ZUSAMMENFASSUNG

Sie haben nun einiges an Informationen aufgenommen, falls Sie das ganze Buch gelesen haben. Ich hoffe, Sie waren nicht nur an den finanziellen Aspekten interessiert, sondern hatten auch Freude an den Geschichten, den Anekdoten, der Technik und den Entdeckern.

Forschung wird nun einmal nicht nur wegen der finanziellen Anreize der Ausübung politischer Macht betrieben. Nein, der Antrieb der Forschung ist die schlichte Neugierde des Menschen. Wie groß diese Neugier ist, zeigt eindrucksvoll das in Kapitel 6 beschriebene Forschungszentrum CERN, das Milliarden kostet und rein wissenschaftlichen Interessen dient. Gleiches gilt für die riesigen astronomischen Einrichtungen weltweit, mit denen die unermesslichen Tiefen des Weltraums erkundet werden. Dass hierbei oft auch Erkenntnisse für nutzbare Technologien entstehen, ist ein angenehmer Nebeneffekt, aber nicht das primäre Ziel dieser Forschungen.

Wer sich für das Thema interessiert, der muss also dranbleiben und sich permanent über alle verfügbaren Medien weiter informieren. Es lohnt sich, auch die Veränderungen in der Welt der Technik zu beobachten, denn man wird dort natürlich auf die Versorgungslage von Rohstoffen reagieren.

Den erforderlichen Rahmen mit den grundlegenden Daten habe ich Ihnen mit auf den Weg gegeben. Bei den Verlagsinformationen vorne im Buch finden Sie auch meine E-Mail-Adresse. Ich würde mich freuen, wenn Sie hiervon regen Gebrauch machen und mir für eine nächste Auflage Hinweise zukommen lassen.

Den letzten Absatz möchte ich gerne aus der Zusammenfassung von Sicher mit Anlagemetallen wiederholen, da er auch dieses Buch wunderbar abschließt:

Auch wer sich nur mit Grauen an Physik und Chemie in der Schule erinnert, wird sich der Informationen der Medienlandschaft über neue Technologien, die uns alle angehen, nicht verschließen können. Hierzu gehören nicht nur neue Anwendungen, die uns das Leben leichter machen, sondern insbesondere auch neue Technologien zur Energieeinsparung und der Entwicklung erneuerbarer Energien zum Wohle unseres blauen Planeten, der einzigartigen Erde. Alle sind mit Metallen verbunden.

ÜBER DEN AUTOR

Mikael Henrik von Nauckhoff, Diplom-Ingenieur, geb. 1947 in Schweden, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main:

Maschinenbaustudium,

Projektleiter, Vertriebsleiter und Geschäftsführer Anlagenbau.

In freiberuflicher Tätigkeit:

Unternehmensberatung, Management auf Zeit bei Maschinenbauunternehmen,

Leitung eines Finanzdienstleistungsunternehmens,

freie Mitarbeit.

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EINLEITUNG, GRUNDLAGEN

Unter anderem bedingt durch die Finanzkrise 2008/2009 rücken Rohstoffe im Allgemeinen und Energieträger und Metalle im Speziellen zunehmend in den Fokus privater Investoren, die sich bislang hauptsächlich mit Aktien, Aktienfonds und anderen Finanzinstrumenten aus der Welt der Industrie, der Medien und der Banken beschäftigt haben. Deshalb ist nach dem Vorläufer Strategische Metalle und Seltene Erden das vorliegende Buch über die beiden Metallgruppen entstanden, die zusammengefasst auch Technologiemetalle oder Hightech-Metalle genannt werden.

Die Finanzkrise ist noch nicht überwunden, aber Krisen in den Medien sind heute andere. Denken Sie nur an die bewaffneten Auseinandersetzungen im Nahen Osten mit ihren ganz unterschiedlichen Gründen und Auswirkungen, an die zunehmende Erstarkung rechter Parteien in Europa, an die Flüchtlingsproblematik, an die Diskussionen über Handelsabkommen, an den Brexit und vieles andere mehr.

Nicht geändert hat sich das Problem, dass die Finanzspekulationen in ihrer Größenordnung nichts mehr mit der vom Handel mit Gütern, inklusive Metallen, und Dienstleistungen zu tun haben. Das weltweite Derivatevolumen liegt geschätzt bei ca. 650 Billionen US-Dollar! Das Welt-Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag 2014 bei rund 80 Billionen US-Dollar, das Handelsvolumen an den Finanzmärkten inklusive Derivaten nach unterschiedlichen Angaben dagegen beim Zehn- bis Vierzigfachen dessen. Schon der »normale« Forex-Handel für das Währungspaar Euro/ US-Dollar (EURUSD) beträgt etwa 6 Billionen US-Dollar pro Tag – und gemeint ist hier wirklich die deutsche Billion gleich 1000 Milliarden, nicht die amerikanische billion gleich 1 Milliarde! Der Dollarhandel mit all seinen Spekulationsmöglichkeiten hat natürlich Einfluss auf die Rohstoffnotierungen, da weltweit Rohstoffe ohne Ausnahme in US-Dollar gehandelt werden.

Durch all das hat sich das Interesse an Sachwerten und insbesondere an Rohstoffen als Investmentmöglichkeit eher gesteigert als verringert.

Mit wenig Arbeit und Sorgen verbunden ist eine Inflationsabsicherung mit der uralten Medizin: Gold und andere Anlagemetalle (siehe Kapitel 8). Neu ist die Möglichkeit, in den Sachwert Technologiemetalle, also Strategische Metalle und Seltene Erden, zu investieren. Das werden wir in Kapitel 11 und 12 noch weiter thematisieren. Wer auf Aktien und Aktienfonds setzt: Börsenexperten empfehlen zurzeit – wohlgemerkt immer auf lange Sicht – Aktien von sehr großen, international aufgestellten Industrie- oder konsumorientierten Unternehmen mit Standorten weltweit, da diese viele Absicherungsmöglichkeiten bei Krisen haben. Dies gilt auch für ETFs, auf die in Kapitel 3 noch näher eingegangen wird.

In diesem Zusammenhang ist ein weitverbreitetes Missverständnis interessant, das sich auch in den vorangegangenen Zeilen widerspiegelt: Natürlich sind auch Aktien Sachwerte, obwohl der in den letzten zwei Jahren häufig benutzte Ausdruck »Flucht in Sachwerte« im allgemeinen Sprachgebrauch meist eine Abgrenzung gerade zu Aktien und daraus abgeleiteten Investitionsmöglichkeiten meint.

Was hat das alles mit unseren Metallen zu tun? Viel, sehr viel! Mehr dazu und zu der Konstellation Europa/USA/Asien erfahren Sie in Kapitel 3.

Ein kleiner Trost für Krisenverlierer

Wer bisher schon durch die Krise gelitten und Geld verloren hat, mag sich mit folgender Weisheit des griechischen Philosophen Epikur (341–271 v. Chr.) trösten:

»Reich ist man nicht durch das, was man besitzt, sondern mehr noch durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß.«

Bereits rund 100 Jahre vor Epikur hat dies der sogenannte lachende Philosoph Demokrit (460–371–v.–Chr.) erkannt, der damals schon ein Atommodell entwickelte und auf den der Begriff »Atom«, aus dem Griechischen àtomos (»unzerschneidbar«), zurückgeht:

»Das Glück wohnt nicht im Besitze und nicht im Golde, das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause.«

Schauen Sie also nicht auf Ihr Bankkonto, sondern in Ihre Seele und seien Sie mit Entbehrung und in Würde glücklich. Sie befinden sich dann in bester Gesellschaft, wie folgende Meldung aus dem März 2010 beweist:

Der russische Mathematiker Dr. Grigori Perelman löste bereits 2002 eines der schwierigsten Rätsel, die sogenannte Poincaré-Vermutung, an der sich 100 Jahre lang Mathematiker der ganzen Welt die Zähne ausbissen. Drei Jahre benötigten Kollegen, um die Richtigkeit seiner Beweise zu prüfen, dann sollte ihm die Fields-Medaille, der Nobelpreis der Mathematik, verliehen werden. Dies lehnte er ab. So weit, so gut, aber nun sollte er nach weiteren Prüfungen eine Million Dollar Preisgeld, die ein Institut für die Lösung des Problems ausgesetzt hatte, erhalten. Auch dies lehnte er ab mit der Bemerkung, er hätte alles, was er benötige. Er lebt in St. Petersburg bei seiner Mutter und hat dort ein Zimmer mit einem Bett, einem Schrank, einem Tisch und einem Stuhl.

Was ist die Poincaré-Vermutung? Spannend, aber für hier und jetzt kein Thema.

Verknappung durch neue Anwendungen

Der an dieser Stelle geforderte literarische Übergang von Atomen und Mathematik zu Metallen und deren Anwendungen ist gnädigerweise nicht groß und so scheint es nun an der Zeit, sich einmal näher mit den Technologiemetallen, also den Strategischen Metallen und den Metallen der Seltenen Erden zu befassen, da es bereits ausreichend Literatur über die anderen Rohstoffe als Investitionsgrundlage gibt. Für beide Metallgruppen findet man neuerdings in Publikationen auch Begriffe wie »Gewürzmetalle« oder »Pfeffermetalle«, da sie für verschiedene Anwendungen oft nur in kleinsten Mengen eingesetzt werden. So befinden sich in einem kleinen Computerchip beispielsweise bis zu 60 verschiedene Metalle, viele davon nur im Milligramm-Bereich. Bekannte Einsatzgebiete sind Smartphones, Laptops und Tablets, aber auch alle anderen Geräte mit elektronischen Steuerungen. Selbst Haushaltsgeräte haben solche Chips und lassen sich im »Smart Home« vernetzen. Solche smarten Geräte finden einerseits eine immer größere Verbreitung, auch in Entwicklungsländern, andererseits werden ihre Funktionen immer umfangreicher. Beides bedingt einen steigenden Bedarf an »Gewürzmetallen«.

Lassen Sie mich an dieser Stelle aus eigenem Erleben die Schnell-lebigkeit unserer Zeit und ihrer Technik in Erinnerung rufen: Direkt nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 hatte ich oft in den »neuen Bundesländern« zu tun. Die Festnetztelefonie dort war veraltet und für private Nutzer kaum zugänglich, eine moderne noch nicht installiert. Die neue Geschäftswelt verständigte sich über analoge C-Netz-Telefone. Das waren Telefone, so groß wie eine kleine Aktentasche, 8 Kilogramm schwer, aber immerhin mobil. Das Gerät war herausnehmbar im Kofferraum eingebaut, der Hörer, ebenfalls herausnehmbar, am Armaturenbrett. Gekostet hat es damals, glaube ich mich zu erinnern, über 8000 D-Mark. Solch ein Telefon galt damals besonders in Westdeutschland als schick, also bauten sich dort viele Zeitgenossen eine Hörerattrappe für knapp 100 D-Mark ans Armaturenbrett. Der Vorteil der analogen Übertragungstechnik der damaligen Zeit war, dass das Netz der Sendestationen grobmaschig sein und viel schneller aufgebaut werden konnte als die Festnetztelefonie.

1992 gab es dann das erste Handy in Deutschland, den Motorola-»Kno-chen« für das neu erstellte digitale D1- und D2-Netz. Mobiltelefone bürgerten sich aufgrund der noch lange ungenügenden Festnetzdichte in den neuen Bundesländern trotz hoher Anschaffungskosten und Nutzungsgebühren schnell ein, erst später auch im Westen. Im Osten war das Telefonieren mit Handys in den 1990er Jahren der simplen Notwendigkeit wegen so selbstverständlich, dass niemand auf die Idee kam, dies als dekadent oder angeberisch anzusehen wie anfangs im Westen. Hellmuth Karasek beschrieb für das Feuilleton im Berliner Tagesspiegel seine damalige Sicht der Dinge:

Der heutige Handyist ist als Telefonterrorist geoutet, er erntet hasserfüllte, verachtende Blicke: Der muss es nötig haben! Ein Selbstbewusstsein, klein wie eine Erbse! Eine alberne Spezies Mensch, vorwiegend Mann. Es ist die Informationsüberflussgesellschaft, die Derartiges hervorbringt.

Diese Zeiten sind längst vorbei – die heutigen überall präsenten Smart-phone-Nutzer können darüber nur noch lachen. Dass die Mobiltelefone bei zunehmenden Funktionen immer kleiner wurden, liegt übrigens unter anderem auch am zunehmenden Einsatz von Technologiemetallen.

Technische Neuerungen beziehen sich längst nicht mehr nur auf Anwendungen in reichen Industrieländern, Elektronik in Form von einfachen Geräten gibt es zunehmend auch in Entwicklungsländern. Dort findet heutzutage Kommunikation mittels Internet und Smartphones zum Leidwesen diktatorischer Strukturen intensiv statt.

Die Entwicklung von Elektronik für den Hausgebrauch geht natürlich ebenfalls weiter. Dafür wird schon die Industrie sorgen. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang mit einem weitverbreiteten Irrtum aufräumen: Nicht der Kunde verlangt nach immer mehr, wie gerne behauptet wird, sondern der Wettbewerbsdruck der Anbieter kreiert immer mehr Neues. Und das ist gut so, hält es doch die Wirtschaft auf Trab und schafft Arbeitsplätze – wenn auch nicht immer bei uns. Nehmen Sie als Beispiel den Automobilmarkt: Nicht die potenziellen Käufer haben vor Jahren die Automobilindustrie angebettelt, man möge doch bitte, bitte endlich Säcke in Lenkrad und Armaturenbrett einbauen, die sich bei einem Unfall aufblasen, weil der Sicherheitsgurt ihnen nicht mehr ausreichte. Und es waren auch nicht die Kunden, die es überhaupt nicht gut fanden, dass man nach wie vor zu seinem Auto laufen musste, um dessen Tür aufzuschließen, und den Wunsch äußerten, man benötige hierfür ganz dringend eine Fernbedienung. Das und vieles andere waren Erfindungen von Autoherstellern beziehungsweise deren Zubehörlieferanten, um sich vom Wettbewerb abzusetzen und neue Bedürfnisse zu schaffen, die vorher kein Mensch hatte. Dabei wird dem Verbraucher verschwiegen, dass die vielen zusätzlichen Einrichtungen in Autos, die der Bequemlichkeit und der Sicherheit dienen, zusätzliches Gewicht bedeuten, das beschleunigt und abgebremst werden will und auch mehr Strom verbraucht. Beides wirkt sich nachteilig auf den Treibstoffverbrauch aus – wobei auch hier Fortschritte gemacht wurden, was teilweise die Nachteile dieser Errungenschaften kompensiert.

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Abb. 1.1: Trabant (© Shutterstock/Attila JANDI)

Und so wird es weitergehen. Belegen lässt sich das sehr schön am Beispiel der Autoindustrie in Ost und West vor der Wende: Die Menschen in der DDR hätten gerne bessere Autos gehabt – solche, die sie aus dem Westen kannten. Doch der fehlende Wettbewerb hatte ihnen Trabbis und Co. beschert, mitsamt endlos langen Wartezeiten. Anders im Westen, wo der Wettbewerb laufend für neue Innovationen und dennoch kurze Lieferzeiten sorgte. Wettbewerb führt zu einer immer intensiveren Verwendung von hochwertigeren Materialien und von Elektronik mit der Folge, dass im Automobilbau immer mehr Strategische Metalle und Seltene Erden benötigt werden.

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Abb. 1.2: Modernes Fahrzeug (© Shutterstock/Dong liu)

Doch nicht nur für elektronische Anwendungen, sondern auch als hochwertige Materialien für besonders beanspruchte Bauteile werden Strategische Metalle und Seltene Erden benötigt: für sogenannte Superlegierungen. Bestes Beispiel hierfür ist der Flugverkehr, der einen rasanten Aufschwung nimmt. Er ist neben dem Internet der Hauptantriebsmotor für die weltweite Vernetzung; die Ein kleiner Trost für Krisenverlierer Zunahme von Seefracht ist deren Ergebnis, auch wenn es natürlich konjunkturelle Schwankungen gibt.

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Abb. 1.3: Luftverkehr weltweit (© Shutterstock/cetus)

Abbildung 1.3 zeigt, dass der Luftverkehr sich zurzeit hauptsächlich auf Europa, Asien und Nordamerika konzentriert. Benötigt werden konsequenterweise immer mehr Flugzeuge aller Größenordnungen, obwohl Flugzeuge generell durch regelmäßige Wartung, Austausch von beanspruchten Teilen und Einbau von Systemen mit neuerer Technologie eine hohe Lebenserwartung haben. Das bekannteste Beispiel ist der amerikanische Bomber Boeing B-52 (siehe Abbildung 1.4), der 1952 erstmals abhob und bis 2040 im Dienst bleiben soll. Würde man noch ein Dutzend Jahre drauflegen, wäre ein Flugzeugtyp aus der technisch ansonsten eher kurzlebigen Welt des Militärs 100 Jahre lang geflogen. Fast unvorstellbar, denken Sie nur mal an die vielen technologischen Quantensprünge vom Jahr 1900 bis zum Jahr 2000!

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Abb. 1.4: Die B-52 (© Shutterstock/Dan Simonsen)

Natürlich gibt es noch unendlich viele andere Anwendungen für Strategische Metalle und Seltene Erden: Kraftwerkstechnik mit und ohne Nukleartechnologie, Maschinenbau, Medizintechnik, Chemie, Lichttechnik und viele mehr. Mehr dazu erfahren Sie in den Beschreibungen der einzelnen Metalle in den entsprechenden Kapiteln.

Zu diesem Buch

Bevor wir zu den Kapiteln »Strategische Metalle, Sondermetalle« und »Metalle der Seltenen Erden« kommen, auf die Sie nach dieser Einleitung sicher schon gespannt sind, schicke ich zum besseren Verständnis eine kurze Betrachtung über Rohstoffe im Allgemeinen und Metalle im Besonderen voraus. Auch soll es im Vorfeld um generelle Anlagemöglichkeiten, Märkte und Börsen gehen. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, sich ausführlich mit China zu beschäftigen, weil dieses Land einerseits als Verbraucher für die beiden Metallgruppen Strategische Metalle und Seltene Erden eine bedeutende Rolle spielt, andererseits als Lieferant für Letztere fast eine Monopolstellung innehat.

In dieser aktualisierten Auflage werden Sie wie gewohnt nicht nur streng sachlich über wissenschaftliche, technische und finanzielle Aspekte informiert werden, sondern als unterhaltende Auflockerung einiges über Personen, Geschichte und Geschichten erfahren – und ich werde Sie mit einigen Zitaten von klugen Menschen beglücken. Da dieses Buch aber auch als Nachschlagewerk dienen soll und nicht jeder Leser die gleichen Interessen hat, finden Sie die Informationen getrennt zusammengefasst und klar gegliedert vor.

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ROHSTOFFE

Rohstoffe sind natürliche Ressourcen, die in der Natur gewonnen werden. Sie werden entweder in ihrem Urzustand konsumiert beziehungsweise verwendet oder als Arbeitsmittel und Ausgangsmaterialien weiterverarbeitet. Insofern lassen sich Rohstoffe in viele Kategorien nach unterschiedlichen Gesichtspunkten einteilen.

Man kann beispielsweise eine Einteilung in organische und anorganische Rohstoffe vornehmen. Organische Rohstoffe entstammen der Tier- und Pflanzenwelt, anorganische Rohstoffe der unbelebten Natur, also Gesteine, Wasser, Luft et cetera. In diesem Kontext sind so wirtschaftlich bedeutende Rohstoffe wie Öl und Kohle, die auch fossile Rohstoffe genannt werden, den organischen Rohstoffen zuzuordnen. Mineralien sind meist anorganischen Ursprungs, Ausnahmen sind beispielsweise die Mineralöle oder auch Ihre hoffentlich nicht vorhandenen Nierensteine.

Man kann Rohstoffe auch einteilen in erneuerbar und nicht erneuerbar oder in Primär- und Sekundärrohstoffe. Letztere sind wiederaufbereitete Abfallstoffe.

Man kann sich aber auch ihre Herkunft in der Geosphäre anschauen: Diese unterteilt sich von oben nach unten in die Atmosphäre (Troposphäre, Stratosphäre et cetera), dann kommt die Biosphäre, also das Leben in und auf der Erdoberfläche, parallel dazu die Hydrosphäre (hiervon 94 Prozent Meerwasser) inklusive Kryosphäre (Eis) mit den im Wasser lebenden Organismen, und schließlich die Lithosphäre, die Erdkruste.

In der Finanzwelt geht man naturgemäß andere Wege, denn hier spielen ausschließlich Märkte eine Rolle. Dass diese wiederum auch Schwankungen unterliegen, die in unserer belebten und unbelebten Natur begründet sind, hat etwas Tröstliches. Schließlich ist der Mensch nur ein Teil dieser Natur (die Betonung liegt auf »nur«).

Vielleicht ist es am Anfang in diesem Zusammenhang ganz nützlich, sich die wirkliche Bedeutung und die Größenordnungen in Erinnerung zu rufen, wenn wir Menschen schon so selbstverständlich von unserer Erde und ihren Rohstoffen wie von einer x-beliebigen Ware sprechen. Letztlich sind alle für uns erreichbaren Stoffe der Erde Rohstoffe, auch das Meerwasser und der Sand in der Wüste. Keine Sorge, es soll sich nicht in philosophischen Betrachtungen verloren werden. Aber: Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen entstand vor etwa 4,5 Milliarden Jahren die Sonne und später in der Folge unser Sonnensystem. Nach weiteren 4,5 Milliarden Jahren wird sich die Sonne dramatisch aufblähen und erlöschen. Wer aber nun glaubt, wir hätten erst Halbzeit, irrt. Denn bereits in circa 1 Milliarde Jahren wird die Temperatur auf unserer Erde unerträglich hoch werden und alles Leben vernichten. Wir befinden uns also jetzt schon auf dem absteigenden Ast!

Der Chemieprofessor und Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität 1957/58 in München, Dr. Egon Wilberg, brachte die Bedeutung dieser Thematik während einer Vorlesung einst sehr schön auf den Punkt:

»Die Frage, ob eine große Atombombenexplosion zur Vernichtung der Erde führen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Sie wäre aber ohne nachhaltige Folgen, da es sich bei der Erde nur um einen Planeten niederer Ordnung handelt.«

Einen Planeten, der uns nicht braucht. Das hat er eindrucksvoll im April 2010 bewiesen, als in Island der Vulkan Eyjafjallajökull mit seiner Asche mal eben den Flugverkehr eines ganzen Kontinents und darüber hinaus lahmlegte und Island somit den Europäern erneut Milliardenverluste verursachte. Zuvor hatte die Finanzkrise des kleinen Landes (Stichwort Kaupthing Bank) Ähnliches zustande gebracht, was fast zwangsläufig den Spruch kreierte: »Give us cash, don’t give us ash!« – wobei »Asche« umgangssprachlich ja auch … Na ja.

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Abb. 2.1: Geosphäre (© Wikimedia Commons/Dreisam)

Vulkane haben übrigens auch etwas mit unseren Agrarrohstoffen zu tun: Vulkanasche ist besonders fruchtbar. Deshalb haben sich schon vor langer Zeit weltweit viele Menschen in der Nähe von Vulkanen angesiedelt.

Immer wieder wird der Verkehr Europas – in der Luft sowie auf Straße und Schiene – durch Schnee, Eis und Überflutungen lahmgelegt, und die Verluste gehen regelmäßig in die Milliarden, wie auch immer man das rechnen mag. All das ist natürlich nicht vergleichbar mit den Naturkatastrophen unfassbaren Ausmaßes meist in Entwicklungsländern, die nicht unsere Möglichkeiten der schnellen Hilfe und des Aufräumens haben.

Rohstoffe als Finanzinstrumente

Der belebten und der unbelebten Natur entspricht auch die grundsätzliche Einteilung der Märkte mit ihren auch mental und regional unterschiedlich geprägten Lieferanten und Kunden. Zumindest gilt Letzteres insbesondere in Europa, wenn es um die physische Verwertung der Materialien geht und Händler und Verbraucher direkt mit der Ware konfrontiert sind.

In Form von weltweiten Finanzderivaten gehandelt, ist es dem Investor, der nicht direkt aus der Branche kommt, hingegen meist ziemlich gleichgültig, wie glücklich die Tiere waren, bevor sie ihre Schweinebäuche hergeben mussten, ob zu viel Zucker dick macht oder ob durch zu viel Sojaanbau die Umwelt zerstört wird. Auch dass der Begriff »Saisonalität« nicht nur etwas mit Börsenschwankungen, sondern auch mit Jahreszeiten zu tun hat, ist ihm egal. Saisonale Börsenkurse sehen keine Kinder, die mit großen Augen im Frühjahr die Geheimnisse einer Blumenwiese entdecken, im Sommer im Wasser planschen, im Herbst Drachen steigen lassen und im Winter jeden Hügel zum Rodeln nutzen.

Ihrer Meinung nach gehört das überhaupt nicht hierher? Gut, also weiter im Text.

Der englische Begriff für Rohstoffe in der Finanzwelt lautet nicht raw oder basic materials, sondern commodities. Sie finden ihn auch in deutschen Publikationen, nicht nur in Abkürzungen wie ETC (Exchange Traded Commodities; mehr dazu in Kapitel 3). Das ist so, also bitte merken! Schließlich suchen Sie am Bahnhof ja auch nicht mehr die Fahrplanauskunft, sondern – leider – den »Servicepoint«.

Börsengehandelte Rohstoffe lassen sich prinzipiell unterscheiden in:

Agrarrohstoffe (Soft Commodities),

energetische Rohstoffe,

Industrierohstoffe.

Bitte beachten Sie: Die folgenden Auflistungen zu den einzelnen börsengehandelten Rohstoffarten sind nicht von einer übergeordneten Institution »genormt«, sondern beinhalten lediglich die weltweit meistgehandelten Rohstoffe. Es gibt auch viele länderspezifische Märkte mit kleinen Börsen, beispielsweise für Gewürze in Indien.

Zu den Agrarrohstoffen zählen (in alphabetischer Reihenfolge): Bauholz, Baumwolle, Hafer, Kaffee, Kakao, Lebendrind, Mais, Mastrind, Molkereiprodukte, Orangensaft, Palmöl, Reis, Schweinebäuche, Sojabohnen, Sojamehl, Sojaöl, Weizen und Zucker.

Aber gibt es nicht weltweit auch Tee, Apfelsaft, Gerste, Wolle, Hähnchen, Olivenöl, Salz und geschlachtete Ziegen? Warum sind diese und viele andere nicht aufgeführt? Gedulden Sie sich noch ein wenig, schon im nächsten Kapitel kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt, der für das Verständnis des Themas dieses Buchs wichtig ist und der diese Frage beantwortet: die Börsen.

Die energetischen Rohstoffe entstammen alle der belebten Natur (fossile Rohstoffe), anders als beispielsweise die Metalle. Für die Einschätzung von Lagervorkommen wichtig ist die Altersdatierung von Fossilien aus der Tier- und Pflanzenwelt, für die es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Zu den energetischen Rohstoffen zählen (in alphabetischer Reihenfolge): Benzin, Erdgas, Ethanol, Heizöl, Kohle, Rohöl sowie der Sonderfall Strom. Sonderfall deshalb, weil Strom über den Zwischenschritt Wärme die Energieform ist, in welche die energetischen Rohstoffe meist umgewandelt werden, sofern sie nicht Antrieben für Autos, Flugzeuge, Schiffe et cetera dienen. Ein weiterer Sonderfall energetischer Rohstoffe ist Kohlendioxid (CO2), das mittels Zertifikaten aus Gründen des Klimaschutzes als Verschmutzungsrecht gehandelt wird (Emissionshandel). Über Sinn oder Unsinn dieses Marktes kann man trefflich streiten, wir lassen es hier.

Im Gegensatz zu der Liste der börsengehandelten Agrarrohstoffe beinhaltet diese Aufzählung fast alle Stoffe, die zur Energiegewinnung genutzt werden.

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Abb. 2.2: Energieverbrauch pro Person (Quelle: BP: Statistical Review of World Energy 2015; UNCTAD: Online-Datenbank: UNCTADstat (Stand: August 2015), Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/)

Wie schwierig und gefährlich die Ölförderung sein kann, zeigt das Schicksal der Ölplattform Deepwater Horizon, die im April 2010 im Golf von Mexiko, rund 80 Kilometer vor der Küste von Lousiana, explodierte, sank und eine Ölpest verursachte. Neu entdeckte Öllagerstätten liegen immer tiefer und man muss im Gegensatz zu früher, als noch in Küstennähe exploriert werden konnte, jetzt schon Wassertiefen von mehreren Tausend Metern überbrücken, bevor das eigentliche Bohren beginnen kann. In den Zeitungen machte im Jahr 2009 die Meldung Schlagzeilen, dass BP ein neues »riesiges« Ölfeld namens Tiberwell im Golf von Mexiko entdeckt habe. Es soll 11 000 Meter tief liegen und 3 Milliarden Barrel Öl enthalten. Davon kann der Tiefe wegen nur ein Drittel gefördert werden. Bei einem momentanen Ölverbrauch von rund 85 Millionen Barrel Öl pro Tag reicht diese Lagerstätte zur Deckung der globalen Nachfrage für gerade einmal zwölf Tage! Seit einiger Zeit gibt es eine russische Theorie, die besagt, dass Erdöl nicht nur aus fossilen Tier- und Pflanzenresten bestehe. Die Kohlenwasserstoffe könnten auch anorganischen Ursprungs sein, was mit einigen auf den ersten Blick sehr einleuchtenden Indizien belegt wird. An dieser Stelle können wir nicht weiter darauf eingehen, aber falls sich das bewahrheiten sollte, wären die Vorräte an Erdöl nahezu unerschöpflich. Fachleute bezweifeln diese Theorie allerdings.

Exkurs: Regenerative, erneuerbare Energien

Die sogenannten regenerativen Energien sind auch Rohstoffe und werden als solche für die Erzeugung von Elektrizität genutzt. Dies sind Wasser, Wind, Sonne, Geothermie und die Gezeiten, die aber nicht als Wert gehandelt werden, sondern ganz im Gegenteil kostenlos zur Verfügung stehen. Bioenergie aus nachwachsenden Rohstoffen, die in engerem Sinne auch zu den erneuerbaren Energien zählt, lassen wir hier einmal außen vor. Alle diese Energien werden schon seit Urzeiten lokal unterschiedlich genutzt, aber in der heutigen Zeit sind sie in Bezug auf ihre Effizienz erforscht und in entsprechender Technik verpackt. Auch in diesem Bereich werden überall Technologiemetalle benötigt, sei es für Steuerungen, in Turbinen, in Windrädern oder für den Stromtransport. Für Solarzellen werden sie ebenfalls benötigt.

Sonnenenergie hat zwei direkte Anwendungen, die von Laien oft verwechselt werden: Da ist zu einem die Nutzung der Wärme in Sonnenkollektoren, die Solarthermie, um damit Strom in Dampfturbinen zu erzeugen. Zum anderen gibt es die Nutzung des Lichts in Solarzellen, die Photovoltaik, um direkt Gleichstrom zu erzeugen. Gleichstrom hat generell wesentlich geringere Leitungsverluste als der bisher in Hochspannungsleitungen genutzte Drehstrom, sodass künftig solche Netze ausgebaut werden. Strom lässt sich durch regenerative Energien zentral in großen Einheiten, beispielsweise durch Solarkraftwerke in der Sahara oder Windparks in der Nordsee, oder dezentral in kleinen Einheiten in Verbrauchernähe erzeugen. Beides hat Vor- und Nachteile. Die zurzeit unwirtschaftlichste Stromerzeugung ist die mittels Photovoltaik, aus Umweltschutzgründen wird diese in Deutschland aber per Gesetz von allen Stromkunden subventioniert. Doch auch dieses Thema können wir hier nicht näher behandeln.

Die Industrierohstoffe kann man mit den sechs Industriemetallen (mehr dazu in Kapitel 9) gleichsetzen. Die beiden Metallgruppen Sondermetalle und Seltenerdmetalle sind demnach ausgenommen, obwohl in vielen Publikationen manche von ihnen fälschlicherweise als Industriemetalle bezeichnet werden. Das ist verzeihlich, denn sie sind nun einmal Metalle und sie werden ausschließlich industriell verarbeitet. Manche Quellen zählen auch die Edelmetalle dazu, solange nicht ihre Verwendung als Anlagemetalle in Form von Barren und Münzen gemeint ist.

Strategische Metalle und Seltene Erden werden nicht an Börsen gehandelt – aber sie werden gebraucht! Die folgenden Aussagen zeigen den Ernst der Situation. In den Kapiteln, in denen die Metalle einzeln beschrieben werden, erfahren Sie mehr dazu.

Die Verknappung teurer Rohstoffe »wird uns in den kommenden Jahrzehnten nicht mehr loslassen«, ist Rolf Kreibich, wissenschaftlicher Direktor des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT), überzeugt. Insgesamt 22 Rohstoffe und 32 Zukunftstechnologien haben die Forscher gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) unter die Lupe genommen: Es wird in absehbarer Zeit in vielen Bereichen zu ernsthaften Engpässen kommen.

Die Nachfrage nach dem besonders knappen Metall Indium, um das sowohl die Displayindustrie als auch die Photovoltaikhersteller konkurrieren, wird bis 2030 sehr viel höher sein als die derzeitige Produktion. Dabei sind die Hersteller von Displays im Vorteil, weil bei ihren Produkten der Preis des teuren Rohstoffs deutlich weniger ins Gewicht fällt als bei Solarzellen.

Für viele Metalle, die etwa wegen ihrer hohen Temperaturbeständigkeit, ihrer Flexibilität oder ihres Korrosionsschutzes begehrt sind, sagen die Forscher eine ähnliche Verknappung voraus. Die Nachfrage nach Neodym wird demnach bis 2030 ein Vielfaches der heutigen Produktion betragen, diejenige nach Gallium ebenfalls.

Die Vorkommen der teuren Hightech-Metalle sind auch deshalb äußerst begrenzt, weil sie oft nur als Nebenprodukt bei der Förderung anderer Rohstoffe abfallen. Indium beispielsweise findet sich in kleinen Mengen in Zinkminen. Eine Wiederverwertung scheidet zudem in vielen Fällen aus, weil die Rohstoffe zusammen mit anderen Metallen verarbeitet werden und sich kaum wieder trennen lassen. Auch der Bedarf lässt sich nur schwer abschätzen, da diese Rohstoffe zum Teil in der wenig transparenten Rüstungsindustrie gebraucht werden.

Zudem sind die gefragten Metalle auf der Welt sehr ungleich verteilt. Das größte Vorkommen an Lithium – unverzichtbar für die Entwicklung von Batterien für Elektroautos – liegt beispielsweise in Bolivien. China dagegen dominiert die Produktion von Neodym zu 97 Prozent und hat sich bereits Reserven in Afrika gesichert. In manchen Ländern hat der Krieg um teure Rohstoffe bereits begonnen. Im Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo steht der Zugang zum Roherz Coltan auf dem Spiel, woraus das begehrte Tantal gewonnen wird, das unter anderem für die Herstellung von Smartphones gebraucht wird. Auf den umkämpften Rohstoffmärkten herrscht bereits heute eine bewusste Verknappung durch Spekulation, selbst wenn die Lieferverträge für diese begehrten Güter meist langfristig laufen und daher nur wenig Spielraum für Spekulanten besteht. Zum Schutz der Zukunftstechnologien wird schon eine internationale oder zumindest europäische Agentur gefordert.

Letzteres ist meines Erachtens ein frommer Wunsch ohne Aussicht auf Erfolg, wenn man die Fast-Monopolstellung Chinas als Lieferant vieler Metalle berücksichtigt. Damit ist nicht nur das Land selbst gemeint, sondern auch die Nutzungsrechte Chinas an vielen Vorkommen weltweit.

Recycling

In Kapitel 4 werden wir uns ausführlich mit dem Recycling von Strategischen Metallen und Seltenen Erden beschäftigen, aber natürlich gibt es Formen der Wiederverwertung auch für fast alle anderen Rohstoffe, die nicht aufgegessen oder verbrannt werden. Damit werden wir schon durch Mülltrennung im täglichen Leben konfrontiert: Es gibt große und kleine Behälter entweder pro Haus oder an öffentlichen Plätzen für Glas, Papier, Kunststoffe, Kleidung, Batterien, Biomüll et cetera und an separaten Abgabestellen oder mittels Sperrmüllabfuhren für Elektrogeräte, Metalle, Bauabfälle, Chemikalien und vieles mehr.

Ein großer Teil dieser Materialien sind Rohstoffe, die aufbereitet oder nur sortiert gehandelt werden, und nicht alle sind legalen Ursprungs. Bedingt durch ihren Wertzuwachs in den letzten Jahren werden speziell Metalle gerne von Baustellen und anderen Orten entwendet. Kupferkabel auf Großrollen beispielsweise werden bereits geschützt durch den Endlosaufdruck »Gestohlen von …«, und auf stillgelegten Güterbahnhöfen sind schon ganze Gleisanlagen verschwunden. Selbst vor der Demontage von Bronzestatuen auf Friedhöfen schrecken Diebe nicht zurück, andere begeben sich in Lebensgefahr und montieren Hochspannungsleitungen ab.

Rohstoffe als Indikatoren

Börseninsider wissen, dass Rohstoffe oft, aber nicht immer, Frühindikatoren für Aktienbörsen sein können. Im Jahr 2009 gaben Kupfer und Öl das Startsignal für eine Erholung des Marktes nach der Finanzkrise.

Zudem muss man wissen, dass Rohstoffpreise grundsätzlich auch bei einer zwangsläufigen Tendenz zu Preissteigerungen aufgrund von Verknappung durch Marktteilnehmer gewollt starken Schwankungen unterliegen können.

Rohstoffindizes

Es gibt mehrere Rohstoffindizes, die nach ganz unterschiedlichen Kriterien von verschiedenen Institutionen gewichtet werden. Die Zusammensetzung ändert sich laufend, auf Finanzportalen im Internet können Sie sich den aktuellen Stand anschauen. Rohstoffindizes können auch zusammengesetzt sein aus Indizes der einzelnen Rohstoffe. Die Gewichtung kann sich beziehen auf Wirtschaftsfaktoren, Liquidität, Konsumverhalten und andere mehr. Da keine Börsenwerte, werden Technologiemetalle selbst sowie die seltenen Platinmetalle Iridium, Ruthenium und Rhodium in keinem Index gelistet. Es gibt aber mittlerweile einige Indizes, die Aktien von Unternehmen zum Inhalt haben, die Technologiemetalle fördern und/oder verarbeiten. Diese finden Sie in Kapitel 13.

Nachfolgend finden Sie die bekanntesten vor dem Technologiemetall-Boom eingeführten Indizes.

CMCI (Constant Maturity Commodity Index) von UBS Bloomberg: Dieser Index ist eine Indexfamilie aus 28 Rohstoffkontrakten mit unterschiedlichen Fristigkeiten und sehr komplex gewichtet.

CRB von Reuters: Er wurde 1957 ins Leben gerufen und ist damit der älteste Rohstoffindex. Er durchlief viele Revisionen, von ursprünglich 28 Rohstoffen sind heute noch 17 gelistet.

DJ-UBSCI (Dow Jones – UBS Commodity Index): Der Index enthält 19 verschiedene Rohstoffe. Er wurde 1998 ins Leben gerufen.

GSCI (S & P Goldman Sachs Commodity Index): Dieser Index enthält 24 verschiedene Rohstoffe, er ist sehr energielastig.

RICI (Rogers International Commodities Index): Dieser Index wurde 1998 von Jim Rogers entwickelt. Er ist breit gefächert und enthält 36 Rohstoffe, davon in der Gewichtung zu 35 Prozent Öl.

Commodity

Allocation

Crude Oil

21,00%

Brent Oil

14,00%

Wheat

7,00%

Corn

4,75%

Cotton

4,05%

Copper

4,00%

Aluminium

4,00%

Soybeans

3,00%

Gold

3,00%

Natural Gas

3,00%

Bean Oil

2,00%

Live Cattle

2,00%

Silver

2,00%

Sugar

2,00%

Coffee

2,00%

Lead

2,00%

Zinc

2,00%

Heat Oil

1,80%

Platinum

1,80%

RBOB Gasoline

3,00%

Gas Oil

1,20%

Lumber

1,00%

Lean Hogs

1,00%

Cocoa

1,00%

Nickel

1,00%

Tin

1,00%

Rubber

1,00%

Bean Meal

0,75%

Canola

0,67%

OJ

0,66%

Oats

0,50%

Rice

0,50%

Azuki Beans

0,50%

Palladium

0,30%

Barley

0,27%

Wool

0,25%

 

100,00%

Rogers INT’l Commodity, RICIXTM

SPCI (Standard & Poor’s Commodity Index): Der Index wurde 2001 aufgelegt, die Daten bis 1970 zurückgerechnet. Enthalten sind 17 verschiedene Rohstoffe. Seit 2008 wird dieser Index nicht mehr gepflegt.

Rohstoffe als physisches Investment

Bisher gab es für Kleinanleger nur wenige Möglichkeiten, in direkten Besitz statt über den Umweg von Bankderivaten zu investieren. Einmal abgesehen von Kunstwerken, Sammlerstücken, Anteilen an Unternehmen als Teilhaber oder mit Aktien, die man als Bruchteileigentum an einem Unternehmen ansehen kann, waren dies letztlich nur Immobilien, Edelmetalle und Edelsteine. Die meisten Rohstoffe waren hierfür nicht geeignet.

Nun bieten neuerdings Unternehmen an, direkt in den physischen Besitz von Technologiemetallen, also in Strategische Metalle und Seltene Erden, zu investieren. Das ist vielversprechend, bietet es doch die direkte und unmittelbare Teilhabe an wahrscheinlich erheblichen Wertzuwächsen. Allerdings hat es keinen Sinn, diese Metalle selbst einzulagern, da sie nicht wie Edelmetalle zur nächsten Bank oder zum Juwelier gebracht werden können, wo sie mit einfachen Mitteln auf ihren Wert hin überprüft werden können. Diese Metalle werden mit genau einzuhaltenden Lieferformen, Liefermengen, Verpackungen und Spezifikationen gehandelt, die nur von Fachhändlern garantiert werden können. Konsequenterweise müssen sie also beim Fachhändler eingelagert werden. Anders als bei Beteiligungen an Minen und Produzenten ist es bei einer Beteiligung an physischen Metallen dem Metall gleichgültig, wo es herkommt. Es kann also auch aus Recycling bereits verarbeiteten Materials stammen.

Hinzu kommt, dass bei einer Einlagerung der Metalle durch den Metallhändler in einem Zollfreilager, das sich auch in Deutschland befinden kann, für den Privatinvestor, der nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, bei Kauf und Verkauf im Zollfreilager keine Mehrwertsteuer anfällt. Diese ist nur dann fällig, wenn Ware aus dem Freilager entnommen wird, um es beispielsweise einem anderen Händler zu verkaufen. Bei einem Verkauf innerhalb eines Jahres nach Ankauf ist bei einem Gewinn Einkommensteuer fällig, bei einer Haltedauer von über einem Jahr nicht. Eine Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte fällt nicht an, da die Metalle Waren sind.

Diese Angaben sind ohne Gewähr, Änderungen sind jederzeit möglich und vor einem Investment beziehungsweise einem Verkauf sollten Sie sich vorsichtshalber über den Stand der Dinge zum jeweiligen Zeitpunkt informieren!

3

MÄRKTE, BÖRSEN UND CHINA

In diesem Kapitel wollen wir uns mit den generellen Möglichkeiten beschäftigen, wie Sie in Rohstoffe investieren können, und uns explizit mit dem Land China beschäftigen, weil dieses in Bezug auf das Hauptthema, Strategische Metalle und Seltene Erden, eine herausragende Rolle spielt.

Märkte

Was ist eigentlich ein Markt? – Blöde Frage? Nein, ganz und gar nicht. Einerseits leicht zu verstehen, andererseits ungeheuer komplex. Denn ein Markt kann völlig divergierende Interessen zusammenführen, die man sonst durchaus auch mit Gewalt, sprich Krieg, vertreten könnte. Er kann aber auch, wenn dies nicht gelingt, zu Gewalt und Krieg führen.

Wenn Sie im Supermarkt ein Paket Zucker kaufen, sind Sie bereits Marktteilnehmer auf dem großen Gebiet der Agrarrohstoffe. Wenn Sie nun an der Supermarktkasse für fünf Pakete einen anderen als den am Regal angebrachten Preis aushandeln wollen, wird sich Ihre Bedeutung als Marktteilnehmer allerdings schnell relativieren. Schon anders sieht das auf dem Wochenmarkt aus: Dort können Sie bei Abnahme größerer Mengen durchaus etwas handeln oder Ihr Glück, wenn es an diesem Stand nicht klappt, einige Meter entfernt bei einem anderen Händler versuchen. Allerdings handelt es sich bei diesem oft – wie in der »großen« Wirtschaft auch und nicht erkennbar für den Kunden – nicht um einen Konkurrenten, sondern um einen Anbieter aus dem gleichem Familienunternehmen.

Noch anders funktioniert es bei Händlern an den entsprechenden Börsen, die genormte Qualitäten und Größenordnungen handeln. Ein Börsenhändler kann die Marktlage und die damit verbundenen Preise anhand von veröffentlichten Charts und Tabellen erkennen. Er kann kaufen beziehungsweise verkaufen, ohne Preise aushandeln zu müssen. Je nach Höhe seines Angebots beziehungsweise seiner Nachfrage nimmt aber auch er Einfluss auf die Kurse.

Für viele Rohstoffe, nicht nur Agrarrohstoffe, gibt es indes keine Börsen, sondern nur den direkten Handel zwischen zwei oder mehr Parteien. Natürlich richten sich die Preise nach den Interessen dieser Parteien, vergleichbar mit einem Handel auf dem Flohmarkt. Wenn Sie beispielsweise altes Geschirr sammeln, sind Sie gegebenenfalls bereit, für ein bestimmtes Stück einen wesentlich höheren Preis zu zahlen als jemand, der zwar Gefallen an dem Teil findet, es aber nur als Gebrauchsgegenstand erwerben will. Ähnlich verhält sich das bei den Strategischen Metallen und den Metallen der Seltenen Erden, für die es keine Börsen gibt. Wenn ein solches Metall für eine bestimmte Anwendung dringend benötigt wird, kann es an diesen Interessenten zu einem höheren Preis verkauft werden als an einen Verbraucher, der dieses Metall für seinen Zweck auch durch ein preiswerteres ersetzen oder auf für ihn bessere Zeiten warten kann.

Dennoch gibt es auch hier nachzuvollziehende Marktpreise, die Sie im Internet finden können. Händler wissen allerdings, dass in der Handelspraxis die Preise oft davon abweichen. Das hängt unter anderem auch davon ab, ob das von einem Verarbeiter gesuchte Metall beim Stammlieferanten momentan in der gewünschten Menge vorrätig ist oder nicht.

Börsen

In den täglichen Börsennachrichten werden Sie zunächst meist informiert über die weltweit wichtigsten Aktienindizes wie Dax (Frankfurt am Main), Dow Jones (New York), Nikkei (Tokio), Hang Seng (Hongkong) und andere. Das sind die Werte der wichtigsten Aktienunternehmen in den jeweiligen Ländern.

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Abb. 3.1: Börse in Frankfurt am Main (© Shutter-stock/Val Thoermer)

Die Börse Frankfurt ist den meisten bekannt durch den in den Fernsehnachrichten immer wieder gezeigten Handelssaal mit seinen weißen Schranken (so heißen die weißen Ringe intern), hinter denen Händler sitzen. Die sind aber gar keine Börsenmitarbeiter, sondern Geschäftspartner der Börse von verschiedenen Banken. Das Gebäude am Börsenplatz in Frankfurt am Main mit den berühmten großen Bronzefiguren Bulle und Bär gehört der Industrie- und Handelskammer, die Börse mit den meisten Abteilungen befindet sich in Eschborn, einem Vorort von Frankfurt.

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Abb. 3.2: Der Handelssaal der Frankfurter Börse (© Deutsche Börse AG)

Neben den Informationen über Aktien und Unternehmen gibt es fast immer auch Berichte über zwei wichtige Rohstoffe, die unter anderem als Stimmungsbarometer für wirtschaftliche Entwicklungen angesehen werden: Rohöl und Gold. Diese unterscheiden sich jedoch ganz wesentlich, und die Preisentwicklungen werden deshalb auch unterschiedlich interpretiert: Rohöl wird für industrielle Zwecke gebraucht und verbraucht, Gold (fast) nicht.

Und nun kommen wir zu dem in Kapitel 2 angesprochenen wichtigen Punkt: den Börsen!