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Deutsche Erstausgabe (PDF) Dezember 2016

Digitale Neuauflage (PDF) Februar 2022

 

 

Für die Originalausgabe:

© 2016 by Grace R. Duncan

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Acceptance«

Published by Arrangement with Grace Duncan

 

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2022 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

 

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

 

ISBN-13 (Print): 978-3-95823-619-6

 

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

 


 

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Aus dem Englischen
von Jessica Hartmann


 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

 

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

 

 

 

 

Klappentext:

 

Für Quincy Archer waren Gefährten bisher nur eine Legende. Als Sohn des Anführers seiner Jaguar-Dynastie ist es ihm bestimmt, eine Frau zu heiraten und seine Linie fortzuführen. Als er in dem Wolfsgestaltwandler Miles allerdings seinen Seelengefährten erkennt, lehnt er sich gegen diese festgelegte Rolle auf, denn er weiß, dass er nicht zum Anführer geboren ist. Doch Quincys Vater will davon nichts wissen und schreckt vor nichts zurück, um seinen Willen durchzusetzen – auch nicht davor, Miles umzubringen…


 

Für alle, die mir bisher die Treue gehalten haben.

Ich hoffe, dass ihr Quincy genauso sehr mögt wie ich.

Für Joe, wegen seiner fortwährenden Liebe,

Unterstützung und Motivation.

Ohne dich würde ich das auf keinen Fall schaffen.


 

Kapitel 1

 

 

Quincy wusste, dass sie da waren. Man brauchte keinen übernatürlichen Geruchs- oder Hörsinn, um sie zu bemerken. Er war sich nicht sicher, ob er beleidigt sein sollte, weil sie annahmen, seine Sinne seien dermaßen schwach, oder belustigt, weil sie so unfähig zu sein schienen... oder vielleicht genervt, weil sie derart von sich und ihren Fähigkeiten überzeugt waren, dass sie es nicht für nötig hielten, sich zu verstecken.

Er fragte sich, warum sie ihren Geruch nicht überdeckten. Er war sich ziemlich sicher, dass jeder aus der Welt der Jaguare wusste, dass in Pittsburgh ziemlich viele Wölfe lebten. Hieß das, dass sie gewillt waren, gegen jeden Wolf, der ihren Weg kreuzte, zu kämpfen – und ihn möglicherweise zu töten?

Bei diesem Gedanken verfinsterte sich unweigerlich Quincys Gesicht. Ganz von seiner neuen... Vorliebe... für Wölfe abgesehen, würde es eine Vielzahl von Problemen hervorrufen, wären sie in einen Kampf verwickelt, was nicht zuletzt zu einer Provokation eines Kriegs zwischen ihren Spezies führen könnte. Während er den meisten Wölfen gegenüber eher Verachtung empfand, gab es ein paar ausgesuchte, denen nichts zustoßen sollte.

Quincy seufzte und trank noch einen Schluck seines Latte. Er hatte wirklich kein Interesse daran, sich in einen Kampf verwickeln zu lassen. Da es nur zwei von ihnen waren, wäre es recht einfach sie abzuhängen. Er musste jedoch vorsichtig sein, denn er wollte sie, wenn möglich, von Pittsburgh weglocken.

Zum einen arbeitete Miles weiterhin in der Notaufnahme des Presby. Zum anderen lebten Chad und dessen neuer Gefährte Jamie noch immer in ihrem Apartment in Oakland – auch wenn sie seit einer Weile nicht dort waren. Mit ein bisschen Glück könnte Quincy die beiden Jaguare aus der Stadt locken, bevor einer seiner Wölfe angegriffen werden konnte, weil sie ihm, aus Gründen, die Quincy nicht ganz verstand, zu Hilfe kamen. Und auch wenn er sich lieber erhängen würde, statt es einem der drei gegenüber zuzugeben, mochte er sie und wollte nicht, dass sie verletzt wurden.

Er trank den letzten Schluck seines Latte, erhob sich und schnappte sich seinen Laptop, um ihn in die Umhängetasche zu stecken, dann packte er den Rest seiner Sachen zusammen. Die Idioten lungerten noch immer auf der anderen Straßenseite vor dem Primanti Brothers herum, wobei sie versuchten, unauffällig zu wirken, dabei jedoch kläglich scheiterten. Keiner von ihnen sah auch nur im Entferntesten wie ein Collegestudent oder ein Mediziner aus, was den Großteil der Menschen in Oakland ausmachte.

Kopfschüttelnd schlang sich Quincy seine Tasche über die Schulter, warf den Kaffeebecher in den Müll und trat aus dem Panera, wo er den Großteil des Nachmittags und Abends gesessen und gearbeitet hatte. Unterzutauchen bedeutete nicht, dass er komplett verschwinden konnte. Er hatte Geld, doch er musste seinen Ruf wahren und das bedeutete, Aufträge zu beenden, die er angefangen hatte.

Sobald sich die Tür hinter ihm schloss, wandten sich Diedeldei und Diedeldumm vom Laden ab und liefen den Gehweg hinunter. Quincy seufzte, schob seine Brille zurecht und ging die Forbes runter, wobei er dankbar für die einsetzende Dämmerung war. Mit etwas Glück würde ihm die Dunkelheit helfen, sie abzuschütteln. Er ging angemessenen Schrittes, da er ihnen nicht die Genugtuung geben und sie wissen lassen wollte, dass er sie bemerkt hatte. Sie wollten ihn einschüchtern oder ihn zu seinem Vater bringen, jetzt, da Aubrey Archer wusste, dass der Privatdetektiv, den er angeheuert hatte – Chad –, ihm Quincy nicht ausliefern würde. Und es würde nur ihr Ego bestärken, wenn sie dachten, dass er Angst hätte. Aber sie sahen aus, als kümmerte sie es nicht, wer oder was ihnen vielleicht in den Weg kommen könnte, und Quincy hatte nicht das Bedürfnis, gegen das Geheimhaltungsgesetz zu verstoßen oder Unschuldige in die Sache hineinzuziehen.

Er bog scharf links ab und ging kreuz und quer durch die Gassen und Seitenstraßen, wobei er sie vom Krankenhaus weg und in die entgegengesetzte Richtung von Chads und Jamies Apartment führte. Obwohl er seinen eigenen Geruch überdeckte und oft genug abbog, sodass sie nicht hätten mithalten dürfen, schienen sie kein Problem damit zu haben.

Während sein Frustlevel stieg, bog Quincy in eine andere Gasse ab und dann nach links, um hinter einem Haus langzugehen. Er liebte die vielen kleinen Gassen dieser Art in Oakland. Dadurch konnte er abseits der Straßen bleiben und seine Verfolger in Bewegung halten.

In erster Linie wollte er sie wegführen, aber es wäre ihm lieber, wenn er erst noch eine falsche Fährte legen könnte. Dafür waren sie dieses Mal aber zu verdammt dicht dran. Eigentlich hätte er gar nicht in Oakland sein sollen, aber er hatte einfach einen kurzen Blick auf Miles erhaschen müssen.

Mit finsterem Gesicht lief er schneller und sprang über Zäune, statt um sie herumzugehen. Er rannte über ein paar Hinterhöfe, kletterte über ein paar Maschendrahtzäune – dankbar, dass sich die Grazie seiner Katze auch auf seine menschliche Gestalt übertrug –, bog in eine weitere Gasse ab…

Und erstarrte, als er sich vor einem glatten Holzzaun wiederfand, über den nicht mal er klettern konnte. Schnell wandte er sich um, bereits sicher, dass er nicht alleine sein würde, bereits sicher, dass es zu spät wäre, diesen Weg zurückzugehen, und er hatte recht. Aus dem Augenwinkel sah er schwarzes Metall und blickte nach oben, um abzuschätzen, ob er an die Feuerleiter über sich kommen konnte, doch da wartete bereits eine verdammte dritte Katze.

»Um Bastets willen«, murmelte er seufzend. »Ich wusste, dass ich heute im Hotel hätte bleiben sollen.« Sein Kalender hatte ihm prophezeit, dass heute ein Unglückstag wäre – er und viele der anderen Katzen hielten diese alte ägyptische Tradition noch immer aufrecht –, doch er hatte die Warnung nicht beachtet. Zumindest erklärte eine dritte Katze, wieso er seine Verfolger nicht hatte abschütteln können.

Er verfluchte sich selbst dafür, nicht nach einer dritten Katze Ausschau gehalten zu haben, ließ jedoch schnell von diesem Gedanken ab. Im Moment hatte er größere Sorgen.

Quincy stellte seine Tasche ab, streckte seinen Hals nach links und rechts, sodass es knackte, atmete tief ein und begann sich zu verwandeln. Seine Krallen fuhren aus, seine Sicht wurde grau und beinahe zeitgleich traten seine Fangzähne hervor. An dieser Stelle hielt er die Verwandlung in der Hoffnung an, dass er sie nicht ganz würde vollziehen müssen, obwohl er es irgendwie bezweifelte. Er drehte sich zu Diedeldei und Diedeldumm um und beobachtete ihre Bewegungen, wie sie auf ihn zukamen und sich beinahe zur selben Zeit trennten, um sich ihm von zwei Seiten zu nähern.

Mit zusammengezogenen Brauen überdachte er seine Möglichkeiten, wobei es ihm gar nicht gefiel, dass er nicht viele hatte.

»Wir sind nur hier, um dir eine Nachricht zu überbringen«, sagte Diedeldei.

»Ich habe kein Interesse. Ich esse keine Pfadfinderkekse, ich spende anonym an den Tierschutzbund und ich habe bereits eine Ferienwohnung.«

Diedeldei schnaubte. »Du bist witzig.«

»Ich würde ja sagen, dass ich die ganze Woche hier wäre, aber das bezweifle ich.« Quincy warf einen Blick die Feuertreppe hinauf, doch Diedeldümmer hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Es ärgerte Quincy maßlos, zugeben zu müssen, dass er, während er bei einem Kampf mit Diedeldei und Diedeldumm die Oberhand gehabt hätte – egal ob als Mensch oder als Katze –, Diedeldümmer ein wenig zu viel des Guten gewesen wäre. Er wünschte sich wirklich, dass er seine SIG Sauer nicht im Hotel gelassen hätte.

Wenn Quincy eine Eigenschaft besaß, mit der er andere für gewöhnlich übertrumpfen konnte, dann war es Geduld. Er ließ seinen Blick von einem zum anderen hin zum Dritten – der noch immer auf der Feuertreppe war – und wieder zurück schweifen. Diedeldei und Dumm waren ein paar Meter vor ihm stehen geblieben, gerade so außer Reichweite. Dümmer hatte sich nicht bewegt.

Er atmete ein paarmal langsam und tief durch den Mund ein, denn die Gasse stank, wobei er nach außen hin so viel Ruhe wie irgend möglich ausstrahlte. Tatsächlich war er froh, im Moment größtenteils menschlicher Gestalt zu sein, denn entgegen seinem Willen hätte sein Schwanz gezuckt, wenn er in Katzengestalt gewesen wäre, womit er zweifellos seine Unruhe verraten hätte. Und er wäre verdammt, wenn er ihnen noch einen weiteren Vorteil verschaffte.

Quincy konnte nicht sagen, welche höhere Macht hier am Werke war, denn im ersten Moment standen alle wie erstarrt da – inklusive Dümmer auf der Plattform – und im nächsten kamen sie, wie auf ein Signal hin, gleichzeitig auf ihn zu.

Quincy mochte ein Künstler sein und mit Informationen handeln. Er mochte Stifte und Grafiktabletts Waffen und Klauen vorziehen. Doch er war der Tepey-Sa, Erbe der Führung ihrer Dynastie. Eine Position, die er nicht mehr innehätte – egal, ob er es wollte oder nicht –, wenn er es nicht wert wäre. Wenn es nötig war, konnte er kämpfen.

Offenbar hatte keiner der drei erwartet, dass er sich wehren würde. Quincy wusste nicht, was sein Vater ihnen erzählt hatte, doch mit seinem Verhalten hatte er sie ganz eindeutig überrascht. Es erlaubte ihm, Dumm einen kräftigen Tritt zu verpassen, seine Krallen über Diedeldeis Brust zu zerren – wobei er dessen T-Shirt zerriss und ein paar hübsche, tiefe Kratzer hinterließ – und in Dümmers Arm zu beißen, als dieser ausholte, um Quincy eine zu verpassen.

Leider gingen ihm die Überraschungen aus, jetzt wo sie wussten, dass er kämpfen konnte. Sie formierten sich neu, kesselten ihn ein, kamen aber nichtsdestotrotz ein wenig vorsichtiger auf ihn zu. Quincy war nicht so dumm, auch nur für eine Minute zu glauben, dass sie ihn in Ruhe lassen würden.

»Ich werde nicht zurückgehen«, knurrte er, wobei seine Katze darauf brannte, sie fertigzumachen, und ziemlich sauer war, weil er sie so zurückhielt.

Diedeldei zuckte mit einer Schulter. »Juckt mich nicht.«

Quincy hatte sich so sehr auf Diedeldei konzentriert, dass er zu spät reagierte, als Dümmer auf ihn zusprang. Er spürte Krallen in seinem Rücken und bekam von Dumm einen Fausthieb in die Nieren, bevor er zurückschlagen konnte. Er versuchte dennoch, einen Schlag zu landen, wobei er sein Ziel jedoch nicht traf, und statt den Tritt zu platzieren, wie er es gehofft hatte, verlor er am Ende beinahe das Gleichgewicht.

Er musste sich komplett verwandeln. Seine einzige Hoffnung war, dass diese Katzen länger dafür brauchten als er und ihm so die Chance geben würden, währenddessen ein paar Schläge bei ihnen zu landen. Er versuchte einzuatmen, doch der kräftige Schlag auf seinen Rücken raubte ihm den Atem und er wusste, dass er, wenn er sich jetzt nicht verwandelte, vielleicht nicht mehr dazu in der Lage sein würde.

Daher überließ er seiner Katze die Kontrolle.

Nachtschwarzes Fell wuchs auf seiner Haut und als er ein paar Sekunden später auf vier Pfoten landete, änderte sich seine Perspektive. Er schüttelte seine zerfetzte Kleidung ab und nutzte die wenigen Schocksekunden zu seinem Vorteil. Er zielte auf den Hals, doch Dümmer fasste sich zu schnell wieder und wich ihm aus, sodass seine Krallen nur die Haut anritzten, statt die Verletzung herbeizuführen, auf die er gehofft hatte.

Kurz zogen sich alle drei zurück, gingen um ihn herum, wobei sie die Situation offenbar neu abschätzten. Quincys Schwanz zuckte und seine Ohren legten sich an, als er die drei Katzen, die sich noch immer in Menschengestalt befanden, betrachtete. Er konnte ein Knurren nicht ganz zurückhalten, schaffte es jedoch, es etwas zu dämpfen. Er musste nicht die ganze Nachbarschaft in Alarmbereitschaft versetzen und Menschen in diesen Kampf reinziehen.

Die einzige Warnung, die er bekam, war der kurze Blick, den Diedeldei Dumm zuwarf. Es war nicht genug – oder sie arbeiteten zu viel und zu gut zusammen –, denn obwohl es Quincy teilweise gelang, sich vor den Tritten und Schlägen wegzuducken, konnte er ihnen nicht vollständig ausweichen.

In Jaguargestalt konnte er jedoch höher springen als sie, sodass ihm springend die Flucht gelang. Die einzige Richtung, in die er gehen konnte, führte jedoch tiefer in die Gasse hinein. Nicht, dass er in dieser Gestalt, oder nackt, wenn er sich verwandelte, aus der Gasse laufen sollte. In diesem Moment verfluchte er das Geheimhaltungsgesetz umso mehr.

Mit einem leisen Knurren lief er in der Gasse hin und her und sah sich dabei nach einer Fluchtmöglichkeit um. Doch es schien, als hätten sie es satt, weiter zu warten. Sie brauchten tatsächlich länger als Quincy, um sich zu verwandeln. Gerade lange genug, damit er ihnen allen einen Hieb verpassen konnte, doch nicht lange genug, um ihnen weiteren echten Schaden zuzufügen. Und bevor er dafür bereit war, stand er drei riesigen Katzen gegenüber.

Verdammte Scheiße. Ich hätte wirklich im Hotel bleiben sollen.

Er überlegte kurz, ob er auf die Feuerleiter springen sollte, doch dafür müsste er sich erst zurückverwandeln und auch wenn er schnell war, glaubte er nicht, dass er genug Zeit hätte.

Diedeldei, Dumm und Dümmer hatten offenbar genug davon, mit ihrer Beute zu spielen. Sie bewegten sich zeitgleich auf ihn zu und trotz seiner bestmöglichen Verteidigung wusste Quincy, dass er hier nicht lebend herauskommen würde. Er verstand nicht, warum sie ihn töten wollten, denn er war sich so sicher gewesen, dass sie ihn zu seinem Vater zurückbringen würden, doch im Endeffekt war es egal.

Er schlug um sich, setzte sämtliche Zähne und Krallen ein, wich aus, nutzte alle Tricks, die er kannte, doch drei gegen einen – selbst gegen einen Tepey-Sa, waren zu viel. Für einen Moment verlor er den Überblick über die Klauen, die Zähne, das wehende Fell, das Knurren und die Gasse. Er konnte kämpfen, doch er mochte es nicht und in diesem Moment bereute er von ganzem Herzen, dass er es nicht mehr geübt hatte.

Er bereute auch, nicht mehr Zeit mit Miles verbracht zu haben.

Ein letzter, kräftiger Hieb mit scharfen Krallen, der ihm beinahe den Unterbauch aufriss, ließ ihn zu Boden gehen. Er versuchte aufzustehen, doch eine der Katzen – in dieser Gestalt konnte er sie nicht auseinanderhalten – stand auf seinem Hinterbein und der unerträgliche Schmerz ließ ihn beinahe das laute, knackende Geräusch überhören, als sein Bein brach. Mit einem waren sie jedoch nicht zufrieden. Sie stellten sicher, dass er nicht so schnell wieder aufstand.

Während Quincy trotz der Flüssigkeit in seiner Lunge versuchte zu atmen, verwandelten sich die drei zurück.

Diedeldei hockte sich neben ihn, streckte die Hand aus und tätschelte seinen Kopf. »Das war nur eine Warnung. Du wirst zurückkommen. Du wirst deinen Platz einnehmen. Und du wirst kooperieren. Andernfalls werden wir beim nächsten Mal nicht so nett zu dir sein.«

Quincy war froh, dass er in Katzengestalt und somit unfähig war, zu sprechen. Er wusste nicht, was er erwidert hätte, aber was immer es gewesen wäre, hätte ihm nur noch mehr Knochenbrüche oder vermutlich etwas noch Schlimmeres eingebracht. Er konnte nichts anderes tun, als dort zu liegen, qualvoll um Atem zu ringen und zuzusehen, wie sie die Feuerleiter hinaufkletterten und über die Hausdächer verschwanden.

Den Blick auf den Mond gerichtet, rang er um Kraft für eine Verwandlung, womit er die Heilung seiner Wunden in Gang setzen würde. Er war sich sicher, dass sie ihn nicht zum Sterben zurückgelassen hatten. Sie wussten, dass er heilen würde. Bis dahin wäre es sehr schmerzhaft, doch er würde wieder gesund werden. Nein, ihr Ziel war es, ihm Angst zu machen.

Alles, was sie jedoch erreichten, war, dass er angepisst war.

 

Er erinnerte sich nicht daran, die Augen geschlossen zu haben, doch er wünschte, es nicht getan zu haben. Dann hätte er sich eine ganze Menge Ärger erspart, als er sie wieder öffnete.

Er konnte nicht zu lange bewusstlos gewesen sein. Der Mond war nicht viel weiter gewandert; vielleicht war eine Stunde vergangen. Als er versuchte, sich zu bewegen, bemerkte er, dass er seine menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Das war besser, falls ihn jemand fand, zumindest was die Geheimhaltung betraf, doch in Katzengestalt würde er besser heilen. Sich erst in einen Menschen und dann in einen Jaguar zu verwandeln, wäre am besten, doch offenbar passierte dies nicht.

Quincy nahm eine Bestandsaufnahme vor. Seine Beine waren noch immer gebrochen, genauso wie einer seiner Arme. Er war sich sicher, dass ebenfalls wenigstens ein Dutzend Rippen gebrochen waren. Als er erneut versuchte, sich zu bewegen, stöhnte er, doch keines seiner Körperteile schien zu gehorchen.

Eine Sirene durchschnitt die Stille der Nacht, viel zu nah für seinen Geschmack. Quincy fluchte. Wenn ihn jemand gesehen und einen Krankenwegen gerufen hatte... wie zum Teufel sollte er das handhaben? Er musste los, musste hier weg.

Mit geschlossenen Augen versuchte er, seinen Jaguar herbeizurufen, doch dieser war zu verletzt und sie beide waren zu erschöpft. Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt. Mit einem lang gezogenen Stöhnen und einem lauten Schrei, schaffte er es, sich auf den Rücken zu drehen, nur um die riesigen, noch immer blutenden Schnitte auf seiner Brust und seinem Bauch zu sehen. Seine Beine konnte er sich nicht einmal anschauen, fühlte aber gut genug, wie schlimm es um sie stand.

Bastet, gib mir Kraft. Thoth, ich brauche deine Weisheit.

Keine der Gottheiten schien ihn erhören zu wollen. Tatsächlich war es ein schlechter Tag.

Einen Moment später erfüllten die Lichter des Krankenwagens die schmale Gasse, als dieser an deren Ende hielt. Sanitäter, die Quincy nur unscharf erkennen konnte – seine Brille, da war er sich sicher, lag irgendwo zerbrochen und war verloren gegangen –, sprangen aus dem Auto und rannten nach hinten. Bastet, was mache ich denn jetzt?

Doch seine oberste Gottheit gab ihm keinen Rat und bevor er sich selbst was überlegen konnte, kamen die Sanitäter auf ihn zu.

»Hey, was ist passiert?«

Oh, ich weiß nicht, ich wurde lediglich von drei Jaguargestaltwandlern angegriffen, die mich zu meinem Vater zurückbringen wollten, damit ich meinen Platz als Erbe der Führung unserer Dynastie übernehme, was ich nicht will. Daher haben sie mich verprügelt und so zurückgelassen.

Stattdessen krächzte Quincy: »Prügelei.«

Eins musste er dem Sanitäter lassen. Obwohl der Blick dieses Mannes deutlich Was Sie nicht sagen! ausdrückte, behielt er seine Gedanken für sich. »Und womit – oder mit wem – haben Sie sich geprügelt?«

»Ähm... weiß... nicht.« Es fiel ihm immer schwerer zu sprechen und der Schmerz drohte ihn erneut zu überwältigen. »Brauche... brauche keine Hilfe. Werde bald –«

»Versuchen Sie es gar nicht erst«, sagte der Sanitäter kopfschüttelnd.

Quincy war augenblicklich und seltsamerweise von dem Licht fasziniert, das von der dunklen, glänzenden Glatze des Mannes reflektiert wurde. Verdammt. Nicht gut. Bastet! Ich könnte jetzt wirklich etwas Hilfe gebrauchen...

»Können Sie mir Ihren Namen sagen?«

Quincy überlegte schnell, doch er vermutete, dass es egal wäre, wenn er ihnen seinen richtigen Namen nannte. Die Arschlöcher würden sich ihn erst mal nicht weiter vornehmen. Sie hatten ihre Botschaft überbracht und würden ihn zurücklassen, um zu heilen, und ihre Anweisungen befolgen – oder nicht. Und wenn er in ein Krankenhaus musste... aber würde er das Richtige tun? Shit. Hatte er eine andere Wahl? Der Einzige, den er kannte und der sich mit der Physiologie von Gestaltwandlern auskannte, war die eine Person, die er nicht sehen sollte, auf die er keine Aufmerksamkeit ziehen sollte.

»Quincy«, spuckte er hervor, obwohl seine Rippen furchtbar schmerzten und er sich ziemlich sicher war, dass sie in seine Lunge stachen. Er glaubte nicht, dass er noch viel mehr sprechen konnte, zumindest im Moment. Er würde heilen, selbst in menschlicher Gestalt, doch es würde eine Weile dauern und in der Zwischenzeit wäre es qualvoll.

»Gibt es ein Krankenhaus, das sie bevorzugen?«, fragte der Typ, als sie die Trage unter ihn schoben.

Quincy biss sich auf die Lippen, um nicht zu schreien, als sie ihn bewegten. Egal wie sanft oder vorsichtig sie es taten, es fühlte sich an, als würde er zerrissen werden.

Bastet, lass mich das Richtige tun, betete er einmal mehr und bevor er seine Meinung ändern konnte, sagte er: »Presby. Mein... Partner. Dr. Miles Grant.«