichgewicht zu halten. Wie gut sie das können, hängt vorrangig davon ab, wie viele Säuren und Basen dem Körper zugeführt werden und wie gut der Organismus Schwankungen ausgleichen kann. Da kaum jemand zu viel von den Basenlieferanten Obst und Gemüse isst, stellt sich die Frage nach einer Überversorgung mit Basen aus der Nahrung in der Praxis nicht. Eine dauerhaft zu große Säurezufuhr ist das vorherrschende Problem! Dabei kommen die Regulierungssysteme des Organismus (ab >) allmählich nicht mehr nach, sodass ein Teil der Säuren so lange im Körper – meist im Bindegewebe, aber auch in der Leber – gelagert werden muss, bis sie weiterverarbeitet werden können. Wenn über einen längeren Zeitraum zu viel Säure mit der Nahrung zugeführt wird, entstehen dauerhaft Säuredepots – vorzugsweise im Bindegewebe. Hier muss man auch unterscheiden zwischen den Regulationsvorgängen im Blut und den Regulationsvorgängen im Bindegewebe. In Medizinbüchern und somit auch überwiegend im Denken der Ärzte ist vom Säure-Basen-Haushalt nur in Bezug auf das Blut die Rede, da Abweichungen im Blut-pH-Wert schnell kritische Zustände auslösen. Solche Entgleisungen des Blut-pH-Werts kommen aber selten vor, weshalb sie bei einer hausärztlichen Untersuchung kaum eine Rolle spielen. Dass auch das Bindegewebe eine wichtige Rolle im Säure-Basen-Haushalt spielt (>), ist zwar schon lange bekannt, wird aber meist beiseitegelassen.

Wie verläuft eine Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts?

Störungen des Säure-Basen-Haushalts treten auf, wenn die Basenreserven des Körpers verbraucht werden, um den pH-Wert des Bluts im Gleichgewicht zu halten. Dies ist das zentrale Problem, mit dem wir uns hier beschäftigen: das allmähliche Schwinden unserer Basenreserven – ein Vorgang, der schleichend stattfindet und weder vom Arzt noch vom Betroffenen selbst leicht zu erkennen ist. Wenn der Säure-Basen-Haushalt beginnt, seine Puffervorräte anzugreifen, ist das für die wenigsten Menschen sofort spürbar. Da der Säure-Basen-Haushalt ständig arbeitet, entsteht zunächst ein Wechsel zwischen Ausbalancieren und Aus-der-Balance-Kommen. Dies verursacht kleine Befindlichkeitsstörungen, die von vielen Menschen nicht richtig gedeutet werden. Dies ist der Beginn einer latenten Übersäuerung, die schließlich chronisch werden kann (>).

Welche Anzeichen weisen auf zu viel Säure im Körper hin?

Eine Überversorgung mit Säuren in unterschiedlichen Stadien besteht hierzulande bei den meisten Menschen, wie wir auch in der Praxis immer wieder feststellen können. Die Anzeichen reichen von zunehmender Tagesmüdigkeit, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Unruhezuständen, Verdauungsbeschwerden, Hautproblemen und Cellulite sowie erhöhter Infektanfälligkeit bis hin zu rheumatischen Beschwerden, hormonellen Problemen und chronischen Schmerzen, um nur die wichtigsten zu nennen. Das Problem in der Diagnosestellung: All diese Symptome können ebenso Ausdruck einer anderen gesundheitlichen Störung sein, weshalb man sie nicht unmittelbar mit einer Übersäuerung in Verbindung bringt.

Welche unterschiedlichen Auffassungen gibt es aus medizinischer Sicht zum Säure-Basen-Gleichgewicht?