Aus dem Amerikanischen von Manfred Sanders

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe Slither

erschien 2006 im Verlag Leisure Books.

Copyright © 2006, 2013 by Edward Lee

Copyright © dieser Ausgabe 2016 by Festa Verlag, Leipzig

Titelbild: S. Beneš • benSwerk

Alle Rechte vorbehalten

eISBN 978-3-86552-517-8

www.Festa-Verlag.de

Für Don D’Auria –

ohne den ich heute Teller waschen würde.

Mein besonderer Dank gilt: Bob Strauss für unermüdliches Korrekturlesen; Cedric Perez für den technischen Kram; Shay Prentiss und Christine Torres; Noel und Lance von X Ray Productions; Jen und Monica von Rue Morgue; Kelli und Kelly vom Horror Web; Sascha Mamczak und Francis Hoch; Juan Carlos Poujade; Barry Anderson, Thomas Deja, Aaron Williams, Christine Morgan, Nick Yak. Außerdem Kathy, Mindi, Wendy, Pam und Tess.

PROLOG

Als Carol die beiden Zecken an ihren Brustwarzen sah, begann sie verständlicherweise zu schreien.

Sie schrie direkt in Howies Gesicht.

Papageien kreischten und flatterten von den Palmen auf, andere Tiere preschten durch das Dornengestrüpp davon. Hätte Howie sich nicht selbst so erschreckt, hätte er vielleicht erstaunt zur Kenntnis genommen, dass Carols Schrei kaum menschlich klang; er klang eher maschinenhaft – wie ein defektes Lager in einem hochtourigen Motor.

»Zecken!«, krähte Carol.

Howie starrte die Brüste an, hinter denen er schon den ganzen Monat her war, und ihm klappte die Kinnlade herunter. Er dachte: Gott Allmächtiger! Was sind das für VIECHER?

Und diese Viecher – kaum so groß wie Geleebohnen – schienen zu zittern

Sind das … sind das wirklich Zecken?

»Mach sie weg, mach sie weg, mach sie weg, Howie!« Carol lehnte schaudernd mit dem Rücken am Baum, ihr elegantes und sehr teures Tankini-Oberteil von Victoria’s Secret lag neben ihr auf dem Boden. Alles, was sie noch an Bekleidung trug, waren die modischen neonpinken Converse-Tennisschuhe und das winzige geblümte Bikinihöschen. Howie hatte sein gesamtes drittes Collegejahr danach gelechzt, sie so wie jetzt zu sehen …

Aber nicht, wenn sie Zeter und Mordio schreit mit zwei … zwei DINGERN an ihren Nippeln!

Carol rutschte langsam zu Boden, wahrscheinlich einem klinischen Schock nahe. »Ganz ruhig, ganz ruhig!«, versuchte er sie zu besänftigen. »Nicht ohnmächtig werden! Ich glaube nicht, dass das Zecken sind, und Blutegel sind es wohl auch nicht …«

Aber was dann?

Schnecken?

Carols Gesicht wurde immer blasser. Ihr Körper begann krampfhaft zu zucken, als würde man sie langsam unter Strom setzen.

Oh Scheiße! Howie hockte sich hin, legte vorsichtig die Hand um eine mandarinengroße Brust und zupfte eines der Dinger von ihrer linken Brustwarze.

Erst wollte es sich nicht lösen, und er stellte sich unwillkürlich winzige Widerhaken vor, die sich tief in den zarten Nippel gebohrt hatten und das Blut aussaugten. Als das Ding endlich abging, quollen ein paar kleine Blutstropfen heraus. Die Wanze, Zecke, Schnecke, was auch immer, fühlte sich wie eine gekochte Erbse an, nur dass diese »Erbse« glänzte, als ob sie feucht wäre, und eine seltsame gelblich-weiße Farbe mit kleinen roten Punkten hatte. Howie drehte das Ding um, nahm es zwischen die Fingerspitzen und drückte …

Oh Mann, das ist echt krass!

Es gab keine Mandibeln – keine Widerhaken –, aber er entdeckte winzige Follikel, die sich in den Körper des Dings zurückzogen. Irgendeine parasitäre Schnecke oder so was, vermutete er. Als er etwas fester zudrückte, trat tatsächlich etwas Blut aus, zusammen mit ein paar Fäden einer milchigen Flüssigkeit.

Er zupfte das andere Biest von Carols rechter Brustwarze ab und schnippte es weg.

»Carol?«

Sie war ohnmächtig geworden, eine breite Strähne ihres brandyfarbenen Haars war über ihre Augen gerutscht.

Ein tolles Inselwochenende, dachte er. Was für eine Pleite. Muss sie zurück zur Hütte bringen und Alan und Leona Bescheid sagen. Und dann, ganz der ritterliche Collegestudent, hob Howie sie hoch und trug sie den Pfad entlang.

Ungefähr sechs Meter weit.

Oh Mann!

Sie war nicht dick oder so, ganz im Gegenteil: schlank, grazil, eine Elfe. Aber sich eine Maid in Nöten über die Schulter zu werfen war nur im Film einfach. So schaffe ich es nie, sie zur Hütte zu bringen …

Also ließ er sie zurück.

Und rannte.

Es war Alans Idee gewesen, mit den Mädchen zu Pritchard’s Key zu fahren. »Der perfekte Platz für eine Party«, hatte er Howie versichert. »Da kommt nie jemand hin. Die Insel ist umgeben von dicken Felsen, und es gibt keinen Strand. Keine Stelle, wo man anlegen kann.«

»Und wie sollen wir da anlegen?«, fragte Howie.

»Ich weiß, wo die Buchten sind«, antwortete Alan. »Es gibt nur ein paar, aber wenn wir bei Hochwasser da sind, können wir problemlos mit dem Whaler reinschippern, und keiner kann uns verscheuchen – nicht mal die Bullen.«

Das klang großartig, fand Howie, und was Alan ihm als Nächstes erzählte, klang noch großartiger: »Carol hat endlich diesen Muskelprotz, mit dem sie zusammen war, abserviert, und jetzt ist sie heiß auf dich, Mann. Sie hat sogar gesagt, dass sie dich süß findet!«

Howie hätte sich fast an seinem Corona Light verschluckt. »Woher weißt du das?«

»Leona hat es mir gestern Abend erzählt, nachdem ich mit ihr die beste Nummer ihres Lebens geschoben habe«, berichtete Alan stolz. »Und Leona und Carol sind beste Freundinnen. Kumpel, wir schleppen die Mädels nach Pritchard’s Key, füllen sie ab und vögeln ihnen das Hirn aus dem Leib. Vielleicht ziehen sie sogar diese kleinen Lesbenspielchen ab, die sie manchmal machen – und lassen uns dabei zusehen.«

Mehr musste Howie nicht hören.

Laut Alan gab es da eine Hütte in der Mitte der Insel. »Das Partyzentrum, Mann.« Als Howie sie schließlich zu Gesicht bekam, fand er, dass sie mehr wie ein alter Geräteschuppen aussah. »Was zum Teufel hat diese Hütte auf einer Insel zu suchen, die eigentlich unzugänglich ist?«, fragte er.

»Hier war mal so eine Art Außenposten der Army«, informierte Alan ihn. »Aber das ist schon lange her, irgendwann in den 50ern oder so. Irgendwann haben sie ihn dichtgemacht. Und diese Hütte war so was wie ein Vorratsschuppen.«

Howie tat es mit einem Achselzucken ab.

Alan und Leona waren noch dabei, den Gasgrill aufzubauen, als Carol Howie zuzwinkerte. »Lass uns ein bisschen spazieren gehen«, flüsterte sie. Es war ein langer Spaziergang geworden.

Howie wusste, dass er ganz gut aussah und etwas an sich hatte, auf das Frauen abfuhren, aber Carol war eine echte Sahneschnitte. Sanft geschwungene Kurven, schlanke sonnengebräunte Beine, breite Hüften und ein flacher Bauch. Sie ist echt das schärfste Gerät, mit dem ich je losgezogen bin, dachte er mit einer gewissen Ungläubigkeit. Und hier habe ich sie ganz für mich! Nachdem die beiden Händchen haltend einen langen, ausgiebigen Spaziergang über die Insel gemacht hatten …

… war es so weit.

In der einen Sekunde bummelten sie noch nebeneinander her, in der nächsten klebten ihre Lippen aufeinander.

»Normalerweise stehe ich ja nicht so auf Jungs«, gestand sie keuchend, »aber auf dich bin ich schon seit einem Jahr scharf …«

Und damit hatte sie ihr Oberteil ausgezogen …

… und angefangen, wegen der zeckenartigen Viecher an ihren Nippeln wie am Spieß zu schreien.

Als er jetzt rannte, stellte Howie fest, dass die Insel größer war, als er gedacht hatte. Wo ist der verdammte Weg? Schon bald hatte er sich verlaufen und trampelte durch den üppigen tropischen Wald. Wenn er doch nur sein Handy mitgenommen hätte! Er kämpfte sich weiter durch das Grünzeug und stand plötzlich im grellen Sonnenlicht und schaute auf eine Wasserfläche. Das musste die Bucht sein, in der sie Alans Boston Whaler festgemacht hatten. Aber …

Moment mal …

Da war tatsächlich ein Boot an ein paar Mangrovenwurzeln direkt vor ihm vertäut …

Das ist nicht unser Boot …

Es war nur ein Ruderboot mit einem kleinen Außenbordmotor. Das muss eine der anderen Buchten sein, von denen Alan geredet hat, begriff Howie. Das kleine Boot schaukelte sanft auf dem Wasser. Das bedeutete …

Noch jemand musste auf der Insel sein.

Howie stieg in das Boot, in der kläglichen Hoffnung, vielleicht ein Funkgerät zu finden, ein Handy, vielleicht auch nur eine Leuchtpistole, aber da war nichts. Er hob eine kleine Karte auf, die auf dem Boden lag.

GEZEITENTABELLE ZENTRALFLORIDA, WESTKÜSTE, stand da.

Na klar, dachte Howie. Wir sind nicht die Einzigen, die auf diese Insel kommen, um Party zu machen. Und natürlich hatten die anderen eine Gezeitentabelle dabei, denn man kam nur bei Hochwasser mit einem Boot auf die Insel.

Stirnrunzelnd betrachtete Howie die Tabelle. Sie war vom letzten Monat.

Er hob ein Stück Papier auf, das im Boot lag. Eine Kreditkartenquittung. Herbster’s Marine Exxon. Der Kapitän des Bootes hatte da offensichtlich seinen Tank gefüllt. Genau da, wo Alan heute Morgen auch getankt hat, erinnerte sich Howie. Aber diese Quittung war schon drei Wochen alt. Der Name des Karteninhabers lautete Robb White.

Die Zahnräder in Howies Kopf ratterten. Robb … White … Genau. Der Typ aus dem Footballteam, Abschlussjahrgang, fiel ihm mit zunehmendem Grauen ein.

Grauen deshalb, weil Robb White und ein paar seiner Freunde als vermisst gemeldet worden waren …

Vor drei Wochen.

Gar nicht gut, dachte Howie. Aber das musste jetzt erst mal warten; Carol war wichtiger. Howie suchte das Boot ein letztes Mal nach einem Funkgerät oder Handy ab, fand nichts und drehte sich um, um wieder ans Ufer zu steigen.

Oooooh SCHEISSE!

Die Leiche einer jungen Frau dümpelte direkt vor dem Bug im Wasser. Die Art und Weise, wie sich ihr schwarz gefärbtes Haar auf dem Wasser auffächerte, sah fast hübsch aus.

Der Rest von ihr war weniger hübsch.

Wahrscheinlich war sie nackt, aber man konnte es nicht genau erkennen, denn etwas war um sie gewickelt, das aussah wie ein rosa Gartenschlauch – offenbar eine Schlange. Sie umgab ihre Oberschenkel, ihre Hüften, ihren Brustkorb und ihren Hals, und sie schillerte auffallend. So ekelhaft der Anblick ohnehin schon war, noch schlimmer war die Farbe: rosa-fleischfarben, wie die Innenseite einer Wange. Die Augen der Frau saßen nicht mehr in den Höhlen, sondern trieben auf dem Wasser, nur noch durch die Sehnerven mit dem Körper verbunden. Der Schwanz der Kreatur bewegte sich träge zwischen ihren wachsweißen Beinen, während ihr Kopf …

Howie konnte nur glotzen.

Der Kopf des Viechs hatte sich in den Mund der Frau gebohrt, und der Schlangenkörper schien zu pulsieren … als würde er etwas durch ihre Speiseröhre pumpen.

Howie hatte genug. Ich … muss … HIER WEG! Aber als er vom Boot sprang, bemerkte er aus den Augenwinkeln etwas auf der anderen Seite der stillen Bucht.

Sein Blick ruckte hoch …

Ein Mann stand zwischen den Bäumen. Er trug eine Art schwarzen Overall mit integrierten Fäustlingen.

Und eine Gasmaske und eine Schutzhaube.

Militär, dachte Howie.

Als er blinzelte, war der Mann verschwunden.

Howie rannte zurück in den Wald, als wäre ihm eine Horde Teufel auf den Fersen.

KAPITEL 1

(I)

»Würde mir vielleicht mal jemand erklären, warum genau diese Insel so was Besonderes ist, was Rote Borstenwürmer angeht?«, fragte die Blonde im Bikini am Ende der Sitzbank.

Ihr Name war Annabelle Omart – mittagsblaue Augen und ein Körper wie eine Fernsehshowmoderatorin. Sie kam aus New York, von der Redaktion des National Geographic. Ihr Körper deutete auf einen ehrgeizigen Trainingsplan hin – wahrscheinlich in einem exklusiven Fitnessstudio. Das Einzige, was fehlte, war eine ausgeprägte Sonnenbankbräune. Die Frau saß sittsam und brav angeschnallt auf der Mannschaftssitzbank des Hubschraubers.

»Es liegt an etwas, das man einen kontratropen Bach nennt«, antwortete Nora ohne das geringste Interesse. Als sie nichts weiter dazu sagte, fuhr Loren Fredricks, ihr Mitarbeiter, für sie fort: »Was im Grunde nichts anderes ist als ein ungewöhnlicher Zusammenfluss des vom Festland ablaufenden Wassers. Schwerkraft und Bodenstruktur leiten das Wasser zu einem einzigen Punkt zusammen, und eine Unterwasserströmung im Golf drückt es nach außen. Pritchard’s Key liegt zufällig genau an dem Punkt, an dem sich dieser Zusammenfluss zu zerstreuen beginnt.«

Der Führer von der Army hörte nicht zu, ebenso wenig der Cabin Master, ein ruppiger Stabsfeldwebel. Beide starrten nur die Blonde an. Sogar die Piloten im Cockpit drehten sich immer wieder um und begafften die Frau.

Professorin Nora Craig saß nur da und machte ein finsteres Gesicht.

Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Kabinenwand, während Loren die anderen mit Informationen über den erstaunlichen Roten Borstenwurm zu beeindrucken versuchte. Derweil lauschte Nora auf die Rotorgeräusche des Hubschraubers, um sich von dem schleichenden Bohren ihres angeschlagenen Selbstwertgefühls abzulenken. Warum lasse ich mich von dieser blonden Pin-up-Tussi, die sich als Fotografin ausgibt, so verunsichern? Vielleicht spielten ja nur ihre Hormone verrückt.

Sie ließ ihren Blick durch die Hubschrauberkabine schweifen und versuchte, die Anwesenden objektiv zu beurteilen. Lieutenant Trent sah eher wie ein Verkäufer in der Haushaltsgeräteabteilung eines Kaufhauses aus. Er ging auf die 40 zu, hatte immer ein leichtes Grinsen im Gesicht, und hinter seinen Augen spielte sich nicht viel ab bis auf einen Mangel an Begeisterung. Offensichtlich war er der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Army zugeteilt worden, dem »PR-Sprachrohr zwischen dem Militär und dem zivilen Sektor«, wie er erklärt hatte. »Immer wenn Zivilisten auf Militärgelände herumgeführt werden müssen, schicken sie mich.« Trents Kampfanzug war zerknittert, was vielleicht darauf schließen ließ, wie oft dieser Schreibtischtäter ihn trug. Ohne die Ablenkung durch das Dekolleté der blonden Fotografin wäre er wahrscheinlich längst eingeschlafen.

Loren Fredricks war Noras wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität. Wie viele Akademiker war er sozial völlig unbeholfen und hockte auch so linkisch da wie ein Bilderbuch-Nerd. Er war eine große Bohnenstange mit knorrigen Knien und einem langen Hals, an dem einer der vermutlich größten Adamsäpfel der Menschheitsgeschichte saß. Dazu hatte er vorstehende Zähne und einen wirren Schopf aus drahtigen dunklen Haaren. Er saß am Rand seines Sitzes und erläuterte lebhaft die Evolution der Borstenwürmer im Allgemeinen und ihre einzigartige »parapodische« Fortbewegungsweise im Besonderen. Er langweilt sie zu Tode, dachte Nora, und merkt es noch nicht mal.

Der Stabsfeldwebel war ein typischer Neandertaler mit seinem grünen Helm und dem bulligen Kinn, und die beiden Piloten im Cockpit sahen nicht viel anders aus. Da hat jemand in den Pool gepinkelt, dachte Nora angesichts der grobschlächtigen Höhlenmenschengesichter. In den Genpool. Die Männer hatten eindeutig nicht das geringste Interesse an dieser Exkursion, und wenn sie überhaupt Lorens zermürbenden Erläuterungen zuhörten, dann nur, um die Blonde anstarren zu können, die neben ihm saß. Sie interessieren sich nur für den Flug und die schöne Aussicht.

»Stimmt’s, Nora?«, fragte Loren.

Nora schreckte aus ihren Gedanken auf und blinzelte. »Äh … was?«

»Ich habe Annabelle gerade von den Fortpflanzungsgewohnheiten einiger Borstenwürmer wie etwa Eunice didacta erzählt.«

Annabelle, dachte Nora in ihrem gelangweilten Dämmerzustand. Ach ja. Die Blonde. Er nennt sie beim Vornamen, als wären sie beste Freunde. »Die weibliche didacta verschlingt das gesamte Posterium des Männchens.«

»Posterium?«, wiederholte Annabelle.

»Die hinterste Spitze des Wurmkörpers«, erklärte Nora.

»Welche im Falle dieser Spezies auch das Spermienreservoir enthält – den Penis, wenn Sie so wollen«, vervollständigte Loren grinsend. »So funktioniert der Geschlechtsverkehr der Eunice didacta.«

Annabelles Augen wurden groß. »Wie faszinierend!«

Der Stabsfeldwebel mit dem breiten Kinn stieß Trent den Ellbogen in die Seite. »Das ist doch mal was, hm, Luey? Das Wurmmädchen frisst dem Wurmburschen sein Gerät weg und lässt sich so anbumsen!«

»Entzückend.«

Der Stabsfeldwebel lachte zusammen mit den beiden Piloten, während Trent über die Vorstellung nur die Stirn runzelte.

»Das klingt ja nach einem sehr speziellen Forschungsgebiet«, sagte Annabelle. Sie zeigte auf Lorens T-Shirt, auf dem stand: POLYCHAETOLOGISTS DO IT BETTER! »Dieses Wort da. Polych…«

»Polychaeten«, antwortete Loren glücklich. »Das ist die Klasse von Würmern, die zu fotografieren man Sie hierhergeschickt hat.«

Nora hatte fast schon ein schlechtes Gewissen, dass sie nichts zur Unterhaltung beitrug. »Der Rote Borstenwurm zum Beispiel. Scarlata ist die Gattung, Polychaeta ist die Klasse, und das Ganze liegt im Stamm der Anneliden – der alle segmentierten Würmer umfasst.«

»Oh«, machte die Blonde, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Loren zu. »Also bedeutet dieses Wort auf Ihrem T-Shirt …«

»Polychaetologen«, erklärte Loren, »sind Wissenschaftler, so wie ich und Professor Craig, die speziell diese Sorte Würmer erforschen. Das ist unser Job.«

»Großartiger Job«, meinte Trent leicht erstaunt.

Der Stabsfeldwebel rief glucksend dem Piloten zu: »He, Flappy, hast du gehört? Die beiden hier sind Wurmforscher!«

»Und das allgemeine Studium der Würmer«, fuhr Loren fort, »nennt man Helminthologie.«

»Wow«, sagte Annabelle.

Nora konnte es nicht glauben. Er hat ihr gerade gesagt, dass er ein Wurmspezialist ist – und sie ist beeindruckt!

»Ich bin nur Fotografin«, plapperte Annabelle. »Aber einem richtigen Wissenschaftler zuzuhören … dabei komme ich mir so dumm vor!«

Das bist du auch, gab Nora ihr recht. Sie wird besser bezahlt und sieht toll aus … aber wenigstens bin ich brauner als sie.

»Worauf ich mich am meisten freue«, schwatzte Annabelle weiter und drückte ihren Busen nach vorne gegen den Sicherheitsgurt, »ist, braun zu werden. Ich trainiere so hart im Fitnessstudio, um meinen Körper fit zu halten … Ich denke, solange ich in Florida bin, sollte ich die Sonne ausnutzen. Um so gut wie möglich auszusehen.«

Ein unglaubliches Ego, dachte Nora. Mit verkniffenem Gesicht schaute sie aus dem Fenster. Selbst WENN ich wie sie aussehen würde, das WEISS ich, würde ich mich deshalb nicht wie ein Arschloch aufführen.

Was die Reise selbst anging, so hatte die Universität Nora und Loren auf diese Exkursion geschickt, weil sie sich in der Gegend auskannten und ihre Referenzen unübertroffen waren. Die ganze Geschichte war von nichts Geringerem als National Geographic angeleiert worden. Es klang exotisch.

Es ist eine beschissene kleine Insel ohne Strand, und sie ist unbewohnt, meldete sich Noras Zynismus zu Wort. Und wir müssen vielleicht eine Woche oder länger dortbleiben. Ich verpasse Desperate Housewives, damit diese Tussi ein paar Fotos von einer Polychaeta scarlata schießen kann. Annabelle war einer der professionellen Unterwasserfotografen der berühmten Zeitschrift. NG brauchte einige gute Fotos von der Scarlata, einem der seltensten Meereswürmer der Welt. Und es ist verdammt viel billiger, nach Pritchard’s Key zu fliegen, anstatt in einen 1000 Meter tiefen Graben im Mittelmeer zu tauchen. Noras und Lorens Aufgabe war es, den außergewöhnlichen Wurm für Annabelle ausfindig zu machen, damit sie Fotos für ein Sonderheft über Meeresbodenbewohner machen konnte, und da Pritchard’s Key rechtlich gesehen noch immer Militärgelände war, wenn auch außer Funktion, war Trent als offizieller Begleiter der Gruppe mitgeschickt worden.

Das also waren die Umstände, denen Noras Hintern es zu verdanken hatte, dass er jetzt auf der harten Sitzbank eines alten Hubschraubers saß.

Was für ein Freudenfest mein Leben doch geworden ist …

»Krebse, Fische, Haie, sogar Mörderwale«, zählte Annabelle auf. »Ich habe sie alle fotografiert, manchmal in ziemlich tiefen Tiefen.« Sie schüttelte sich leicht, um ein imaginäres Unbehagen zu vertreiben, aber Nora wusste, dass es nur eine Pose war. Sie streckt ihre Titten raus, um die Kerle scharfzumachen. Es war so leicht zu durchschauen. Sie ist die Stammeskönigin und markiert ihr Revier, um der mageren Rivalin zu zeigen, dass sie keine Chance hat.

»Aber ich habe noch nie Meereswürmer fotografiert«, fuhr die Blonde fort. »Was ist so besonders an dem hier?«

Es trieb Nora zur Weißglut, dass Annabelle ihre Fragen an Loren richtete und nicht an Nora, die die weitaus qualifiziertere Expertin war.

»Er ist der seltenste unter den Polychaeten«, antwortete Loren. »Und wahrscheinlich der, der den spektakulärsten Anblick bietet. Leuchtend rote Streifen verlaufen zwischen seinen Parapodien – den Ringen um seinen Körper.«

Jetzt schlich sich ein Anflug von Besorgnis in Annabelles Stimme. »Wie groß ist er denn? Ich meine … ist es ein richtig großer Wurm? Urgs. Das fände ich echt eklig. Spinnen, Kakerlaken und große Würmer – die finde ich wirklich fies.«

»Dann brauchen Sie keine Angst zu haben, denn die Polychaeta scarlata wird nie länger als ein paar Zentimeter.«

»Soweit wir wissen«, warf Nora ein.

Funkelte Annabelle sie bei der Bemerkung tatsächlich an?

Loren tat es mit einem Lachen ab. »Oh, Professor Craig macht nur Spaß, Annabelle. Für einen Warmwasserwurm wie diesen ist es unmöglich, länger als vier oder fünf Zentimeter zu werden.«

»Oh, Gott sei Dank!« Die Blonde lachte, aber als sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn wischte, tat sie es mit dem Mittelfinger.

Eine an Nora gerichtete Botschaft?

Nora stützte ihre Wange auf der Hand ab. Das wird bestimmt ein wundervoller Aufenthalt.

Der Hubschrauber setzte geräuschvoll auf einem halb überwucherten Landeplatz auf, der am Rand der Insel aus dem Unterholz gerodet worden war. »Oh nein! Die kleinen Eidechsen!«, rief Annabelle, die am Fenster saß. Nora lächelte, als sie hinausschaute und sah, wie der Luftwirbel der Rotoren unzählige kleine Anolis aus den Palmen blies.

»Die sind so süß!«, beschwerte Annabelle sich. »Und wir bringen sie um!«

Halt die Klappe, du Hohlkopf, dachte Nora. Wenn die Biester größer wären, würden sie dich bei lebendigem Leib fressen.

»Aussteigen! Köpfe runter, im Gänsemarsch!«, bellte der Stabsfeldwebel.

Nora war als Erste draußen, und sie war so zierlich gebaut, dass der Rotorwind sie fast von den Beinen riss. Nacheinander rannten sie von dem dröhnenden Lärm fort.

»Das ist also Pritchard’s Key«, bemerkte Annabelle.

»Die Insel ist größer, als sie aussieht«, meinte Trent. »25 Quadratkilometer und dicht bewachsen. Ich wette, es gibt Abschnitte, in die noch nie jemand einen Fuß gesetzt hat.«

»Aber ich verstehe immer noch nicht, was diese Insel mit dem Militär zu tun hat.«

»Ich glaube, es gab hier mal eine Radarstation oder so etwas«, sagte Nora. Sie musste ihre Augen vor dem grellen Sonnenlicht abschirmen, das wie eine Guillotinenklinge blitzte. Wo sie auch hinschaute, war sie umgeben von einer Explosion grün zugewucherter Palmen.

»Nein, eine Raketenstellung«, verbesserte Loren sie. »Die Leute drüben in Clearwater nannten die Insel Nike Island.«

Annabelle runzelte die Stirn. »Was haben Turnschuhe mit Raketen zu tun?«

Nora lachte laut auf.

»Das Nike-Raketenprogramm lief Mitte der 80er aus«, erklärte Trent. »Dabei handelte es sich um eine taktische Luftabwehrrakete, die zum ersten Mal Ende der 50er in den NATO-Staaten stationiert wurde, um feindliche Luftstreitkräfte abzuwehren. Als die Rakete allmählich veraltete, zogen wir sie nach und nach aus Europa ab und stationierten sie auf dem amerikanischen Kontinent. Unsere größte Sorge galt damals Leonid Breschnew und seinen neuen Backfire-Bombern. Die Nike war nicht mehr die schnellste Flugabwehrrakete, aber sie konnte wegen ihrer großen Reichweite noch gegen potenzielle Bomberbedrohungen eingesetzt werden. Die Army stationierte 15 Nikes hier auf dieser Insel, um die MacDill Air Force Base und das Munitionsdepot der Army in Jacksonville zu schützen. Glücklicherweise stellte sich der gefürchtete Backfire-Bomber als der größte Schrotthaufen heraus, den die Sowjetunion jemals in die Luft brachte, und inzwischen gibt es nicht mal mehr eine Sowjetunion, deshalb brauchen wir auch die Raketen nicht mehr.«

Annabelle wirkte besorgt. »Sie meinen, es gibt Atomraketen auf dieser Insel?«

»Nein, nein, die Nikes hier waren niemals mit Nuklearsprengköpfen bestückt. Und die Army brachte sie ’85 alle von hier weg.«

Die Blonde seufzte erleichtert. »Oh, wow, einen Moment lang dachte ich, Sie würden uns sagen, dass es irgendwelche radioaktiven Sachen auf der Insel gibt.«

Nora hätte kaum weniger interessiert sein können, aber zufällig bemerkte sie eine seltsame Pause in Trents Monolog, so als wäre er einen Moment lang bestürzt. »Nein«, sprach er dann weiter. »Die Nike war strikt defensiv, und mittlerweile wird sie nicht mehr gebraucht. Wir haben jetzt die Patriots, mit denen wir uns um alles kümmern.«

»Nicht gerade viel Strand«, meinte Loren mit Blick auf die Küstenlinie. Schwarze Felsbrocken so groß wie Kleinwagen schienen die Insel komplett zu umgeben. »Nur ein Haufen Felsen.«

»Ja, große Felsen«, sagte Annabelle.

Fast so groß wie die in deinem Kopf, dachte Nora.

Annabelle zupfte an ihrem meeresblauen Bikinioberteil. »Ich hatte gehofft, zwischen den Aufnahmen ein bisschen braun zu werden, aber wie soll das gehen? Es gibt keinen Strand!«

Nora schüttelte den Kopf. Oh nein! Das Püppchen kann sich nicht bräunen! Armes, armes Püppchen!

»Auf der anderen Seite gibt es einen Streifen Strand«, sagte Trent. »Er ist ebenfalls von Felsen umgeben, aber es gibt immerhin genug Platz, um sich hinzulegen. Aber bevor wir das tun – ein Wort der Warnung.« Er reichte jedem eine natogrüne Spraydose sowie ein neongrünes gummiertes Insektenschutz-Armband. »Diese Insel ist das Königreich der Insekten. Wir sollten uns bei jeder Gelegenheit einsprühen. Und tragen Sie Ihre Armbänder. Sie riechen nicht so toll, aber sie funktionieren.«

»Na großartig. Mücken meinen Sie?« Mit einer Miene, als hätte sie in eine Zitrone gebissen, sprühte Annabelle sich Arme und Beine ein und legte das Armband um ihr Handgelenk.

»Die Mücken sind gar nicht so schlimm«, erwiderte Trent, »aber es gibt hier Zecken und Sandflöhe.«

»Noch schlimmer. Ich will braun werden, nicht Borreliose bekommen!«

Du bist so aufgeblasen und nervtötend, dachte Nora, dass die Zecken bestimmt nicht in deine Nähe kommen. Als sie sich selbst fertig eingesprüht und ihr Armband angelegt hatte, fragte sie: »Wir sind nur ein paar Meilen von der Küste entfernt. Warum dieser teure Hubschrauberflug, wenn wir auch eine schnelle Bootsfahrt hätten machen können?«

Trent zeigte auf die Felsbrocken. »Diese Felsen umringen die ganze Insel. Es ist sehr schwer, mit einem Boot hier zu landen, und die Strömung ist so stark, dass man, wenn man weiter draußen ankert und hierher schwimmt, Gefahr läuft, sein Boot zu verlieren. Klar, hin und wieder kommen ein paar Jugendliche her, um zu campen und Party zu machen. Der einzige Grund, dass ich überhaupt etwas über Pritchard’s Key weiß, ist der, dass ich einmal im Monat herfliegen und nach dem Rechten sehen muss. Muss mich vergewissern, dass keiner irgendeinen Schaden angerichtet hat.«

Nora und Loren wechselten einen Blick. Was zum Teufel interessiert sich die Army für einen Raketenstützpunkt, auf dem es keine Raketen mehr gibt?, fragte Nora sich. Die einzige Behörde, die sich für Vandalismus interessieren dürfte, ist die Naturschutzbehörde von Florida.

Mit finsteren Gesichtern schleppten der Stabsfeldwebel und die Piloten Kisten mit Versorgungsgütern heran.

»Wo werden wir schlafen, Lieutenant?«, wollte Loren wissen.

»In Biwakzelten natürlich«, erwiderte Trent. »Und wir werden Army-Rationen essen.«

Annabelle verzog das Gesicht.

»Sie werden sich wundern, wie gut die sind«, versicherte Trent ihr. »Und wir werden eine Felddusche aufstellen, es muss also keiner stinken.«

»Gibt es eine Wasserleitung, die raus bis zur Insel führt?«, fragte Nora.

»Nein, nein. Zur alten Raketenstation gehörte auch ein guter alter Army-Wasserreiniger und -entsalzer, der noch funktioniert. Und ein Generator, wir werden also auch Licht haben.«

Dann müssen wir hier ja nicht wie die Buschmänner leben, dachte Nora erleichtert. »Loren und ich würden gern irgendwo ein Feldlabor aufbauen, um Wurmproben für die Universität zu katalogisieren. Müssen wir dafür auch ein Zelt nehmen?«

»Es gibt 15 leere Kopfhütten«, sagte Trent. »Sie können eine davon benutzen. Da gibt es Licht, Strom für Ihre Laptops – was immer Sie brauchen.«

»Kopfhütten?«, fragte Loren verwundert.

»Das ist Armeeslang für die alten Abschussrampen. Eine Kopfhütte ist ein Raketenbunker. Die Rakete auf ihrer Abschussschiene wird als Raketen-›Kopf‹ bezeichnet, deshalb ›Kopfhütte‹. Ich werde sie Ihnen gleich zeigen. Wahrscheinlich müssen Sie sie aber erst ausfegen. Ich stecke immer nur einmal im Monat kurz den Kopf rein, um mich zu vergewissern, dass sich da niemand illegal einquartiert hat.«

Und zehn zu eins, dass diese Kopfhütte bis obenhin voll ist mit Spinnen und weiß Gott was noch allem, dachte Nora.

»Können Sie uns ein bisschen auf der Insel herumführen?«, fragte Annabelle den Lieutenant. Eine Kamera baumelte um ihren Hals. »Ich kann es gar nicht erwarten, sie zu sehen. Es sieht alles so exotisch aus.«

Trent führte sie auf einen Pfad zu. »Wenn Sie auf unberührte tropische Natur stehen, werden Sie hier bestimmt auf Ihre Kosten kommen.«

Mit finsterem Gesicht schleppte Nora zwei Koffer Marschgepäck, während Loren den Laptop und eine große Tasche mit Laborausrüstung trug. Annabelle hüpfte nur mit ihrer großen Nikon auf dem Busen herum. »Es ist so schön hier«, sagte sie verzückt.

Was würdest du davon halten, mir einen dieser verdammten Koffer abzunehmen?, meldete sich erneut Noras Sarkasmus. Sie schnaubte. Vergiss es.

Mehrere Arten von Palmen bildeten vor ihnen ein beinahe undurchdringliches Gewirr. Nora war noch keine drei Meter weit gegangen, als sie schon drei verschiedene Arten von Geckos, zwei Papageienarten und eine kreischende Lachseeschwalbe identifiziert hatte. Sobald sie den Pfad betreten hatten, erstreckte sich vor ihnen ein stilles Sumpfgebiet, aus dem Mangrovenwurzeln ragten wie bizarre Rohrleitungen. Büschel von Wasser-Gleditschien schienen zu zittern, als sie daran vorbeigingen; Eulen schauten aus ihren hohen Nestern in Palmettopalmen zu ihnen herab. Vor einer Minute waren sie noch von der Sonne geröstet worden, aber jetzt schien der Wald sie in seine labyrinthische Kühle hineinzuziehen. Nora fühlte sich, als hätte sie eine andere Welt betreten.

ZUTRITT VERBOTEN!, warnte ein Schild mit roten Blockbuchstaben. SPERRGEBIET DER U. S. ARMY! DIESER BEREICH STEHT UNTER ÜBERWACHUNG – UNBEFUGTE EINDRINGLINGE UNTERLIEGEN DEN ZIVILSTATUTEN DER MILITÄRGERICHTSBARKEIT SOWIE DEM GESETZ DES STAATES FLORIDA.

»Na, das ist mal eine nette Begrüßung«, scherzte Loren.

»Sie haben hier draußen Überwachungskameras?«, fragte Nora.

»Nicht mehr«, antwortete Trent gelangweilt, während er weiter voranschritt. »Das Schild ist nur heiße Luft, aber normalerweise wirkt es.«

»Ein Tummelplatz regionaler Flora und Fauna«, meinte Loren begeistert. Ein Marschkaninchen flitzte ins Unterholz, als sie näher kamen. Sumpflilien und wilde violette Petunien nickten mit ihren Köpfen, Louisianamoos hing wie dichtes grünes Lametta an niedrigen Zweigen.

»Es gibt hier auch Lederrückenschildkröten, Wanderfalken und Langohrfledermäuse.«

»Die muss ich unbedingt fotografieren!«, jubelte Annabelle.

»Ich sage es Ihnen nicht gerne«, fuhr Trent fort, »aber die meisten der wilden Tiere hier sind nicht an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt, deshalb werden Sie sie wahrscheinlich nie zu Gesicht bekommen.«

»Was ist mit Alligatoren?«, wollte Annabelle wissen.

»Hier gibt es keine. Aber selbst wenn …« Trent klopfte auf die Pistole an seiner Hüfte. »Ich bin qualifizierter Pistolenexperte der Army.«

Dirty Harry in Oliv, dachte Nora.

Voraus bemerkte sie einen breiten Streifen Sonnenlicht hinter den Bäumen. Es sah irgendwie seltsam aus, bis sie ins Freie traten.

»Wow«, sagte jemand. Eine Lichtung von der Größe eines Fußballfeldes war in den Wald gehauen worden, und darauf hatte man Trents »Kopfhütten« errichtet. Sie sahen gar nicht aus wie Hütten, eher wie Blockhäuser. 15 dieser Bauten standen in ordentlichen Reihen, zwölf Meter lang, sechs hoch und sechs breit. Alle hatten grau gestrichene Metalldächer.

»Das sind so ziemlich die hässlichsten Dinger, die ich je auf einer Insel gesehen habe«, meinte Loren.

»In der Army«, sagte Trent, »ist das Hässlichste oft das Effizienteste. Ganz egal, was es ist. Ein Lkw, eine Mülltonne, eine Krawatte oder eine Kopfhütte – die Army gibt sich alle Mühe, es so hässlich wie möglich zu machen. Selbst die Nike-Raketen waren hässlich.«

»Aber Sie haben gesagt, dass es hier jetzt keine Raketen mehr gibt?«, fragte Annabelle.

»Keine einzige. Wie ich Ihnen schon sagte, wurden sie am Ende von Reagans zweiter Amtszeit demontiert, und ich glaube, wir haben sie an Israel weitergegeben.«

»Die Glücklichen«, bemerkte Nora.

Ein Schlüsselbund klimperte. »Begrüßen Sie Ihr neues Feldlabor«, sagte Trent und schloss eine schwarze – und sehr hässliche – Metalltür auf. Türangeln quietschten. Er ging hinein und tastete an der Wand herum. »Zumindest sollten wir Strom haben.«

»Sollten?«, fragte Nora.

»Ein Wartungsteam sollte gestern hier gewesen sein, um den Generator und die Wasserreiniger aufzutanken. Der Generator läuft mit Diesel.«

Plötzlich wurde es hell – und dann sprangen alle einen Zentimeter in die Luft, als eine Serie lauter, scharfer Knallgeräusche erklang.

»Was war das?«, rief Annabelle.

Alle gingen hinein. Trent schaute nach oben. »Nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Wir haben nur ungefähr ein Drittel der Glühbirnen hochgejagt.«

Nora sah lange Reihen großer kugelförmiger Lampen unter dem Metalldach des Gebäudes. »Es ist okay«, sagte sie. Und sie sah auch nirgendwo Spinnweben oder Wespennester. »Ein bisschen muffig, aber es wird schon gehen.«

Annabelle ließ ihren Blick durch das Blockhaus wandern. »Und vor 20 Jahren war eine Rakete in diesem Gebäude?«

»Jepp«, sagte Trent. »Und wenn die Mannschaft jemals eine hätte abfeuern müssen, hätte ein Motor das Dach auseinanderfahren lassen, die Abschussschiene der Rakete hätte sich gehoben – und ab damit.«

»Sie hätten sie von hier drin abgeschossen?«, wunderte Nora sich. »Hätte es denn keinen Feuerstrahl gegeben und Abgase?«

»Abgefeuert hätte die Mannschaft sie von der Raketenstation aus, nicht aus einer dieser Kopfhütten.«

»Wo ist die Station?«

»Auf der anderen Seite der Insel. Ich kann sie Ihnen zeigen, wenn Sie wollen, aber …«

»… wer will schon noch ein hässliches Army-Gebäude sehen«, beendete Loren den Satz.

»Genau.«

Nora stellte ihr Gepäck ab und schaute sich um, in dem Versuch, sich mit der Umgebung anzufreunden. Es wird nicht leicht werden, aber ich werde mich zumindest bemühen, vernünftige Arbeit abzuliefern. »Tja, scheint alles in Ordnung zu sein, Lieutenant. Ich denke, wir fangen schon mal an, unsere Ausrüstung aufzubauen.«

»Ich möchte nur ungern meine Kameras und die Taucherausrüstung hier drin lassen«, beschwerte sich Annabelle.

»Ich kann Ihnen garantieren, dass Ihre Wertsachen und Ihre Ausrüstung hier vollkommen sicher sind«, sagte Trent. »Es ist für Diebe echt schwierig, auf die Insel zu kommen.«

Nora war sich nicht sicher, aber sie glaubte zu hören, wie Annabelle Trent etwas zuflüsterte, das klang wie: Ich vertrauen Ihnen und Loren, aber … Die Blonde warf Nora einen kurzen Blick zu, runzelte die Stirn und schaute wieder weg.

Du mieses Stück!, dachte Nora.

»Bevor Sie den Rest Ihrer Ausrüstung holen, sollten Sie mit mir zur anderen Lichtung kommen«, schlug Trent vor und scheuchte die anderen nach draußen. »Da ist der perfekte Zeltplatz.«

Nora seufzte und ließ die klobigen Ausrüstungskoffer stehen. Die Gruppe marschierte einen weiteren Pfad entlang, wieder durch den Wald. Stirnrunzelnd beobachtete Nora Annabelles federnde Schritte, von neuer Eifersucht durchdrungen. Gott hat nicht alle Frauen gleich erschaffen, verfluchte sie das Schicksal. Sie ging als Letzte in der Reihe und war jedes Mal, wenn sie aufblickte, gezwungen, Annabelles Sanduhrfigur zu betrachten: den straffen Hintern in dem knappen Bikinihöschen, die durchtrainierten langen Beine. Ich hoffe, sie bricht sich alle ihre Nägel ab …

Als sie ein Stück den Weg entlang gegangen waren, zeigte Annabelle plötzlich begeistert zur Seite. »Seht nur, wie gelb sie sind!«

Ein Dutzend großer, grellgelber Schmetterlinge tummelte sich an den Dornensträuchern, ihre leuchtenden Flügel bewegten sich kaum.

»Ein Hundsgesicht-Gelbling«, sagte Loren. »Colias cesonia, glaube ich jedenfalls.«

»Aber ich bin mir sicher, dass Professor Craig es genau weiß«, meinte Annabelle mit einem Blick über die Schulter auf Nora. »Sie ist schließlich die Professorin, nicht wahr?«

Nora knirschte mit den Zähnen. »Es sieht aus wie, hm, mal sehen, wie ein gottverdammter gelber Schmetterling, Annabelle. Und mehr weiß ich auch nicht, denn ich bin Spezialistin für segmentierte Meereswürmer und nicht für gottverdammte Schmetterlinge.«

Annabelle grinste über ihren Seitenhieb, dann lobte sie Loren: »Sie sind wirklich ein kluger Mann, Loren.«

Dieses Miststück ist einfach nicht zu fassen, dachte Nora.

»Na ja, ich könnte mich irren«, wehrte Loren bescheiden ab. »Es gibt Tausende unterschiedliche Schmetterlingsarten aus sechs verschiedenen Familien.«

»Wie viele verschiedene Arten von Würmern gibt es?«

»Oh, Zehntausende …«

»Und allein 5400 Polychaeten«, warf Nora widerwillig ein, »aber man schätzt, dass es noch Hunderte weitere gibt, die noch nicht entdeckt wurden.«

Annabelle hörte nicht mehr zu, sondern plapperte irgendetwas Belangloses mit Loren.

»Ich habe mein Biwaktraining für die Offiziersausbildung hier draußen gemacht«, erzählte Trent. »Musste zwei Wochen lang auf dieser Insel leben. Hier haben wir gezeltet.« Er führte sie auf eine andere Lichtung, auf der eine angenehme Brise wehte. »In der Mitte ist genug Platz, falls wir Lust auf ein Lagerfeuer haben.«

»Klingt spaßig«, sagte Annabelle. »Ich hätte Marshmallows mitnehmen sollen.«

Nora stöhnte.

Trent zeigte in einen Baumwipfel. »Und da ist noch etwas, das wir rösten können, wenn einer von Ihnen sich besonders abenteuerlich fühlt.«

Annabelle quiekte und fing sofort an, Fotos zu schießen. Auf einem Ast ruhte sich ein langer, schuppiger Leguan aus.

»Davon habe ich mich hauptsächlich ernährt während meines Survivaltrainings.«

»Schmeckt wie Huhn?«, fragte Loren.

»Nein. Schmeckt wie Scheiße.«

Loren trat näher an die Bäume heran. »Na, was haben wir denn da?« Eine hohe spitzblättrige Pflanze wuchs aus dem Gras am Rand der Lichtung heraus. »Eine Nesselpflanze aus der Gattung der Cannabaceae, genauer gesagt eine Cannabis sativa, glaube ich.«

»Was?«, meinte Nora.

Annabelle kniff die Augen zusammen. »Sie meinen …«

»Eine dicke, fette Dope-Pflanze«, sagte Loren und bewunderte das zwei Meter hohe Exemplar.

»Was hat eine dicke, fette Dope-Pflanze auf einer tropischen Insel zu suchen?«, fragte Nora.

Trent sah sich die Pflanze an. »Also da brat mir einer einen Storch …«

»Ich weiß ja nicht viel über Marihuana«, sagte Nora, »aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht von Natur aus in tropischer Umgebung vorkommt.«

»Stimmt«, erwiderte Loren. Er sah Trent an. »Aber, Lieutenant, haben Sie nicht vorhin gesagt, dass manchmal Jugendliche auf die Insel kommen, um Partys zu feiern?«

»Nicht sehr oft. Alle Jubeljahre mal, wenn sie Glück haben und genau den richtigen Gezeitenstand erwischen. Aber stimmt, manchmal kommen welche hierher.«

»Rätsel gelöst. Jemand hat sich eine Tüte gedreht, und ein paar Samen sind heruntergefallen. So wie die Pflanze aussieht, wächst sie hier schon eine ganze Weile.« Loren grinste und sah die anderen an. »He, ich verrate nichts, wenn ihr’s nicht tut.«

»Tut mir leid, Easy Rider, aber niemand rührt die Pflanze an«, sagte Trent. »Ich muss das melden. Mein Gott, das würde sich in der Zeitung wirklich großartig machen, was? Eine Hanfplantage auf Army-Gelände. Die verdammte Air Force würde sich totlachen.«

»Ach, herrje.« Loren lachte.

»Ich habe noch nie im Leben Dope geraucht«, sagte Annabelle. Sie kicherte. »Ich hab zu viel Angst vor dem Fressflash. Damit würde ich mir die Figur ruinieren.«

Nora hätte am liebsten gekotzt.

Trent betrachtete kopfschüttelnd die Pflanze. »Na, dann habe ich wenigstens was zu tun, während Sie Jagd auf Würmer machen. Ich muss nachsehen, ob hier noch mehr von den Dingern wachsen.«

Sie machten sich auf den Rückweg zur ersten Lichtung. Was ist nur mit mir los?, fragte Nora sich. Sie wusste, dass sie sich von Annabelle auf die Palme bringen ließ; sie wusste auch, dass das eine kindische und völlig unprofessionelle Reaktion war. Tja, dann bin ich wohl kindisch und unprofessionell!, schimpfte sie in Gedanken, während sie wieder hinter der Fotografin hergehen musste und ständig daran erinnert wurde, dass die Blonde schlicht und einfach attraktiver war als sie.

Flittchen. Hält sich für was Tolles mit ihren großen Titten und ihrem Designerbikini. Je mehr Nora versuchte, an etwas anderes zu denken, desto mehr stellte sie fest, dass sie es nicht konnte.

Am Landeplatz hatte die Hubschraubercrew inzwischen die gesamte Ausrüstung ausgeladen. Der Stabsfeldwebel mit dem großen Kinn rief Trent zu: »Ich schätze, wir sind hier fertig, Luey. Schicken Sie meiner Dienststelle einen Funkspruch, wenn wir Sie wieder abholen sollen.«

»Machen wir. Danke für den Flug. Ich denke, wir werden ungefähr eine Woche hier sein«, vermutete Trent. Er sah Nora an. »Wie lange werden Sie brauchen, um diesen Wurm für Annabelle zu finden?«

Nora setzte sich erschöpft auf einen Ausrüstungskoffer. »Es dauert so lange, wie es dauert. Die scarlata lebt in Tiefen von bis zu 20 Metern, zieht aber klare, flache Gezeitenzonen vor. Wenn wir Glück haben, kommen wir mit ein bisschen Schnorcheln aus. Loren und ich sind erfahrene Taucher.«

»Oh, keine Sorge, Professor«, mischte Annabelle sich ein. »Sie werden mich nicht bei der Hand nehmen müssen. Ich habe einen Schein bis 100 Meter und sogar einen Tauchlehrerschein.« Mit einer schwungvollen Kopfbewegung ließ sie ihr Haar in der Sonne aufblitzen. »Haben Sie einen Tauchlehrerschein, Professor?«

Nora seufzte und schaute zu ihr hinauf. »Nein, Annabelle, habe ich nicht, aber …«

Die Blonde grinste Loren und Trent an. »Also, wer weiß? Vielleicht werde ich es sein, die Ihnen zeigt, wo die Würmer sind.«

Und wenn du das tust, dachte Nora, mittlerweile viel zu müde, um sich noch zu ärgern, werde vielleicht ich es sein, die dir die Würmer in den Hintern schiebt.

»Die Würmer sind komplett Ihre Sache«, sagte Trent. »Ich gehe nicht ins Wasser, und ich suche nicht nach Würmern. Gehört nicht zu meinem Job. Ich bin nur hier, um Ihnen alles zu zeigen.«

»Wir werden viel Spaß haben«, versprach Loren. »Ein Abenteuer!«

»Was auch immer«, sagte Nora.

Loren klemmte sich die zusammengerollten Zelte unter den Arm. »Ich bringe die zum Zeltplatz, dann können wir anfangen, unser Labor einzurichten.«

»Einverstanden.« Nora sah sich deprimiert nach dem Rest der Ausrüstung um: Tauchgeräte und weitere Ausrüstungskoffer, ziemlich schweres Zeug für eine Frau von 50 Kilo. Ich kann das nicht alles tragen. Sie sah den Stabsfeldwebel und die beiden Piloten an. Vielleicht, wenn ich nett bitte …

Annabelle kam ihr zuvor mit ihren Kurven und ihrem Stringbikini. »Oh, Sir? Glauben Sie, es wäre möglich, dass Sie und Ihre Männer mir helfen, meine Taucherausrüstung und die anderen Sachen zu tragen?« Sie stand hoch aufgerichtet vor den Männern, die Hände in die Hüften gestemmt, ein Augenschmaus für die Hubschraubercrew. »Ich würde mich sehr freuen.«

»Äh, klar«, sagte der Stabsfeldwebel. »Kommt, Jungs. Gehen wir der Lady ein bisschen zur Hand.«

Eine Minute später führte Annabelle eine Karawane in Richtung der Kopfhütte an.

Nora blieb allein auf der Lichtung sitzen, zutiefst gedemütigt. »Ach, leckt mich doch alle!«, sagte sie. Schließlich packte sie sich zwei der Kisten und schleifte sie zum Pfad.

KAPITEL 2

(I)

»Zero-One, hier ist Zero-Zero. Bitte wiederholen.«

»Zero-Zero, ich wiederhole: Vier weitere haben den Sperrbereich betreten. Zwei männlich, zwei weiblich.«

Eine kurze Pause entstand. »Eine dritte Gruppe?«

»Positiv, Zero-Zero.«

»Damit sind also acht auf der Insel, die noch am Leben sind?«

»Korrekt, Zero-Zero. Acht, die wir observieren. Was die erste Gruppe von vor drei Wochen angeht, bin ich mir ziemlich sicher, dass alle tot sind.«

»Diese letzten vier – sind das alles Zivilisten?«

»Negativ, Zero-Zero. Einer der Männer ist Militärangehöriger.«

Eine erneute, längere Pause. »Weitere Beobachtungen?«

»Ich habe eine der toten Frauen von vor drei Wochen gefunden. Es scheint sich um positive Stadium-Zwei-Gravidität zu handeln. Transfektionserfolg scheint positiv zu sein.«

»Roger, Zero-One.« Der Major klang jetzt zufriedener. »Übertragung beenden. Kehren Sie zur Basis zurück. Und bringen Sie eine Probe mit.«

»Roger, Zero-Zero. Ende.«

Das Funkgerät verstummte. Das dürfte interessant werden, dachte der Sergeant. Zumindest bis sie mehr über diese neue Militärpräsenz auf der Insel in Erfahrung gebracht hatten …

Speere von Sonnenlicht stachen durch die Laubdecke herab. Der Sergeant schaute nach unten.

Die Brustwarzen der Frau schienen auf den Beuteln aus verflüssigter Fäulnis, zu denen ihre Brüste geworden waren, zu treiben. Natürlich, dachte der Sergeant. In dieser Umgebung? Man konnte hier durchaus schon von tropischem Klima reden. Hier verwesten tote Dinge schneller.

Der Sergeant war nicht angewidert. Er hätte während seiner Dienstzeit schon viele, viele tote Dinge gesehen. Sie faszinierten ihn.

Ah, Hitze, dachte er bei sich. Er zog die wärmeren Überwachungsposten bei Weitem vor. Bei seinem letzten Einsatz war es an den heißesten Stellen 20 Grad unter null gewesen. Die Mission kam mir wie eine Ewigkeit vor, erinnerte er sich, aber zumindest hatte sich das Projekt als Erfolg herausgestellt. Bei dieser Hitze hier – der brüllenden Hitze Tag für Tag – fühlte er sich lebendig, selbst unter der Schutzmaske.

Sein Blick wanderte wieder zurück zur Leiche.

Die jungen Leute feierten wirklich gerne auf dieser Insel. Drei Boote voll bisher. Sie kamen hierher, trotz der Warnschilder und der felsigen strandlosen Küste, um sich jedem denkbaren chemischen und fleischlichen Laster hinzugeben. Diese hier war die Hübscheste der ersten Gruppe gewesen, bis die Biester sie erwischt hatten.

Ein paar Spuren ihrer Sexualität waren noch auf ihrer grauen, fauligen Haut zu erkennen. Die braunen Kreise von Nippeln an einstmals üppigen Brüsten, die Spalte ihres Geschlechts, sogar die geisterhaften Schatten von Bräunungsstreifen. Sie war ein Skelett, gekleidet in fleischfarbene Fetzen, die von ihren Knochen abfielen.

Selbst der Blick aus der Nähe ließ den Sergeant unbeeindruckt.

Es ist eben mein Job, dachte er.

Das Inselbiotop um ihn herum vibrierte vor Leben. Papageien krächzten, Eidechsen huschten an den Stämmen von Palmen hinauf. Es ist alles so schön, dachte er, und dann schaute er wieder auf die Leiche und lächelte.

Schon bald würde es weitere Leichen geben.